| Titel: | Beschreibung des Voigtländer'schen Apparates zur Darstellung photographischer Porträte, nach der Berechnung des Hrn. Professor Dr. Petzval. Von Hrn. Friedrich Voigtländer Sohn, Optiker und Mechaniker. | 
| Fundstelle: | Band 83, Jahrgang 1842, Nr. XXXVII., S. 188 | 
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                        XXXVII.
                        Beschreibung des Voigtlaͤnder'schen Apparates zur Darstellung photographischer
                           								Portraͤte, nach der Berechnung des Hrn. Professor Dr. Petzval. Von Hrn. Friedrich Voigtlaͤnder
                           								Sohn, Optiker und Mechaniker.
                        Aus den Verhandlungen des niederoͤsterreich.
                                 										Gewerbvereins, 5tes Heft, 1841.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									III.
                        Voigtländer's Camera
                              								obscura.
                        
                     
                        
                           Durch die herrliche Entdekung Daguerre's wurde das
                              									Bedürfniß rege gemacht, eine bessere Camera obscura zu
                              									besizen, als die bisher bestehende. Wenn es sich nur darum handelte, das durch eine
                              									einfache oder achromatische Linse auf einer mattgeschliffenen Glastafel
                              									hervorgebrachte Bild zu betrachten, oder zu zeichnen, so konnte diese wohl genügen,
                              									da man mehr das Bild überhaupt, mehr den Totaleindruk berüksichtigte; allein hier,
                              									wo man das auf der Plaquéplatte fixirte Bild in seinen Einzelnheiten oft selbst mit
                              									bewaffnetem Auge untersucht, um seine Schönheiten und alle seine Details
                              									aufzufinden, da konnten die vorhandenen Instrumente den höher gestellten
                              									Anforderungen nicht mehr entsprechen, und es wurde Aufgabe der praktischen Optik,
                              									vollkommnere Instrumente zu erzeugen.
                           Dem Anscheine nach dürfte die Lösung dieser Aufgabe keineswegs zu den schwierigen
                              									gehören, insbesondere, wenn man bedenkt, zu welcher großen Vollkommenheit man es in
                              									lezter Zeit bereits in der Erzeugung optischer Instrumente höherer Art, als:
                              									Fernröhre, Mikroskope etc. gebracht hat; bei näherer Beleuchtung des Gegenstandes
                              									ergeben sich jedoch die dem Praktiker zu Gebot stehenden Mittel zur Erreichung des
                              									vorgesezten Zwekes bald als unzulänglich. — Jede Linse, sie sey einfach oder
                              									achromatisch, gibt, wie bekannt, von einem entfernten Gegenstande, also für als
                              									parallel angenommene Strahlen in einer Entfernung, gleich ihrer Brennweite, das Bild
                              									eben dieses Gegenstandes, doch nicht in einer Ebene, sondern gekrümmt, und zwar im
                              									Verhältnisse ihrer Brennweite. Als Folge hievon ergiht sich nun, daß, wenn man das
                              									Bild auf eine mattgeschliffene  Glastafel fallen läßt, wie dieß bei der Camera obscura der Fall ist, nie alle Theile desselben
                              									gleich scharf und deutlich erscheinen können; ein zweiter Uebelstand liegt ferner
                              									darin, daß, würde man selbst die das Bild auffangende Glastafel nach der erwähnten
                              									Krümmung formen, vermöge der Gestalt der Linse dennoch das Bild am Rande stets
                              									weniger Schärfe als in der Mitte hätte, welche Ungleichheit der Schärfe wieder im
                              									Verhältniß der Oeffnung zur Brennweite der Linse steht. Man könnte wohl diesen
                              									Uebelständen einigermaßen dadurch abhelfen, daß man der Linse bei sehr großer
                              									Brennweite nur eine geringe Oeffnung gäbe, wodurch aber wieder bedeutender
                              									Lichtmangel eintreten würde.
                           Die hier angeführten Nachtheile ergeben sich allerdings auch bei anderen optischen
                              									Instrumenten, z. B. den Fernröhren; allein ihr Einfluß ist bei diesen nur ein sehr
                              									geringer, da man von dem durch das Objectiv hervorgebrachten Bilde nur einen ganz
                              									kleinen Theil, und zwar den besten, nämlich die Mitte, durch das Ocular betrachtet,
                              									da das in lezterem angebrachte Diaphragma den weniger präcisen Theil des Bildes
                              									dekt. — Ganz andere Forderungen stellt man an die zum Behufe der
                              									Daguerreotypie eingerichtete Camera obscura; das durch
                              									sie hervorgebrachte Bild soll groß seyn, in einer Ebene liegen, in allen seinen
                              									Theilen gleiche Schärfe und besondere Lichtstärke besizen.
                           Auf welche Weise man bisher allen diesen Bedingungen zu entsprechen suchte, ist
                              									bekannt. Eine achromatische Linse von 3 Zoll Oeffnung und 16 bis 18 Zoll Brennweite
                              									wurde mittelst einer, in einer bestimmten Entfernung vorgestekten Blendung bis auf 1
                              									Zoll Oeffnung gedekt. Durch diese Einrichtung wurden nun jene Strahlen, welche
                              									vermöge der Form der Linse nie zur Vereinigung gebracht werden konnten, mithin auf
                              									die Deutlichkeit des Bildes störend einwirken mußten, gar nicht zugelassen, und
                              									somit nun eine ziemliche Gleichförmigkeit des Bildes in Bezug auf Schärfe erhalten.
                              									Dieser Vortheil konnte jedoch nur durch Aufopferung eines anderen erlangt werden,
                              									nämlich des Lichts, welches vermöge der sehr kleinen Oeffnung der Linse nur gering
                              									seyn konnte, welcher Mangel an Licht sich besonders am Rande des Bildes auffallend
                              									darstellte. Wie sehr man sich auch bemühte, durch eine veränderte zwekmäßigere
                              									Construction der Linse der Blendung entbehren zu können, immer mußte man wieder
                              									darauf, als dem kleineren von zwei Uebeln, zurükkommen, da man bei Weglassung
                              									derselben wohl an Licht gewann, jedoch auf jede Schärfe des Bildes Verzicht leisten
                              									mußte. Durch diesen lezten Umstand war es auch mit dem von Daguerre angegebenen Apparate gänzlich unmöglich, nur einigermaßen
                              									gelungene Porträte  zu
                              									erzeugen, man mußte hierauf so lange Verzicht leisten, bis es endlich der Theorie im
                              									Vereine mit Praxis gelang, jene Schwierigkeiten zu heben, welchen leztere allein
                              									nicht gewachsen war.
                           Hr. Dr. Petzval, Professor der
                              									höheren Mathematik an der hiesigen k. k. Universität, angeregt durch Hrn. Prof. v.
                              										Ettingshausen, welcher sich zu jener Zeit mit
                              									vielseitigen Versuchen über die damals neue Entdekung Daguerre's beschäftigte, unterzog die Aufgabe, ein dem Zweke der
                              									Daguerreotypie möglichst entsprechendes Objectiv zu erhalten, einer langen und
                              									ausgedehnten Untersuchung und Berechnung, als deren Resultat sich die nun allgemein
                              									bekannte Linsencombination ergab, und uns wurde die Ehre der praktischen Ausführung,
                              									so wie die Anordnung und Zusammenstellung des Apparates selbst zu Theil.
                           Diese Linsencombination besteht aus zwei achromatischen, von einander getrennten
                              									Objectiven, wovon das erste, dem Objecte zugekehrte, 18 Linien, das zweite 19 Linien
                              									freie nüzliche Oeffnung hat; die Brennweite beider ist 5½ Zoll. Durch diese
                              									so große Oeffnung der Objective bei so kurzer Brennweite derselben wurde eine
                              									eilfbis zwölfmal so große Lichtstärke erreicht, als bei den früheren Daguerre'schen Apparaten bei einer gesteigerten Präcision
                              									des Bildes.
                           Inwiefern überhaupt sowohl der optische Theil unseres neuen Apparates als dieser
                              									selbst dem beabsichtigten Zwek entspricht, weiset der vom Hrn. Prof. v. Ettingshausen erstattete Bericht der Abtheilung für
                              									Chemie und Physik aus (siehe S. 85 in diesem Bande des polytechnischen Journals), so
                              									wie die allgemeine Anerkennung und ausgedehnte Anwendung unseres Apparates, dessen
                              									Beschreibung nun hier folgt:
                           Fig. 34 ist
                              									die perspectivische Ansicht der Camera obscura auf ihrem
                              									Stative.
                           Fig. 35 ein
                              									Durchschnitt derselben.
                           A die Camera obscura.
                           a, b die beiden achromatischen Objective, welche mittelst
                              									des Triebes c in dem Rohre d
                              									gegen das matte Glas e vor- und rükwärts zu
                              									stellen sind.
                           f ein vor den Objectiven aufgeschraubtes Rohr zur
                              									Abhaltung des seitwärts einfallenden falschen Lichts, mit dem Dekel g zur Schließung der Objective.
                           h der mit dem matten Glase e
                              									versehene Conus, welcher sich in die Camera obscura
                              									aus- und einschrauben läßt.
                           i die Loupe, in dem Rohre k
                              									verschiebbar, zur besseren Beobachtung des Einstellens der Objective auf dem matten
                              									Glase.
                           B das Stativ der Camera
                                 										obscura, bestehend aus dem Trägerl,  den beiden in einander verschiebbaren Zugröhren m und n zur Erhöhung der Camera, der Klemmschraube o
                              									zur Feststellung der Zugröhren in der erforderlichen Höhe, der Platte p mit den drei Stellschrauben q zur Erzielung der horizontalen Lage der Camera.
                           C eine Fassung zur Aufnahme der Plaquéplatte r bestimmt, welche leztere in den inwendig mit einem
                              									Schraubengange versehenen Ring s gelegt, durch
                              									Aufschrauben desselben auf die Fassung C an dieser
                              									befestigt wird. t der Dekel dieser Fassung, um die
                              									jodirte Platte vor dem Zutritt des Lichts zu schüzen.
                           Die (Camera obscura sammt Stativ nebst allen
                              									Nebenbestandtheilen sind, der größeren Genauigkeit und Sicherheit wegen, von Metall
                              									gearbeitet. Das Stativ B läßt sich zum bequemeren
                              									Transport von der Platte p abschrauben.
                           Der vollständige Apparat enthält nebst dem hier beschriebenen Instrumente alle
                              									Vorrichtungen und Gefäße zum Iodiren, Queksilbern und Waschen der Platten, so wie
                              									eine zweite Plattenfassung C, und ist in einem polirten
                              									Kasten von Nußbaumholz mit Schloß von 19″ Länge, 12½″ Breite
                              									und 7½″ Höhe eingeschlossen. Bei dem Gebrauche des Instruments wird
                              									die Platte p auf einen Tisch gestellt, das Stativ B in dieselbe eingeschraubt, die Camera A auf den Träger l gelegt, und zwar so,
                              									daß die vorspringende ränderirte Fassung n an der Seite
                              									der kleineren Gabel des Trägers l anliegt, damit die Camera jedesmal die gleiche Lage erhält.
                           Nachdem die zu porträtirende Person der Camera gegenüber
                              									in eine passende Stellung gebracht ist, wird diese mittelst der drei Stellschrauben
                              										q in die horizontale Lage gestellt, indem es, um
                              									Verzerrungen der Gesichtszüge zu vermeiden, wesentlich ist, die Platte in eine mit
                              									dem Kopfe parallele Richtung zu stellen.
                           Was die Entfernung der Camera betrifft, so ist diese
                              									willkürlich, da hiedurch nur die Größe des Bildes verändert wird; doch ist es nicht
                              									rathsam, näher als 3 Schuh zu gehen, da sonst ebenfalls wieder Verzerrung eintritt.
                              									Durch die Verschiebung des Zugrohrs m, welches alle
                              									Bewegungen zuläßt, sowohl auf-, ab- und seitwärts, wird nun das Bild
                              									in die Mitte des matten Glases e oder etwas höher
                              									gebracht, und die Zugröhre mittelst der Klemmschraube o
                              									befestigt. Die genaue Einstellung des Bildes auf dem matten Glase e wird leicht durch den an den Objectiven angebrachten
                              									Trieb c bewerkstelligt. Zur besseren Beobachtung dieser
                              									Einstellung dient, wie schon erwähnt, die Loupe i, die
                              									übrigens auch ganz herausgezogen werden kann, für den Fall, daß man es vorziehen
                              									sollte, mit freiem Auge zu beobachten. — Nachdem nun die gehörige Aufstellung
                              									des Instruments und die genaue Einstellung des Bildes auf dem matten  Glase geschehen ist, werden die
                              									Objective mittelst des Dekels g geschlossen; die Camera von dem Träger sorgfältig abgehoben, an einen
                              									dunklen Ort gebracht, der Conus h mit dem matten Glase
                              										e abgeschraubt, die Fassung C mit der schon früher jodirten Platte r in
                              									die Camera eingeschraubt, und diese wieder sorgfältig
                              									auf den Trägel l aufgelegt, der Dekel von den Objectiven
                              									abgezogen, und so die Platte der Einwirkung des Lichts ausgesezt. Die Objective
                              									werden hierauf von Neuem geschlossen, die Camera wieder
                              									abgehoben, und die Platte dann den ferneren bekannten Operationen unterworfen,
                              									welche weiter durchzuführen hier nicht der Zwek ist, indem das Verfahren das von Daguerre angegebene ist, mit Ausnahme einiger
                              									Abweichungen und Vereinfachungen, welche wir in der unseren Apparaten beigegebenen
                              									Gebrauchsanweisung näher bezeichnet haben.
                           
                        
                     
                  
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