| Titel: | Ueber die von Chrétien in St. Etienne verfertigten gläsernen Maillons oder Augen zur Herstellung des Geschirrs in den Webestühlen; von Hrn. Emil Dollfus. | 
| Fundstelle: | Band 83, Jahrgang 1842, Nr. XXV., S. 116 | 
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                        XXV.
                        Ueber die von Chrétien in St. Etienne verfertigten
                           								glaͤsernen Maillons oder Augen zur Herstellung des Geschirrs in den
                           								Webestuͤhlen; von Hrn. Emil
                              									Dollfus.
                        Aus dem Bulletin de la Société industrielle de Mulhausen,
                              									No. 70, im polytechn. Centralblatt 1841, Nr. 73.
                        Dollfus, über Chrétien's gläserne Maillons für
                           								Webestühle.
                        
                     
                        
                           Dem Mühlhauser Industrievereine wurden von dem Fabrikanten Chrétien zu St. Etienne gläserne Ringelchen oder Augen (boucles, maillons en verre) übergeben, deren man sich in
                              									der Seidenweberei bedient, um ein Urtheil über den Vortheil der Anwendung derselben
                              									in der Baumwollenweberei abzugeben. Es wurden mit einem Geschirr, in welches solche
                              									Maillons eingezogen waren, längere Zeit Versuche angestellt.
                           Durch das Geschirr im Webestuhl sollen bekanntlich die Kettenfäden nach einer
                              									bestimmten Ordnung, welche durch die Natur des zu webenden Zeuges bestimmt wird,
                              									gehoben werden, um für das durchgehende Schiffchen die Kette zu öffnen; das leztere
                              									führt den Einschlag hindurch, welcher, wenn sie hindurchgegangen ist, durch den in
                              									der Lade befindlichen Kamm an das bereits fertig gewobene Zeug angeschlagen wird.
                              									Die Einrichtung des Geschirres ist besonders nach dem zu webenden Zeuge verschieden.
                              									Für Calicos und andere glatte Stoffe besteht dasselbe aus einem Gitter, welches
                              									oberhalb und unterhalb aus einem horizontalen Stäbe an den Schäften gebildet ist;
                              									zwischen denselben sind Fäden, die Lizen, aufgezogen, und die lezteren haben in
                              									ihrer Mitte Augen, durch welche die Kettenfäden hindurchgehen. Da mit jedem Schafte
                              									auch alle an demselben befindlichen Kettenfäden gehoben werden, so muß man natürlich
                              									so Viel Schäfte  haben,
                              									wie vielmal auf verschiedene Art die Kettenfäden zu heben sind. Bei dem zu
                              									gemusterten Zeugen bestimmten Jacquardstuhle fällt der untere Schaft weg und die
                              									Spannung der Lize wird durch ein unten angehangenes Gewicht ersezt.
                           Die Lizen werden entweder aus Leinenzwirn oder aus Wolle oder Baumwolle gemacht, sind
                              									aber stets gezwirnt und aus einer gewissen Anzahl einzelner Fäden
                              									zusammengeschlagen, um mit gehöriger Kraft und Elasticität dem Zuge zu widerstehen.
                              									Man macht wohl auch Geschirre von Pferdehaaren oder Metalldraht. Bei der
                              									Baumwollenweberei werden die Lizen gewöhnlich aus Baumwolle gemacht.
                           Da nun das Geschirr in stets auf- und niedergehender Bewegung ist und durch
                              									dasselbe die Kettenfäden stets nach der einen oder andern Seite gespannt werden, so
                              									müssen sich die Augen viel stärker abnuzen als die übrigen Theile der Lize,
                              									namentlich wenn die Augen aus einer in den Lizenfaden geknüpften Schleife bestehen.
                              									Man hat daher durch vielerlei Mittel diesem Uebelstande zu begegnen und die Dauer
                              									der Lizen zu verlängern gesucht, theils durch besondere Auswahl des Materials,
                              									theils durch besondere Behandlung desselben, indem man die Lizenfäden erst mit einem
                              									leimenden Stoff imprägnirte, theils dadurch, daß man das Auge als abgesonderten
                              									Theil aus einem besondern Stoffe herstellte und an beiden Seiten mit den Lizenfäden
                              									verband. In lezterer Beziehung hat man Augen aus Eisendraht und Kupferdraht
                              									versucht; aber theils weil auch diese Augen zerschnitten wurden, theils weil sie zu
                              									theuer waren, haben sie sich im Elsaß einer weitern Verbreitung nicht zu erfreuen
                              									gehabt.
                           Die gläsernen Augen von Chrétien scheinen nun (und der
                              									Versuch hat es bestätigt) vermöge ihrer größern Härte und Politur vor den metallenen
                              									den Vorzug weit längerer Dauer zu haben. Ihre Gestalt ist die eines abgeplatteten
                              									Ovals nach der Längenrichtung mit größerer oder geringerer Stärke, je nach der
                              									Stärke des einzuziehenden Fadens. Der innere Raum derselben wird durch kleine
                              									Querstege in drei oder mehr Abtheilungen getheilt, von denen die obere und untere
                              									zur Aufnahme des einzuknüpfenden Fadens bestimmt sind. Die übrigen lassen die
                              									einzuziehenden Kettenfäden hindurch. Zu ihrer Herstellung dient eine kleine Gabel,
                              									deren Zähne einen Abstand von einander haben, welcher der Entfernung der einzelnen
                              									Abtheilungen gleicht. Um diese Zähne leitet man den Faden von geschmolzenem Glas,
                              									welchen man durch Schmelzung vor dem Löthrohre erhält. Der Preis dieser Maillons ist
                              									2–4 Fr. fürs Tausend, nach der Größe. Bei einer Länge von ungefähr 5
                              									Millimeter (2 1/5 Par. Linien)  und einer Breite von 3 Millim. (1 3/10 Lin.), wie sie zum
                              									Versuche angewendet wurden, kommt das Tausend auf 2½ Fr.
                           Das erste Geschirr von Chrétien mit Pferdehaaren und gläsernen Maillons geht 18
                              									Monate auf einem mechanischen Webestuhl und hat ungefähr 150 Stüke Calico von 50
                              									Meter Länge gemacht. Die Maillons sind noch vollkommen unangegriffen und können
                              									jedenfalls noch mehrere Jahre dauern, aber die Pferdehaare mußten zum großen Theile
                              									bereits ersezt werden. Zu Geschirren für den angegebenen Zwek scheinen Pferdehaare
                              									wenig geeignet, sie sind nicht biegsam genug und brechen zu leicht, übrigens sind
                              									sie zu theuer. Ein Geschirr dieser Art kostet bei 75 Gängen auf 0,9 M. Breite 40 Fr.
                              									Zu einer solchen Ausgabe wird sich der gewöhnliche Weber schwer entschließen,
                              									namentlich wenn die Kosten nicht durch entsprechende längere Dauer aufgewogen
                              									werden. Es ist jedenfalls besser, die Pferdehaare durch Baumwollfäden zu ersezen.
                              									Lizen dieser Art sind seit einem Jahre in Gebrauch, ohne eine merkliche Abnuzung zu
                              									zeigen. Vergleicht man die Kosten eines gewöhnlichen Geschirrs und eines mit
                              									baumwollenen Fäden und gläsernen Maillons, unter der Voraussezung, daß in lezterem
                              									die Lizen nach 1½ Jahren ausgewechselt werden müssen, so erhält man folgendes
                              									Resultat:
                           Ein gehörig präparirtes Geschirr aus gewöhnlicher Baumwolle kostet auf einem
                              									gewöhnlichen Webestuhl, welcher Calico producirt, 2½, Fr. und dauert während
                              									25 Stük, kostet daher auf 1 Stük 10 Centimes.
                           Ein Geschirr mit Baumwollfäden und gläsernen Maillons kostet anfänglich 12 Fr. Das
                              									Auswechseln der Lizen nach 1½ Jahren, welches complicirter ist, als das
                              									Einziehen gewöhnlicher Lizen, kostet 4½ Fr.— Nimmt man nun eine Dauer
                              									von 6 Jahren für die Maillons in Anspruch (wahrscheinlich dauern sie aber länger),
                              									so erhält man bei 600 Stüken Gesammtproduction 25 Fr. 50 Cent. als überhaupt
                              									erforderlichen Aufwand fürs Geschirr, während das gewöhnliche Geschirr in derselben
                              									Zeit 60 Fr. gekostet haben würde. Dieß gibt also ungefähr 6 Fr. Ersparniß à Jahr und Stuhl, oder bei einer Weberei von 300 Stühlen
                              									jährlich 1800 Fr.
                           Außerdem bieten die gläsernen Maillons noch folgende Vortheile dar: sie sezen sich
                              									vermöge ihrer dunklern Farbe besser von der Kette ab, und erlauben daher auch
                              									leichter zu erkennen, wo gerissene Fäden einzuziehen sind; vermöge der längern Dauer
                              									wird das volle Einziehen einer neuen Kette nur in größeren Zeitintervallen
                              									erforderlich, als bei dem gewöhnlichen Geschirr. Endlich zeigte sich auch bei den
                              									Arbeitern, troz des gewöhnlichen Vorurtheils gegen neue Erfindungen, ein  besonderer Wunsch, mit Geschirr
                              									mit gläsernen Maillons versehen zu werden.
                           (Der Maillonsfabrikant oder Maionsfabrikant Adam Mackowitzsch in Wien, Neubau Nr. 24l, fertigt folgende Sorten zu
                              									beistehenden Preisen aus Krystallglas:
                           
                              
                                 
                                 Preis á
                                    											Tausend.
                                 Lange.
                                 groͤßte Breite.
                                 
                              
                                 1)
                                 Brillantine, kleine, feinste Gattung
                                 4
                                 fl.
                                 —
                                 7
                                 Millim.
                                 2
                                 Millim.
                                 
                              
                                 2)
                                 — groͤßere
                                 4
                                 —
                                 —
                                 9
                                 —
                                 2¾
                                 —
                                 
                              
                                 3)
                                 Posamentir, kleine Gattung
                                 5
                                 —
                                 —
                                 9
                                 —
                                 3
                                 —
                                 
                              
                                 4)
                                 — groͤßere
                                 5
                                 —
                                 —
                                 10
                                 —
                                 3¾
                                 —
                                 
                              
                                 5)
                                 — große
                                 5
                                 —
                                 —
                                 13
                                 —
                                 4½
                                 —
                                 
                              
                                 6)
                                 Baͤndergattung, kleine schmale
                                 4
                                 —
                                 48.
                                 12
                                 —
                                 2½
                                 —
                                 
                              
                                 7)
                                 — — groͤßere
                                 4
                                 —
                                 48.
                                 14
                                 —
                                 3¾
                                 —
                                 
                              
                                 8)
                                 Crepon-Gattung
                                 4
                                 —
                                 24.
                                 16
                                 —
                                 3¾
                                 —
                                 
                              
                                 9)
                                 Damast-Gattung
                                 4
                                 —
                                 24.
                                 18
                                 —
                                 4½
                                 —
                                 
                              
                                 10)
                                 Mit 4 Loͤchern
                                 6
                                 —
                                 —
                                 11
                                 —
                                 2½
                                 —
                                 
                              
                                 11)
                                 — 5 —
                                 10
                                 —
                                 —
                                 14
                                 —
                                 3
                                 —
                                 
                              
                                 12)
                                 — 6 —
                                 12
                                 —
                                 —
                                 17
                                 —
                                 3¾
                                 —
                                 
                              
                                 13)
                                 — 7 —
                                 20
                                 —
                                 —
                                 22
                                 —
                                 4
                                 —
                                 
                              
                                 
                                 Die Red. des polytechn. Centralbl.)