| Titel: | Ueber den Zukergehalt des Mais (türkischen Korns); von Biot und Soubeiran. | 
| Fundstelle: | Band 86, Jahrgang 1842, Nr. XLIII., S. 213 | 
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                        XLIII.
                        Ueber den Zukergehalt des Mais
                           (tuͤrkischen Korns); von Biot und Soubeiran.
                        Aus dem Moniteur industriel 15. Sept.
                              1842.
                        Biot und Soubeiran, über den Zukergehalt des Mais.
                        
                     
                        
                           In einer im Jahr 1834 der französischen Akademie der Wissenschaften eingesandten
                              Abhandlung kündigte Hr. Pallas an, daß er aus dem Mais
                              einen dem Rohrzuker völlig gleichen Zuker gewinne; er behauptete, daß dieser Zuker
                              zur Blüthezeit des Mais auftrete, daß seine Quantität, wenn der Samen sich zu zeigen
                              anfängt, sich auf ein Procent und bei der völligen Reife auf zwei Procente belaufe.
                              Er sprach dabei die Hoffnung aus, daß dieses leicht zu gewinnende Product großen
                              Vortheil gewähren könne. – Ueber diesen Gegenstand wurde damals von Hrn. Robiquet Bericht erstattet, welcher die Identität des
                              Rohr- und Maiszukers bestätigte, in Ermangelung aller positiven Auskunft aber
                              sich über die andern Punkte der Abhandlung jedes Urtheils enthielt; nur sezte er ihr
                              die durchaus widersprechenden Behauptungen des Prof. Burger entgegen, welcher meinte, daß die Quantität des Zukers unmittelbar
                              nach der Blüthe ihr
                              Maximum erreiche und nach der Ausbildung des Samens bedeutend abnehme. Leztere
                              Behauptung stimmt übrigens mit den Gesezen der Pflanzen-Physiologie
                              überein.Man vergleiche auch die landwirthschaftliche Statistik der nordamerikanischen
                                    Staaten im polytechn. Journal Bd. LXXXIV.
                                       S. 298.
                              
                           Später, im Jahr 1839, lieferte Hr. Pallas wieder eine
                              Abhandlung, in welcher er vergleichende Versuche mit Maisstengeln beschreibt, wovon
                              er einen Theil der im Entstehen begriffenen Aehren beraubte, die andern aber
                              unberührt fortwachsen ließ. Aus diesen Versuchen schien ihm hervorzugehen, daß diese
                              Castration das Ergebniß an Zuker bedeutend vermehre. Die Berichterstatter Boussingault und Biot fanden
                              aber diese Versuche nicht genau genug angestellt, um ihre Resultate als entscheidend
                              betrachten zu können. Biot stellte nun kürzlich in
                              Gesellschaft mit Soubeiran Versuche nach der bekannten
                              von ihm entdekten optischen Methode an.Polytechnisches Journal Bd. LXXXV. S.
                                       271. Auch sie fanden den Maiszuker identisch mit dem Rohrzuker, jedoch mit etwas
                              Stärkezuker vermischt.
                           Ihre quantitative Untersuchungen gaben folgende Resultate: Der Saft des castrirten
                              Mais (er war im botanischen Garten zu Paris gebaut) enthält im Liter 10,66 Gramme
                              Rohrzukers. Der Saft des nicht castrirten enthält im Liter 11,79 Gramme, wonach also
                              das Castriren eher schädlich als nüzlich wäre. – Hr. Biot schließt mit folgenden Worten:
                           
                              „Wir möchten die Industrie nicht vorschnell auffordern, neue Wege
                                 einzuschlagen, dürfen dieselbe aber auch nicht durch eine übertriebene
                                 Aengstlichkeit davon abwenden. Wenn der Mais mit Erfolg auf den in seinen
                                 Stengeln enthaltenen Zuker verarbeitet werden könnte, so hätte er in der
                                 Landwirthschaft sehr große Vorzüge vor der Runkelrübe. Diese nämlich nimmt den
                                 Boden während der ganzen schönen Jahreszeit ein und ihre Ernte fällt zu nahe mit
                                 der Wintersaat zusammen, als daß man mit Vortheil Getreide darauf folgen lassen
                                 könnte, nicht nur wegen der zu ihrem Transport nöthigen Fuhren, sondern auch
                                 wegen der wenigen Zeit, welche sie zur Bearbeitung des Bodens, damit er eine
                                 neue Saat aufnehme, übrig läßt; auch wird sie. gegenwärtig im Großen meistens
                                 nur auf ihr ausschließlich gewidmetem Boden angebaut. Der Mais hingegen macht in
                                 ein paar Monaten alle Phasen seiner Vegetation durch; seine Ernte läßt zur
                                 Vorbereitung der Wintersaat noch genug Zeit übrig, und zwar noch mehr, wenn er
                                 des Zukers wegen gebaut wird, weil er dann lange vor der Reife der Samen
                                 ausgezogen werden müßte. Es scheint uns nicht erwiesen, daß zu diesem Zweke das Hinwegnehmen der
                                 weiblichen Blüthen unerläßlich oder auch nur nüzlich ist, denn abgesehen von der
                                 großen Arbeit, welche dieß beim Anbau im Großen machen würde, schienen uns die
                                 durch die Castration gemachten Wunden der Entwikelung der Pflanze offenbar zu
                                 schaden. Andererseits steht die Consumtion von Zuker durch die Aehre im
                                 Verhältniß mit der Entwikelung der Samenkörner, so daß wenn der Stengel kurz
                                 nach ihrer Bildung abgeschnitten würde, ohne daß ihnen Zeit bliebe, größer zu
                                 werden, man durch die Ernährung der Körner vielleicht weniger Zuker verlöre, als
                                 durch Erhaltung der vollen Kraft der Pflanze gewonnen würde, und auf diese Weise
                                 eine schwierige und kostspielige Arbeit ersparte.“