| Titel: | Ueber die Reinigung des aus Steinkohlen bereiteten Leuchtgases; von Hrn. Mallet. | 
| Fundstelle: | Band 86, Jahrgang 1842, Nr. XI., S. 39 | 
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                        XI.
                        Ueber die Reinigung des aus Steinkohlen
                           bereiteten Leuchtgases; von Hrn. Mallet.
                        Aus dem Moniteur industriel vom 28. Jul.
                              1842.
                        Mallet, über die Reinigung des Leuchtgases, welches aus Steinkohlen
                           bereitet wird.
                        
                     
                        
                           Das aus Steinkohlen gewonnene Leuchtgas wird in Frankreich (um nur von diesem Lande
                              zu sprechen) in der Regel schlecht gereinigt und die in dessen Reinigung gemachten
                              Verbesserungen sind, weit entfernt, gleichen Schritt mit der Wissenschaft zu halten,
                              seit zwanzig Jahren Null. Ich glaube mit diesem Saze nicht zu viel zu behaupten und
                              werde im Folgenden den Beweis führen.
                           Untersuchen wir zuvorderst, um die Ursachen der schlechten Reinigung zu finden und
                              die Abhülfmittel anzugeben, die Producte, welche sich bei der Destillation der
                              Steinkohle verflüchtigen, indem sie sich vielleicht im selben Augenblik wie die zum
                              Leuchten geeigneten Gase bilden. Diese Producte sind weder in Qualität, noch in
                              Quantität immer dieselben. Nicht alle SteinkohlensortenIch begreife hierunter die zur Gasbereitung geeigneten. sind sich gleich; die Umstände der Destillation sind nicht unveränderlich;
                              die Hize wird nicht immer gleich hoch gesteigert.
                           Die zum Leuchten dienlichen Gase, nämlich das Kohlenwasserstoffgas, das Kohlenoxyd
                              und der reine Wasserstoff reißen mit sich  1) flüssige Kohlenwasserstoffverbindungen in
                              Dampfgestalt, Theer, Naphthalin, Kreosot und wahrscheinlich noch andere, bis jezt
                              noch nicht genau bestimmte, empyreumatische Substanzen; 2) Wasserdampf; 3) eine
                              große Menge mehr oder weniger flüchtiger Ammoniaksalze, das Polysulfurid und das
                              kohlensaure Ammoniak in großer Menge, das cyanwasserstoffsaure, gerbstoffsaure und
                              schwefelcyanwasserstoffsaure Ammoniaksalz in sehr beträchtlicher Quantität, das
                              schwefelsaure, schwefligsaure, salzsaure und essigsaure Ammoniak in sehr kleiner
                              Quantität.Das Vorhandenseyn mehrerer dieser Ammoniaksalze in den Destillationsproducten
                                    wurde vor meiner Untersuchung noch nicht angegeben; vorzüglich
                                    bemerkenswerth ist die Gegenwart der Gerbstoffsäure. Auch möchte ich
                                    selenwasserstoffsaures Ammoniak für zugegen halten, denn schon öfters
                                    beobachtete ich, wenn ich das Gaswasser mit einer Säure behandelte, eine
                                    Entwikelung von Schwefelwasserstoff, der aber besondere und als dem
                                    Selenwasserstoff angehörig bezeichnete Eigenschaften besaß. Endlich fand ich
                                    in dem Gas einer Anstalt, welche englische Steinkohlen destillirt, auch
                                    Phosphorwasserstoff.
                              
                           Da die Destillation der Steinkohle aus Retorten vorgenommen wird, so entweichen alle
                              gasförmigen oder flüchtigen Producte durch Röhren, welche sie in ein Fäßchen leiten,
                              von dem wieder eine Reihe von Röhren oder eine Leitung weiter geht, deren Lauf je
                              nach der Anstalt verschieden ist. Diese Leitung läuft entweder unter dem Boden, oder
                              in der Luft und hat dann manchmal die Gestalt von Orgelpfeifen, so daß sie in einem kleinen Raum einen weiten Weg macht. Das
                              Gas wird, indem es durch diese Röhren streicht, mehr oder weniger stark abgekühlt,
                              wodurch die Verdichtung einer gewissen Quantität gasförmiger Producte bezwekt und
                              erreicht wird, wie namentlich die eines großen Theiles Theer, des Wasserdampfs,
                              welcher von den oben genannten Ammoniaksalzen mit sich fortreißt und gewöhnlich
                              ammoniakalisches Condensationswasser genannt wird. Dieses ammoniakalische Wasser
                              enthält ferner Naphthalin, Kreosot und andere Producte der troknen Destillation im
                              Zustand einer wirklichen Verbindung mit dem Ammoniak, welches aber noch basische
                              Eigenschaften beibehält, troz der Gegenwart der Kohlensäure und
                              Schwefelwasserstoffsäure, deren Sättigungscapacität sehr gering ist.Was durch Behandlung des ammoniakalischen Wassers mit einer Säure leicht
                                    nachzuweisen ist. Die in Freiheit gesezten Producte der troknen
                                    Destillation, Naphthalin, Kreosot u.s.f. schwimmen dann theerähnlich über
                                    der Lösung. Die Verbindung von Basen mit solchen Körpern ist keine neue
                                    Beobachtung; wir erinnern nur (s. Dumas' Chemie
                                    Bd. V. S. 665) an die Einwirkung des Kreosots auf eine Kalilösung.
                              
                           Dieser, je nach der Länge des Laufs und auch nach der Menge des in einem gegebenen
                              Laufe fabricirten Gases, mehr oder weniger vollständigen Condensation, entgehen in
                              verschiedener Menge der Theer, die flüchtigsten der ammoniakalischen Salze, so wie
                              auch die brenzlichen Körper. Nachdem aller oder beinahe aller gewöhnliche Theer sich verdichtet hat,
                              kann man die im Gase zurükbleibende Menge ammoniakalischer Salze beinahe noch für so
                              groß annehmen, wie die im ammoniakalischen Wasser verdichtete. Ich fand bei meinen
                              in verschiedenen Gasanstalten im Großen angestellten Versuchen, daß das durch
                              Destillation eines Hektoliters (80 Kilogr.) Steinkohlen entwikelte Ammoniak im
                              Durchschnitt 150 Gramme beträgt; es ist hier reines Ammoniak verstanden.
                           Da die Abkühlung die Verdichtung der Ammoniaksalze herbeiführt, so sollte man
                              glauben, daß durch einen hinlänglich großen Lauf das beinahe völlige Verschwinden
                              derselben erreicht werden müßte; dieß geschieht zwar auch, allein ich beobachtete in
                              mehreren Pariser Anstalten, daß, wenn man dieß bezweken will, nach mehr oder weniger
                              langer Zeit eine Verstopfung der Röhren oder Condensationsapparate dadurch veranlaßt
                              wird, namentlich wenn sie einen kleinen Durchmesser haben; diese Verstopfung wird
                              durch das Krystallisiren des kohlensauren und schwefelwasserstoffsauren Ammoniaks
                              bewirkt. Dieß ist leicht zu erklären; da diese Ammoniaksalze flüchtiger sind als das
                              Wasser, so ist das ammoniakalische Wasser um so concentrirter, je größer der Abstand
                              von der Condensationsstelle bis zu den Retorten ist, und ein Punkt ist da, wo nicht
                              mehr genug Wasser vorhanden ist, um sie aufgelöst zu erhalten; der Ammoniakabsaz
                              findet in festem Zustande statt, und zwar um so leichter, je trokner die destillirte
                              Steinkohle ist.Es ist jedoch unerläßlich, daß die Steinkohle ganz troken sey, damit sie die
                                    gehörige Menge gas gibt. Man muß daher auf dieses Mittel, des größten Theils der ammoniakalischen
                              Producte los zu werden, verzichten und die Anstalten, welche mit ihren prachtvollen
                              Orgelreihen pomphaft prahlen, wissen sehr gut, was sie davon zu halten haben.
                           Nach der Condensation eines mehr oder weniger großen Theils des Theers und des
                              ammoniakalischen Wassers begnügt man sich beinahe in allen, vorzüglich aber in den
                              Pariser Anstalten, das Gas durch drei Schichten gelöschten Kalk streichen zu
                              lassenDer Kalk und das Moos ruhen auf Sieben oder Durchschlägen von Eisenblech (mit
                                    Löchern von etwa 1 Centimeter Durchmesser) oder wohl auch auf eisernen
                                    Hürden., welche man auf Moos legt, um die Berührungsflächen zu vermehren und etwas
                              aufhäuft. In allen Anstalten sind mehrere Kalkreinigungs-Vorrichtungen, aber
                              das Gas streicht durch alle zugleich und nicht successiv. Nur muß ich in dieser
                              Hinsicht einige Anstalten in den Departements ausnehmen, wo die Reinigung des Gases
                              mittelst Kalk methodischer geschieht.
                           Der Kalk muß, um zur Reinigung zwekmäßig zu seyn, nach dem Besprengen mit Wasser
                              mehrere Tage lang an einem eher feuchten als troknen Ort an der Luft liegen. Es
                              wurde beobachtet, daß bei Kalk, welcher sich bloß an der Luft schlecht ablöschte,
                              die Löschung in der Reinigungsvorrichtung vollends von Statten ging, wobei die
                              Temperatur des Gases bedeutend erhöht und die Absorption des Schwefelwasserstoffs
                              erschwert wurde; außerdem war der Kalk beim Erneuern der Reinigungsvorrichtung
                              beinahe weiß, statt grün.
                           Der Kalk ist, wenn auch gelöscht, feucht und auf dem Moose zerfallen, doch von dem
                              bei dem Durchstreichen des Gases abgegebenen Schwefelwasserstoff noch lange nicht
                              gesättigt; er kann dreimal nacheinander zu demselben Gebrauch angewandt werden, ohne
                              vollständig gesättigt zu werden; nur absorbirt der frische Kalk, wie natürlich, in
                              derselben Zeit mehr Schwefelwasserstoffsäure, als der schon einmal benuzte.
                           Während aber der Kalk sich schwer mit Schwefelwasserstoff sättigt, wird derselbe auch
                              dem Gase schwer entrissen, und wenn durch eine Schicht Kalk oder sogar durch eine
                              aus drei Schichten bestehende Kufe das Gas mehrere Stunden lang strich, so schwärzt
                              es mit essigsaurem Blei getränktes Papier in der Regel noch.
                           Diese Schwierigkeit der Absorption des Schwefelwasserstoffs durch den Kalk ist leicht
                              zu erklären; erstens ist der Schwefelwasserstoff, wenn er in dem Reinigungsapparat
                              anlangt, nicht im freien Zustande, sondern an Ammoniak gebunden, so daß der Kalk die
                              Zersezung des schwefelwasserstoffsauren Salzes erst bewirken muß, sich aber in dem
                              hiezu geeigneten Zustand nicht befindet, weil er nicht aufgelöst ist; ferner hat der
                              Kalk auch in feuchtem Zustande keine sehr große Sättigungskraft und die Berührung
                              desselben mit der Säure ist, so zu sagen, nur eine augenblikliche; endlich bahnt
                              sich das Gas sehr leicht an gewissen Stellen der Schicht einen Ausgang und geht dann
                              durch diesen gebahnten Weg so lange fort, als die Reinigung dauert; ich kann daher
                              kek, ohne Widerspruch befürchten zu müssen, behaupten, daß mit solchen
                              Kalkreinigungs-Vorrichtungen keine Beleuchtungsgesellschaft ein vollkommen
                              von Schwefelwasserstoff freies Gas zur Consumtion liefern kann; es sey denn, daß man
                              den Kalk in bedeutender Menge anwende.
                           Die Anwendung der Kalkmilch ist nicht vortheilhafter als die des feuchten Kalks; sie
                              wurde auch schon allgemein aufgegeben; der Kalk ist im Wasser wirklich nur wenig
                              löslich und die Berührung des Gases mit dem Agens ist nicht so groß wie bei den
                              Reinigungsvorrichtungen mit trokenem Kalk, deren man sich gegenwärtig mit Recht bedient. Bei den
                              Gaswaschapparaten mit Kalkmilch gab man dem Gas einen bedeutenden Druk (gewöhnlich
                              15 Centimeter für einen Waschapparat, deren man drei bedurfte), was ein großer
                              Uebelstand ist wegen des dadurch verursachten Entweichens von Gas. Ferner war ein
                              continuirliches Umrühren unentbehrlich, um den Kalk im Wasser schwebend zu erhalten;
                              denn ohne Umrühren findet keine Berührung zwischen Gas und Kalk statt welcher
                              leztere übrigens sich anhäufen und eine Widerstand leistende, den Wänden beinahe
                              anhängende Schicht bilden würde. Wenn wirklich das Gas manchmal mit der Kalkmilch
                              besser gereinigt erschien als mittelst bloß feuchten Kalks, so geschah dieß in Folge
                              der Auflösung eines gewissen Theils des Ammoniaks durch das Vorhandenseyn der
                              Flüssigkeit.
                           Dieß sind die Fehler der Reinigung mittelst Kalks, wie sie heutzutage allgemein
                              gebräuchlich ist. Mittelst einer bessern und methodischern Einrichtung des
                              Reinigungsapparats, welcher das Gas durch zwanzig bis dreißig Kalkschichten
                              hindurchzustreichen zwingt, kann man jedoch dem Gas allen Schwefelwasserstoff,
                              welcher auf das mit essigsaurem Blei getränkte Papier reagirt, entziehen. Ich sage
                              den auf dieses Papier reagirenden, weil das im Gase zurükbleibende Ammoniak, welches
                              der Kalk nicht absorbiren, aber durch Entziehung der Säuren in äzenden Zustand
                              überführen kann, einen Antheil Schwefelwasserstoff so stark gebunden zurükhält, daß
                              er das Reagenspapier nicht mehr schwärzt; das Gas enthält also, während man es für
                              rein hält, doch noch Schwefelwasserstoff.
                           Die methodischen Kalkgasreiniger, deren Einrichtung äußerst sinnreich und deren
                              Behandlung sehr einfach ist, werden in acht bis zehn Städten Frankreichs, wie Lille,
                              Marseille, Bordeaux, Roubaix, Saint-Quentin, Arras, Valenciennes, Cambrai,
                              mit sehr gutem Erfolge angewandt; sie könnten in Paris dieselben Vortheile darbieten
                              und die gegen ihre Einführung möglichen Einwürfe sind in der That nicht
                              stichhaltig.
                           Das System der methodischen Reinigung enthält vier rechtwinkelige Bottiche, deren
                              jeder durch eine etwas niederere Zwischenwand als die Seitenwände in zwei gleiche
                              Theile abgetheilt und mit hydraulischer Absperrung versehen ist. Jede Abtheilung
                              enthält drei oder vier Gitter oder Hürden mit einer Schichte Kalk, die aber weniger
                              aufgehäuft und dik ist, als in den gewöhnlichen Reinigern. In jeder Abtheilung
                              befindet sich unten eine Röhre, welche durch die untere horizontale Wand vertical
                              hinabsteigt in eine Wasserkufe, welche auf diese Weise acht im Umkreise symmetrisch
                              angebrachte Röhren enthält und noch weitere zwei, eine für das ankommende, die andere für das
                              austretende Gas; eine dieser Röhren nimmt nochwendig den Mittelpunkt dieser Kufe
                              ein. Eine Gloke oder ein Hut, in fünf Theile abgetheilt, deren jeder zwei Röhren
                              enthält, bedekt erwähnte Kufe. Gewöhnlich sind drei Reiniger in der Art im Dienst,
                              daß Nr. 1 (in Bezug auf das ankommende Gas) den schon am meisten verunreinigten Kalk
                              enthält und Nr. 3 den frischesten; die vierte ist in Reserve. Wenn das aus dem
                              dritten Reiniger austretende Gas das mit essigsaurem Blei getränkte Papier schwärzt,
                              so sperrt man Nr. 1 ab, um es auszuleeren; Nr. 2 wird dann Nr. 1; Nr. 3 wird Nr. 2;
                              und die noch unbenuzte Nr. 4, mit frischem Kalk gefüllt, wird Nr. 3. Wenn man diesen
                              Reinigern die gehörige Größe gibt, so wird man sicher in den Pariser Gasanstalten,
                              wo man in 24 Stunden 6 bis 700 Hektoliter Steinkohlen destillirt, eine eben so
                              befriedigende Reinigung erreichen, wie in den eben erwähnten der Provinz, wo 2 bis
                              300 Hektoliter und zwar ohne größeren Druk destillirt werden. Uebrigens muß bei
                              diesem Reinigungsapparat, wie bei jedem anderen erdenklichen, von Seite des
                              Gasfabrikanten sehr viel Aufmerksamkeit und der feste Wille da seyn, den Abonnenten
                              gereinigtes Gas zu liefern; dieser Wille ist aber nicht immer vorhanden, denn ich
                              könnte Gas-Compagnien nennen, welche den Abonnenten rauchendes Gas liefern,
                              damit sie keine sehr hohen Flammen brennen können.
                           Die Anwendung einer äzenden Natron- oder Kalilösung verdiente unbestritten den
                              Vorzug vor der des Kalks, weil sie den Schwefelwasserstoff leichter an sich reißt.
                              Außerdem daß diese Basen weit kräftiger sind, könnte man mit denselben
                              Waschvorrichtungen in Wasserfallgestalt einrichten und das Gas bei seinem Eintritt
                              in die Flüssigkeit mittelst nicht zu enger Metallgewebe zertheilen. Diese
                              Vorrichtung erforderte, wie groß auch der Apparat wäre, nicht über 2 Centimeter Druk
                              für jeden Wascher, und endlich würde man beim Erneuern der reinigenden Basis kein
                              Gas verlieren, was beim feuchten Kalk nicht zu vermeiden ist.
                           Aber der hohe Preis des Natrons und Kali's tritt ihrer Anwendung zum Reinigen
                              hindernd entgegen. Es muß dagegen auch bemerkt werden, daß die aus den Waschern
                              kommende Flüssigkeit, welche aus kohlensaurem Natron oder Kali und Schwefelnatrium
                              oder Kalium besteht, auch einigen Werth hat, während der zur Reinigung benuzte Kalk
                              auf Kosten der Gasanstalten auf die Straße geworfen wird. Dieser Kalk könnte wegen
                              des nicht gesättigten Antheils von Alkali und des gebildeten Schwefelcalciums
                              wirklich noch eine landwirthschaftliche Anwendung finden; allein der Schlendrian und
                              die Transportkosten
                              werden diese Benuzung vielleicht noch lange Zeit nicht aufkommen lassen.
                           Man könnte die Absorption des Schwefelwasserstoffs (aber nur des gegen
                              Bleiessigpapier empfindlichen) auch durch Metalloxydhydrate und die Beseitigung
                              alles Schwefelwasserstoffs mittelst Bleisalzen bewirken, wie dieß schon
                              vorgeschlagen wurde.Hr. Pénot von Mülhausen versuchte
                                    schwefelsaures Blei anzuwenden, welches bei der Zersezung des Alauns oder
                                    der schwefelsauren Thonerde durch essigsaures Blei in den Kattundrukereien
                                    gewonnen wird und seine Versuche gelangen sehr wohl (polyt. Journal Bd. LXXX. S. 189). Dieses Bleisalz
                                    ist aber nicht allenthalben wohlfeil zu haben. Beide Methoden sind jedoch zu theuer. Läßt man das Gas über irgend ein
                              Metalloxyd streichen, wobei man nur die Absorption des auf Bleiessigpapier
                              reagirenden Schwefelwasserstoffs hoffen darf, so enthält es auch noch alles der
                              Condensation entgangene Ammoniak, welches in großer Menge frei wurde und sehr schwer
                              zu verdichten ist; überdieß reißt das Gas, größtentheils in Verbindung mit Ammoniak,
                              Schwefelwasserstoff, Naphthalin, Kreosot und andere brenzliche Producte mit
                              fort.
                           Ist es demnach zum Verwundern, wenn in den meisten Städten, beim Auskommen von Gas
                              oder nur beim Oeffnen der Brenner, um sie anzuzünden, das Gas einen widerlichen,
                              stinkenden Geruch verbreitet? Wenn diese Dünste alle Metalle, Vergoldung und Gemälde
                              in ihrer Umgebung angreifen und ihres Glanzes berauben, woran der
                              Schwefelwasserstoff Schuld ist? Beim Brennen des Gases findet, ohne daß es irgendwo
                              auskömmt, ein anderer Uebelstand statt; die Farben der Zeuge erleiden eine
                              Veränderung, welche die schweflige Säure bewirkt, und ihre Weiße und Frische
                              verliert sich durch den Rauch. Sogar die Gesundheit kann unter diesen Dünsten
                              leiden; denn außer der schwefligen Säure erzeugt sich bei der Verbrennung des Gases
                              Salpetersäure durch das in großer Menge vorhandene Ammoniak (ungefähr 1/300, wenn
                              man es sich frei denkt). Man kann hinsichtlich des im Gase enthaltenen Ammoniaks nur
                              zweierlei denken; entweder es verbrennt oder es verbrennt nicht. Verbrennt es, was
                              sicher der Fall ist, so bildet sich Wasser, Stikstoff und Salpetersäure; nun sind
                              aber der Stikstoff und die Salpetersäure nicht verbrennlich und müssen, außer der
                              giftigen Wirkung der Säure, auch noch der Reinheit und dem Glanze der Flamme Eintrag
                              thun. Oder es verbrennt nicht, wo es dann die Leuchtkraft noch mehr beeinträchtigt.
                              Was das Naphthalin, Kreosot und die anderen vom Ammoniak mit fortgerissenen
                              brenzlichen Körper betrifft, so verbrennen sie wohl, bringen aber, da sie sehr
                              kohlenstoffreich sind, sehr gerne Rauch und eine gelbliche Flamme hervor. Die
                              Gegenwart dieser Substanzen und des Ammoniaks im Gas ist es vorzüglich, welche ihm
                              den nur zu bekannten Geruch ertheilt.
                           Das Cisternenwasser aller Gasometer enthält Ammoniak und schwefelwasserstoffsaures
                              Ammoniak in großer Menge, und da es ein sehr seltner Fall ist, daß sie ganz
                              wasserdicht sind, so verdirbt das Einsikern des ammoniakalischen Wassers die Brunnen
                              der Umgegend; daher die gegründeten Klagen der Nachbarn und die von den
                              Gas-Compagnien zu zahlenden Entschädigungen, entweder in Folge eines
                              Processes oder Vergleiches. Würde dem Gase bei der Reinigung das Ammoniak und ein
                              guter Antheil des Naphthalins und Kreosots benommen, so hätte zwar das
                              Cisternenwasser der Gasometer noch immer einen brenzlichen Geruch und Geschmak, ohne
                              aber ungesund zu seyn; es würde ferner seinen Geruch durch bloße Berührung mit der
                              Luft verlieren. Gegenwärtig kann das verdorbene Brunnenwasser zu nichts mehr
                              gebraucht werden.
                           In einigen französischen Gasanstalten wird das Gas, ehe es zu dem Kalkreiniger
                              gelangt, in gewöhnlichem Wasser ausgewaschen. In Berührung mit dem Wasser gibt das
                              Gas einen Theil der in ihm enthaltenen auflöslichen und condensirbaren Substanzen an
                              dasselbe ab und das Waschwasser wird ein wahres ammoniakalisches Wasser, indem es
                              beinahe gerade so zusammengesezt ist, wie das condensirte. Dieses Waschen des Gases
                              mit Wasser müßte allenthalben eingeführt werden, wenn man nicht andere wirksamere
                              Mittel hätte, ihm das Ammoniak zu entziehen. Ich sage wirksamere, denn das so
                              gewaschene Gas enthält noch Ammoniaksalze, und zwar um so viel mehr, je seltener das
                              Waschwasser erneuert wird. Dieß ist auch leicht zu begreifen; die ammoniakalischen
                              Bestandtheile des Gases sind sehr flüchtig sowohl an und für sich, als durch den sie
                              mit fortreißenden Strom, und man brauchte in das ammoniakalische Wasser nur einen
                              Strom irgend eines Gases streichen zu lassen, um zu bewirken, daß ein solches Gas
                              bloß in Folge seines Durchgangs Ammoniak enthält. Die Wasserwaschvorrichtungen
                              werden rationell in Form von Wasserfällen und zu dreien an der Zahl angewandt.
                           Bisher wurde weder theoretisch noch praktisch auf die Gegenwart des Ammoniaks oder
                              der Ammoniaksalze im Leuchtgase Gewicht gelegt; man dachte beim Reinigen nur an das
                              Entfernen des Schwefelwasserstoffs. Zieht man Lehrbücher der Chemie oder specielle
                              Abhandlungen über Gasbeleuchtung zu Rathe, so möchte man glauben, daß das Gas ganz
                              frei von diesen Substanzen ist und daß es solche durchaus nicht enthalten könne, und
                              doch braucht man nur ein Stükchen geröthetes Lakmuspapier über einen, versteht sich
                              nicht angezündeten Gasbrenner zu halten, um dasselbe sogleich blau werden zu sehen, wie weit auch der
                              Brenner von der Stelle der Erzeugung entfernt seyn mag; wie oben schon gesagt,
                              enthalten nach meinen Beobachtungen 300 Liter in die Gasometer sich begebenden
                              Gases, im Durchschnitt 1 Liter Ammoniak; diese Quantität ist gewiß zu beachten.
                           Als ich im Jahr 1840 einige Untersuchungen über die Zusammensezung des
                              ammoniakalischen Wassers und das Verfahren, die Ammoniaksalze daraus zu gewinnen,
                              anstellte, fand ich alle obengenannten Substanzen darin und schloß daraus mit
                              Sicherheit, daß dieselben Substanzen nach der gewöhnlichen Condensation noch darin
                              enthalten seyn müßten. Ich untersuchte, oder ließ in mehreren Städten das bei den
                              Brennern ankommende Gas auf Ammoniak untersuchen und die Erfahrung rechtfertigte
                              meinen Schluß.
                           Ich trachtete damals auf Mittel, das Gas vom Ammoniak zu befreien. Es boten sich
                              deren mehrere dar; vor Allem das Waschen des Gases in einer Säure oder angesäuertem
                              Wasser. Folgende Uebelstände aber führte dieß mit sich:
                           1) Waschen oder Passiren in Säure vor dem Kalk. Die Säure würde nur die Base der
                              Ammoniaksalze absorbiren und den Schwefelwasserstoff, die Cyanwasserstoffsäure und
                              Kohlensäure würden in Freiheit gesezt, um sich mit dem Kalk zu verbinden. Das Gas
                              würde bei seinem Uebergehen eine gewisse Quantität Säure mit fortnehmen, welche den
                              Kalk unter reinem Verlust von Säure und Kalk neutralisiren würde, wenn man nicht
                              Wasserwascher nach den Säurewaschern anbrächte; dieß wäre aber Wascher auf Wascher,
                              Vervielfältigung der Apparate und stärkerer Druk. Salzsäure könnte ihrer
                              Flüchtigkeit wegen nicht gebraucht werden; und bei der Schwefelsäure fragt es sich,
                              ob sie nicht eine Einwirkung auf die gekohlten Gase ausüben würde? Endlich bedürfte
                              man, um die Säure zu fassen, bleierner Geräthe, welches Metall durch einen Stoß oder
                              durch den Fall eines schweren Körpers verbogen werden könnte; und die Röhren, müßten
                              sie von Blei oder von Gußeisen seyn? Mir sind keine Bleiröhren von 0,40 oder auch
                              nur 0,30 Meter Durchmesser bekannt.
                           2) Waschen in Säure nach dem Kalk. Die erwähnten Uebel stände in Hinsicht der Gefäße,
                              der Einwirkung der Säure, ihr Mitgerissenwerden von dem Gase, wären dieselben; wenn
                              ferner das Gas nach dem Durchgang durch den Kalk noch Ammoniaksalze ent hielte, wie
                              das schwefelwasserstoffsaure (welches am schwersten absorbirt wird) – und es
                              enthält solches – so fände Absorption der Basen statt und die freie
                              Schwefelwasserstoffsäure ginge in den Gasometer über, so daß das Gas eine sehr merkliche Einwirkung auf
                              das Bleipapier und folglich auch auf die Metalle hätte.
                           Offenbar besser war es, Alles auf einmal durch eine einzige Reaction zu entfernen,
                              sowohl das Ammoniak, als die damit verbundenen Säuren; ich dachte damals an die
                              Anwendung neutraler Metalllösungen. Alle, oder doch beinahe alle löslichen Salze der
                              vier lezten Abtheilungen der Metalle können hiezu gebraucht werden. Da man sich aber
                              an die wohlfeilsten halten muß, so sind das salzsaure Mangan oder Eisen, oder deren
                              schwefelsaure Salze die vortheilhaftesten. Bekanntlich sind das schwefelsaure und
                              das salzsaure Mangan Rükstände der Chlorbereitung, womit die Fabrikanten nichts
                              anzufangen wissen und die sie daher nicht selten in das fließende Wasser auslaufen
                              lassen. Auch Alaunschiefer-Gruben, womit schwefelsaures Eisen gewonnen werden
                              kann, gibt es in Menge.
                           Läßt man das Gas vor Anwendung des Kalks in eine Metalllösung streichen, so erfolgt
                              doppelte Zersezung zwischen dem Metallsalze und den Ammoniaksalzen; Bildung von
                              Schwefelverbindung, kohlensaurem Salz und Cyanverbindung, welche niederfallen; dann
                              schwefelsaurem und salzsaurem Ammoniak, welche in der Flüssigkeit aufgelöst bleiben.
                              Da das schwefelwasserstoffsaure Ammoniak im Gas ein Polysulfurid ist, so kann die
                              Eisen- oder Manganlösung das Gas nicht von aller Schwefelwasserstoffsäure
                              befreien. Schwefelsaures Kupfer und essigsaures Blei böten wohl den Vortheil, dem
                              Gas alles Ammoniak und alle Schwefelwasserstoffsäure zu entziehen; doch durfte ich
                              wegen ihres Preises, bisher wenigstens, auf ihre Anwendung noch nicht denken.
                           Ich gedachte die Waschwasser des Alaunschiefers anzuwenden, kam aber wegen der sich
                              darbietenden Uebelstände wieder davon zurük. Beim Durchströmen des Gases bildet sich
                              nämlich Alaun, welcher sich in dem schlammigen Bodensaz von Schwefelmetallen und
                              kohlensauren Metallen in Krystallen absezt, und man müßte erst den ganzen
                              Niederschlag wieder auswaschen, um den Alaun zu gewinnen; ferner vermehrt diese
                              Bildung von Alaun noch den Niederschlag, was nicht gut ist.
                           In der Regel sind drei Gaswaschungen zur vollkommnen Absorption der ammoniakalischen
                              Producte erforderlich; man bedarf daher dreier Wascher von Gußeisen oder Eisenblech,
                              in Wasserfallform (en cascade) eingerichtet, wenn die
                              Waschung methodisch vor sich gehen soll. Ein Druk von 2 bis 3 Centimetern für den
                              Wascher genügt, um eine vollständige Absorption des Ammoniaks zu erreichen, indem
                              das Gas in Blasen von 3 bis 4 Centimetern vertheilt wird, so daß das Verfahren im
                              Ganzen zu seiner Anwendung nicht mehr als eines Drukes von 6 bis 7 Centimetern bedarf. Es war
                              sicherlich ein Fehler, daß man bei den Kalkmilch-Reinigern oder den
                              Wasserwaschern das Gas eine Säule von 15 Centimetern überwinden ließ. Je größer der
                              Druk ist, desto dichter und comprimirter ist die Gasblase; es ist daher nur ihre
                              Peripherie der Flüssigkeit ausgesezt, und da die Blase an Durchmesser zunimmt, je
                              höher sie in der Flüssigkeit steigt, so ist es für die Waschung eben so gut und
                              hinsichtlich des Druks weit besser, diese Blase nur 2 Centimeter unter dem
                              Wasserspiegel mit dem Durchmesser, welchen sie in dieser Entfernung von selbst
                              annähme, eintreten zu lassen.
                           Die Wascher müssen cylindrisch, mit Röhren und Messern versehen seyn, welche, von
                              Zeit zu Zeit in Bewegung gesezt, den durch die Zersezung des Metallsalzes
                              entstehenden Niederschlag in Suspension erhalten. Namentlich zur Zeit der Ausräumung
                              muß recht gerührt werden, indem das Aufhäufen des Niederschlags die Verstopfung der
                              Röhren und Hähne herbeiführen würde. Jeder Wascher ist mit einem Ablaufheber
                              versehen, damit der Druk nie zu groß werden kann.
                           Der erste Wascher, worin das Gas anlangt, ist etwas unterhalb des Niveau's der
                              Flüssigkeit mit einem Hahn versehen, damit man etwas von der Lösung herausnehmen
                              kann, um zu sehen, wann sie erneuert werden muß.
                           Die Manganlösungen aus den Chlorfabriken sind sehr sauer; das schwefelsaure Eisen
                              auch etwas; sie müssen wenigstens sehr nahe neutralisirt werden, sonst wäre man am
                              Anfange ihrer Anwendung eben so daran wie mit den Säuren. Diese Neutralisation
                              bewerkstelligt man in den Gasanstalten sehr leicht mittelst des ammoniakalischen
                              Wassers.
                           Wenn das Ammoniak von Salzlösungen absorbirt wird, so condensiren sich auch
                              Naphthalin, Kreosot und brenzliche Producte in großer Menge. Diese Substanzen
                              schwimmen entweder auf der Flüssigkeit oder werden von dem Niederschlag mit
                              niedergerissen und sind reichlich genug vorhanden, um ihre Gewinnung zu lohnen, wenn
                              man sie nur benüzen könnte. Es ist nöthig, daß das Gas eine gewisse Verdichtung
                              schon erreicht hat, ehe es in den Waschern anlangt; wäre es zu warm, so würde es die
                              Verdampfung eines guten Theils der Flüssigkeit veranlassen, ja sie sogar zum Sieden
                              bringen, was nicht seyn soll.
                           Mein Verfahren, für welches ich ein Patent besize, ist zu St. Quentin eingeführt,
                              seitdem die Gasanstalt dieser Stadt im Gang ist, d.h. seit dem 1. März 1841, und ich
                              fand im Unternehmer, Hrn. Semet, einen thätigen Mitwirker
                              zu den dabei erforderlichen Versuchen. Auch in der Anstalt zu Roubaix, die bedeutender und älter
                              ist, als die zu St. Quentin, ist es seit Ende März 1842 eingeführt. In beiden ist es
                              seitdem ununterbrochen in Gang. Die zu Roubai in 24 Stunden destillirte Quantität
                              Steinkohlen beträgt 120 Hektoliter. Ich citire diese Ziffern, um zu zeigen, daß das
                              Verfahren nicht nur in einem Laboratorium oder in einer kleinen Anstalt probirt
                              worden, sondern im Großen wohl ausführbar ist und ausgeführt wird. Für größere
                              Anstalten brauchen nur die Dimensionen der Apparate geändert zu werden, das Uebrige
                              bleibt dasselbe.
                           Wir kommen jezt zu den Resultaten dieser neuen Reinigung. Erstens sind in diesem Gas
                              ganz und gar keine ammoniakalischen Producte; die Schwefelwasserstoffsäure, welche
                              an den Kalk in geringerer Quantität und in ganz freiem Zustande gelangt, wird
                              leichter absorbirt; und im Vergleich mit Anstalten, welche ihr Gas nicht waschen,
                              wird wenigstens ein Drittheil des Kalks erspart.Mit einem Hektoliter gutem gebranntem Kalk, der öfter angewandt wird, kann
                                    man wenigstens 2000 Hektol. Gas reinigen. Der Geruch, welchen das Gas, wo es auskömmt, von sich gibt, ist zwar noch
                              merklich, aber doch sehr verschieden von dem wohlbekannten unausstehlichen
                              Gasgeruch, was durch das Nichtvorhandenseyn von Ammoniak, Schwefelwasserstoff und
                              die Verminderung des Naphthalins und Kreosots zu erklären ist. Bei der Verbrennung
                              des Gases ist keine Erzeugung von Salpetersäure mehr möglich, auch nicht von
                              schwefliger Säur; das Rauchen ist bei weitem nicht mehr so leicht möglich, ja ganz
                              zu vermeiden, wenn die Consumenten ihre Flamme nicht übermäßig hoch machen, was
                              übrigens auch die Leuchtkraft beeinträchtigt.
                           Das Cisternenwasser ist nicht so ammoniakalisch und die Einsikerungen desselben in
                              die Brunnen sind daher weniger zu fürchten. Die Kalkreiniger geben beim Erneuern
                              nicht mehr den Geruch des schwefelwasserstoffsauren Ammoniaks von sich, welcher die
                              sich damit abgebenden Arbeiter und sogar die Nachbarschaft sehr belästigt. Dieses
                              Verschwinden des Geruchs ist für die Gasanstalten von sehr großem Nuzen, denn dieß
                              ist ihr einziges ungesundes Geschäft; endlich keine Gefahr der Verstopfung der
                              Gasleitungen mehr, weder durch die Krystallisation ammoniakalischer Salze, noch
                              durch das Naphthalin.
                           Die guten Resultate meines Reinigungs-Verfahrens wurden schon in einem der
                              Akademie (am 16. Aug. 1841) von Hrn. Dumas im Namen einer
                              aus den HHrn. Pelouze und Boussingault
                              und ihm selbst
                              bestehenden Commission erstatteten Bericht mitgetheilt.Hr. Dumas erklärt nach seinem Augenschein in St.
                                    Quentin: „das Gas gelangt an die Brenner ganz frei von
                                       Schwefelwasserstoff und Ammoniak und hat nur mehr den durch die
                                       Destillation entwikelten Geruch der empyreumatischen Oehle.“
                                    
                              
                           Als eine zwar indirecte aber vortheilhafte Folge des Verfahrens erinnere ich hier an
                              die Verwendung der Rükstände der Chlorkalkfabriken und eine Vereinfachung in der
                              Fabrication der Ammoniaksalze.
                           Der einzige Einwurf, welcher meinem Verfahren gemacht werden könnte, ist, daß durch
                              dasselbe der Druk auf die Retorten erhöht wird. Aber der durch meine Waschapparate
                              hinzukommende Druk ist nicht stark, da er nicht mehr als 6 bis 7 Centimeter betragen
                              kann.Bei einem in der neuesten Zeit gemachten Versuch mit meinem Verfahren in der
                                    Gasanstalt der HHrn. Payn und Sohn zu Belleville
                                    wurde das Gas bei einem Totaldruk von 15 Centimetern auf die Retorten (und
                                    zwar ohne daß Gas verloren gegangen oder ausgekommen wäre) sehr gut
                                    gereinigt. Die Erhöhung des bisherigen Druks ist also nicht so groß, daß bei der
                              Destillation ein beträchtlicher Gasverlust stattfände. In gewissen Anstalten, von
                              welchen ich die zu Marseille, Bordeaux, Gand und Lille anführe, arbeitet man bei
                              einem Druk von 50 bis 60 Centim.; hätte dieß unangenehme Folgen, so würde man
                              wahrscheinlich dabei nicht verbleiben. Mein Verfahren aber erhöht den Totaldruk
                              nicht auf 50, sondern höchstens nur auf 25 Centimeter. Es frägt sich übrigens, ob
                              nicht ein geeignetes mechanisches Mittel erfunden werden könnte, um allen Druk auf
                              die Retorten zu beseitigenDie Gasanstalt zu Versailles arbeitet gegenwärtig ohne Druk auf die
                                    Retorten., indem man das Gas dessen ungeachtet einen ziemlich starken Druk in den
                              Reinigern zu überwinden zwingt? Nach allem dem aber, und sogar wenn man einen
                              äußerst kleinen Gasverlust durch gehöriges Waschen in drei Kufen nacheinander
                              annimmt, glaube ich, daß wenn es einmal anerkannt das einzige Mittel ist, vollkommen
                              reines Gas zu erhalten, die Leuchtgas-Fabrikanten sich dieß gefallen lassen
                              müssen, denn die Klagen in Betreff der Reinheit des Gases sind nur zu gegründet. Ich
                              glaube sogar, daß es im wohlverstandenen Interesse der
                              Beleuchtungs-Compagnien liegt, Gas zu liefern, welches die Abonnenten
                              befriedigt. In Paris haben viele Goldarbeiter, Modewaaren- und
                              Galanteriewaaren-Händler, Restaurateurs und Limonadiers die Beleuchtung mit
                              Gas aufgegeben, weil sie ihnen Schaden brachte. In St. Quentin hingegen werden die
                              Werkstätten der Appreteurs, in welchen an jenen Mode- und
                              Möbel-Artikeln, deren Frische, Glanz und Leichtigkeit beinahe ihren ganzen
                              Werth ausmachen, die
                              lezte Hand angelegt wird, mit Gas beleuchtet und die Besizer sind sehr zufrieden
                              damit. Die in der industriellen Welt wohlbekannten HHrn. Tausin und Macculloch haben sich mit völliger
                              Zufriedenheit darüber ausgesprochen. Es ist noch zu bemerken, daß für diese
                              Appreteurs der Winter die Hauptarbeitszeit ist.Einen Auszug aus dieser Abhandlung haben wir bereits im polytechnischen
                                    Journal Bd. LXXXII. S. 342
                                    mitgetheilt.A. d. R.