| Titel: | Ueber animalische und vegetabilische Düngerarten; von Hrn. Payen. Auszug aus einer Vorlesung desselben am Conservatoire des Arts et Métiers in Paris. | 
| Fundstelle: | Band 84, Jahrgang 1842, Nr. XI., S. 64 | 
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                        XI.
                        Ueber animalische und vegetabilische
                           								Duͤngerarten; von Hrn. Payen. Auszug aus einer Vorlesung desselben am Conservatoire des Arts et Métiers in Paris.
                        Aus dem Moniteur industriel, 16. und 19. Dec.
                              									1841.
                        Payen, über animalische und vegetabilische Düngerarten.
                        
                     
                        
                           Zu den stikstoffreichsten Düngerarten gehört das trokne
                              									Blut, womit seit einigen Jahren bedeutender Handel
                              									getrieben wird. Das getroknete und gepulverte Blut ist rothbraun, im Wasser
                              									unlöslich; es zersezt sich langsam, eine der wesentlichsten Bedingungen eines guten
                              									Düngers. Würde das Blut in flüssigem und concentrirtem Zustande am Fuße der Pflanzen
                              									ausgebreitet, so müßte die schnelle Zersezung desselben ihnen sehr schädlich seyn,
                              									weil sich Ammoniakgas entwikeln und die Wurzeln verbrennen würde; aber mit vielem
                              									Wasser verdünnt, zum Besprengen benuzt, kann es, wiewohl unter anderen
                              									Volumenverhältnissen, gute Dienste leisten.
                           Um das Blut in Düngergestalt zu bringen, vermischt man es (in Montfaucon bei Paris)
                              									mit etwas Wasser, ungefähr der Hälfte, und bringt es in Kessel, die über freiem
                              									Feuer, oder besser, mittelst Dampf erhizt werden. Man rührt die Masse von Zeit zu
                              									Zeit mit einem großen hölzernen Spatel um und befördert dadurch die Gerinnung des
                              									Eiweißstoffes, und wenn diese geschehen ist, werden Säke damit angefüllt, welche
                              									unter die Presse kommen. Hiedurch wird das Serum (Blutwasser) entfernt, welches sehr
                              									wenig stikstoffhaltige Substanz enthält, und man hat dann beinahe alles Blut in
                              									fester Gestalt, so daß man es nur mehr in Trokenvorrichtungen der Luft auszusezen
                              									braucht.
                           Seit einiger Zeit ertheilt man dem Blute die Eigenschaft, sich noch langsamer zu
                              									zersezen, indem man es mit kohligen Substanzen vermengt.
                           Hr. Dailly (Poststallmeister in Paris), ein
                              									ausgezeichneter Landwirth, sezt seinen Dünger in Schober,
                              									um ihn auszutroknen. Diese müssen aufgerichtet und bedekt werden, ungefähr wie die
                              									des Getreides, um sie vor dem Regenwasser zu schüzen; ferner müssen die sehr
                              									feuchten und zu einer Masse vereinigten Substanzen sorgfältig in alle Schober
                              									vertheilt und mit dem Stroh wohl vermengt werden. Mit einem Worte, um die
                              									Austroknung vollkommen zu bewerkstelligen, müssen die Schober gut gelüftet werden.
                              									Der Landwirth soll außerdem auch darauf sehen, daß sie so nahe als möglich an das zu
                              									düngende Feld gesezt werden, um die Transportkosten zu ersparen. Auch muß die
                              									Ersparniß an Arbeitslohn in Betracht gezogen  werden, welche aus der leichten Behandlung bei
                              									Ausbreitung des Düngers auf dem Boden entspringt; jeder weiß, wie ermüdend es für
                              									die Arbeiter ist, den feuchten Dünger mit der Gabel auszubreiten. Ich brauche kaum
                              									noch zu bemerken, daß der ausgetroknete Dünger auf Thonboden den Vorzug verdient,
                              									dessen Bearbeitung so mühsam und wohin die Zufuhr so schwierig ist; endlich soll er
                              									erst dann auf dem Boden ausgebreitet werden, wann Regen zu hoffen ist; denn
                              									Feuchtigkeit ist eine der ersten Bedingungen einer guten Wirkung des troknen
                              									Düngers.
                           In Belgien und Flandern, wo der Akerbau so vervollkommnet ist, wird der Dünger (flämische Dünger) in solid gebauten unterirdischen
                              									Kellern aufbewahrt, um ihn vor atmosphärischen Einflüssen zu schüzen, welche eine
                              									ihm schädliche Gährung herbeiführen könnten. Der flämische Dünger besteht aus Koth,
                              									dem beinahe immer eine gewisse Menge Wasser zugesezt wird, um eine flüssige Mischung
                              									zu erhalten. Man führt diese Masse in auf Karren befindlichen Fässern auf die
                              									Felder, wo die Keller angebracht sind. Man entleert diese Fässer durch das Spundloch
                              									und die Flüssigkeit wird durch eine Rinne in den Keller geleitet, der zwei Löcher
                              									hat, eines, um diese Rinne hindurch zu lassen, und das andere, gewöhnlich gegen
                              									Norden gerichtet, durch welches ein Theil der während der Gährung des Düngers sich
                              									bildenden Gase entweicht. Wenn der Keller voll ist, wird das erste Loch sorgfältig
                              									verschlossen, um den Zutritt der Luft zu verhindern, durch welchen diese schwache
                              									Gährung zu sehr befördert würde.
                           Zur Zeit des Düngens stellt man in gewisser Entfernung von einander in der Nähe der
                              									Kothkeller große Zuber, in welche man einen Theil des Düngers leert; man benuzt, um
                              									ihn zu transportiren, die zur Anfüllung der Keller dienenden Zuber und Fässer.
                              									Hierauf schöpft man die Flüssigkeit mit hölzernen Kübeln aus den Zubern und schüttet
                              									sie über den Boden aus, entweder mittelst Schöpflöffeln oder Sprizwägen, wie man sie
                              									zum Sprizen der Straßen hat. Die Anwendung dieses Düngers durch Aussprengen ist von
                              									dem erstaunlichsten Erfolge; er leistet den Flammändern mehr als die dreifache Menge
                              									unseres landwirthschaftlichen Düngers, welcher 4 Proc. Stikstoff enthält, und man
                              									muß wissen, daß sie auf die Hectare Land, auf welche wir 10,000 Kilogr.
                              									landwirthschaftlichen Dünger bringen, 25,000 Kilogr. flämischen Dünger ausbreiten.
                              									Nichtsdestoweniger haben sie große Vortheile, denn hier steht der Preis im
                              									Verhältniß zur Kraft des Düngers.
                           Die Conservation des Düngers ist von hoher Wichtigkeit,
                              									weil sie es dem Landwirthe möglich macht, ihn aus entfernten Ländern  kommen zu lassen, und zwar mit
                              									wenig Kosten große Quantitäten auf einmal; ferner ihn, so lange er will, liegen zu
                              									lassen, ohne die Uebelstände einer Gährung befürchten zu müssen, welche, sich allen
                              									feuchten Düngers bemächtigend, den Verlust eines Theils seiner der Vegetation
                              									zuträglichen Bestandtheile herbeiführt.
                           Die Austroknung gestattet uns, wie schon gesagt, das von
                              									den Schlachthäusern zu Paris in so großer Menge gelieferte BlutDas Blut wird behufs der Cultur des Zukerrohrs in die Colonien
                                    											verfuͤhrt; auch sendet man dahin zum Klaͤren des Zukers große
                                    											Quantitaͤten aufloͤslichen Blutes,
                                    											welches naͤmlich bei niederer Temperatur zu fester Consistenz
                                    											gebracht wurde und dessen Loͤsung wie das frische Blut in der
                                    											Waͤrme zu gerinnen vermag. Diese Anwendung verdankt man Hrn. Derosne. Man errichtet im Sommer in freier Luft
                                    											eine Art Geruͤste aus durcheinander geflochtenen Zweigen, auf welches
                                    											man aus einem unterhalb desselben befindlichen Bassin mittelst einer Pumpe
                                    											das Blut ausschuͤttet, durch welche wiederholte Operation das Blut an
                                    											den Zweigen haͤngen bleibt und langsam austroknet. als den
                              									reichhaltigsten Dünger zu benuzen. Sie kann auch mit großem Vortheil bei dem landwirthschaftlichen
                              									Dünger angewandt werden, wobei die Austroknung allerdings
                              									nicht so leicht ist, wie beim Blute, aber nur sehr wenig verloren geht, nämlich 2
                              									Proc. seines Werthes; durch Abdunstung aber reduciren sich 100 Theile Dünger auf 33,
                              									die Transportkosten vermindern sich also um ⅔.
                           Jedes Departement treibt je nach seiner Lage und dem Reichthum seines Bodens seinen
                              									Düngerhandel. Die Normandie und Bretagne z. B. verwenden und versenden an einigen
                              									Pläzen bedeutende Massen eines eigenthümlichen Düngers oder stikstoffhaltigen
                              									Sandes, Merl genannt. Dieser Merl ist ein dem
                              									gewöhnlichen Sande ähnliches animalisches Product; er enthält 5 Proc. Stikstoff,
                              									während der Dünger nur 4 Proc. enthält. Es ist dieß ein in der Bretagne sehr
                              									geschäzter Dünger, wovon im Jahre mehrere Millionen metrische Centner verbraucht
                              									werden. Man wendet ihn auch an der englischen Küste in Menge an.
                           Ein anderer ebenfalls sehr geschäzter Dünger ist die Thierkohle (Knochenkohle) aus
                              									den Raffinerien. Bekanntlich wird die Knochenkohle in den Zukerraffinerien zum
                              									Entfärben des Syrups benuzt und zieht organische Substanzen und namentlich das zum
                              									Klären des Syrups angewandte Blut ein. Diese Thierkohle enthält 15 Proc. geronnenen
                              									Bluts; Nantes und die im Beken der Loire gelegenen Departements versehen damit die
                              									Felder. Der Verbrauch davon kann auf jährlich 10 Millionen Kilogr. angeschlagen
                              									werden.
                           In mehreren Staaten des Südmeers sammelt man einen Dünger, Guano genannt. Die Bewohner der peruanischen Küste machen mit demselben
                              									ihren Boden fruchtbar. Der Guano wird in diesen Staaten von einer ungeheuren Menge
                              									Wasservögel, welche  sich
                              									während des Brütens dort aufhalten, ausgeworfen und besteht aus den gefaulten
                              									Excrementen dieser Vögel; sie bedeken den Boden in einer ziemlich diken Schicht
                              										damit.Man vergl. Liebig's Bemerkungen daruͤber im
                                    											polytechn, Journal Bd. LXXIX. S. 58.
                              									Der Guano wird in England sehr theuer (100 Kilogr. um 60 Fr.) verkauft, und so
                              									ungeheuer hoch dieser Preis scheinen mag, haben doch mehrere Landwirthe von seiner
                              									Anwendung großen Vortheil erfahren; wenigstens findet sich dieß in den Prospecten
                              									der englischen Handelsleute, welche dessen Anwendung gerne über die ganze Welt
                              									verbreiten möchten, in jeder Zeile wiederholt. Der Guano kostet in Peru 15 Fr. per 100 Kilogr.; er enthält Stikstoff in dem enormen
                              									Verhältniß von 50 bis 54 Proc. Man hat in der jüngsten Zeit den peruanischen Guano
                              									unter dem Namen Colombine in Frankreich einzuführen
                              									gesucht. Bekanntlich ist die Colombine ebenfalls ein Vogel- (Tauben-)
                              									Mist; sie ist noch reicher als der Guano, enthält nämlich 80 bis 83 Proc. Stikstoff.
                              									Die Flammänder legen großen Werth auf die Colombine; alle Jahre miethen sie die
                              									Taubenschläge der Picardie und führen die Colombine in ihr Land; sie verwenden nicht
                              									selten für 200 Fr. dieses Mistes auf eine Hectare Landes.
                           In dem Maaße, als der Düngerhandel an Wichtigkeit gewann, entstanden auch
                              									Betrügereien und Verfälschungen aller Art. Die Thierkohlenrükstände der Raffinerien
                              									sind seit 15 Jahren im Feldbau sehr gesucht, so daß der Bedarf derselben schon weit
                              									größer ist als ihre Production, was die Fabrikanten veranlaßte sie zu vermengen, so
                              									daß mehrere Landwirthe, welche sich große Vorräthe dieser unwirksamen Substanz
                              									eingethan hatten, große Verluste erlitten. Die Behörde hat ernste Maßregeln
                              									ergriffen, um diesem Betruge zu steuern, und ließ die verdächtigen Dünger von
                              									Experten untersuchen. Die Proben bestanden darin, daß man eine kleine Quantität des
                              									fraglichen Düngers in einer Schale erhizte, so daß die organische Materie
                              									verbrannte, und der größere oder geringere Verlust als
                              									Beweis angesehen wurde, daß die Kohle eine größere oder kleinere Quantität
                              									stikstoffhaltiger Substanz enthielt. Konnte man sich aber auf diese Weise von dem
                              									gewöhnlichsten Betruge, von der Vermengung mit Torfstaub,
                              									überzeugen? Gegenwärtig hat man dieses Verfahren aufgegeben und ermittelt dafür
                              									genau die Menge des in dem Dünger enthaltenen Stikstoffs.Man vergl. Payen's Tabelle uͤber den
                                    											Stikstoffgehalt der verschiedenen Duͤnger im polytechn. Journal Bd.
                                    												LXXXII. S. 134.
                           Die getrokneten Stengel der Hülsengewächse, Leguminosen (Linsen, Erbsen) sind reicher
                              									an Stikstoff, als die der Gräser, Gramineen  (Getreide, Roggen u. s. f.). — Die verschiedenen
                              									Fucusarten (Familie der Algen), welche man an den Küsten der Bretagne und der
                              									Normandie unter dem Namen Goëmon (Seetang) sammelt und verbrennt, um Soda zu
                              									gewinnen, geben einen ausgezeichneten Dünger (von 8,6 bis 9,5 Proc. Stikstoff),
                              									besonders vermengt mit landwirthschaftlichem Dünger. — Die Samen der Lupine
                              									(Wolfsbohne, Feigbohne) (3,47 Stikstoff) machen seit einiger Zeit in Toscana einen
                              									bedeutenden Handelsartikel aus; sie werden zu 6 bis 10 Fr. per 100 Kilogr. verkauft. — Die Weintrestern (1,83 Stikstoff)
                              									werden in den Weinländern als Dünger angewandt. — Der bei dem Eindampfen des
                              									Runkelrübensaftes sich erzeugende Schaum (5,3 Stikstoff) wird in der Nähe der
                              									Zukerfabriken angewandt.
                           Die Preßkuchen oder Rükstände von der Oehlfabrication (Lein 5,2 Stikstoff, Rübsamen
                              									4,92, Madia 5,06) sind herrliche Dünger; je reiner sie sind und je mehr von der
                              									Oehlsubstanz befreit, desto besser sind sie, denn das Oehl ist der Vegetation
                              									schädlich.
                           Die Streu der Seidenwürmer und ihre Puppengehäuse (19,14 Stikstoff) müssen als ein so
                              									reichhaltiger Dünger betrachtet werden, daß sie als ein wichtiges Product der
                              									Seidenzuchtanstalten gelten können.
                           Bei der Destillation der Steinkohle erhält man unter anderen Producten auch
                              									kohlensaures Ammoniak, wodurch es sich erklärt, warum der Steinkohlenruß (13,5
                              									Stikstoff) reicher ist an Stikstoff als der Holzruß (11,5 Stikstoff).
                           Federn (15,34 Stikstoff), Haare, Wollenlumpen, Hornspäne, Häute-Abschabsel u.
                              									s. w. sind lauter sehr stikstoffreiche Dünger, allein sie erfordern in der Regel 5
                              									bis 6 Jahre bis zu ihrer Zersezung; auch sollen sie vorzüglich als Dünger für
                              									Baumschulen und in Weingärten u. dergl. angewandt werden.
                           Die Maikäfer geben bei der Analyse 32,31 Stikstoff auf 1000. Sollte man nicht, wo sie
                              									große Verheerungen anrichten, auffordern, sie zu sammeln? Sie würden einen Dünger
                              									geben, welcher die Kosten dieser Arbeit deken und die Anzahl der Engerlinge (Larven
                              									der Maikäfer) für folgende Jahre verringern würde.
                           Die in den Knochen enthaltene Menge Stikstoff variirt, je nachdem sie geschmolzen
                              									(7,02 Stikstoff), feucht (5,31) oder fett (6,21 Stikstoff) sind.
                           Das animalisirte Schwarz (10,9 Stikstoff) wird durch Vermengung des Menschenkoths mit
                              									einem erdigkohligen Pulver erhalten. Dieser herrliche Dünger wurde zum erstenmal im
                              									Jahre 1833 in der Fabrik chemischer Producte zu Grenelle von Hrn. Salmon fabricirt. Seine Erfindung, welche zwei große
                              									Fragen zugleich löste, 
                              									die Desinfection des Koths und die Erzeugung eines ausgezeichneten Düngers,
                              									verschaffte ihm den großen Monthion'schen Preis.