| Titel: | Miszellen. | 
| Fundstelle: | Band 84, Jahrgang 1842, Nr. XCVI., S. 462 | 
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                        XCVI.
                        Miszellen.
                        Miszellen.
                        
                     
                        
                           Technischer Bericht über das unglükliche Ereigniß auf der
                              									Paris-Versailler-Eisenbahn; vom Ingenieur Combes.
                           Hr. Combes hat der Pariser Akademie der Wissenschaften
                              									uͤber das Ungluͤk, welches sich am 8. Mai d. J. auf der
                              									Paris-Versailler-Eisenbahn ereignete, folgendes Naͤhere
                              									berichtet:
                           „Die Wagenreihe, welche an diesem Sonntage zwischen 5½ und 6 Uhr Abends
                              									von Versailles nach Paris zuruͤkkehrte, wurde von zwei Locomotiven gezogen,
                              									einer kleinen vierraͤderigen, welche sich mit ihrem Tender an der Spize des
                              									Zugs befand, waͤhrend unmittelbar nach ihr eine große sechsraͤderige
                              									(von Sharp und Roberts
                              									verfertigte) Locomotive mit ihrem Tender folgte und hierauf die Waggons mit den
                              									Reisenden.
                           Der Zug mochte ungefaͤhr noch 47 Meter von der Departement-Straße No 40, welche die Eisenbahn durchschneidet, entfernt
                              									seyn, als die vordere Achse der kleinen Locomotive an ihren beiden Enden (in der
                              									Naͤhe der Verstaͤrkungen, welche in die Radbuͤchsen eingelassen
                              									sind) brach. Diese Achse fiel auf die Bahn zwischen die zwei Schienenlinien, wo man
                              									sie auffand: der Bruch des Eisens war großblaͤtterig. Die Achse hatte 9
                              									Centimeter (3″ 4′″ Linien) im Durchmesser. Die Locomotive,
                              									welcher nun ihre vordere Achse fehlte, lief weiter. Erst an der Stelle, wo die
                              									Eisenbahn von der gleich hohen Departement-Straße No. 40 durchschnitten wird, fingen die vordersten Wagen des Zugs an den
                              									Boden aufzuwuͤhlen: daselbst erfolgte naͤmlich ein Stoß gegen den
                              									parallel zur Schiene angebrachten Eisenstab, welcher mit lezterer eine Nuthe bildet,
                              									worin der vorspringende Rand des aͤußeren Rades der Locomotiven circulirt.
                              									Die kleine Locomotive an der Spize des Zugs lief noch beilaͤufig 25 Meter von
                              									dieser Stelle aus fort und wurde dann in  kurzer Entfernung von der Departement-Straße an
                              									der Boͤschung des Grabens, worin die Eisenbahn angelegt ist, aufgehalten.
                           Die Treibachse der hinteren (großen) Locomotive war an einer einzigen Stelle
                              									gebrochen und der Bruch schien durch Torsion veranlaßt worden zu seyn. Der Tender
                              									der kleinen Locomotive war umgeworfen und zerbrochen; die große Locomotive von Sharp und Roberts, welche auf
                              									die erste folgte, war quer uͤber die Bahn umgeworfen, lag auf der Flanke, den
                              									Rost gegen die kleine Locomotive gekehrt. Die Achsen dieser Locomotive waren von ihr
                              									abgerissen, gewunden, aber nicht zerbrochen. Der zerbrochene Tender der großen
                              									Locomotive lag neben derselben. Die Kessel waren nicht zerbrochen, weder derjenige
                              									von der großen, noch der von der kleinen Locomotive; nur das Rauchgehaͤuse
                              									der großen Maschine und der Dekel von einem der Treibcylinder waren durch den Stoß
                              									gegen die vordere Locomotive eingedruͤkt und zerbrochen. Es scheint, daß die
                              									fuͤnf ersten Wagen mit Reisenden die Locomotiven aneinander stießen und daß
                              									die brennenden Kohlen der großen Locomotive auf den Kessel der kleinen Locomotive
                              									und die Personenwagen geschleudert wurden. Das Feuer griff wunderbar schnell um sich
                              									und verzehrte zuerst die Kaͤsten oder hoͤlzernen Gehaͤuse der
                              									Locomotiven-Kessel, welche ihm Nahrung gaben. Die Flamme ergriff dann die
                              									geschlossenen Personenwagen, wovon einer, wie es scheint, in Zeit von zehn Minuten
                              									verzehrt wurde; alle Reisenden, welche sich in diesem Wagen befanden, wurden
                              									verbrannt, so zwar, daß ihre Koͤrper ganz unkenntlich waren.“
                           Hr. Elie de Beaumont bemerkt bei dieser Gelegenheit, daß
                              									ihm die gleichzeitige Anwendung zweier Locomotiven fuͤr eine Wagenreihe sehr
                              									gefaͤhrlich scheine und nicht mehr geduldet werden solle. „Kommt eine
                              									Locomotive in Unordnung, so strebt sie gewoͤhnlich zum Stillstand zu gelangen
                              									und die Geschwindigkeit kann sich oft noch bedeutend verringern, ehe ein Stoß
                              									erfolgt. Wenn aber von zwei verbundenen Locomotiven nur eine in Unordnung kommt, so
                              									noͤthigt diejenige, welche in Gang bleibt, die andere fortzulaufen und
                              									vergroͤßert dadurch die Gefahr fuͤr die Personenwagen, indem sie ihnen
                              									die erlangte Geschwindigkeit zu erhalten strebt, welche alsdann das
                              									Hauptuͤbel ist.
                           Wenn zwei Locomotiven verbunden sind, so ist jede von ihnen bloß in Folge dieser
                              									Verbindung in einer unguͤnstigeren Lage, als wenn sie allein liefe. Zu den
                              									Ursachen, welche bei ihr moͤglicherweise einen Bruch veranlassen
                              									koͤnnten, kommen naͤmlich noch neue, indem sie nun mit einem
                              									complicirten System verflochten ist, welches sie nicht, wie sich selbst, reguliren
                              									kann. Die Reaction der einen Maschine auf die andere ist eine neue Quelle von
                              									Stoͤßen und Zerrungen, welche die Lage jeder von ihnen verschlimmert. Wenn
                              									eine Locomotive, welche auf eine Kruͤmmung uͤbergeht, durch eine
                              									andere, die nichts zuruͤkhaͤlt, fortgestoßen wird, so muͤssen
                              									daraus nothwendig unregelmaͤßige Anstrengungen entstehen, welche vorzugsweise
                              									auf die vordere Achse der vorausgehenden Locomotive wirken koͤnnen. Zu
                              									Bellevue war es diese Achse, welche brach und das ganze Ungluͤk
                              									verursachte.
                           Es ist schon sehr schwer zwei Uhren zu verfertigen, welche ganz
                              									uͤbereinstimmend gehen; wie kann man hoffen, daß zwei Locomotiven
                              									uͤbereinstimmend laufen, besonders bei Aenderungen in der Geschwindigkeit und
                              									Richtung?“ (Comptes rendus. Mai 1842, No. 19.)
                           
                        
                           Ueber die Anwendung vierräderiger Locomotiven auf
                              									Eisenbahnen.
                           Hr. Seguier und andere franzoͤsische Ingenieure
                              									schreiben das Ungluͤk auf der Verfailler Eisenbahn, naͤmlich den Bruch
                              									der vorderen Achse der vierraͤderigen Locomotive, dem Umstande zu, daß bei
                              									vierraͤderigen Locomotiven die Last so ungleichfoͤrmig vertheilt ist,
                              									indem die Treibraͤder zwei Drittel vom ganzen Gewicht der Maschine tragen
                              									muͤssen, waͤhrend auf die vorderen freien Raͤder nur ein
                              									Drittel davon kommt. Da nun die Locomotiven bloß in Folge der Adhaͤsion ihrer
                              									Raͤder an den Schienen vorwaͤrts getrieben werden, die vordere Achse
                              									bei vierraͤderigen aber so wenig belastet ist, so strebt eine derartige
                              									Locomotive, um einen trivialen Ausdruk zu gebrauchen, bestaͤndig auf dem
                              									Steiß zu gehen, aber auf eine so ungestuͤme Weise, daß die Vorderachse den
                              									ganzen Stoß empfaͤngt. (Hr. Seguier
                              									schlaͤgt auch wirklich vor, die zwei Treibraͤder vorne an den
                              									vierraͤderigen Locomotiven anzubringen.)
                           
                           Die Englaͤnder haben sich ganz besonders mit dem bedauernswerthen Ereigniß auf
                              									der Versailler Eisenbahn beschaͤftigt; folgender Versuch macht ihrer
                              									Kaltbluͤtigkeit alle Ehre. Hr. Bury,
                              									Locomotivenfabrikant, befuhr in Gesellschaft des Oberingenieurs der
                              									London-Birmingham-Eisenbahn einen Theil dieser Bahn auf einer
                              									vierraͤderigen Locomotive, deren Vorderachse so weit durchsaͤgt worden
                              									war, daß sie aus dem Wege brechen mußte. An diese Locomotive waren mehrere mit
                              									Passagieren besezte (!) Waggons angehaͤngt. Die Achse brach auch wirklich,
                              									aber der Wagenzug wurde nicht aufgehalten und die von drei Raͤdern gezogene
                              									Locomotive konnte die naͤchste Station erreichen und nach London mit einer
                              									Geschwindigkeit von 20 engl. Meilen per Stunde
                              									zuruͤkkehren; bei der Ruͤkkehr trat sie jedoch aus den Schienen und
                              									fing an den Sand aufzuwuͤhlen. Es fand gar kein Unfall statt. Diese Maschine
                              									hatte einen inneren Rahmen, diejenige auf der Versailler
                              									Eisenbahn aber einen aͤußeren.
                           Hr. Arago bemerkt, daß man auch die sechsraͤderigen
                              									Locomotiven mit einem inneren Rahmen versehen sollte, indem diese Vorrichtung das
                              									Abspringen der Raͤder von den Schienen beim Bruch einer Achse zu verhindern
                              									scheint. (Echo du monde savant, No. 734)
                           
                        
                           Neues Brükensystem von Giraud.
                           Dieß System besteht in einer eigenthuͤmlichen Art der Verbindung zwischen den
                              									Stuͤken, welche sich von einem Ende oder einem Pfeiler zum anderen erstreken
                              									und dabei einen horizontalen (scheitrechten) Bogen ohne Unterstuͤzung und
                              									Kruͤmmung bilden.
                           Seit ziemlich langer Zeit schon hat man versucht, Bruͤkenboͤgen auf
                              									diese Art zu bilden, indem man den an den Widerlagern anstehenden, mit einander
                              									verbundenen und fortlaufenden Bogenstuͤken (Gewoͤlbsteine, voussoirs) hinreichende Staͤrke gab, um der Last,
                              									gleich als waͤren sie zusammen ein einziges Stuͤk, widerstehen zu
                              									koͤnnen. Aber diese verschiedenen Zusammensezungen, welche entweder durch
                              									Dreieke oder durch Bogenstuͤke von geraden und krummen Theilen gebildet
                              									worden, bieten alle nicht die Vortheile des Giraud'schen
                              									Systems.
                           Um dasselbe am besten zu verstehen, muß man auf ein einfacheres zuruͤkgehen.
                              									Man denke sich naͤmlich eine Reihe zusammengefuͤgter Balken von
                              									Roh- oder Gußeisen und dicht neben derselben eine zweite gleiche Balkenkette,
                              									welche jedoch so gelegt ist, daß ihre Fugen oder Zusammenstoͤße allemal in
                              									die Mitte der Balken der ersten Reihe kommen. Eiserne Baͤnder oder
                              									Buͤgel umschließen an jedem Zusammenstoße beide Balkenlagen und geben dem
                              									Ganzen eine Steife, welche einestheils von der Staͤrke der Baͤnder,
                              									anderntheils von der Staͤrke der Balken selbst abhaͤngt. Diese Methode
                              									wuͤrde aber weder etwas Neues bieten, noch besonders vortheilhaft seyn, indem
                              									sie zu viel Material erfordert. Das, was die obengenannte Idee von Giraud auszeichnet, ist, jedem Stuͤk des
                              									gestrekten Bogens oder jedem Balken die Form eines Koͤrpers von gleichem
                              									Widerstande, naͤmlich einer halben Ellipse, gegeben zu haben, deren Curve
                              									unterhalb, der Mittelpunkt aber oberhalb sich befinden. Statt der Baͤnder
                              									oder Buͤgel hat er ferner ein von allen bisherigen verschiedenes
                              									Verbindungssystem angewandt. Dasselbe erfordert statt zweier Reihen Balken oder
                              									Bogenstüke, deren wenigstens drei und uͤberhaupt eine ungleiche Anzahl. Der
                              									Deutlichkeit wegen wollen wir deren so wenig als moͤglich, also bloß drei
                              									annehmen, da, wie man spaͤter sehen wird, dieselben Bemerkungen sich auch
                              									leicht auf jede andere ungerade Zahl erstreken.
                           Die Baumeister geben einer solchen Kette von Balkenstuͤken (es mag hier der
                              									franzoͤsische Ausdruk beibehalten werden) den Namen Ferme (armirter Balken); die Zusammenstoͤße einer jeden Ferme
                              									treffen in der Mitte der Balkenstüke der angraͤnzenden Reihe zusammen.
                              									Eiserne Baͤnder oder Drahtseile sind uͤber die untere Curve jedes
                              									Bogenstuͤks gelegt und haften an der Laͤnge nach liegenden
                              									Vorstekeisen, welche uͤber die Querriegel oder Traghoͤlzer der
                              									Bruͤke gelegt sind.
                           Die Querriegel, welche die Baͤnder und Vorsteknaͤgel der mittleren
                              									Ferme tragen, druͤken stark gegen den Mittelpunkt der die zweite Ferme
                              									bildenden Bogenstuͤke, und umgekehrt wieder druͤken alle Querriegel,
                              									welche den Baͤndern der ersten und dritten Ferme entsprechen, auf die Mitte
                              									der Bogenstuͤke der mittleren Ferme. Im ersten Fall wird der Querriegel von
                              									vier Baͤndern umfaßt, und ruht auf der zweiten Ferme, im zweiten hingegen
                              									traͤgt er nur zwei Baͤnder  und stuͤzt sich auf die erste und dritte Ferme.
                              									Die Verbindung der Seile oder Baͤnder und Vorstekeisen laͤßt sich sehr
                              									einfach herstellen, entweder durch ein Oehr an dem aͤußersten Ende eines
                              									jeden Bandes, oder man legt die Seile doppelt, so daß sie die Vorsteknaͤgel
                              									umschließen. Jeder der lezteren wird an jedem Ende von einem Drahtseil oder Band
                              									gehalten.
                           Ein jeder Querriegel, welcher durch zwei der ersten und dritten Ferme entsprechende
                              									Vorsteknaͤgel gehalten wird, druͤkt in seiner Mitte auf die zweite
                              									Ferme; er preßt hingegen an seinen beiden Enden die aͤußersten Fermen, wenn
                              									er durch einen Vorsteknagel der mittleren Ferme gehalten wird. Man hat auf diese
                              									Weise zwei Systeme dicht aneinander haͤngender Polygone, und zwar in gerader
                              									Linie ausgespannt.
                           Jede geringe Biegung, in der Verbindung dieser Stuͤke, entweder durch ihr
                              									eigenes Gewicht oder durch eine aͤußere Last hervorgebracht, muß die Winkel
                              									in der Zusammenfuͤgung herausdruͤken und ein heftiges Ziehen an den
                              									Baͤndern erzeugen. Die Einwirkung dieser Traction auf ein und dasselbe
                              									Bogenstuͤk ist von der Art, daß seine Mitte niedergedruͤkt, die beiden
                              									Enden aber gehoben werden, wodurch es in die statische Lage eines in der Mitte
                              									belasteten, an den beiden aͤußeren Enden aber unterstuͤzten
                              									Koͤrpers versezt wird. Man begreift somit, daß die halbe Ellipsenform, welche
                              									den Bogenstuͤken unterhalb gegeben, die geeignetste sowohl fuͤr den
                              									Widerstand, als auch fuͤr Ersparniß an Kosten ist.
                           Die Festigkeit der hier mitgetheilten Construction haͤngt lediglich von dem
                              									Tragvermoͤgen der Baͤnder oder Seile ab, da dieselben
                              									betraͤchtlichen Ausdehnungen unterworfen sind. Die Berechnung dieser
                              									Dehnungen ist eine Aufgabe der Statik, welche vom Erfinder mit Gluͤk
                              									geloͤst wurde. Dabei stellte sich zugleich eine Regel heraus, welche werth
                              									ist, in die Lehrbu㙤cher der auf Baukunst angewandten Mechanik eingetragen zu
                              									werden. Wir wollen sie hier mittheilen:
                           Ist die Last gleichfoͤrmig auf die Laͤnge vertheilt (wie dieß meist der
                              									Fall ist), so nimmt die Ausdehnung der Baͤnder von den Stuͤzpunkten
                              									nach der Mitte des Bruͤkenbogens hin zu, gleich den Ordinaten einer Parabel
                              									mit verticaler Achse. Das Maximum der Kraft, welche auf diese Mitte einwirkt, ergibt
                              									sich so genau als moͤglich durch das Product aus dem Gewicht des Bogens,
                              									multiplicirt durch das Viertel der Zahl von Bogenstuͤken, so daß sie
                              									proportional ist dem Gewicht eines Bogenstuͤks und dem Quadrat ihrer
                              									Anzahl.
                           Die zur Pruͤfung dieses Bruͤkensystems bestimmte Commission wollte sich
                              									von der Kraft der Baͤnder, so wie der Bogenstuͤke, auf eine
                              									freitragende Bruͤkenlaͤnge von 8 Meter uͤberzeugen. Die
                              									Bruͤke wurde durch drei Reihen Balken gebildet, von denen jede aus drei dicht
                              									aneinander gefuͤgten Fermen bestand; jedes der 9 oder 10 Bogenstuͤke
                              									hatte 1 Meter Laͤnge.
                           Man fand, daß die elliptischen Bogenstuͤke, um sowohl das Gewicht der
                              									Bruͤke als auch eine Last von 200 Kilogr. auf den Quadratmeter zu tragen (wie
                              									es bei den Versuchen verlangt wurde), in Gußeisen 5 Centimeter Dike und in der Mitte
                              									60 Centim. Hoͤhe haben muͤssen, und daß die Baͤnder, durch
                              									welche sie mit Huͤlfe der Vorstekeisen und Querriegel zusammengehalten
                              									werden, aus 1 Centim. starkem und 8 Centim. breitem Schmiedeisen bestehen
                              									muͤssen. Diese ziemlich betraͤchtlichen Dimensionen vermindern sich
                              									natuͤrlich verhaͤltnißmaͤßig mit der Last, welche die
                              									Bruͤke zu tragen hat.
                           Bei einer militaͤrischen Expedition waͤre man im Stande, eine
                              									genuͤgende Anzahl von Bogenstuͤken sammt den Baͤndern und
                              									Querriegeln mit sich zu fuͤhren, um an solchen Orten Uebergaͤnge zu
                              									bewerkstelligen, wo es an langen Hoͤlzern mangelt.
                           Besondere Vortheile dieses Bruͤkensystems sind, daß an den Stuͤzpunkten
                              									weder Schub noch Zug erzeugt wird und, wenn es erforderlich ist, hinreichende
                              									Hoͤhe fuͤr den Durchgang der Flußschiffe bleibt.
                           Es sey hiemit aber keineswegs behauptet, daß diese Construction alle bisher
                              									gebrauchten vollkommen erseze, obgleich man nicht in Abrede stellen kann, daß
                              									dieselbe als auf eine sehr richtige Theorie basirt wohl verdient, daß ihr Werth in
                              									der Praxis durch mehrfache Versuche bestimmt werden moͤchte. (Aus den Comptes rendus, Bd. XIII. S.
                              									973 im polyt. Centralblatt, Nr. 32.)
                           
                        
                           
                           Uhr, welche 1/1000 Secunden angibt.
                           Der geschikte Berliner Uhrmacher Ferdinand Leonhardt hat
                              									eine Uhr gefertigt, welche die Zeit bis auf 1/1000 Secunde angibt, und fuͤr
                              									eine preuß. Behoͤrde bestimmt ist. Ein solches Instrument ist besonders
                              									fuͤr die Artillerie von Werth.
                           Die Artillerie pruͤft die Geschuͤze und ihre
                              									Ladungen, um zu ermitteln, in welchem Grad das Kanon seinem Zwek entspricht. Es
                              									kommt dabei vor Allem darauf an, zu wissen, welche Schnelligkeit die Kugel gebraucht, um von der Muͤndung des Kanons
                              									die Scheibe zu erreichen. Die Entfernung von 1500 Schritten wird von einer Paßkugel
                              									in nicht vollen 2 Secunden, von einer Bombe in etwa 5–6 Secunden durcheilt,
                              									das sind allgemeine Erfahrungen; aber um nun abzumessen, ob in solcher Schnelligkeit
                              									eine Kugel noch schneller als die andere geht, dazu
                              									reichen auch unsere besten Chronometer nicht aus und, der Gedanke kann die
                              									Moͤglichkeit kaum fassen, daß hierin etwas Zufriedenstellendes zu leisten
                              									waͤre. Leonhardt erhielt den Auftrag, ein solches
                              									Instrument darzustellen, und es steht gegenwaͤrtig vollendet da, den
                              									kuͤhnsten Anforderungen mehr als die Besteller verlangten, genuͤgend.
                              									Wir sehen eine metallene Uhrscheibe in tausend Theile getheilt, uͤber welche
                              									sich ein haarduͤnner Zeiger in einer Secunde hinweg bewegt, mit der
                              									Vorrichtung, daß der Zeiger nach dem Willen der Beobachtenden jeden Augenblik in
                              									Bewegung gesezt und wieder angehalten werden kann. Wenn man nun in dem Moment, wo
                              									die Kugel das Kanon verlaͤßt, den Zeiger aushebt, und in dem Augenblik, wo
                              									die Kugel einschlaͤgt, das Instrument anhaͤlt, so erlangt man die
                              									genaueste Zeitbestimmung uͤber den Lauf der Kugel, indeß wuͤrde diese
                              									nur immer unzuverlaͤssig seyn, wenn man der Hand des
                                 										Menschen die Operation uͤberlassen haͤtte, da von dem
                              									Gedanken bis zur That immer ein Zeitverlust erfolgt und Irrthuͤmer nicht zu
                              									vermeiden waͤren. Es sind daher die Entdekungen der neuesten Zeit hiebei
                              									nuzbar in Anwendung gebracht worden. Ein galvanischer Draht vermittelt eine
                              									Verbindung zwischen dem Kanon, der Scheibe und dem Instrument. Die Kugel hebt durch
                              									eine sinnreiche Vorrichtung von selbst den Zeiger aus, indem sie das Kanon
                              									verlaͤßt, und haͤlt auch selbst den Zeiger wieder an, wenn sie in die
                              									Scheibe schlaͤgt; der elektrische Funke, dessen Geschwindigkeit fuͤr
                              									1500 Schritt fast Null ist, bildet den Vermittler. Betrachten wir nun das
                              									merkwuͤrdige Instrument an sich, das uns die Secunde in 1000, die Minute in
                              									60,000, die Stunde in 3 Millionen 600,000 Theilchen zerlegt, so ist fast Alles an
                              									ihm neu und Erfindung. Auf den gewoͤhnlichen
                              									Secundenuhren springen die Secunden, was die Beobachtung
                              									taͤuscht, indem Halt und Sprung erfolgen und so die Secunde an sich nicht
                              									recht zur Erscheinung kommt. Hier ist dem Zeiger eine rotirende Bewegung gegeben, so
                              									daß man dadurch erst recht klar wahrnimmt, was eigentlich eine Secunde fuͤr
                              									ein Zeitabschnitt ist. Uebrigens ist das Instrument auch mit der vollen Secunde,
                              									Minute und Stunde versehen, was als Buͤrgschaft des Vergleichens mit einem
                              									Regulator dient, um die Sicherheit der zu beobachtenden einzelnen Secunde darzuthun.
                              									Als Regulator des Werks hat Hr. Leonhardt ein rotirendes Secundenpendel angewendet und zwar
                              									empfaͤngt dieses Pendel von ganz eigenthuͤmlicher Construction seine
                              									Rotationskraft oben uͤber der Aufhaͤngung desselben von dem Werk. Das
                              									Ganze ist mit einem massiven Gehaͤuse versehen, in welchem es ohne Gefahr zu
                              									Wagen transportirt werden kann, und der Preis zwischen 1500 und 1600 Thlr. (Leuch's polytechn. Ztg., Nr. 49.)
                           
                        
                           Kohlenwasserstoff in Kugeln von kohlensaurem Kalk
                              									eingeschlossen.
                           Seit einiger Zeit bemerkte ich kleine weiße Koͤrnchen an einigen
                              									Gaslichtbrennern angesammelt, die ich zu meiner Verwunderung aus Kalk bestehend
                              									fand. Die Brenner waren mehr als eine engl. Meile von den Gaswerken entfernt, und
                              									ich war uͤberzeugt, daß sie nur von den Reinigungsapparaten herruͤhren
                              									konnten, welche Kalk enthalten. Bei naͤherer Untersuchung entdekte ich eine
                              									große Anzahl hohler Kuͤgelchen, die von kohlensaurem Kalk gebildet und mit
                              									Kohlenwasserstoff angefuͤllt waren. Dieselben haben einen Durchmesser von
                              									1/40 bis 1/20 Zoll, und da ihre Rinde duͤnn ist, werden sie von dem durch die
                              									Roͤhren stroͤmenden Gas leicht bis zu den in mehr als eine engl. Meile
                              									entfernten Raͤumen befindlichen Brennern gefuͤhrt. John H. Blake. (The american Journal of
                                 										science etc. Bd. XLII. S. 214)
                           
                        
                           
                           Felsenbohren durch chemische Mittel.
                           Hr. Pridaux fand, daß ein entzuͤndeter
                              									Wasserstoff- und Sauerstoffgasstrahl auf einen Granitblok geleitet, sogleich
                              									eine bedeutende Temperaturerhoͤhung bewirkt und daß der Felsen, wenn man ihn
                              									hierauf mit kaltem Wasser besprengt, muͤrbe und zerreiblich wird und dem
                              									Werkzeuge gerne nachgibt. Er versichert, den Versuch sehr oft und immer mit gutem
                              									Erfolge wiederholt zu haben. (Echo du monde savant, No.
                              									726.)
                           
                        
                           Ueber die blaue und grüne Färbung der künstlichen
                              									Ultramarine.
                           Ich habe vor kurzer Zeit (im polyt. Journal Bd. LXXXIII. S. 461) gezeigt, welches der Grund
                              									der blauen und gruͤnen Faͤrbung der kuͤnstlichen, im Handel
                              									vorkommenden Ultramarine sey. Seit Bekanntwerdung dieser Beobachtung theilte mir
                              									auch Hr. Dr. Rammelsberg mit,
                              									daß ebenfalls bei Untersuchung kuͤnstlicher Ultramarine in seinem
                              									Laboratorium die Beobachtung gemacht worden sey, daß die durch Salzsaͤure
                              									ausgeschiedene Kieselerde noch Schwefel enthalten habe, welcher sich deutlich durch
                              									Wegbrennen mit blauer Flamme beim Gluͤhen der Kieselerde zu erkennen gegeben
                              									habe. Es scheint daher bei der chemischen Untersuchung der Ultramarine durchaus
                              									noͤthig zu seyn, daß man mit einer und derselben Sorte zwei Analysen
                              									unternimmt, um den Schwefelgehalt darin richtig zu
                              									bestimmen, naͤmlich einmal den Totalschwefelgehalt durch Oxydation mittelst
                              									rauchender Salpetersaͤure und das anderemal durch Erhizen mit
                              									Salzsaͤure, um aus diese Weise denjenigen Antheil Schwefel zu bestimmen,
                              									welcher sich als Schwefelwasserstoffgas entwikelt, so wie ich es in der oben
                              									angefuͤhrten Untersuchung gethan habe.
                           Um alle moͤglichen Zweifel zu beseitigen, die etwa noch stattfinden
                              									koͤnnten, obwohl auch der geringe Schwefeleisengehalt, wie ich gezeigt und
                              									behauptet habe, der Grund der blauen und gruͤnen Faͤrbung in den
                              									Ultramarinen seyn moͤchte, erlaube ich mir noch folgende Beobachtung bekannt
                              									zu machen. Hr. Kreßler hat die Versuche im Kleinen sowohl wie im Großen
                              									in seinem Laboratorium anstellen lassen und die einzelnen zu der Darstellung der
                              									Ultramarine erforderlichen Substanzen in den verschiedensten Formen, wie sie theils
                              									im Handel, theils in der Natur vorkommen, dazu verwandt, aber
                                 										jedesmal und immer gefunden, daß die Anwesenheit des Eisens durchaus
                                 										noͤthig war, um einen blauen oder gruͤnen Ultramarin zu
                                 										erzeugen.
                           Es wurde in groͤßeren Mengeverhaͤltnissen eine
                                 										Mischung gemacht von
                           
                              
                                 100
                                 Theilen
                                 eisenfreiem kieselerdehaltigem Thon,
                                 
                              
                                 200
                                 —
                                 trokner Soda und
                                 
                              
                                 100
                                 —
                                 Schwefel;
                                 
                              
                           diese Substanzen, innig gemengt, gaben nach dem Gluͤhen
                              									nur eine gelbliche Masse. Wurde dieser Masse aber Eisen
                              									(als Schwefeleisen oder sonst ein schwefelsaures Eisensalz) zugesezt. so entstand
                              									nach Maaßgabe des Zusazes und der Temperatur, welche beim Gluͤhen angewandt
                              									wurde, eine schwarze,
                              									gruͤne oder blaue
                              									Faͤrbung; ja schon durch diese Versuche wurden ganz leidliche
                              									Farbennuͤancen erhalten.
                           Diese Versuche zeigen aber im Großen ganz dasselbe, was
                              									mir meine im Kleinen ausgefuͤhrten Versuche gezeigt hatten, und sie dienen
                              									nur zur Bestaͤtigung dessen, was ich in der oben citirten Abhandlung
                              									ausgesprochen habe. Dr. Elsner. (Erdmann's u. Marchand's Journal fuͤr prakt. Chemie 1842,
                              									Nr. 10.)
                           
                        
                           Recept zur Bereitung von Ultramarin.
                           Hr. v. Tiremoult, franz.
                              									Artillerie-Capitaͤn, hat Hrn. Dumas das
                              									Recept, wonach er blauen Ultramarin bereitet, mitgetheilt. Sein Verfahren
                              									unterscheidet sich von dem bekannten nur dadurch, daß er einen kleinen Theil des
                              									Schwefels in Verbindung mit Arsenik anwendet. Seine Mischung ist naͤmlich
                              									folgende:
                           
                              
                                 100
                                 Theile
                                 roher Thon, gepulvert und gesiebt,
                                 
                              
                                 7
                                 —
                                 wasserfreie Thonerde, in gallertartigem Zustande angewandt,
                                 
                              
                                 1075
                                 —
                                 krystallisirtes kohlensaures Natron oder 400 Th.
                                    											entwaͤssertes,
                                 
                              
                                 221
                                 —
                                 Schwefelblumen,
                                 
                              
                                 5
                                 —
                                 gelbes Schwefelarsenik (Operment).
                                 
                              
                           (Echo du monde savant.)
                           
                        
                           
                           Ueber Seidenzucht in Frankreich.
                           Die Seidenzucht in Frankreich macht fortwaͤhrend
                              									betraͤchtliche Fortschritte theils ruͤksichtlich der Verbesserung der
                              									Methoden in den Gegenden, wo die Seidencultur alt und allgemein verbreitet ist,
                              									theils in ihrer Ausbreitung auf neue Provinzen. Frankreich producirt
                              									gegenwaͤrtig fuͤr 150.–200 Mill. Franken rohe Seide und dazu
                              									fuͤhrt es noch fuͤr wenigstens 60 Millionen fremde Seide ein. Seide
                              									ist vielleicht das einzige Product, das von der Concurrenz der Erzeugung nichts zu
                              									fuͤrchten hat, denn der Verbrauch dehnt sich in demselben Maaße aus und
                              									scheint einer ganz unbeschraͤnkten Zunahme faͤhig zu seyn. In der
                              									Umgegend von Bordeaux, wo fruͤher keine Seide producirt wurde, sind in den
                              									lezten Jahren 500,000 Maulbeerbaͤume gepflanzt worden, und in den Landes hat
                              									die Gesellschaft von Arrachin eine Pflanzung von 300,000 Baͤumen und eine
                              									Pflanzschule von 200,000 angelegt. Die unvortheilhaften Bedingungen, unter denen die
                              										Weincultur von Bordeaux leidet, bildet einen
                              									maͤchtigen Hebel, um die Seidenproduction zu befoͤrdern, indem im
                              									Allgemeinen dieselben Localitaͤten beiden zutraͤglich sind. In der
                              									Bretagne hat man angefangen Maulbeerbaͤume zu pflanzen und hofft dort darin
                              									eine Entschaͤdigung fuͤr die durch die Maschinenspinnerei
                              									gaͤnzlich ruinirte Handspinnerei von Flachs zu finden, da naͤchst dieser die
                              									Seidencultur am meisten weibliche Arbeit erfordert und sie weit besser bezahlt als
                              									Spinnerei, obgleich sie keine das ganze Jahr dauernde Beschaͤftigung
                              									darbietet.
                           In den Provinzen, wo diese Cultur neu ist, wird sie zuerst immer von großen
                              									Gutsbesizern eingefuͤhrt, welche sich die neuesten Methoden zu eigen machen,
                              									und verbreitet sich so nach und nach unter den besten Bedingungen des Gedeihens. Die
                              									große Schwierigkeit der Einfuͤhrung besteht uͤbrigens nicht in der
                              									Production der Seide selbst, sondern in dem Abhaspeln; so lange jeder Producent
                              									seine eigene Seide haspelt, geschieht dieß schlecht und mit
                              									unverhaͤltnißmaͤßigen Kosten, waͤhrend er noch am Ende die
                              									groͤßte Muͤhe hat, das Product zu verkaufen, weil Fabrikanten nicht
                              									gern mit kleinen Partien zu thun haben, sondern Ballen von 1 Cntr. voͤllig
                              									gleichfoͤrmiger Seide verlangen. Daher bilden die Departements
                              									gemeinschaftliche Seidenspinnereien, in welchen die Cocons gekauft, sortirt und
                              									gehaspelt werden, und dieß ist das einzige Mittel, dem Product seinen wahren Werth
                              									zu geben.
                           Die Tendenz der Seidenzuͤchter ist so viel moͤglich die drei
                              									Hauptzweige ihrer Industrie, die Production der Blaͤtter, die eigentliche
                              									Zucht der Raupen und die Spinnerei zu trennen, was nothwendig zu der groͤßten
                              									Vollkommenheit jedes dieser Zweige fuͤhren muß; aber dieß kann nur in dem
                              									Verhaͤltniß geschehen, als die Industrie in einem District allgemein wird,
                              									damit die Concurrenz den Gewinn moͤglichst gleich unter alle vertheile.
                              									Gegenwaͤrtig berechnet man den Verkaufswerth von 100 Kilogr. Blaͤtter
                              									auf 10 bis 12 Fr., und dieß ist ein so guter Ertrag, daß in den Theilen von
                              									Frankreich, wo der Blaͤtterverkauf allgemein ist, die Hektare von
                              									Maulbeerbaͤumen in vollem Ertrag um 8–10,000 Fr. verkauft wird. Die
                              									wissenschaftliche Art, mit welcher die neuen Seidenzuͤchter verfahren, bildet
                              									einen großen Contrast mit der nachlaͤssigen Routine der Bauern im
                              									Suͤden. Die Art der Baͤume, ihr Beschneiden, ihre Duͤngung, die
                              									Art, wie die Blaͤtter gebrochen werden, die Behandlung der Raupeneier, die
                              									Fuͤtterung in jedem Alter der Raupe, das Schneiden der Blaͤtter, die
                              									Reinigung der Gestelle, die Heizung des Seidenhauses, die Krankheiten des Thieres,
                              									die Bedingungen des Einspinnens, das Toͤdten der Puppe und mehr als Alles das
                              									Haspeln sind Objecte zahlloser Beobachtungen, und das Resultat im Ganzen ist, daß jezt Seidenhaͤuser nach den besten Methoden mit
                                 										demselben Quantum Blaͤtter die doppelte Quantitaͤt Seide liefern,
                                 										als die gewoͤhnlichen Erzieher im Suͤden erhalten, und daß
                              									die Kosten, welche diese sorgfaͤltigere Behandlung erfordert, durch den
                              									groͤßeren Ertrag sehr reichlich ersezt werden. (Augsb. Allg. Ztg.)