| Titel: | Ueber die Fabrication des Stärkezukers; von Payen. | 
| Fundstelle: | Band 83, Jahrgang 1842, Nr. LXXIV., S. 396 | 
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                        LXXIV.
                        Ueber die Fabrication des Staͤrkezukers;
                           								von Payen.Vorlesung desselben am Conservatoire des arts et
                                    											métiers.
                        Aus dem Moniteur industriel, 16. 20 u. 23. Jan.
                              									1842.
                        Payen, über die Fabrication des Stärkezukers.
                        
                     
                        
                           Man bezeichnet im Handel mit dem Namen Stärkezuker und Stärkesyrup die Producte von der Behandlung des
                              									Stärkmehls mit Schwefelsäure. Die Umwandlung des Stärkmehls in Zuker auf diesem Wege
                              									wurde zuerst von Kirchhof, einem deutschen Chemiker,
                              									beobachtet. Die vormals sehr langwierige Operation geschah durch Kochen von 100
                              									Theilen Stärke mit 400 Theilen Flußwasser und 2 Theilen concentrirter Schwefelsäure.
                              									Die Mischung wurde anfangs gallertartig, später flüssiger; man ließ sie 24 bis 30
                              									Stunden lang kochen. Die Schwefelsäure wurde dann mit Kreide neutralisirt und die
                              									hierauf zur Syrupsconsistenz abgedampfte Flüssigkeit krystallisirte in
                              									warzenförmigen, mit dem Traubenzuker ganz identischen Massen.
                           Heutzutage verfährt man zwar im Wesentlichen noch eben so, jedoch mit Modificationen
                              									in der Dauer der Operation, dem quantitativen Verhältniß der Substanzen u. s. w.
                           Der Stärkezuker kann auf freiem Feuer in einem 2 Linien diken, 5 Schuh im Durchmesser
                              									weiten und 3 Schuh tiefen bleiernen Kessel bereitet werden, der auf einer gegen die
                              									Mitte zu gewölbten, 15 Lin. diken, gußeisernen Scheibe ruht und so über dem
                              									Feuerraum angebracht ist, daß er auf seiner ganzen Oberfläche gleichförmig erhizt
                              									wird. Ein gut zusammengefügter, mit Kupfer belegter, hölzerner Dekel, welcher auf
                              									dem Kessel liegt, hat nahe am Rande eine 12 bis 15 Zoll im Durchmesser weite
                              									Oeffnung, und eine andere kleinere von 6 Zoll Durchmesser, die nach Belieben mit
                              									einer beweglichen, mit Kupfer belegten, hölzernen Scheibe bedekt werden kann. Durch
                              									die große Oeffnung geht eine hölzerne Krüke in den Kessel. Diese Krüke dient um das
                              									Gemenge zu rühren und das Anlegen oder die Bildung eines Absazes zu verhindern,
                              									welcher sich auf einem Theil des Kessels bräunen (karamelisiren) könnte. Wir
                              									beschreiben hier das Verfahren kleiner Fabriken, wo auf freiem Feuer gearbeitet
                              									wird.
                           Wenn alles nach obiger Vorschrift hergerichtet ist, bringt man in dem Kessel 1000
                              									Kilogr. Wasser zum Kochen und sezt dann 10 Kilogr., vorher mit 20 Kilogr. Wasser
                              									verdünnter Schwefelsäure von  66° Baumé hinzu. Beim Eingießen der concentrirten
                              									Schwefelsäure in das Wasser findet mehr oder weniger Erhizung statt. Damit diese
                              									nicht zu stürmisch wird, bringt man die 20 Kilogr. Wasser in einen Zuber und sezt
                              									dann die Säure nach und nach unter Umrühren mit einem hölzernen Spatel hinzu. Wenn
                              									man hierauf diese Mischung in das siedende Wasser im Kessel bringt, hat sie keine
                              									bemerkbare Einwirkung mehr. In großen Fabriken, wie in jener des Hrn. Fouchard, wo man täglich 3000 Kilogr. trokener Stärke
                              									verarbeitet und mit Dampf erhizt, theilt man die zur Zukerbildung anzuwendende
                              									Schwefelsäure in mehrere Portionen, damit beim Zusezen der Stärke keine Zersezung
                              									herbeigeführt wird.
                           Man rührt um, damit sich die Säure in der Masse gleichmäßig vertheilt, wartet ab, bis
                              									das Kochen neuerdings eintritt, und wenn das Feuer hierauf in größter Thätigkeit
                              									ist, nimmt ein Mann die hölzerne Krüke und rührt die ganze flüssige Masse in
                              									kreisförmiger Bewegung. Ein anderer Arbeiter oder ein Kind sezt löffelweise,
                              									jedesmal ungefähr ½ Kilogr., durch das kleine Loch im Dekel hindurch alle
                              									Stärke (400 Kilogr.) hinzu; es darf dieß nicht übereilt werden, damit die Reaction
                              									nach jedem Zusaz eintreten kann, das Kochen nicht aufhört, und die Flüssigkeit auch
                              									nicht im Geringsten Kleisterconsistenz annimmt.
                           In großen Fabriken rührt man die Stärke ins Wasser und macht daraus eine klare Brühe
                              										(bouillie) von 16 bis 17° des Aräometers.
                              									Diese Mischung von Stärkmehl und Wasser kann wie eine Auflösung fließen, und man
                              									füllt mit ihr ein kleines Reservoir oberhalb des Zukersiedekessels an. Sie läuft
                              									dann in einem fortlaufenden Faden in die Mischung von Säure und Wasser durch eine
                              									kleine Röhre, welche durch Umhüllung mit einem doppelten Rohr, worin Wasser
                              									circulirt, kalt erhalten wird; dadurch vermeidet man, daß die Stärkebrühe in der
                              									Röhre sich zu einem Kleister verdikt und aufhört in den Kessel abzufließen. Diese
                              									Vorkehrung gestattet auch, die Arbeit zu reguliren und die Zukerbildung regelmäßiger
                              									und folglich auch vollkommener zu machen. Das allmähliche Zusezen gestattet dem
                              									angesäuerten Wasser in großer Quantität auf eine sehr kleine Menge Stärkmehl auf
                              									einmal einzuwirken. Die Zukerbildung jedes hinzukommenden Antheils geht im Augenblik
                              									vor sich, und wenn alles in den Kessel gerührt ist, ist der Proceß beinahe auch
                              									schon vollendet.
                           Ehedem brachte man alles in Zuker umzuwandelnde Stärkmehl auf einmal in den Kessel
                              									und der Proceß dauerte 24 Stunden; es mußte dabei überdieß noch so viel Wasser, als
                              									verdampfte, wieder hinzugesezt werden.
                           
                           Damit nicht ein kleiner Antheil Stärkmehls unangegriffen bleibt und die Flüssigkeit
                              									klebrig macht, wird das Kochen noch 8 bis 10 Minuten unterhalten; die ganze Masse
                              									muß dann beinahe durchsichtig und sehr flüssig seyn, und wenn man ein Trinkglas
                              									damit anfüllt, nimmt man keine Kleistertheile, noch einen Anschein von Klebrigkeit
                              									darin wahr. Man bedekt hierauf den Rost des Feuerraums mit wohlangefeuchteter
                              									Steinkohle und läßt die Ofenthüre offen, damit die äußere kalte Luft, welche in den
                              									Gang, den die Verbrennungsproducte machten, eingezogen wird, den Boden und die Wände
                              									des Kessels etwas abkühle. Bei den durch Dampf geheizten Kesseln genügt es, den Hahn
                              									der dampfzuleitenden Röhre zu schließen, um dem Kochen Einhalt zu thun und die
                              									Flüssigkeit erkalten zu lassen. Sobald das Kochen aufgehört hat, fängt man an Kreide einzuwerfen, um die Säure zu sättigen. Man bedarf
                              									deren ungefähr 10 Kilogr., d. h. so viel als die angewandte Schwefelsäure. Da aber
                              									dieser Körper in seiner Zusammensezung verschieden ist, vorzüglich in Beziehung auf
                              									das Wasser, die Thon- und Kieselerde, welche er enthält, kann die Quantität
                              									nicht ganz bestimmt angegeben werden, und es ist gut, den Sättigungsgrad mittelst
                              									durch Lakmustinctur blau gefärbten Papiers zu erforschen, obwohl das Aufhören des
                              									Aufbrausens bei der Zersezung dieses kohlensauren Salzes, wobei die Kohlensäure
                              									desselben entweicht, ein ziemlich genaues Zeichen ist. Jedenfalls kann man, da es
                              									gut ist etwas Kalk in Ueberschuß zuzusezen, um der vollkommenen Sättigung der Säure
                              									versichert zu seyn, sich durch blaues Lakmuspapier davon überzeugen, welches von der
                              									Flüssigkeit nicht mehr geröthet werden darf. Die Kreide muß mit vieler Vorsicht und
                              									in sehr kleinen Quantitäten auf einmal zugesezt werden, denn das durch die
                              									Entwikelung der Kohlensäure herbeigeführte Aufbrausen könnte das Uebersteigen eines
                              									Theiles der Flüssigkeit als Schaum über den Rand des Kessels verursachen. Nach jedem
                              									Eintragen von ungefähr ½ Kilogr. Kreide wird die ganze Masse umgerührt und
                              									einige Secunden gewartet, bis das Aufbrausen vorüber ist, ehe man wieder
                              									einträgt.
                           Findet man die Sättigung beendigt, so muß der niedergeschlagene schwefelsaure Kalk
                              									abgesondert werden; zu diesem Behufe läßt man die Flüssigkeit sich eine halbe Stunde
                              									lang absezen und bereitet in dieser Zeit die Filter vor. Ehedem begnügte man sich,
                              									den Syrup durch mehrere Leintücher laufen zu lassen; diese einfache Durchseihung
                              									diente nur zum Klären, indem die in Suspension erhaltenen Substanzen dadurch zwar
                              									abgesondert wurden, aber dem Syrup die Farbe nicht benommen wurde, welche durch das
                              									Abdampfen noch dunkler 
                              									wird. Heutzutage läßt man ihn durch mit Knochenkohle in Körnern bedekte Tücher
                              									laufen.
                           Diese Filter bestehen aus hölzernen Kästen oder metallenen Kufen, worin man
                              									durchlöcherte Platten übereinanderstellt, die mit Tuch bedekt werden, auf welches
                              									man eine Schichte mit Wasser befeuchteter Knochenkohle in Körnern ausbreitet u. s.
                              									f. Nachdem diese Filter so hergerichtet sind, füllt man einen kupfernen Heber mit
                              									Wasser, kehrt ihn in dem Kessel um, und läßt mittelst eines Trichters mit einer
                              									Dille an der Seite und eines über dem Filter angebrachten Rohres den Syrup
                              									einfließen, welcher, durch die Kohleschichten laufend, von den in Suspension darin
                              									befindlichen Substanzen und von einem großen Theil der ihn färbenden Substanz
                              									befreit wird; von den Filtern aus läuft der Syrup in Reservoirs, um dann concentrirt
                              									zu werden. Wenn durch den Heber alle überschwimmende Flüssigkeit abgeflossen ist und
                              									er auf den Bodensaz kommt, so verstopft er sich bald; man zieht ihn dann heraus,
                              									nimmt den Bodensaz mittelst eines großen Löffels heraus, bringt ihn in Bottiche,
                              									wascht ihn aus, um allen Syrup, den er enthalten kann, zu gewinnen, und läßt ihn auf
                              									Filtern abtropfen. Die Waschwasser dienen zu einer folgenden Operation. Man hat den
                              									diesen Bodensaz ausmachenden schwefelsauren Kalk auf verschiedene Weise zu verwenden
                              									gesucht. Die beste Anwendung desselben ist noch immer, ihn in der Landwirthschaft
                              									als ein Reizmittel, besonders für künstliche Wiesen zu gebrauchen.
                           Wenn der Kessel ausgeleert ist, wird er mit Wasser ausgeschwenkt, welches mit einem
                              									Löffel und einem großen Schwamm wieder herausgenommen und ebenfalls auf das Filter
                              									gebracht wird. Man füllt hierauf den Kessel zur gewohnten Höhe mit Wasser an,
                              									entfernt die den Feuerraum bedekende Schichte von angefeuchteter Kohle, schließt die
                              									Ofenthüre und das Feuer wird dann bald wieder lebhaft brennen. Sobald das Wasser dem
                              									Sieden nahe ist, schöpft man davon mit einer Gießkanne aus, um einen Regen desselben
                              									auf den Rükstand im Filter fallen zu lassen und bringt wieder kaltes Wasser in den
                              									Kessel. Ist der Kamin des Kessels so construirt, daß er unter ein Reservoir von
                              									dünnem Kupfer hinläuft, so erhält dieses die Temperatur des hineingebrachten Wassers
                              									hoch genug, um den Rükstand auf dem Filter damit auswaschen zu können. Auch kann man
                              									dieses Wasser gebrauchen, um eine weitere Operation damit anzufangen. Wenn der
                              									Kessel ungefähr mit 1000 Kilogr. wieder angefüllt ist und dasselbe siedet, wird eine
                              									zweite Operation angefangen, welche man wie die erste durchführt. Mit zwei Personen,
                              									welche sich ablösen, kann man in 24 Stunden leicht fünf Kochungen vornehmen, so daß
                              									2000 Kilogr. troknen Stärkmehls verarbeitet werden. In der großen  Fabrik des Hrn. Fouchard befinden sich zwei Kessel, daher die Operation
                              									beständig fortgehen kann, indem, während der eine ruht, der andere Dienst thut u. s.
                              									f.
                           Die filtrirte Flüssigkeit wird auf drei- oder viermal in eine Kipppfanne
                              									gebracht, worin man sie schnell verdampfen läßt, bis sie ungefähr auf die Hälfte
                              									ihres Volumens gebracht ist; sie muß dann am Baumé'schen
                              									Aräometer 25 bis 22° R. zeigen. Man bringt sie nun in einen bleiernen Kessel,
                              									um sie zu klären; die Flüssigkeit wird darin auf 64° R. erhizt; es wird ihr
                              									Thierkohle in sehr feinem Pulver (1/20 des angewandten Stärkmehls) zugesezt, die
                              									ganze Masse einige Minuten lang wohl umgerührt und mit 15 Theilen Wassers
                              									abgeschlagenes Blut hineingerührt; man unterbricht dann das Rühren, und zieht,
                              									sobald das Sieden sich neuerdings wieder lebhaft einstellt, die ganze Flüssigkeit
                              									auf ein aus mehreren übereinander gelegten leinenen Tüchern bestehendes Filter ab.
                              									Die ersten Antheile der filtrirten Flüssigkeit laufen trübe, man sammelt sie in
                              									einem Bottich auf und bringt sie wieder aufs Filter; das Filter wird sogleich
                              									wieder, oder vielmehr vorher schon mit hölzernen, in wollenen Deken eingehüllten
                              									Dekeln versehen, damit die Erkaltung nicht zu schnell eintritt, durch welche der
                              									Syrup weniger flüssig und die Filtration aufgehalten würde. Wenn man Filter mit
                              									Knochenkohle anwendet, ist die hier erwähnte Klärung nicht nöthig.
                           Wenn der Syrup beinahe gänzlich abgeflossen und der Rükstand auf dem Filter troken
                              									erscheint, wird dieses mit heißem Wasser besprengt, um den noch darin enthaltenen
                              									Zuker auszuziehen. Man sezt nur wenig Wasser auf einmal zu und wiederholt dieß oft,
                              									bis die filtrirte Flüssigkeit nur mehr einen halben Grad am Aräometer zeigt. Die
                              									erschöpfte Masse wird dann herausgeschüttet, die Leinwand gewaschen und zu einer
                              									weitern Klärung aufgehoben. Das schwache Wasser vom Auswaschen des Rükstandes von 4
                              									bis zu ½° wird aufbewahrt, um damit die Erschöpfung eines andern
                              									Rükstandes zu beginnen. Man dampft dasselbe erst dann direct ab, wenn die Arbeit
                              									eingestellt wird und folglich kein Rükstand mehr zu erschöpfen ist.
                           Man kann zur Bereitung des Stärkesyrups die Stärke auch feucht anwenden, wie sie sich
                              									am Boden der Gefäße bei ihrer Fabrication absezt. Sie braucht zu diesem Zwek nur in
                              									ihr doppeltes Gewicht Wasser gerührt und ihre Wiedervereinigung zu einer Masse durch
                              									beständiges Umrühren mit einem Spatel verhütet werden. Auch in diesem Falle darf man
                              									nur wenig davon in die siedende Mischung von Wasser und Säure gießen, damit das
                              									Sieden dadurch nicht unterbrochen wird.
                           Nach Theodor v. Saussure geben 110 Theile trokener Stärke
                              										 110,14 trokenen
                              									Zukers, was leicht einzusehen ist, indem der in seiner Zusammensezung mit dem
                              									Traubenzuker identische Stärkezuker zwei Aequivalente Wasser mehr enthält als die
                              									Stärke. Im Großen erhält man aus 100 Theilen trokener
                              									oder 150 Theilen frischer Stärke l50 Theile Syrup von
                              									30° Baumé, was ungefähr 100 Th. trokenen Zukers entspricht.
                           Bei diesem Proceß wirkt die Säure flüssigmachend auf die Stärke und befördert durch
                              									ihre Gegenwart die Hydratirung (Verbindung mit Wasser) derselben, wodurch sie zu
                              									Zuker wird, ohne daß sie selbst (die Säure) sich dabei verändert. In der That ist
                              									das erste Resultat, welches man, sogar ohne Wärmeanwendung bemerkt, die
                              									Auflöslichkeit, welche die Stärke erlangt, ohne eine Veränderung in ihrer
                              									Zusammensezung zu erleiden; das zweite, welches bei 80° R. schnell eintritt,
                              									ist die Umwandlung in Traubenzuker, wobei immer sämmtliche Schwefelsäure in der
                              									Flüssigkeit vorhanden bleibt. Die übrigen Vorgänge sind leicht begreiflich. Die nach
                              									der Zukerbildung hinzugesezte Kreide tritt der Säure den in ihr enthaltenen Kalk ab;
                              									die Kohlensäure entweicht unter Aufbrausen und der gebildete schwefelsaure Kalk
                              									bleibt zurük nebst dem Kreideüberschuß. Bei dem Abdampfen fällt, indem der Syrup
                              									dadurch concentrirt wird, der größte Theil des in der Flüssigkeit aufgelöst
                              									gebliebenen schwefelsauren Kalks nieder. Diese Fällung wird durch die Knochenkohle
                              									noch befördert, welche überdieß einen Theil der färbenden Substanz und des
                              									unangenehmen Geschmaks beseitigt. Wenn man nicht mit Knochenkohle bedekte Filter
                              									anwendet, so dient das zum Klären angewandte Albumin (Eiweißstoff des Blutes) durch
                              									seine von der Wärme herbeigeführte Gerinnung zum Zusammenkleben der kleinsten
                              									Theilchen der Thierkohle und des schwefelsauren Kalks und verhindert dadurch diese
                              									das Filter zu verstopfen und durch das Gewebe desselben hindurchzugehen.
                           Wünscht man nur Stärkesyrup zu erhalten, so concentrirt man bis auf 30° des
                              									Baumé'schen Aräometers (bei 80° R.); will man den Zuker aber krystallisirt
                              									haben, so concentrirt man bis auf 36° (bei 80° R.) und gießt den Syrup
                              									in nicht sehr tiefe Fässer aus, durch welche, mit hölzernen Pflöken oder Zapfen
                              									verstopfte Löcher gehen. Nach zweitägiger Abkühlung ist der Zuker krystallisirt, und
                              									wenn man die Zapfen ausstößt, fließt der über den Krystallen stehende Syrup ab,
                              									welchen man für eine zweite Operation oder zum Verkauf in diesem Zustande aufhebt,
                              									welches leztere vorzuziehen ist, da dieser, jederzeit gefärbte, Syrup immer zur
                              									Färbung alles Zukers einer nächstfolgenden Operation beiträgt und sich dessen
                              									vollkommener Entfärbung widersezt. Im Allgemeinen ist es (in Frankreich)
                              									vortheilhaft,  diese
                              									Sorten Melasse den Bierfabrikanten (!) zu verkaufen, welche sie, wie wir weiter
                              									unten sehen werden, gut verwenden können.
                           In einigen Fabriken, und namentlich in jenen, wo man über freiem Feuer arbeitet,
                              									concentrirt man den Stärkesyrup auf 40 bis 45° Baumé; er verdikt sich alsdann
                              									beim Erkalten in eine körnige, mehr oder weniger weiße, compacte Masse ohne
                              									regelmäßige krystallinische Form. Diese Masse kann, da sie im Augenblik der
                              									Erstarrung an Volumen zunimmt, die Gefäße, worin sie enthalten ist, sprengen; um
                              									dieß zu verhüten, bedient man sich hölzerner, mit verzinntem Kupfer belegter, sich
                              									ziemlich erweiternder und nicht sehr tiefer Gefäße; den Zuker läßt man sodann
                              									abtropfen und in einer Trokenkammer troknen.
                           Hr. Fouchard troknet den Stärkezuker, indem er ihn anfangs
                              									in mehr oder weniger großen Blöken auf Gypsflächen legt, wie dieß auch beim
                              									Austroknen der Stärke geschieht und ihn dann der doppelten Wirkung einer
                              									Trokenkammer und eines Ventilators mit warmer Luft aussezt. Seit einiger Zeit wird
                              									der Stärkezuker in Körnern (als Gries) verschiedener Größe verkauft; man erhält
                              									diese mittelst Durchschlagens durch mehr oder weniger enge Siebe.
                           Bei der Umwandlung der Stärke in Zuker ist sehr darauf zu sehen, daß die Operation
                              									nicht länger fortdauert, als nöthig ist, und es müssen hier die Zeichen erwähnt
                              									werden, an denen man die Vollendung des Processes erkennt. Wenn die lezte Portion
                              									Stärke in den Kessel eingetragen ist, läßt man die Mischung noch eine Zeit lang
                              									kochen und sobald sie recht homogen ist, d. h. keine Klümpchen nicht zergangener
                              									Stärke mehr enthält, nimmt man etwas davon in ein Glas heraus und probirt es mit
                              									Jodtinctur. Erzeugt diese keine violette Färbung mehr, so ist es Zeit, die Sättigung
                              									mit Kreide vorzunehmen; würde man den Stärkesyrup vor dieser Sättigung zu lange
                              									erhizen, so würde er braun werden und sich zum Theil zersezen unter dem Einflusse
                              									derselben Säure, welche früher seine Bildung vermittelte.
                           Man nennt den Stärkesyrup auch Dextrinsyrup. Mit den Ausdrüken Glucose, Stärkezuker, Dextrin und Dextrinsyrup bezeichnet man in
                              									Frankreich folgende Präparate: Glucose ist der von Dumas dem Traubenzuker und Stärkezuker, welche, wie schon
                              									gesagt, identisch sind, gegebene generische Name; der Stärkezuker oder-Syrup entsteht durch das Zergehen und die Hydratirung der
                              									Stärke unter dem Einfluß der Schwefelsäure; das Dextrin
                              									ist durch Röstung oder durch eine Säure aus ihrem Zusammenhang gebrachte Stärke;
                              									wird diese Aufhebung des Zusammenhangs mittelst der 
                              									Diastase bewirkt, so erhält das Dextrin den Namen Dextrinzuker oder Dextrinsyrup.
                           Wir geben hier die Berechnung der Stärkezuker-Fabrication für einen Tag in
                              									einer großen Fabrik.
                           
                              
                                 3000
                                 Kilogramme
                                 Staͤrke, zu 22 Frank. per 100
                                    											Kilogr
                                 
                                 660
                                 
                              
                                 60
                                 —
                                 Schwefelsaͤure, zu 30 Fr
                                 
                                 18
                                 
                              
                                 80
                                 —
                                 Kreide
                                 
                                 2
                                 
                              
                                 300
                                 —
                                 Knochenkohle
                                 
                                 30
                                 
                              
                                 35
                                 Hektoliter
                                 Steinkohle
                                 
                                 122,50
                                 
                              
                                 7
                                 Arbeiter
                                 zu 2 Frank. 50 Cent
                                 
                                 17,50
                                 
                              
                                 Allgemeine Spesen
                                 
                                    
                                    
                                 Hauszins, DirectionCapitalien, Betriebscapit., Zinsen u.
                                    											ReparaturenBeleuchtung und kleine SpesenTransportDisconto und
                                    											unvorhergesehene Spesen
                                 
                                 16155,501335
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 934,50
                                 
                              
                                 Product: 4500 kilogr. Syrup von 32° Baumé, zu 22 Fr. Die
                                    											100 kilogr.
                                 990
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 Gewinn
                                 55,50
                                 
                              
                                 Dampft man den Syrup zu fester Glucose ein, so braucht man 4
                                    											Hektoliter Steinkohle mehr und die Fabricationskosten belaufen sich dann
                                    											auf
                                 947,50
                                 
                              
                                 Das Product besteht dann in 3000 Kilogr. krystallisirten Zukers,
                                    											zu 35 Fr. die 100 Kilogr.
                                 1050
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 Gewinn
                                 102,50.
                                 
                              
                           Der Stärkesyrup sowohl als Stärkezuker sind in der Technik von großer Wichtigkeit und
                              									werden es alle Tage mehr. In Burgund und einigen andern Gegenden wird davon viel
                              									verbraucht, um den Alkoholgehalt der dortigen etwas geringen Weine zu vermehren. Man
                              									nimmt davon 5 bis 10 Kilogramme auf ein Faß Wein von 230 Liter. Die Bierbrauer
                              									bedienen sich desselben auch mit sehr großem Vortheil zur Bierbereitung (!); seine
                              									Anwendung ist nicht nur wohlfeil, sondern auch vortheilhaft, weil er in der Würze
                              									keine stikstoffhaltige Substanz absezt, wie die gekeimte Gerste, durch welche im
                              									Bier die saure Gährung befördert wird. Auch kann man durch seine Anwendung den
                              									Alkoholgehalt der Würze genau reguliren, indem man derselben nur Syrup zuzusezen
                              									braucht, bis der Aräometer den gewünschten Grad zeigt. Vorzüglich zur Bereitung des
                              										weißen Biers und der Tafelbiere, wovon man im Sommer viel braucht, wird der Stärkesyrup (in
                              									Frankreich) häufig angewandt.
                           Der Stärkezuker verdient bei der Bereitung von Weingeist den Vorzug vor dem
                              									Kartoffelteig, weil der erhaltene Weingeist frei ist von schlechtem Geschmak (das
                              									flüchtige Oehl der Kartoffeln wird durch die Zukerbildung weggeschafft); auch geht
                              									die Gährung viel schneller vor sich, denn von der Glucose zum Alkohol ist nicht mehr
                              									weit hin  Der Rohrzuker
                              									wandelt sich immer in Glucose um, ehe er unter dem Einflusse der geistigen Gährung
                              									zu Alkohol wird.
                           Auch kann man mit Vortheil den Stärkesyrup auf Essig verarbeiten. Man bedient sich
                              									auch desselben vielfach zur Bereitung von Stiefelwichse, und hat dann den Vortheil,
                              									daß man die Operation unterbrechen kann, sobald die Zukerbildung eingetreten ist,
                              									ohne daß es mehr nöthig wäre, mit kreide zu sättigen; denn die freie Schwefelsäure
                              									dient dann, um auf das gebrannte Elfenbein einzuwirken, welches zur Stiefelwichse
                              									kommt.