| Titel: | Ueber die Fortschritte der Seidenwürmerzucht in Frankreich, ein Bericht für das Jahr 1841; von Eugen Robert in Sainte-Tulle. | 
| Fundstelle: | Band 84, Jahrgang 1842, Nr. XXII., S. 133 | 
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                        XXII.
                        Ueber die Fortschritte der
                           								Seidenwuͤrmerzucht in Frankreich, ein Bericht fuͤr das Jahr 1841; von
                           									Eugen Robert in
                           									Sainte-Tulle.
                        Aus dem Echo du monde savant. Jan. 1842, No. 698, 699
                              									und 700.
                        Robert, über die Fortschritte der Seidenwürmerzucht in
                           								Frankreich.
                        
                     
                        
                           Maulbeerbaum-Pflanzungen. — Ueber das
                              									Verfahren der Maulbeerbaum-Pflanzung ist man beinahe allgemein einverstanden.
                              									Dieser schäzbare Baum will im Süden Frankreichs etwas tiefer gesezt seyn als im
                              									Norden und verträgt jede Stellung mit Ausnahme jener gegen Osten, welche Hr. C. Beauvais für gefährlich zu erklären keinen Anstand nimmt,
                              									weil die hervorkommenden Knospen nach einem Reif eher Gefahr laufen, von den ersten
                              									Sonnenstrahlen verbrannt zu werden. Die hochstämmigen Pflanzungen sind im
                              									mittäglichen Frankreich die gebräuchlichsten; im mittlern und nördlichen Frankreich
                              									scheint man die mittlern und niedern Stämme vorzuziehen. Die Ursache hievon ist
                              									vielleicht in nichts anderm, als in der sehr zu rechtfertigenden Ungeduld der
                              									Eigenthümer in den leztern Theilen des Landes zu suchen, einen Genuß von ihren
                              									Pflanzungen zu haben und sich der Seidenwürmerzucht widmen zu können.
                           Varietäten der Maulbeerbäume. — Mehrere Varietäten
                              									dieses Baumes wurden vergleichungsweise von Hrn. Camille Beauvais und Anderen aufgezogen. Deby
                              									unterscheidet deren eilf Hauptspecies; aber diese Species zerfallen durch die Saat,
                              									das Pfropfen, die Absenker und Stekreiser beinahe wieder ins Unendliche in
                              									Unter- und Spielarten. Bis aber vergleichende Versuche, deren Resultat vor
                              									einem Viertel-Jahrhundert kaum sich herausgestellt haben kann, die Species
                              									angeben, welche in den Pflanzungen den Vorzug verdient, bleibt der weiße
                              									Maulbeerbaum in denselben beinahe  ohne Nebenbuhler vorherrschend. Hr. Niaudet lenkte vor Kurzem die Aufmerksamkeit auf den Broussonetier oder Papier-Maulbeerbaum (Broussonetia papyrifera), welchen man bisher zur
                              									Ernährung der Seidenwürmer für untauglich hielt. Nach Hrn. Dugied, ehemaligem Präfeeten des Depart. der Niederalpen, welcher die
                              									Bäume, deren Cultur unserm Departement frommen könnte, sorgfältig studirt hat, sind
                              									nicht nur allein die Blätter des Papier-Maulbeerbaums zur Ernährung der
                              									Seidenwürmer ausgezeichnet geeignet, sondern sie besizen auch noch die Eigenschaft,
                              									die Gesundheit der Erkrankten wieder herzustellen. Gleichwohl soll man dieses Blatt,
                              									da es viel härter ist als jenes des gewöhnlichen Maulbeerbaums, denselben erst dann
                              									geben, wenn sie stark genug sind um es fressen zu können. Die Vorzüge dieser Species
                              									sind, daß sie sehr rasch emporwächst, sogar im schlechtesten Erdreich und sich durch
                              									Samen, Schößlinge, Wurzeln, Absenker oder Stekreiser außerordentlich leicht
                              									reproducirt.
                           Hr. Bonafous, dem die Seidenzucht so viel verdankt und der
                              									zahlreiche Versuche anstellte, um für den Fall der Frühlingsreife das Maulbeerblatt
                              									zu ersezen, beobachtete, daß die Blätter eines Baumes aus der Familie der Urticeen,
                              									unter dem Namen Maclura aurantiaca bekannt, zum Ernähren
                              									der Seidenwürmer gebraucht werden können. Hr. Farel zu
                              									Montpellier machte einen Versuch der Seidenwürmerzucht mit der Maclura und reussirte damit, mit dem einzigen
                              									Unterschiede, daß sie gegen jene mit dem gewöhnlichen Maulbeerblatt um 7 bis 8 Tage
                              									zurükblieb.
                           Der Vortheil, welchen die Maclurablätter darbieten könnten, besteht darin, daß sie im
                              									Klima von Paris, von Straßburg und von Genf, wo Hr. Bonafous diesen Baum einführte, noch niemals erfroren, und daher als
                              									Surrogat der Maulbeerblätter dienen könnten, wenn diese erfrieren, folglich ein
                              									Mittel abgäben, frisch ausgekrochene Würmer zu erhalten, bis das zweite Blatt
                              									gestattet, die Zucht mit erneuerter Thätigkeit fortzusezen. Hr. Bonafous empfiehlt jedem Züchter in der 4ten Auflage
                              									seines: Traité de l'Education des vers à soie et de la
                                 										Culture du mûrier, welche so eben erschien, einige Fuß Maclura anzupflanzen, um in den leider sehr oft
                              									vorkommenden Fällen dringender Noth ein Aushülfsmittel zu besizen.
                           Beschneiden des Maulbeerbaums. — Die Meinungen über
                              									das Beschneiden im Winter oder im Sommer sind sehr verschieden; es gibt sogar sehr
                              									geschikte Pflanzer, welche das Beschneiden gar nicht, oder nur in außerordentlichen
                              									Fällen wollen und es durch jährliches Ausschneiden (élagages) im Monat März oder nach dem Abnehmen der Blätter ersezen. Die
                              									Anhänger dieser verschiedenen  Systeme geben alle hinlänglich gute Gründe an, was uns zu
                              									der Meinung berechtigt, daß das anzunehmende Beschneidungsverfahren viel von der
                              									Beschaffenheit des Bodens und des Klima's abhänge, wo sich die betreffenden
                              									Pflanzungen befinden. Was uns betrifft, erklären wir uns zu einem Urtheil hierüber
                              									nicht competent; wir haben noch Versuche darüber anzustellen, und, wie Hr. Beauvais selbst sagt, genügt kaum ein
                              									Viertel-Jahrhundert, um sich hierüber aussprechen zu können. Wir haben wegen
                              									der Frühreife unserer Gebirge, welche unsern Maulbeerschößlingen nicht immer gehörig
                              									fortzuschlagen gestatten, für den größten Theil unserer Pflanzungen die
                              									Winterbeschneidung angenommen; doch versäumen wir den Beisaz nicht, daß wir über
                              									diese Sache noch nicht völlig im Reinen sind. Jedenfalls legen wir hier eine fünf
                              									Jahre lang wohl beobachtete Thatsache nieder, aus der man uns jedoch erlauben wird,
                              									noch keine Schlußfolgerung zu ziehen, daß nämlich die kraftvollen Pflanzungen,
                              									welche der Winterbeschneidung unterworfen werden, weit mehr als die andern der Flechten-Krankheit (feu
                                 										volage) unterworfen sind, deren Ursache noch so im Dunkeln liegt, und daß
                              									wir das Uebel nur damit mildern, wenn auch nicht heilen konnten, daß wir bei den
                              									davon befallenen Individuen wieder zur Sommerbeschneidung zurükkehrten.
                           Ventilation der Seidenwürmeranstalten. — Was den
                              									kleinen Seidenzüchter betrifft, so ist das Problem durch gehörig geleitetes Wirken
                              									der Thüre und des Fensters auf die Stubenbevölkerung gelöst; er kann noch einige in
                              									einen Keller oder sonst einen frischen Ort gehende Luftlöcher, oder einen Kamin,
                              									welcher zu gleicher Zeit die Dienste eines Heizapparats und eines Appelherdes
                              									verrichtet, damit vereinigen. Der sinnreiche Apparat des Hrn. DarcetPolytechn, Journal Bd. LVII. S. 492. löste das
                              									Problem für die großen Anstalten, wenigstens nach unserer Ueberzeugung, jedoch nur
                              									mit der Bedingung, daß ein zum Schöpfen frischer Luft geeigneter Ort zu Gebote
                              									stehe, ferner ein zum Einziehen derselben hinlänglich kräftiger Ventilator und ein
                              										fortgesezt wirkender Motor, welcher diesen Ventilator
                              									in Bewegung sezt. Nun vernichtet aber im Süden, wo wir in der lezten Zeit der Zucht
                              									diesen Ventilator so oft Tag und Nacht beinahe ohne Unterbrechung mehrere Wochen
                              									nacheinander gehen lassen müssen, der Mangel eines solchen um geringe Kosten
                              									fortgesezt wirkenden Motors einen Theil des vortrefflichen Erfolges des
                              									Ventilirapparats. Wir sagen es ohne Anstand, da wir die Erfahrung zur Seite haben,
                              									so lange uns kein wohlfeiler Motor zu Gebote steht, kann sich der Darcet'sche Ventilirapparat  nicht allgemein verbreiten. Nur
                              									sehr wenige Züchter besizen eine Wasserkraft, und die Herstellung eines
                              									Pferdegöpels, so wie die nöthigen Kosten, um ihn Tag und Nacht in Gang zu erhalten,
                              									stehen nicht im Verhältniß zum Erträgniß einer gewöhnlichen Zuchtanstalt von 10 bis
                              									12 Unzen Seidenwürmern. Fünf an der Anstalt zu Sainte-Julle gemachte Zuchten
                              									sezten uns in den Stand, uns hierüber eine Meinung zu bilden. Wir sind zu folgendem
                              									Resultate gekommen: an heißen Tagen war die Ventilation unserer Anstalt jederzeit hinreichend wenn der Ventilator in Bewegung
                              									war, hörte aber auch sogleich auf es zu seyn, wenn derselbe stehen blieb; man mußte
                              									dann zu Luftlöchern seine Zuflucht nehmen, wenn die ermüdeten Arbeiter, welche den
                              									Ventilator drehten, einige Augenblike ausruhten. Wir sind daher wegen der
                              									Entscheidung keinen Augenblik im Zweifel. Der Darcet'sche
                              									Apparat entspricht bei fortgesezter Bewegung allen
                              									Anforderungen der Ventilation. Die Frage ist somit jezt eine andere geworden; es ist
                              									nicht mehr die Wirksamkeit dieses Apparats, welche in Zweifel gezogen wird; auch
                              									sind es nicht die ersten Kosten seiner Errichtung, welche den Seidenzüchtern
                              									Bedenken erregen; sondern die Schwierigkeit ist es, die Bewegung des Ventilators
                              									beständig zu unterhalten, wenn der unveränderliche Stillstand einer hohen Temperatur
                              									es gebieterisch verlangt. Sobald wir einen wohlfeilen
                                 										Motor haben werden, welcher z. B. nur die Kraft einer einzigen Person
                              									erfordert, um ihn von Zeit zu Zeit wieder in Gang zu sezen, dann ist das Problem zu
                              									Jedermanns Zufriedenheit gelöst. Das eben Gesagte gilt in noch höherm Grade von dem
                              									neuen Ventilirapparate der HHrn. SabloukoffPolytechn. Journal, Bd. LXXXI. S. 52. und Sochet.
                           Man wird nun ohne Zweifel unsere Verwunderung begreifen und theilen, daß man bei den
                              									seit mehreren Jahren stattfindenden Discussionen über das in unsern
                              									Seidenzuchtanstalten eingeführte Ventilirverfahren mit dem Darcet'schen Apparat beinahe allgemein die Triebkraft für die Ventilation
                              									unberüksichtigt gelassen hat. Wenn man uns den verlangten wohlfeilen Motor gegeben
                              									haben wird, werden die Vortheile der aufsteigenden
                              									Ventilation, welche in den verschiedenen Abhandlungen des Hrn. Darcet so schön nachgewiesen sind, das neue, von den HHrn. Sautel und Chaubard-Gérard vorgeschlagene System der horizontalen Ventilation mittelst rechtwinklicher Oeffnungen von Norden
                              									nach Süden, welches, wie Hr. Robinet mit vieler Einsicht
                              									bemerkte, im ersten Augenblik die constante und gleichmäßige Temperatur der Anstalt
                              									vernichten würde und nur bei günstigem Winde möglich
                              									wäre, wenig aufkommen 
                              									lassen. Jedenfalls werden wir mit vieler Aufmerksamkeit die interessanten Versuche
                              									verfolgen, welche der geschikte Director der Musteranstalt zu Poitiers hinsichtlich
                              									des Neigungswinkels anftellen wird, der den Seidenwürmerhürden gegeben werden soll,
                              									um auf ihrer Oberfläche einen mehr oder minder raschen Luftzug hervorzubringen, der
                              									die Luft in Bewegung sezt, welche in der Mitte derselben stagnirend wird, wenn sie
                              									sich auf einer ganz horizontalen Fläche befinden.
                           Wir könnten uns hier auch über den künstlichen Baum des
                              									Hrn. Garulli verbreiten, mittelst dessen man die
                              									Seidenwürmer durch vier bis fünf bewegliche Gitter von Eisendraht oder von Rohr
                              									kriechen läßt, welche in dem Raum angebracht sind, der die beiden Hürden von
                              									einander trennt, indem man das gefräßige Insect durch mit Blättern besezte Zweige
                              									lokt; allein dieses Verfahren ist zu kleinlich und man kann sich, ohne die
                              									Maulbeerbäume zu verderben, die große Menge der hiezu nothwendigen Zweige nicht
                              									verschaffen. Hr. v. Gasparin theilt in einem der Société centrale d'agriculture erstatteten BerichtMan vergleiche die vorhergehende Abhandlung. Näheres über dieses
                              									originelle Verfahren mit.
                           Zucht der Seidenwürmer. — Dandolo's und die neuern Methoden sind fortwährend in Gebrauch; den
                              									Schlendrian behalten freilich viele Züchter noch bei, obwohl es keiner einzugestehen
                              									wagt. Die Annäherung des alten und des neuen Verfahrens muß sogar nach und nach
                              									vermöge der allgemeinen Principien, auf welchen sie beruhen, stattfinden. So sehen
                              									wir die Neze behufs der Ausräumung des Mistes und der abgeworfenen Häute in allen
                              									gut geleiteten Anstalten eingeführt, so wie auch die Eintheilung der Würmer in
                              									Kategorien, welche wir immer als eine der ersten Bedingungen eines guten Erfolgs
                              									betrachteten. Hr. Amans Carrier hat kürzlich erst die
                              									Ausscheidung der im Auskriechen und bei der Häutung zurükbleibenden als eine absolut
                              									nothwendige Maßregel empfohlen, um aus der Zucht die schwachen und trägen Würmer zu
                              									entfernen, die den Keim der ihren frühzeitigen Tod herbeiführenden Krankheit in sich
                              									tragen. Es freut uns, einen so geschikten Praktiker, wie Hrn. Carrier, durch seine Versuche auf dieselben Vorschriften geleitet zu
                              									sehen, welche wir den Züchtern in unsern Conseils aux
                                 										Magnaniers, p. 22 und folg. und im 3ten Theil der Annales de la Société séricicole, p. 150 und ff. schon empfohlen hatten.
                              									Bei so übereinstimmenden Prämissen erübrigt nichts mehr, als sich über die Dauer der
                              									Zuchten zu verständigen. Dandolo bestimmt dieselbe auf 31
                              									bis 32 Tage und da die Praxis viele Züchter der neuen Schule dahin führte, ihr  28 bis 29 Tage
                              									einzuräumen, so ist nach Allem zu hoffen, daß man sich hierüber bald vereinigen
                              									werde.
                           Man sucht beständig die Requisiten der Seidenzuchtanstalten zu vereinfachen und sie
                              									bequemer zu machen. Hr. v. Beauregard zu Hyères, dessen
                              									ungeheuer große Anstalt wir erst vor Kurzem besuchten, sezt mit gutem Erfolge seine
                              									Versuche mit den beweglichen Hürden fort, welche wir in der Revue séricicole März 1840 beschrieben haben. Wenn seine Versuche, welche
                              									er bisher nur im Kleinen anstellte, auch im Großen gelingen, so hat er damit die
                              									Gehülfen unserer Anstalten von der Gefahr der Leitern und der hängenden Wagen (chariots suspendus) befreit. Hr. Jules Bonnet in Marseille ersezte die Hürden aus Rohr durch
                              									solche aus Canevaß, welche nach der Zucht abgenommen und
                              									zusammengelegt werden, folglich zur übrigen Zeit des Jahres sehr wenig Plaz
                              									einnehmen, ein Vorzug, welcher in Landhäusern nie zu verschmähen ist.
                           Die Papierneze der Anstalt zu Sainte-Tulle passen
                              									auf alle denkbaren Arten von Hürden, denn man kann sie, je nach Bedarf, der Länge
                              									oder der Breite nach stellen. Die davon seit zwei Monaten von den HHrn. Ancey und Dalmas in Marseille
                              									versandte Quantität ist sehr bedeutend. Die kleinen Züchter beginnen schon die Ersparung des Arbeitslohns bei der Ausräumung
                              									anzuerkennen; mit der Zeit wird dieß auch mit der durch die Anwendung der Papierneze
                              									auf die Gesundheit des Wurms und somit auch auf das Erträgniß der Ernte
                              									herbeigeführten Verbesserung der Fall seyn. Jeden Tag werden uns Verbesserungen
                              									mitgetheilt. Man schreibt uns von Lyon, daß ein bekannter Chemiker daselbst die
                              									Papierneze wasserdicht zu machen sucht; dieß ist zwar
                              									nicht schwer auszuführen; es frägt sich aber nur, ob sie dadurch nicht viel höher zu
                              									stehen kommen; denn dieß ist die große Frage bei jedem Verfahren, das populär werden
                              									soll. Wir haben uns früher schon über die ganze Wichtigkeit ausgesprochen, welche
                              									wir der Eigenschaft der Papierneze, die Feuchtigkeit des Mistes zu absorbiren,
                              									beilegen. Die Wasserdichtheit aber würde ihnen diese
                              									Eigenschaft benehmen. Man hat gegen die Papierneze eingewandt, daß sie an der Sonne
                              									getroknet, eine Art Steife annehmen, und daher nicht so bequem neuerdings angewandt
                              									werden können. Offenbar hat man diese Neze zu lange der Sonne ausgesezt gelassen,
                              									denn dieser Fehler zeigt sich nicht, wenn man sie nur bis zum gehörigen Grad
                              									austroknen läßt, und in dem Zimmer über einander zu einem Stoß aufschichtet, den
                              									man, ehe man sich ihrer bedient, mit einem Brett oder irgend einem Gewichte
                              									beschwert. Auch ist einigemal bemerkt worden, daß die Würmer nur mit dem halben
                              									Körper durch die Löcher des Nezes kriechen und in dieser  Stellung das Blatt fressen,
                              									indem sie dabei schön weich auf dem Miste liegen bleiben; derselbe Uebelstand findet
                              									auch bei den Drahtnezen statt, aber nach der zweiten oder höchstens dritten Mahlzeit
                              									verschwindet er ganz.
                           Hr. Amans Carrier suchte die Ränder der Papierneze fester
                              									zu machen, indem er ringsherum ziemlich feinen Bindfaden anleimte. Wie zu erwarten
                              									war, wurde dadurch der Widerstand aller Theile des Nezes ungleich, sie wurden gegen
                              									die Mitte zu geschwächt, da alle Kraft dem Rande gegeben war und das Nez riß häufig
                              									von einander. Wir unsern Theils lassen den Rand lieber frei und die Erfahrung lehrte
                              									uns, daß wir dadurch weit weniger Neze außer Dienst haben, als wenn wir die Ränder
                              									derselben zu verstärken suchten. Eine Hauptsache ist es, wir können es nicht oft
                              									genug wiederholen, die Papierneze nicht gar zu groß zu machen und sich dabei an
                              									unsere Vorschrift zu halten.
                           Die Kosten derselben betreffend haben wir bis heute darüber folgende Erfahrungen
                              									gemacht.
                           Wir wenden gegenwärtig zwei verschiedene Papiersorten dazu an. Die eine, bei unsern
                              									vorjährigen Nezen, wovon 25 Bogen 910 Gramme wiegen, berechnet sich wie folgt:
                           
                              
                                 3 Kilogr. 640 Gramme die 100 Bogen zum Preis von 65 Cent. per Kilogramm
                                 2
                                 Fr.
                                 36
                                 Cent.
                                 
                              
                                 Arbeitslohn um es zu durchloͤchern, ⅓ Taglohn à 1 Fr. 50 Cent.
                                 —
                                 —
                                 50
                                 —
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 Fuͤr 100 Neze
                                 2
                                 Fr.
                                 86
                                 Cent.
                                 
                              
                           Das neue, dieses Jahr von den HHrn. Ancey und Dalmas bereitete Papier, welches uns vor jenem bei weitem
                              									den Vorzug zu verdienen scheint, wiegt 1 Kilogr. 10 Gr. per 25 Bogen, also:
                           
                              
                                 4 Kilogr. 40 Gr. die 100 Bogen zu 65 Cent. das Kilogr.
                                 2
                                 Fr.
                                 86
                                 Cent.
                                 
                              
                                 Arbeitslohn fuͤr das Durchloͤchern
                                 —
                                 —
                                 50
                                 —
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 Fuͤr 100 Neze
                                 3
                                 Fr.
                                 36
                                 Cent.
                                 
                              
                           Die zum Dienste für eine Unze Seidenwürmer nöthigen Neze kosten also 3 Fr. 36 Cent.,
                              									aber nur 2 Fr. 86 Cent., wenn man sie von seinen Dienstboten in freier Zeit
                              									durchlöchern läßt. Nimmt man nun an, daß man jährlich die Hälfte der angewandten
                              									Papierneze verliert, was aber die Wirklichkeit weit übersteigt, so hat man am Ende
                              									nur 1 Fr. 43 Cent. Unkosten auf die Unze Würmer.
                           Sehr viele Versuche wurden voriges Jahr über das Kalken
                              									der Würmer, um sie vor der Muscardine zu schüzen, angestellt. Uns und mehreren
                              									Züchtern gelang dieses Verfahren sehr wohl. Hr. Morel,
                              									ehemaliger Maire von Pertuis (Vaucluse), großer Maulbeerbaumbesizer und
                              									Seidenwurmzüchter, schrieb uns hierüber Folgendes:
                           
                           
                              „Vor drei Jahren wurden in einem meiner Pachthöfe, wo Seidenwümer gezogen
                                 										werden, diese Insecten von der Muscardine befallen, welche immer zunahm. Wir
                                 										wollten dieses Jahr einen neuen Versuch machen. Die Eier wurden gewechselt, das
                                 										Auskriechen ließ man in einem neuen Local geschehen und nach der zweiten Häutung
                                 										wurden die Würmer in ein Zimmer gebracht, wo niemals Seidenwürmer gepflegt
                                 										worden waren und immer ein gewisser Grad von Kühle erhalten werden konnte. Alles
                                 										ging trefflich bis nach der vierten Häutung. Da war es unerläßlich, daß wir
                                 										einen Theil unserer Würmer in eines jener Zimmer trugen, wo im vorigen Jahre die
                                 										Muscardine ausgebrochen war. Wir hatten die Vorsicht, eine allgemeine Waschung
                                 										mit in einer gewissen Menge Wasser aufgelöstem blauem Vitriol vorausgehen zu
                                 										lassen. Als ich zu jener Zeit bei Ihnen war, theilten Sie mir mit, daß das
                                 										Kalken der Würmer ein wirksames Mittel sey, um den zu befürchtenden Ausbruch der
                                 										Krankheit zu verhüten. Auf meinen Pachthof zurükgekommen, ließ ich das Mittel
                                 										sogleich in Anwendung bringen, aber nur in dem die vorhergehenden Jahre davon
                                 										inficirten Locale; die Operation wurde oft wiederholt. Man unterließ aber, es
                                 										auch in andern, der Seidenwürmerzucht erst gewidmeten Räumen zu thun, für welche
                                 										man nichts befürchtete, und wo Alles gut vor sich ging. Der Erfolg erschien
                                 										nicht zweifelhaft, um so weniger, als man nur an den in den früher inficirten
                                 										Räumen befindlichen Würmern einige Symptome der Muscardine bemerkt hatte. Was
                                 										geschah nun? Gerade in diesen leztern gediehen die Cocons, ohne Zweifel in Folge
                                 										der Anwendung des Kalks, herrlich, während sie in den andern Räumen in der Regel
                                 										mißlangen.“
                              
                           Dieser Bericht mag den Züchtern zur Richtschnur dienen.
                           Sehr merkwürdige Versuche über die Kalkung der Würmer wurden in der Versuchsanstalt
                              									zu Lavaux angestellt, welche nach dem Berichte des Hrn. Voisins de Laverinère folgende Resultate gaben: 1) das Leben der gekalkten
                              									Würmer war geregelter und die Gesundheit derselben dauerhafter als die der andern;
                              									2) die gekalkten Würmer wurden nicht nur vor der Muscardine, sondern auch vor der
                              										Gelbsucht bewahrt; 3) die Würmer, welche die
                              									Muscardine durch künstliche Impfung bekamen, wurden durch
                              									das Kalken nicht vor der Krankheit bewahrt, offenbar weil der Keim derselben in die
                              									Organe des Wurms zu tief eingeführt war.
                           Unsere eigenen Versuche gaben ungefähr dieselben Resultate. Wir bildeten zwei
                              									Sectionen, jede von zwölf Würmern, die in gesundem Zustand vor dem Aufsteigen
                              									genommen wurden. In jeder Section brachten wir sechs Leichen von efflorescirenden
                              									muscardirten Würmern in Berührung mit den gesunden. Die erste Section wurde  Morgens und Abends
                              									gekalkt, die zweite nicht. Die Würmer beider Sectionen machten ihre Cocons, aber
                              									beim Oeffnen dieser Cocons gab die gekalkte Section zwölf vollkommen gesunde Puppen,
                              									die nicht gekalkte aber nur eine einzige. In dieser leztern Section waren nur ein
                              									oder zwei Cocons vollendet, da der Tod die andern vor Beendigung ihrer Arbeit
                              									hinraffte. Ein solcher Versuch scheint doch entscheidend zu seyn.
                           Jedoch hat das Kalken den Uebelstand, daß die Arbeiter, welche die Würmer bestreuen
                              									oder den Mist umwenden, davon sehr ermüdet werden und Husten bekommen. Andererseits
                              									äußert Hr. Darcet selbst, wo er von dem Kalken spricht,
                              									die Befürchtung, daß man die Race der gekalkten Würmer bald werde ausarten sehen.
                              									Ein geschikter Züchter von der Rhone-Mündung, Hr. Marquis v. Jessé, versicherte uns, daß er alle Wirkungen des Kalkens
                              									gegen die Muscardine durch Bestreuen der Würmer mit ausgetroknetem Mehl, wie es zum
                              									Verproviantiren der Schiffe dient, erreichte. Die Würmer speisten sehr begierig
                              									diese weiß bestreuten Blätter; sie waren von auffallender Gesundheit und ihre Cocons
                              									nicht unbedeutend schwerer. Dieses Verfahren, welches die Uebelstände des Kalkens
                              									nicht mit sich führt und auf Eines hinausläuft mit jenem der Chinesen, welche ihre
                              									Maulbeerblätter mit verschiedenen Mehlarten zu bestreuen Pflegen, scheint uns sehr
                              									wichtig zu seyn.
                           Die Frage der Coconnières hat seit vorigem Jahre keinen
                              									Schritt vorwärts gemacht. Es werden noch immer Versuche damit angestellt und die
                              									HHrn. Pont-Saint-Martin und Davril verdienen hierin einer besondern Erwähnung.
                           Hr. Emil Beauvais gab ein Verfahren an, mittelst dessen
                              									man die Eier der Seidenwürmer recht weit in die Saison hinein aufbewahren kann. Man
                              									braucht zu diesem Behufe die aufzubewahrenden Eier nur bei trokener und kalter
                              									Witterung auf den Boden einer Flasche oder in einen gut glasirten Krug zu legen. Man
                              									verschließt das Gefäß luftdicht mit einem Korkstöpsel, welcher mit einer fetten oder
                              									harzigen Substanz überzogen wird. Man läßt dann die Flasche auf den Grund eines
                              									Brunnens in das kalte Wasser hinab. Das einzige was man dabei zu beobachten hat,
                              									ist, daß die Menge der Luft sehr groß sey im Verhältniß der eingelegten Eier, damit
                              									im Gefäße immer genug Sauerstoff vorhanden ist, um die Existenz des Embryo's zu
                              									sichern. Ein Kubikliter Luft ist wenigstens nöthig, um eine Unze Eier zu erhalten.
                              									Dieses Verfahren ist, wie wir voriges Jahr schon sagten, einfach, wenig kostspielig
                              									und für Jedermann anwendbar. Wir selbst haben bisher die Seidenwurmeier sehr lange,
                              									z. B. bis zum 10. Junius, aufbewahrt, indem wir sie den Winter über unmittelbar  unter das Hausdach, wo
                              									sie einer sehr kalten Temperatur, bis 8° C. unter 0 z. B., ausgesezt sind,
                              									und dann bei den ersten Sonnenbliken des März in den
                              									Keller bringen, unter dessen Gewölbe sie in einer Büchse von Weißblech bis zur Zeit
                              									der beginnenden Seidenwürmerzucht aufgehangen bleiben.
                           Seidenwürmerracen. — Die chinesischen Würmer gaben in der Regel ein schlechtes Resultat. Vielleicht
                              									ist dieß einem Schaden zuzuschreiben, welchen die Eier bei der Ueberfahrt erleiden.
                              									Wir werden bald sehen, ob das Product derselben aus in Frankreich gelegten Eiern
                              									sich verbessert und ob Hoffnung vorhanden ist, sie einst zu benüzen. Die Treveltoni des Hrn. Bonafous
                              									waren bisher nicht viel glüklicher. Hr. Auduin hat dieses
                              									Jahr eine Bombyx-Species aus Neu-Orleans
                              									gezogen, deren Larve eine große Farben- und Stachelnpracht entwikelte.
                              									Derselbe schloß aus seinen Versuchen, daß diese neue Art von Würmern sich leicht
                              									ziehen und vermehren lasse, wenn sie anders Nuzen versprechen.