| Titel: | Ueber Seidenwürmerzucht; Bericht über die von Hrn. Robinet im Departement der Vienne im Jahre 1840 angestellten Versuche. Vom Grafen Gasparin, Pair von Frankreich und Mitglied der Akademie der Wissenschaften. | 
| Fundstelle: | Band 83, Jahrgang 1842, Nr. LXXVI., S. 408 | 
| Download: | XML | 
                     
                        LXXVI.
                        Ueber Seidenwuͤrmerzucht; Bericht
                           								uͤber die von Hrn. Robinet im Departement der Vienne im Jahre 1840 angestellten Versuche.
                           								Vom Grafen Gasparin, Pair
                           								von Frankreich und Mitglied der Akademie der Wissenschaften.
                        Aus dem Echo du monde savant, 1841, No. 686, S. 708 u. No. 689, S. 735.
                        Gasparin, über Seidenwürmerzucht.
                        
                     
                        
                           Kaum hatte Hr. Robinet seine ausgezeichnete Abhandlung
                              									über die Varietäten der Maulbeerblätter herausgegeben, als dieser unermüdete
                              									Forscher wieder eine neue Ernte in diesem Jahre gemachter  interessanter Beobachtungen
                              										lieferte.Notice sur les éducations des vers à soie, faites
                                       												en 1840, par M. Robinet. Die Aufgaben, welche sich der Verf.
                              									gesezt, halten sich genau an die Praxis der Seidenwürmerzucht und können ihren
                              									Fortschritten nur förderlich seyn, während sie zugleich die Theorie in Punkten, wo
                              									sie noch zweifelhaft war, ergänzen.
                           Hinsichtlich der Zucht in Poitiers im Jahre 1840 erklärt Hr. Robinet, daß die Maulbeerbäume, welche er nach Verabredung mit Hrn. Millet gepflanzt, noch nicht weit genug gediehen seyen,
                              									um schon benuzt werden zu können. Er stellte seine Versuche nur noch in kleinem
                              									Maaßstabe und mit in der Umgegend eingekauften Blättern an. Was aber seinen
                              									Versuchen sehr viel Interesse verleiht, sind die vielen Varietäten von
                              									Seidenwürmern, mit welchen sie angestellt wurden; es waren deren 34, deren
                              									Eigenschaften und Mängel er, wenn auch nicht vollständig constatiren, doch
                              									wenigstens einigermaßen beobachten konnte. Nach diesen vorläufigen Bemerkungen
                              									folgen wir nun dem Verfasser auf dem langen Wege seiner Untersuchungen.
                           §. 1. Gestalt der Eier.
                           Der Verf. bestätigt, daß alle Eier der verschiedenen Racen eine runde und
                              									linsenförmige Gestalt haben, mit Ausnahme jener der kleinen schwefelgelben, im
                              									Departement der Vienne schon lange naturalisirten Race, welche eine eiförmige oder
                              									ovale Gestalt hat. Diese Beobachtung sollte die Aufmerksamkeit der Naturforscher auf
                              									sich ziehen, denn der dieser Race eigenthümliche Charakter zeigt eine tief genug
                              									gehende Verschiedenheit an, um glauben zu machen, daß sie ursprünglich von der
                              									Einführung einer besondern Species des Seidenwurms in die alten französischen
                              									Zuchtanstalten herrühre. Nachrichten, welche sich der Verf. eingeholt, lassen ihn
                              									muthmaßen, daß diese Race aus Friaul gekommen sey.
                           §. 2. Charakter der Eier zur Zeit des
                                 										Auskriechens.
                           Das dem Auskriechen sich nähernde Ei wird blasser, läßt aber durch seine Schale
                              									hindurch den jungen, sichelförmig gebogenen Wurm wahrnehmen, welcher zwei Drittheile
                              									des Umkreises des Eies einnimmt; der glatte, unbehaarte Kopf stemmt sich gegen die
                              									Schale und bildet gegen das spizigste Ende hin einen kleinen schwarzen Punkt.
                              									Bekanntlich haben die Chinesen das Studium dieser Veränderungen sehr weit getrieben
                              									und den am Ei stattfindenden Farbenwechsel in zehn Abtheilungen gebracht.
                           
                           Allein es sind noch ausgedehntere Untersuchungen anzustellen, welche, wenn sie gleich
                              									zunächst nur der Theorie nüzlich zu seyn scheinen, doch auch für die Praxis
                              									wesentliche Resultate liefern könnten; ich meine nämlich die Veränderungen des Eies
                              									von der Zeit an, wo es gelegt wurde, bis zur Bebrütung. Ich habe mich mit dieser
                              									Untersuchung beschäftigt und konnte beobachten, daß die mit der Befruchtung
                              									anfangende organische Bewegung das ganze Jahr und bis zur Auskriechzeit fortdauert.
                              									Diese Untersuchungen waren zu wenig vorangeschritteu, um veröffentlicht werden zu
                              									können und ihre Fortsezung wurde durch die von Hrn. Hérold publicirte, vollendete Arbeit unnöthig gemacht; in diesem Werke und
                              									den es begleitenden Abbildungen sind die Veränderungen des Eies von der Legung bis
                              									zur Befruchtung für jeden Tag beschrieben und abgebildet; sie dauern so lange fort,
                              									als das Ei einer Temperatur von 12,5° C. genießt, beschleunigen sich in dem
                              									Grade, als die Temperatur steigt, bedürfen aber doch, außer in Ausnahmsfällen, eines
                              									vollen Jahres, um den Keim zum Auskriechen vorzubereiten.
                           Diese Untersuchungen lehren die Ursachen, warum die Eier des Jahrgangs, wenn sie im
                              									Herbste der Bebrütung unterworfen werden, nicht oder so schwer auskriechen. Offenbar
                              									fehlte ihnen die vorbereitende Bearbeitung; andererseits sieht man, daß, wenn die im
                              									Frühjahr gelegten Eier am Anfang des Winters in einem Eiskeller einer kalten
                              									Temperatur ausgesezt werden, welcher Versuch von Hrn. Loiseleur-Deslongchamps so schön angestellt wurde, diese
                              									Entwikelung innehält und erst dann wieder anfängt, wenn man ihnen wieder
                              									12,5° C. Temperatur gibt; daß man sich also durch 15 Monate vorher, nicht
                              									aber durch nur 3 Monate vor der Zucht gelegte Eier eine Herbstauskriechung
                              									verschaffen kann.
                           Auch bemerkte Hr. Hérold, daß er Eier erhielt, welche
                              									auskrochen, obwohl sie nicht befruchtet waren. Diese Thatsache ist übrigens für uns
                              									Praktiker im Süden nicht neu; man hat mich oft versichert, daß Madame David de Roquemaure, welche jährlich viele Eier legen ließ und
                              									der man sie mit Vertrauen abkaufte, ihre Weibchen nur alle zwei Jahre begatten ließ,
                              									und daß dadurch die Tüchtigkeit zur Zeugung sich zwei Generationen hindurch
                              									verlängert habe. Die wissenschaftlichen Untersuchungen des Hrn. Hérold bestätigen diese Erfahrungen. Man sieht hieraus,
                              									wie wichtig es ist, den Versuch zu wiederholen und die Wirkungen desselben auf die
                              									daraus hervorgehenden Producte zu verfolgen, weil er den Seidenzüchter immer auf
                              									zwei Jahre einer mühsamen Operation entheben würde.
                           
                           §. 3. Verlust, welchen die Eier von der
                                 										Legung an bis zum Auskriechen erleiden.
                           Wenn Hr. Robinet seine Aufmerksamkeit nicht auf die
                              									Mysterien der Organisation richtete, welche im Innern des Eies vorgehen, so
                              									verfolgte er doch sorgfältig andere Veränderungen, welche sich unbezweifelt an die
                              									eben besprochenen knüpfen und sie zu bestätigen scheinen, nämlich die
                              									Gewichtsabnahme desselben vor der Bebrütung; allein er verfolgte diese Untersuchung
                              									nur vom 30. Jan. bis zum 26. Mai und wünscht sie vom Augenblik der Legung an bis zur
                              									Bebrütung zu wiederholen.
                           Die erhaltenen Resultate sind folgende: 1) die Seidenwurmeier verlieren, der freien
                              									Luft ausgesezt, im Mittel 4Proc. ihres Gewichts im Zeitraum von 3 Monaten, nämlich
                              									vom Februar bis zum Mai. Den Verf. befremdete es, daß vom 30. Jan. an bis zum 15.
                              									Febr. gar kein Verlust stattfindet, und er schloß daraus, daß die organische Arbeit
                              									zu dieser Zeit erst anfange. Wahrscheinlich hätte er richtiger gesagt, sie fange
                              									jezt wieder an, und wenn er die Beobachtungen im vorausgehenden Sommer schon gemacht
                              									hätte, so hätte er die Gewichtsverminderung vom Augenblike der Legung an bis zum
                              									Anfang der Kälte schon gefunden, indem die Arbeit der Organisation von der
                              									Verdunstung der flüssigen Substanzen des Eies begleitet ist, wie dieß die
                              									Beobachtungen über Bebrütung der Vogeleier zeigen und es der Verf. für diese
                              									lezteren selbst bestätigte. Diese Gewichtsverminderung wurde durch die Vergrößerung
                              									der zu einem Gramm nöthigen Anzahl Eier dargethan; man brauchte hiezu im Januar im
                              									Mittel 1475 Eier, im Mai nur 1420. Die Sina-Eier sind schwerer als andere
                              									Varietäten; man brauchte deren im Monat Januar zu einem Gramm nur 1310 von jenen von
                              									Ardèche und 1335 von den in Poitiers gesammelten.
                           Der Verf. erinnert hierauf auf eine der Praxis Nuzen versprechende Beobachtung. Die
                              									gegen den 1. Mai in gläsernen Gefäßen von Paris nach Poitiers gesandten Eier waren
                              									auf der Reise durch verdunstetes Wasser befeuchtet worden; die im Eiskeller
                              									aufbewahrten waren vollkommen troken; hieraus ist es erklärlich, daß die
                              									Aufbewahrung der Eier im Eise nicht gelingen wollte, wenn sie, vorher in Gefäßen
                              									eingeschlossen, wo sie eine Temperatur über 12,5° C. hatten, Wasser einziehen
                              									und dann später in den Eiskeller gebracht werden, wo dieses Wasser gefriert. Auch
                              									sollen nach der von Hrn. Loiseleur-Deslongchamps
                              									angegebenen Regel die Gefäße immer nur eine im Verhältniß zu ihrem Volumen kleine
                              									Quantität Eier enthalten, damit, wenn Verdunstung stattfindet, die Feuchtigkeit
                              									nicht so bedeutend seyn kann, um ihnen zu schaden.
                           
                           Der Verf. widmet hierauf einige Seiten den Versuchen, welche er zur Bekämpfung des
                              									Vorurtheils angestellt hatte, daß die Vogeleier während der Bebrütung an Gewicht
                              									zunehmen. Er fand, daß die Hühnereier am 19ten Tage ihrer Bebrütung 15 und die
                              									Enteneier 16 Proc. ihres ursprünglichen Gewichts verloren hatten. Wir wollen uns
                              									aber bei dieser bekannten Thatsache nicht länger aufhalten.
                           §. 4. Einfluß des Datums der Legung auf das
                                 										Auskriechen.
                           Die Versuche wurden mit Eiern derselben Race, welche am 11. und 15. Jul. und Ende
                              									September gelegt worden waren, angestellt. Die Tücher, worauf sie gelegt waren,
                              									zeigten eine gleiche Anzahl freiwilliger Auskriechungen für diese verschiedenen
                              									Daten. Es scheint daher unnüz Cocons zu opfern, um gerade an einem und demselben
                              									Tage gelegte Eier zu erhalten. Doch bemerkt der Verf., daß die Eierlegung des Monats
                              									September Seidenwürmer erzeugte, welche durchaus schwächer blieben.
                           §. 5. Einfluß der Temperatur auf das
                                 										Auskriechen.
                           Hr. Robinet bezeichnet die Uebelstände der von vielen
                              									Autoren für das Auskriechen der Seidenwürmer vorgeschriebenen Temperatur von
                              									30° C.; es ist schwierig, diese hohe Temperatur gleichmäßig zu erhalten,
                              									schwierig, die kaum ausgekrochenen Würmer in eine geringere Temperatur
                              									überzubringen, schwierig, die bei größerer Wärme nothwendig vermehrte Anzahl von
                              									Mahlzeiten, schwierig, den Raum bei einer Feuchtigkeit von 80° C. zu
                              									erhalten. Er ließ bei einer Temperatur von 25° C. auskriechen, die Würmer
                              									kamen am 7., 8. und 9. Tag heraus; im verflossenen Jahre, wo die Temperatur auf
                              									30° C. gehalten wurde, fand die Auskriechung später statt.
                           §. 6. Temperatur, welche die Eier ertragen
                                 										können.
                           Der Verf. sezt eine Reihe von 12 kleinen, oben offenen Röhrchen, wovon jedes 5
                              									Decigramme Seidenwurmeier enthält, in ein Wasserbad; ein 13tes ähnliches wird
                              									nebenhin gestellt, um als Vergleichungspunkt zu dienen. Das Marienbad wird erwärmt,
                              									die erste Röhre herausgenommen, wenn die Temperatur 35° C. erreicht hat, und
                              									so die anderen von 5 zu 5 Graden; es wird so bis auf 100° C. (80° R.)
                              									erhizt. Man bringt diese Eier in das Brützimmer; die drei ersten Röhren, welche 35
                              									bis 45° C. Wärme erhielten, geben vom ersten Tage der Auskriechung an
                              									reichlich Eier; die vierte, welche 50° C. hatte, bleibt um einen Tag zurük,
                              									gibt aber vom anderen Tage an ebenfalls viele Würmer. In den folgenden Röhren  findet gar keine Geburt
                              									statt; aber vier Tage darauf gibt Nr. 5, auf 55° C. erhizt, deren einige, und
                              									am anderen Tage kriechen sie alle aus. In den über 55° C. erhizten Röhren
                              									kriechen keine Würmer aus.
                           Der Verf. variirte diesen Versuch und konnte die Eier 8 Tage lang eine Temperatur von
                              									35 bis 40° C. ertragen machen, ohne daß sie das Vermögen auszukriechen,
                              									verloren.
                           §. 7. Aufbewahrung der Eier im
                                 										Eiskeller.
                           Es gelang Hrn. Robinet im vorigen Jahre nicht, die Eier im
                              									Eiskeller zu erhalten, was er irgend einer Vernachlässigung in der Ausführung der
                              									von Hrn. Loiseleur-Deslongchamps gegebenen
                              									Vorschriften zuschreibt; dieses Jahr hielt er sich gewissenhaft an dieselben, und
                              									zwar mit folgendem Resultat.
                           Man hatte die Eier auf den Tüchern gelassen und in gut verkittete Gefäße gebracht. Am
                              									20. Mai aus dem Eiskeller gebracht, gaben sie eine herrliche Auskriechung. Einen
                              									Monat später aber, am 24. Jun., zog er andere Gefäße aus der Eisgrube und fand
                              									sogleich, daß eine gewisse Menge Eier verdorben war. Sie waren eingefallen und
                              									ausgetroknet; einige einzelne, welche sich vom Tuche losgemacht hatten, schienen
                              									noch gut, wurden aber nach einigen Tagen schwarz und fielen ein. Von denjenigen auf
                              									dem Tuche krochen einige ganz, die anderen theilweise aus, ohne daß man sich die
                              									Verschiedenheit hätte erklären können, wenn nicht etwa die größere oder geringere
                              									Dike des Tuches daran Schuld war.
                           Am 24. Jun. sezte man in die Eisgrube eine Flasche, deren Eier in gutem Zustande zu
                              									seyn schienen; man brachte sie in einen tiefen Keller, dessen Temperatur zwischen 10
                              									und 12° C. variirte; am 17. Aug. wurden sie der Bebrütung unterworfen, es
                              									kroch kein einziger Wurm aus.
                           Am 9. Sept. wurden 9 Eierproben aus der Eisgrube genommen, auf dem Tuche befindliche
                              									und lose; man unterwarf sie der sorgfältigsten Bebrütung; am 1. Okt. krochen nur
                              									fünf Würmer aus.
                           Der Verf. fügt hinzu, daß er nur einen einzigen Vorwurf sich machen zu müssen glaube,
                              									daß er nämlich zu spät, am 31. März erst, die Würmer in die Eisgrube brachte; er
                              									nimmt sich vor, dieses Jahr seinen Versuch zu wiederholen, um die zum Gelingen
                              									unerläßlichen Vorsichtsmaßregeln zu bestimmen. Gewiß ist, daß die Aufbewahrung der
                              									Eier viele Anomalien darbietet, welche man sich noch nicht recht erklären kann. Der
                              									Berichterstatter erhielt im August Eier, welche von Hrn. Loiseleur-Deslongchamps Ende März in die Eisgrube gebracht worden
                              									waren und schön auskrochen, während  andere diesen Erfolg nicht hatten. Neue Untersuchungen,
                              									welche die Ursachen dieser Anomalien verschwinden machen, wären daher für das
                              									Gelingen der zweiten Zucht von sehr großem Werth.
                           §. 8. Metamorphose der
                                 									Seidenwürmer.
                           In diesem Paragraph beschreibt der Verf. sorgfältig alles, was bei der merkwürdigen
                              									Erscheinung der Seidenwürmer-Metamorphose vorgeht. Er wurde zu diesen
                              									interessanten Beobachtungen durch den Wunsch veranlaßt, Hrn. Andouin die abgestreifte Haut dieser Insecten in dem Augenblike, wo sie
                              									sie verlassen, zu verschaffen. Diese Beschreibungen gestatten keinen Auszug; wir
                              									begnügen uns, darauf aufmerksam zu machen und auf die Originalabhandlung zu
                              									verweisen.
                           Im dritten Capitel berichtet Hr. Robinet über seine
                              									Seidenzucht im Jahre 1840. Diese fand an zwei verschiedenen Pläzen statt, in
                              									Cataudière mit drei Hauptracen von Seidenwürmern, und in Poitiers mit vielen Racen
                              									und unter verschiedenen Umständen. Leztere Zucht verdient wahrhaft den Namen einer
                              									durch Erfahrung bestätigten; in einer der dazu bestimmten Stuben fand die zu einer
                              									guten Zucht gehörige normale Behandlung statt; dann wurden neben dieser mehrere
                              									andere getrennt, vorzüglich zu dem Zwek eingerichtet, die Wirkungen der Feuchtigkeit
                              									und der Trokenheit auf die Seidenwürmer zu studiren.
                           Um die sich darbietenden Fragen zu lösen, veranstaltete der Verf. vier Zuchtversuche;
                              									sie wurden mit vollkommen gleichen Würmern angestellt; es wurden nämlich
                              									gleichartige Serien dreier verschiedener Seidenwürmerracen im zweiten Lebensalter in
                              									vier gleiche Theile getheilt. Diese Racen waren die Sina, die von Touraine und die
                              									von Loudun. Die Mahlzeiten wurden in gleicher Menge und zu gleicher Stunde gegeben;
                              									ein und dasselbe Blatt diente für alle vier Zuchten. Die Ausräumung geschah mittelst
                              									Neze; endlich war man bemüht, in allen vier Stuben eine gleichmäßige Temperatur zu
                              									erhalten und jeden der Feuchtigkeit, deren Wirkungen man studiren wollte,
                              									entgegenwirkenden Einfluß fern zu halten.
                           §. 9. Normale Zuchten.
                           Die Resultate der normalen Zucht waren folgende:
                           
                              
                                 1) Gewicht der drei
                                       												Coconsracen.
                                 
                              
                                 Sina
                                 1,47
                                 
                              
                                 Gelbe von Tours
                                 1,78
                                 
                              
                                 Loudun
                                 2,34
                                 
                              
                                 2) Gewicht der
                                       												Seidensubstanz.
                                 
                              
                                 Sina
                                 0,22
                                 
                              
                                 Gelbe von Tours
                                 0,29
                                 
                              
                                 Loudun
                                 0,42
                                 
                              
                           
                           Es folgt hieraus, daß jeder Seidenwurm von Loudun beinahe
                              									zweimal so viel Seide liefert als der der Sinarace, und daß, wenn man die Cocons
                              									beider Racen spinnen will, 100 Kilogr. Sinacocons 14,9 Kilogr. Seide enthalten, ohne
                              									daß man jedoch verlangen dürfe, daß man beim Spinnen auch so viel erhält, indem es
                              									immer etwas Abgang gibt. Der für die Zucht einzuräumende Vorzug hängt also von der
                              									Frage ab: sind die Sinacocons zweimal so theuer als die Louduncocons verkäuflich?
                              									und für die Spinner: ist die Sinaseide im Vergleich zur Loudunseide zu einem wie 18
                              									zu 15 Fr. sich verhaltenden Preise verkäuflich? Es versteht sich, daß mehrere
                              									aufeinander folgende Versuche, welche mit dem hier auseinandergesezten
                              									übereinstimmen, zu den wichtigsten Resultaten für die Praxis führen würden.
                           §. 10. Trokene Zucht.
                           Diese Zucht fand auf dem Fußboden eines schon an und für sich sehr trokenen Zimmers
                              									statt, welcher noch mit mehreren Decalitern oft erneuerten gebrannten Kalks bedekt
                              									wurde.
                           Der äußere Hygrometer zeigte im Mittel 75° und der der
                              									Normal-Seidenzuchtanstalt 70°; unter 60° konnte derjenige in
                              									der trokenen Zuchtanstalt nicht gebracht werden.
                           Die Dauer der Zucht war 25 Tage, wie in der Normalanstalt. Die Würmer wurden nicht so
                              									dik, die Cocons zweier Racen, der Sina- und der Loudunrace, wurden schwächer;
                              									die der Tourainerace stärker. Das Verhältniß der Seidensubstanz blieb dasselbe, aber
                              									ihr absolutes Gewicht war etwas geringer. Im Allgemeinen scheint der Einfluß der
                              									Trokenheit nicht günstig gewesen zu seyn.
                           §. 11. Feuchte Zucht.
                           Diese Zucht fand unter einem unter dem Boden befindlichen, an und für sich schon sehr
                              									feuchten Gewölbe statt, dessen Boden noch fortwährend besprengt wurde. Es befand
                              									sich ein beständig mit Wasser angefülltes Gefäß zur Verdunstung auf dem Ofen, und
                              									nasse Tücher waren um die Hürden herum gehangen und wurden immerfort, Tag und Nacht,
                              									erneuert. Der Hygrometer zeigte im Mittel 89,2, also 13° mehr als in freier
                              									Luft, 19,2 mehr als in der großen Seidenzuchtanstalt und 24° mehr als in der
                              									trokenen. Folgendes waren die Resultate.
                           1) Die Würmer wurden größer als in der trokenen und in der Normalzuchtanstalt. Die
                              									mittlere Zahl ihrer Zunahme ist 11 Proc.; ihre Zunahme an Gewicht betrug 14
                              									Proc.
                           2) Die in der feuchten Zuchtanstalt erhaltenen Cocons sind schwerer als die der
                              									anderen, und zwar im Verhältniß von 11,2  Proc. zur Normal- und von 12,4 Proc. zur trokenen
                              									Anstalt; die Cocons aller wurden erst dann gewogen, nachdem das hygrometrische
                              									Gleichgewicht wieder unter ihnen hergestellt war.
                           3) Das Verhältniß der Seidensubstanz im Sina- und dem Seidenwurm von Tours
                              									bleibt sich gleich; im Louduncocon nahm es im Vergleich zur Normalanstalt um 2 Proc.
                              									und zur trokenen Anstalt um 4 Proc. zu; da aber die Cocons aller drei Racen an
                              									Gewicht gewonnen hatten, so folgt hieraus, daß bei gleicher Coconsanzahl die feuchte
                              									Zucht mehr Seidensubstanz erzeugt.
                           4) Das Volumen der Cocons blieb dasselbe, woraus folgt, daß, da das Verhältniß der
                              									Seide zunahm, sie härter und dichter sind.
                           Die Feuchtigkeit war demnach der Gesundheit der Seidenwürmer offenbar zuträglich,
                              									vorausgesezt daß häufige Ausräumungen ihr keine Einwirkung auf den Mist der Würmer
                              									durch Begünstigung der Gährung gestatten.
                           §. 12. Zucht mit befeuchteten
                                 									Blättern.
                           Der Verf. hielt es nicht für hinreichend, die Einwirkung der Feuchtigkeit auf die
                              									Seidenwürmer durch Vermittelung der Luft darzuthun; da er wohl wußte, wie viel man
                              									in neuerer Zeit auf das Troknen der durch den Regen befeuchteten Blätter hält, so
                              									beschloß er, die Resultate einer aus reichlich mit Wasser besprengten Blättern
                              									bestehenden Nahrung durch Versuche zu ermitteln.
                           Die Lebensdauer der Würmer blieb sich gleich; es gab keine erkrankten; das Volumen
                              									der Würmer war größer; die Gewichtszunahme betrug 17 Proc. gegen die Würmer der
                              									normalen, 7 Proc. gegen die der feuchten, und 28 Proc. gegen die der troknen Zucht.
                              									Das Gewicht der Cocons hatte um 12 Proc. im Vergleich zu jenen der normalen Zucht
                              									zugenommen.
                           Das Verhältniß der Seidensubstanz schien abgenommen zu haben, oder mit anderen
                              									Worten, das Gewicht der Puppe war im Verhältniß größer als das der Seidenhülle;
                              									dieser Unterschied aber wird durch das absolute Gewicht der Cocons mehr als
                              									ausgeglichen; so ist die nöthige Anzahl Cocons, um 1 Kilogr. auszumachen, in der
                              									troknen Anstalt 565; in der Anstalt mit feuchten Blättern 491; ein Unterschied von
                              									64 oder von 13 Proc. Nun ist der Verlust an Seidensubstanz nur 1/21 oder 0,05. Man
                              									sieht also, daß bei gleicher Anzahl Würmer ein reeller Mehrbetrag an Gewicht
                              									vorhanden ist.
                           Das Volumen der Cocons war etwas größer, aber um weniger, als das der Seidensubstanz,
                              									weßhalb sie sehr hart sind. Beim Oeffnen der Cocons fand man einige Würmer todt, die
                              									aber ihre Arbeit vollendet hatten.
                           
                           Der Verf. behauptet also, ohne gerade den Schluß ziehen zu wollen, daß man das
                              									Verfahren des Besprengens der Blätter einführen solle, daß man weder die vom Regen,
                              									noch die vom Thau benezten Blätter zu fürchten habe. Wir müssen aber in dieser
                              									Hinsicht für Klimate, deren Luft nicht ganz rein ist, Ausnahmen vorbehalten.
                           Der Zwek dieser Versuche ist übrigens unbestritten erreicht und die Feuchtigkeit
                              									erscheint als ein den Seidenwürmern günstiger Umstand, wenn sie von oft erneuerter
                              									warmer Luft und Sorgfalt für Reinlichkeit und Ausräumung begleitet ist.
                           Der Verf. beabsichtigt, die Cocons aller Versuche besonders spinnen zu lassen und die
                              									Resultate davon später mitzutheilen.
                           §. 13. Wirkung der
                                 										Temperatur-Uebergänge.
                           Die Temperatur-Uebergänge wurden schon oft als von schädlichem Einfluß auf die
                              									Gesundheit der Seidenwürmer bezeichnet. Hr. Robinet hat
                              									diesen Einfluß nicht untersucht und theilt nur einige einzelne Versuche über die
                              									Uebergänge vom feuchten in den troknen Zustand mit. Bei 10 Proben trat nicht eine
                              									einzige erhebliche Veränderung ein und alle denselben unterworfenen Seidenwürmer
                              									machten ihre Cocons.
                           §. 14. Einfluß der Spätzuchten.
                           Der Verf. vergleicht zuerst das Gedeihen der im Julius und der im September gelegten
                              									Eier; die lezteren waren kleiner, indem man von ihnen 1470, von den ersteren aber
                              									nur 1335 zu einem Gramm brauchte. Die Herbsteier wogen also 1/10 weniger als die
                              									Sommereier.
                           Der Unterschied wurde sehr auffallend bei den Cocons; man bedurfte von Sommereiern
                              									680 zu 1 Kilogr.; ihr mittleres Gewicht war 1,47 Gr.; das Verhältniß der Seide 14
                              									Proc.; Herbsteier gingen 800 auf das Kilogr., ihr mittleres Gewicht war 1,25 Gr.;
                              									das Verhältniß der Seide 11 Proc.
                           Man soll sich daher niemals Eier zweiter Zucht bedienen.
                           §. 15. Zucht in freier Luft.
                           In der Baumschule zu Poitiers findet man durchlöcherte Blätter, worauf sich
                              									Seidenwürmer niedergelassen haben, die von Schmetterlingen herrühren, welche im
                              									vorigen Jahre von Zöglingen der Anstalt dahin gebracht wurden, allen
                              									Temperaturveränderungen des Sommers, des Winters und des Frühlings getrozt hatten
                              									und in den ersten Tagen des Mai's auskrochen.
                           
                           Man umhüllte die Bäume mit einem Neze, um die Seidenwürmer gegen die Vögel zu
                              									schüzen; sie wurden aber von den Ameisen angefallen; man versah die Stämme mit
                              									Baumwollringen, welche diese neuen Feinde aufhielten; aber durch das Zerreißen des
                              									Maulbeerblattes verloren die Würmer ihre Stüze und fielen in großer Anzahl zur Erde,
                              									wo sie verzehrt wurden. Am 29. Mai waren nur mehr wenige da, welche sehr schön
                              									waren; am 10. Junius waren sie alle verschwunden, ohne daß man die Ursache davon
                              									sich hätte denken können.
                           §. 16. Zucht mit Farbstoffen.
                           Man hat viel von der Zucht mit Blättern, die mit Farbstoff getränkt sind, gesprochen,
                              									wodurch eine Seide erzielt werden soll, welcher sich die Farbe schon einverleibt
                              									hat; der Verf. hat dieses Verfahren mit Indigo, Cochenille, Krapp, Alkannawurzel und
                              									Gelbholz versucht. Die Würmer bissen das Blatt nur ungerne und vom Hunger gezwungen
                              									an. Die Cocons waren schwach und gerade nicht ungefärbt, aber die Farbe mit der
                              									Seide nicht bleibend verbunden. Der Faden wurde vom Wurm beschmuzt, dessen Körper
                              									sich über die mit Farbstoffen bedekten Blätter dahinschleppte und ihn im Innern der
                              									Cocons absezte.
                           Im vierten Capitel gibt der Verf. nähere Details über seine thermometrischen und
                              									hygrometrischen Beobachtungen und über die Schwierigkeit, zu gleicher Zeit eine hohe
                              									Temperatur und einen hohen Grad von Feuchtigkeit zu erreichen.
                           Im fünften Capitel werden praktische Details über die Zucht gegeben; er behandelt
                              									nacheinander die Blätterscheren, von welchen er jener des Hrn. Geoffroy den Vorzug gibt; die Hürden und die Ausräumung, von welchen er
                              									schon in einer andern Abhandlung gesprochen und deren Vorzüge er bestätigt; die
                              									Papierneze, welche er verwirft, außer um als Uebergang zu den Fadennezen zu dienen;
                              									die Vorzüge der Rübsamen- (Colza-) Besen für das Getäfel; die
                              									geregelten Nachtwachen in der Weise, daß die Arbeiter sich in zwei Sectionen
                              									theilen, wovon die eine sich früh niederlegt, um des Morgens um 3 Uhr aufzustehen
                              									und die andere bis Mitternacht wacht. Die Fütterung wird demnach während 3 bis 4
                              									Stunden aufgehoben, ohne daß diese Aufhebung irgend einen übeln Einfluß auf die
                              									Dauer der Zucht üben könnte.
                           Das sechste Capitel handelt von der Erstikung der Puppen. Der Verf. gibt dem heißen
                              									Wasserdampfe den Vorzug, ein Verfahren, welches wohlfeil und leicht ist, wenn es gut
                              									ausgeführt wird, und der Zug stark genug ist, um den ganzen Raum der Vorrichtung mit
                              									Dampf zu erfüllen und ihn dann, ohne daß Verdichtung eintritt, entweichen zu
                              									lassen.
                           
                           Im siebenten Capitel wird gezeigt, daß es nicht wohl möglich ist, mittelst gebrannten
                              									Kalks die Feuchtigkeit behufs des Austroknens hinreichend zu absorbiren.
                           Nach diesem Berichte reichte Hr. Loiseleur-Deslongchamps folgende Beobachtungen ein:
                           Im Jahre 1823 machte ich meine ersten Versuche, das Auskriechen der Eier des
                              									Seidenwurms durch die Kälte der Eisgruben zu verzögern. Da diese Versuche gelangen,
                              									sezte ich sie im Jahr 1824 fort und machte nacheinander fünf Zuchten, die lezten
                              									drei mit Eiern, welche sich 3, 4 und 5 Monate in der Eisgrube befunden hatten. Die
                              									lezte dieser Zuchten, am 19. August angefangen, war erst am 4. Oktober vollendet. In
                              									den Jahren 1825, 1826 und 1827 hatten die unternommenen zweiten und dritten Zuchten
                              									alle denselben Erfolg; doch betrieb ich dieselben nicht mehr so spät in die
                              									Jahrszeit hinein; die späteste war am 12. August vollendet.
                           Die Cocons der zwei oder drei ersten Zuchten waren im Gewichte immer ziemlich gleich,
                              									die der vierten und fünften aber waren um 1/6 oder gar um 1/5 schwächer.
                           Indem ich meine Eier in die Eisgrube sezte, conservirte ich sie größtentheils
                              									dadurch, daß ich sie in lange gläserne Flaschen (Phiolen) brachte, welche ich nur zu
                              									1/10 oder 1/12 anfüllte, und so oft diese gut verstopft und verkittet waren, krochen
                              									sie beinahe alle aus. Unter 14 bis 15malen war nur 3mal durch irgend eine Schuld
                              									Feuchtigkeit in die Phiolen gedrungen, die Eier nahmen einen schimmligen Geruch an,
                              									konnten nicht auskriechen und waren durchaus verloren.
                           Boissier de Sauvages war, wie ich glaube, der erste,
                              									welcher Versuche über die Temperatur anstellte, welche das Seidenwurmei noch
                              									ertragen kann. Nach seinen Versuchen krochen Eier, der directen Sonnenhize
                              									ausgesezt, bei welcher das Thermometer auf 36° R. stieg, nichtsdestoweniger
                              									aus. (Siehe l'Art d'élever les vers à soie, nouvelle
                                 										édit. Avignon 1788.) Andererseits können diese Eier nach den Versuchen der
                              									HHrn. Pomarè de und Amans-Carrier und den meinigen einer Kälte von 17 bis 18°R.
                              									unbeschadet ausgesezt werden; folglich können sie einen Wechsel zwischen 60°
                              									C. ertragen.
                           Das Auskriechen der nicht befruchteten Eier kann meines Erachtens nur in möglichst
                              									zweifelhafter Form ausgesprochen werden. So viel kann ich versichern, daß eine
                              									ziemliche Anzahl Weibchen, welche ich jährlich von den Männchen nicht begatten ließ,
                              									immer nur leere Eier legten. Es wäre zu wünschen, daß Hr. Robinet hierüber mit gewohnter Sorgfalt neue Versuche anstellte.