| Titel: | Ueber Signale auf Eisenbahnen; vom Rath Beil in Frankfurt a. M. | 
| Autor: | Hofrat Johann Adam Beil [GND] | 
| Fundstelle: | Band 86, Jahrgang 1842, Nr. XXI., S. 82 | 
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                        XXI.
                        Ueber Signale auf Eisenbahnen; vom Rath Beil in Frankfurt a. M.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              IV.
                        Beil, über Glokensignal auf Eisenbahnen.
                        
                     
                        
                           In mehreren über das Eisenbahnwesen veröffentlichten Ansichten und Nachweisungen
                              haben wir die Mangelhaftigkeit des auf den meisten Bahnen eingeführten Signalsystems
                              berührt und den Wunsch ausgesprochen, daß recht bald eine entsprechendere
                              Einrichtung gefunden werden möge. Wir haben diese Ansichten darauf gegründet, daß
                              die auf vielen Bahnen in Anwendung gebrachten Signale, nämlich hohe Stangen mit
                              beweglichen Armen, farbige Ballons, mehrfarbige Laternen etc den beabsichtigten Zwek
                              nicht erreichen, indem Nebel, Dunkelheit, starkes Regenwetter und Schneegestöber
                              solche nuzlos machen, auch an und für sich wegen leichter Irrung der zu gebenden
                              Zeichen für die Sicherheit des Bahnverkehrs sehr nachtheilig seyn können. Bei einer
                              Angelegenheit wie das Eisenbahnwesen, wo, namentlich in Deutschland, noch gar kein
                              bestimmtes System über Anlage und Betrieb vorliegt, wo jeder Techniker in seinem
                              selbstgeschaffenen System den Stein der Weisen zu finden geglaubt hat und jede
                              Bahnadministration für sich anordnet, was sie für eigene Oertlichkeit am besten
                              hält, muß man die Erfahrungen mehrerer Jahre abwarten, um einen richtigen Maaßstab
                              zu finden, die Erfordernisse dieser so wichtigen Angelegenheit entsprechend zu
                              bemessen.
                           Wir gehören nicht zu denen, welche darin einen wesentlichen Vortheil für den
                              Eisenbahnbetrieb finden, mehrfache Zeichen und umständliche Anordnungen eingeführt
                              zu haben, etwaige Vorfallenheiten und Bedürfnisse auf der Bahn mittelst complicirter
                              Signale oder sonstiger Andeutungen durch die Bahnwärter an die Hauptstationen
                              bekannt zu machen; wir gehören vielmehr zu denen, welche den durch Erfahrung
                              erprobten Grundsaz angenommen haben, bei allen außergewöhnlichen
                              Geschäftseinrichtungen – wo Leute von der untersten Volksclasse benuzt werden
                              müssen – so wenig als nur möglich Signal- resp. Telegrapheinrichtungen
                              dabei anzuwenden, wo es aber zum Besten des Dienstes nothwendig erscheint, solche
                              alsdann so einfach als thunlich, so klar und bestimmt wie nur möglich zu geben.
                           Weit entfernt, die auf den nordischen Bahnen mit nicht unbedeutenden Kosten, und, wie es scheint, mit
                              vieler Aufmerksamkeit ausgeführten Signal-, resp. Telegrapheinrichtungen als
                              ganz unbrauchbar zu bezeichnen, zumal solche bei hellem Wetter und sorglicher
                              Ueberwachung theilweise ihren Zwek erfüllen, können wir aber dessen ungeachtet
                              dieselben nicht gut heißen und einer Nachahmung werth
                              halten, indem sie gerade im Winter – einer Jahreszeit, wo ihre
                              Dienstleistungen am nothwendigsten sind – sich als unzulänglich erweisen, und
                              wie die Erfahrung mehrfach bewiesen hat, sehr leicht Anlaß zu bedauerlichen Folgen
                              geben können.
                           Es ist eine bekannte Thatsache, daß es leichter ist zu tadeln, als besser zu machen,
                              so wie überhaupt die jezige Zeit reicher ist an oberflächlichen Urtheilen und
                              schonungslosen Beschuldigungen, als an Vorschlägen und Verbesserungen, welche sich
                              auf gründliches Nachdenken und wahrhaft guten Willen zur Sache begründen. Dieser
                              Vorwurf soll die Beleuchtung vorliegender Angelegenheit nicht treffen, indem wir dem
                              von uns ausgesprochenen Mangel an Vertrauen zu den bisherigen Signaleinrichtungen
                              auf Eisenbahnen einen unmaaßgeblichen Vorschlag gegenüberstellen, welcher bereits
                              eine praktische Anwendung und Ausführung erhalten hat, und es Jedem überlassen, an
                              Ort und Stelle ihn in allen seinen Einzelheiten zu untersuchen und sich von dessen
                              Werth oder Unwerth zu überzeugen.
                           Uebergehend nunmehr zur Hauptsache, wollen wir vor Erläuterung des Neueren die
                              älteren Signaleinrichtungen berühren und in zwei Abtheilungen näher bezeichnen.
                           In die erstere gehören die Signalscheiben an den Excentricis für den Dienst der
                              Locomotive, so wie die Signale, welche die Bahnwärter den Locomotivführern am Tage
                              mit Fahnen, bei Nacht mit mehrfarbigen Signallaternen zu geben und anzudeuten haben,
                              ob Umstände es erfordern, langsam zu fahren oder stille zu halten.
                           In die zweite Abtheilung kommen die sogenannten Bahntelegraphen, mittelst welcher
                              Störungen in dem Bahnbetrieb, Unfälle an Locomotiven und Wagen, den Hauptstationen
                              angezeigt und geeignete Hülfe verlangt werden.
                           Was die ersteren, namentlich die beweglichen Scheiben an den Excentricis betrifft, so
                              ist nichts dagegen zu bemerken, indem solche bei gehöriger Ueberwachung vollkommen
                              ihren Zwek erreichen, auch keinen Unfall befürchten lassen, wenn die
                              Bahnadministration für den Dienst bei den Excentricis nur ganz verlässige Männer
                              anstellt und mit keinen sonstigen Verrichtungen beauftragt. Lassen die Signale,
                              welche die Bahnwärter wegen des Stillhaltens oder Langsamfahrens den
                              Locomotivführern zu geben haben, noch Manches zu wünschen übrig, so sind sie
                              deßwegen nicht verwerflich, indem dieselben bei richtiger Dienstführung bis jezt ihren Zwek in der
                              Hauptsache erreicht haben. Anders verhält es sich aber mit den Einrichtungen, welche
                              wir in die zweite Abtheilung gebracht und in ihren dienstlichen Verrichtungen näher
                              bezeichnet haben.
                           Wie schon bemerkt, bestehen solche in hohen Stangen, woran sich oben bewegliche Arme
                              befinden, welche mittelst eines Zuges so geleitet und gestellt werden können, als es
                              zur Formirung des Zeichens bedarf, welches für den vorgekommenen Fall vorgeschrieben
                              ist. An diesen Stangen befinden sich auch Ballons und Laternen, welche leztere bei
                              Nacht durch Anbringung verschiedener Glasfarben Ereignisse bezeichnen und
                              Bedürfnisse kund geben. Damit die Bahnwärter, welche die Zeichen empfangen und
                              weiter zu geben haben, mit denselben vertraut werden, so hat jeder derselben ein
                              Signalbuch bei sich, worin die sogenannten Signal- oder
                              Telegrapheinrichtungen genau abgebildet und alle zu gebenden Zeichen mit möglichst
                              genauer Beschreibung erläutert sind. Alle diese Einrichtungen und Vorschriften
                              werden aber – wie bereits schon angeführt worden ist – ganz nuzlos,
                              wenn Nebel, Schneegestöber oder sonstiges Unwetter eintritt, wo alsdann für die Bahn
                              die unangenehme Lage entsteht, Vorfallenheiten nur auf ganz gewöhnliche Weise den
                              entfernteren Stationen bekannt machen zu können. Sind diese Mißstände von den
                              meisten Bahnadministrationen zwar längstens erkannt, auch vielfache Versuche gemacht
                              worden, die bisherigen Einrichtungen durch bessere zu ersezen (namentlich durch
                              elektromagnetische Kraft oder Schallröhren), so entsprachen aber solche bei
                              genauerer Prüfung nicht den gehegten Erwartungen oder bewiesen sich als
                              unausführbar. Mehrere Bahnadministrationen unterließen es daher, die berührten
                              Hauptsignale einzuführen, zogen es vielmehr vor, etwaige Störungen in dem
                              Bahnbetrieb auf andere möglichst schnelle Weise den entfernteren Stationen bekannt
                              zu machen, hoffend, daß Zeit und weiter zu machende Versuche ein günstigeres
                              Resultat erzeugen würden.
                           Von dieser Ansicht geleitet, entstand der auf der Taunus-Eisenbahn angewandte
                              Versuch eines Hauptsignals mittelst Gloken, welches vor dem verflossenen Winter
                              angebracht, im Laufe des Frühjahrs verbessert, und nun mit den gemachten Erfahrungen
                              auf die Bahnstreke von Frankfurt nach Höchst – zwei Wegstunden –
                              vollständig ausgeführt ist und in seinen Verrichtungen den Erwartungen entspricht
                              und den beabsichtigten Zwek vollkommen erreicht.
                           Wir sind weit entfernt, dieses neue Glokensignal als etwas Vollkommenes zu bezeichnen
                              und für jede Bahnanlage entsprechend zu halten, glauben aber, nach den gemachten
                              Wahrnehmungen, solches zwekmäßig benennen zu dürfen, zumal es Männern vom Fach Vielleicht Veranlassung
                              geben wird, nach gemachter gründlicher Prüfung weitere Verbesserungen anzugeben, die
                              um so leichter zulässig sind, als dieses Glokensignal in seiner ganzen Ausführung so
                              einfach und klar ist, daß Vermehrung oder Abänderung einzelner Theile nicht
                              schwierig sind.
                           Uebergehend zur Bezeichnung dieses Glokensignals – welches nach unserer Angabe
                              von einem sehr tüchtigen Techniker, Hrn. J. Einbigler
                              dahier, ausgeführt wurde – so besteht dasselbe, wie die folgenden Details
                              näher ergeben, in kleinen Gloken, welche auf der einen Seite der Bahn angebracht,
                              1000 bis 1200 Meter von einander entfernt und mittelst Drahtzügen von Messing
                              verbunden sind. Die Drahtzüge laufen in Trägern, welche an der inneren Seite der
                              Schienen ihre Befestigung haben und werden mittelst Tretwinkel auf die einfachste
                              Weise in Bewegung gesezt. Da in der Regel die Bahnwärter in der oben angegebenen
                              Entfernung ihre Station haben, so ist es räthlich, vor deren Aufenthaltshäusern
                              diese Gloken und dazu gehörigen Tretwinkel anbringen zu lassen. An jedem dieser
                              Endpunkte befinden sich zwei durch einen Raum von circa
                              22 Schuh getrennte Gloken, deren Drahtzüge in entgegengesezter Richtung laufen und
                              mittelst welcher nach allen Stationen der Bahn Signale gegeben werden können.
                           Soll ein Zeichen gegeben werden, so tritt der Beamte auf den betreffenden Tretwinkel,
                              worauf auf der nächsten Station sich dasselbe kund gibt und dorten ohne Einwirkung
                              irgend einer Witterung auf die nämliche einfache und schnellste Weise weiter
                              befördert wird. In wenig Signalen liegt die Sicherheit des Dienstes auf Eisenbahnen,
                              daher jede Bahnadministration genau zu prüfen hat, was sie signalisiren lassen will
                              und auf welche Weise diese Zeichen gegeben werden sollen. Wir dürfen nicht unbemerkt
                              lassen, daß hinsichtlich der zwekdienlichsten Befestigung der Drahtträger, Wahl des
                              Materials, Einwirkungen der Temperatur auf die Drähte, Wirkungen während des Winters
                              etc. mehrfache Versuche, Abänderungen und Beobachtungen angestellt worden und daraus
                              die Ausführungen entstanden sind, wie solche bezeichnet wurden und sich praktisch
                              erwiesen haben.
                           Es wird uns daher stets eine sehr angenehme Pflicht seyn, alle weiter gewünscht
                              werdenden Details so ausführlich als möglich zu ertheilen, und eben so dankend
                              werden wir erkennen, wenn über etwaige Mängel oder Vorschläge zu Verbesserungen uns
                              Mittheilungen zukommen sollten.
                           
                        
                           
                           Beschreibung der
                                 Abbildungen.
                           Fig. A ist die Seitenansicht eines
                              Glokensignals.
                           1, rechts wirkende Gloken; 2, Armwelle zu den rechts wirkenden Gloken; 3, Tretwinkel
                              zu den links wirkenden Gloken; 4, Tretwinkel zu den rechts wirkenden Gloken; 5,
                              links wirkende Gloken; 6, Armwelle zu den links wirkenden Gloken; 7, die
                              Drahtträger.
                           Fig. B ist der Grundriß einer Gloke mit
                              Zugwerk.
                           1, rechts wirkende Gloke mit Gestell; 2, Armwelle zu dieser Gloke; 3, Zugfeder,
                              welche mit dem Draht in Verbindung steht; 4, Pfahl, an welchem die Zugfeder, resp.
                              der Draht befestigt ist; 5, links wirkender Tretwinkel zur nächsten Gloke.
                           Fig. C zeigt die unter der Schiene durchgehende
                              Armwelle mit Zugehör.
                           1, die Armwelle; 2 und 3, Seitenansicht der Arme dieser Armwelle; 4, Vorderansicht
                              des Arms 3; 5, Flächenansicht des Stelleisens zu dem Arm 3, resp. 4; 6,
                              Seitenansicht dieses Stelleisens; 7 und 8, Vorder- und Kehransicht des
                              Zapfenlagers zur Armwelle; 9, Seitenansicht dieses Zapfenlagers und 10, Grundriß
                              desselben.
                           Fig. D zeigt den Tretwinkel mit Gestell.
                           1, Vorderansicht; 2, Seitenansicht; 3, Grundriß eines Tretwinkels.
                           Fig. E zeigt das Glokengestell.
                           1, Vorderansicht eines Gestells mit Gloke; 2, Hebel an der Glokenwelle; 3,
                              Flächen- und Seitenansicht des Stelleisens zum Hebel 2; 4, Seitenansicht der
                              Befestigung der Gloke an die Glokenwelle; 5, Seitenansicht eines Glokengestells.
                           Fig. F zeigt den Drahtträger.
                           1, Seitenansicht eines Drahtträgers; 2, Ansicht desselben von Oben; 3, Vorderansicht
                              desselben; 4, Durchschnitt einer Schiene und Seitenansicht eines an dieselbe
                              befestigten Drahtträgers.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
