| Titel: | Untersuchungen über die Salpetersäure; von E. Millon. | 
| Fundstelle: | Band 87, Jahrgang 1843, Nr. XVI., S. 62 | 
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                        XVI.
                        Untersuchungen uͤber die
                           								Salpetersaͤure; von E.
                              									Millon.
                        Auszug aus den Comptes
                                 									rendus, 1es
                              										semestr. 1842, Nr. 24.
                        Millon's Untersuchungen uͤber die
                           								Salpetersaͤure.
                        
                     
                        
                           Die gewöhnliche Reinigung der Salpetersäure besteht hauptsächlich in ihrer Befreiung
                              									von Salz- und Schwefelsäure, die befolgten Methoden bewirken aber nicht die
                              									Entfernung der salpetrigen Säure. Diese Säure ist jedoch darin enthalten, sogar wenn
                              									die Salpetersäure sehr verdünnt und ganz farblos ist. Um den Einfluß dieses Antheils
                              									salpetriger Säure zu zeigen, bemerke ich nur, daß eine Spur davon in der
                              									verdünntesten Säure hinreicht, um das Jod der Jodmetalle, und den Schwefel der
                              									Einfachschwefelverbindungen zu fällen, um Eisenoxydulsalze braun, und
                              									Ferrocyankalium grün zu färben, während dieselbe Säure, wenn sie ganz rein ist, die
                              									Einfachschwefelverbindungen zersezt ohne sie zu trüben, das Jod aus seinen
                              									Verbindungen mit den Alkalimetallen nicht abscheidet, und weder Eisenoxydulsalze,
                              									noch Blutlaugensalz färbt.
                           Die Salpetersäure mit 1 Aequivalent Wasser läßt sich nicht ohne Zersezung
                              									destilliren; es scheint mir daher schwer glaublich, daß man sie nach den bisherigen
                              									Bereitungsarten rein erhalten habe. Sie lieferten mir immer eine an salpetriger
                              									Säure reiche Salpetersäure von Verschiedenem Wassergehalt, ich mußte daher zu neuen
                              									Mitteln meine Zuflucht nehmen, um sie darzustellen. Sie ist vollkommen weiß und
                              									färbt sich nur in dem Licht bei einer Temperatur von 30 bis 40°.
                           Ich habe die größte Sorgfalt darauf verwendet, alle Hydrate zu bestimmen, welche die
                              									Destillation liefern konnte, und das Bedauern, so wenige Angaben darüber bei den
                              									Schriftstellern, welche sich mit diesem Gegenstande beschäftigt haben, zu finden,
                              									veranlaßt mich, mit der größten Sorgfalt die geringsten Umstände meiner Arbeit zu
                              									beschreiben; auch beruhen die Hauptresultate, welche ich erhalten habe, auf der
                              									genauen Bestimmung dieser Hydrate.
                           Es gelang mir, unabhängig von der Säure mit 1 Aequivalent Wasser, die Säuren mit 2,
                              									mit 4 und 4 1/2 Aequivalenten Wasser zu erhalten.
                           Es war mir unmöglich, mit Hülfe der Destillation die Säure mit noch anderem
                              									Wassergehalt hervorzubringen.
                           Im Verlauf der Untersuchungen, die ich hier kurz anführe, hatte ich Gelegenheit zu
                              									beobachten, daß ganz reine verdünnte Salpetersäure das Kupfer und einige andere
                              									Metalle, wie Wismuth und Queksilber, nicht angreift. Diese Thatsache war neu. Man
                              									wußte wohl, daß die Salpetersäure in einem hohen Grade der Concentration einige
                              									Metalle, wie das Eisen und Zinn, nicht angreift, aber dieselbe Säure wurde in
                              									verdünntem Zustande als eines ihrer kräftigsten Oxydationsmittel betrachtet; dieß
                              									ist jedoch weit entfernt, der Fall zu seyn; wenn man für die Wirkung der
                              									Salpetersäure auf die Metalle eine allgemeine Regel aufstellen könnte, so wäre es
                              									die, daß sie keines angreift, mit Ausnahme der Alkalimetalle.
                           Man sieht wohl, daß diese Behauptungen des Beweises bedürfen; ich beginne mit der
                              									Darlegung der Thatsachen, die ich in Betreff des Kupfers beobachten konnte.
                           Eine Säure von 1,070 specifischem Gewicht greift das Kupfer bei 20° nicht an,
                              									eine concentrirtere Säure greift es hingegen mit Heftigkeit an. Läßt man aber auf
                              									das mit Salpetersäure bedekte und davon nicht angegriffene Kupfer einen Strom
                              									Stikstoffoxyd streichen, oder noch besser, wenn man einige Tropfen einer Auflösung
                              									von salpetrigsaurem Kali hinzufügt, so fängt das Kupfer an sich aufzulösen, und dieß
                              									dauert mehrere Stunden fort, wenn Metall und Säure in hinreichender Menge vorhanden
                              									sind. Wenn die Einwirkung langsamer wird oder ganz aufhört, was nach einigen Stunden
                              									der Fall ist, so kann man sie durch wiederholte Hinzufügung von salpetrigsaurem Kali
                              									wieder lebhafter machen; man sezt je nach der Auflösung, welche man bezwekt, eine
                              									größere oder geringere Menge dieses Salzes hinzu.
                           
                           Ich habe versucht, ob ein durch die Säure gehender Gasstrom dieselbe Einwirkung
                              									hervorrufen konnte; ich bediente mich jedoch vergeblich eines Stromes von
                              									kohlensaurem Gas, von Wasserstoff, Sauerstoff und Stikstoffoxydul. Ich zersezte
                              									sogar im kohlensauren Gas Chlorkalk und Schwefelkalium; die Kohlensäure, das Chlor
                              									und der Schwefelwasserstoff entwichen, ohne eine Einwirkung auf das Metall gehabt zu
                              									haben.
                           Wenn die Oxydation allein vom Stikstoffoxyd herrührte, so müßte alle Einwirkung
                              									aufhören, wenn man den Strom dieses Gases aufhören läßt; dieß fand in der That
                              									statt, wenn man Eisenvitriol hinzufügte. Die lebhafte Einwirkung wurde plözlich
                              									unterbrochen.
                           Da ich bemerkt hatte, daß eine ziemlich schwache Temperaturerhöhung die Oxydation des
                              									Kupfers sogar durch eine Säure von 1,070 bewirkte, so glaubte ich, daß die Wärme,
                              									welche durch die Zersezung des salpetrigsauren Salzes entwikelt wird, den Anfang der
                              									Einwirkung bewirkte. Ich umgab daher das Metall und die Säure, wenn sie auf den
                              									Punkt gekommen waren, wo die Einwirkung sehr lebhaft war, mit einem Gemenge von Eis
                              									und Seesalz; die Gasentwikelung hörte auf, sobald die Säure anfing fest zu werden,
                              									wenn ich aber die Glasröhre, womit ich den Versuch anstellte, aus der Kältemischung
                              									herauszog und sie langsam wieder eine Temperatur von ungefähr 20° annehmen
                              									ließ, so sing die Oxydation bald wieder an, und ich konnte auf diese Art, mit
                              									demselben Metall und derselben Säure, mehreremale den Gang dieser merkwürdigen
                              									Erscheinung unterbrechen und wiederherstellen.
                           Das Aufhören der Gasentwikelung bei Anwendung der Kälte entfernt die Wirkung des
                              									Stikoxydgases von allem Einfluß der Wärme. Es war mir nichtsdestoweniger die
                              									Zersezung der reinen verdünnten Salpetersäure durch das Kupfer bei einer Temperatur,
                              									welche weder hoch genug war, um die Säure zu zersezen, noch so lange anhaltend, um
                              									sie zu concentriren, auffallend. Ich suchte daher den Einfluß der Temperatur bei den
                              									verschiedenen Graden von Concentration der Säure zu verfolgen.
                           Ich stellte vor Allem den wohlbekannten Fall fest, in welchem das Kupfer durch
                              									rauchende Salpetersäure nicht angegriffen wird; es ist nöthig, daß diese Säure bei
                              									20° C. in einem Zustand von sehr nahe ihrer größten Dichtigkeit, 1,552, ist.
                              									Es ist dieser Zustand, den ich in meiner Abhandlung so viel wie möglich erörtert
                              									habe.
                           Die reine Säure mit 1 Aequivalent Wasser greift bei 20° das Kupfer mit größter
                              									Heftigkeit an; dasselbe ist bei dieser Temperatur der Fall mit den Säuren mit 4 und
                              									4 1/2 Aequivalenten und allen Zwischenstufen der Säure von der Dichtigkeit von 1,070
                              									an.
                           
                           Nimmt man aber alle diese Säuren von abnehmender Dichtigkeit, von der Säure mit 1
                              									Aequivalent Wasser an bis zu der von 1,070 und taucht sie in Glasröhren in eine
                              									Kältemischung, so findet man, daß das Kupfer sich in allen diesen Säuren mit einigen
                              									Modificationen, die von ihrem Zustande abhängen, erhält.
                           In der Säure mit 1 Aequivalent Wasser bedekt sich das Kupfer mit einem bläulichen
                              									Ueberzuge und die Flüssigkeit nimmt eine schwache grüne Färbung an. Die Einwirkung
                              									geht jedoch nicht weiter; sie dauert nicht fort, wenn man die Röhre aus der Mischung
                              									entfernt und sie die Temperatur der Luft wieder annehmen läßt. Ich habe auf diese
                              									Weise Kupfer bei einer Temperatur von 20° mehrere Tage lang erhalten. Der
                              									bläuliche Ueberzug, welcher sich auf der Oberfläche des Kupfers gebildet hat, ist in
                              									concentrirten Säuren unlöslich, in Wasser aber leicht löslich.
                           Die Säuren mit 4 und mit 4 1/2 Aequivalenten Wasser und die schwächeren Säuren lassen
                              									dem Kupfer seinen Metallglanz, so lange sie sich in der Kältemischung befinden;
                              									sobald man sie aber herausnimmt, bedeken die Säuren mit 4 und mit 4 1/2
                              									Aequivalenten Wasser das Kupfer mit einem bläulichen Ueberzug, ohne daß sich die
                              									Wirkung weiter erstrekt, wenn man die Probirröhre, worin sie enthalten sind, nicht
                              									häufig bewegt, während die Säuren, welche mehr Wasser enthalten, einzuwirken
                              									anfangen, sobald sich ihre Temperatur ein wenig erhöht. Der Punkt, wo dieß
                              									geschieht, wechselt je nach der Concentration der Säuren; so beginnt die Einwirkung
                              									der Säure von 1,217 spec. Gewicht bei – 10°; von einer Säure von 1,108
                              									bei – 2°. C.
                           Die Gase, welche bei dieser Oxydation entwikelt werden, sind je nach der Temperatur
                              									und der Concentration der Säuren ebenfalls verschieden. Hr. v. Humboldt bemerkte schon in seiner Abhandlung über die Analyse der Luft,
                              									daß die verdünnte Salpetersäure mit Kupfer das reinste Stikstoffoxyd liefert. Wenn
                              									sich nicht zugleich die Temperatur erhöht, so erhält man auf diese Weise ein Gas,
                              									welches vollständig von Eisenvitriol absorbirt wird. Das Gas von der Säure, deren
                              									Einwirkung von einer großen Wärmeentwikelung begleitet ist, enthält immer Stikstoff,
                              									und endlich gibt die Säure von 1,217, deren Einwirkung bei – 10°
                              									beginnt, nur sehr wenig Stikstoffoxyd, aber viel Stikstoffoxydul, wenn sie bei
                              									dieser Temperatur erhalten wird.
                           Man muß aus den Thatsachen, welche ich angeführt habe, den Schluß ziehen, daß die
                              									Oxydation des Kupfers durch die Salpetersäure abhängt: 1) von der Concentration der
                              									Säure; 2) von der Temperatur; 3) von der Gegenwart des Stikstoffoxyds; 4) von der
                              										Löslichkeit der
                              									Producte, welche in der sie erzeugenden Säure entstehen.
                           Diese Grundsäze erstreken sich auf alle Metalle; sie erleiden jedoch je nach dem
                              									Metalle Abänderungen.
                           Das Silber steht neben dem Kupfer; dasselbe ist der Fall mit dem Queksilber.
                           Ich gehe nun auf die Reaction des Eisens über. Kleine, eiserne, gut polirte Kugeln in
                              									Salpetersäure mit 1 und mit 1 1/2 Aequivalenten Wasser gebracht, bedekten sich bald
                              									mit einem schwarzen, bald mit einem blauen oder gelbblauen Ueberzug; es entstanden
                              									dabei einige Gasblasen, die von der Flüssigkeit gelöst wurden. Diese Farben erinnern
                              									an diejenigen, welche beim Anlassen des Stahles entstehen.
                           Das Eisen, welches diesen Ueberzug erhalten hat, wird von keiner Säure mehr
                              									angegriffen, wenn man nicht die Temperatur erhöht, die Säure mag verdünnt oder
                              									concentrirt seyn. Der Ueberzug zeigt bald die Eigenschaften des Eisenoxyduls, von
                              									dem ich in der That fand, daß es durch keine Salpetersäure angegriffen wird, man mag
                              									es durch Verbrennung des Eisens im Sauerstoffgas, durch den durch einen Clavierdraht
                              									geleiteten galvanischen Strom, oder durch Ausglühen der kleinen Kugeln, deren ich
                              									mich bediente, erhalten haben.
                           Es verhält sich in diesem ersten Falle analog dem Zink, welches – in
                              									concentrirten Säuren nur durch einen gelben Ueberzug, welchen es in der Säure
                              									enthält, geschüzt wird; dieser Ueberzug löst sich aber in Salpetersäure, wenn die
                              									Temperatur erhöht oder die Säure mit Wasser verdünnt wird.
                           Die Säuren mit 4 und mit 4 1/2 Aequivalenten Wasser und sogar eine noch etwas
                              									schwächere Säure lassen dem Eisen seinen Metallglanz; es wird aber sogleich davon
                              									angegriffen, wenn man sie erwärmt.
                           Auch in diesem zweiten Falle verhält sich das Eisen dem Zink vollkommen analog.
                           Ich nahm zulezt eine sehr verdünnte Säure, oder sezte vielmehr der Säure, worin das
                              									Eisen seinen Metallglanz behielt, Wasser zu; die Einwirkung fand sogleich, jedoch
                              									ohne Heftigkeit statt, indem sich das zuerst von Thénard beschriebene grüne salpetersaure Salz bildete.
                           Man sieht also, daß in allen Fällen eine Analogie zwischen dem Eisen und dem Zink
                              									stattfindet, mit einem einfachen Unterschied in der Temperatur, der für eine leichtere Oxydirbarkeit
                              									des Zinkes spricht.
                           Das Antimon und das Arsen unterscheiden sich von allen bisher angeführten
                              									Metallen.
                           Das Arsen wird bei gewöhnlicher Temperatur (20° C.) weder durch reine, noch
                              									durch salpetrige Säure-Haltige Salpetersäure angegriffen, in welchem Zustande
                              									von Concentration man sie nehmen mag.
                           Das Antimon wird nur von den concentrirtesten Säuren langsam und ohne Aufbrausen von
                              									Gas angegriffen.
                           Ein Gemenge von Salpeter- und Salzsäure greift dieses Metall nicht stärker an,
                              									so lange die beiden Säuren nicht aufeinander wirken; dieß ist bei reinen Säuren
                              									jedoch nur der Fall, wenn sie concentrirt sind, oder wenn sie erwärmt werden. Wendet
                              									man ein sehr verdünntes Gemenge von diesen beiden Säuren an, und fügt, nachdem man
                              									das Antimon oder Arsen hinzugebracht hat, einige Tropfen salpetrigsaures Salz hinzu,
                              									so findet die Einwirkung wie beim Kupfer statt.
                           Das Gemenge von Salpeter- und Salzsäure bleibt also ohne Einwirkung, so lange
                              									die Säuren nicht concentrirt genug sind, oder nicht erwärmt werden, um Königswasser
                              									zu liefern. Man läßt vergeblich einen Strom Chlorgas hindurchstreichen; es bedarf
                              									der Hinzufügung eines salpetrigsauren Salzes oder der Bildung von Königswasser, d.h.
                              									der Gegenwart der salpetrigen Säure. Die Salzsäure wirkt zugleich als
                              									Auflösungsmittel und als Zersezungsmittel, um salpetrige Saure zu erzeugen.
                           Das Platin verhält sich wie Antimon und Arsenik, es bedarf jedoch einer höheren
                              									Temperatur, bis es angegriffen wird. In einem Gemenge von Salz- und
                              									Salpetersäure, welches zu verdünnt ist, um Königswasser zu bilden, wird das Platin
                              									indessen bei gewöhnlicher Temperatur durch den Einfluß des salpetrigsauren Kali's
                              									hinlänglich angegriffen, um eine platinhaltige Flüssigkeit und eine reichliche
                              									Bildung von Krystallen, von Kaliumplatinchlorid, welche sich am Glase ansezen, zu
                              									erzeugen.
                           Ich füge noch zwei Thatsachen hinzu, welche, wie mir scheint, die Theorie des
                              									Königswassers gänzlich aufklären.
                           1) Platinschwamm, welcher 24 Stunden in Berührung mit Königswasser, das sogleich
                              									Chlor und Salzsäure gibt, gelassen wurde, verlor nicht einen Milligramm seines
                              									Gewichts.
                           2) Platinschwamm, in Gegenwart von Chlor im Entstehungszustande und von Salpetersäure
                              									bei einer Temperatur von 125°, Bedingungen, wie sie die Einwirkung der Salpetersäure auf
                              									chlorsaures Kali darbietet, wird dabei nicht aufgelöst, nicht oxydirt, verliert
                              									nicht einen Milligramm seines Gewichts.
                           Aus dem Vorhergehenden ergibt sich: daß ein Gemenge von Salz- und
                              									Salpetersäure, von Salpetersäure und Chlor, von Salzsäure und Chlor das Platin nicht
                              									angreifen; findet aber Stikoxyd bei Gegenwart eines Auflosungsmittels und bei
                              									hinreichender Temperatur Zutritt, so wird das Platin angegriffen. Es finden
                              									dieselben Grundsäze bei der Auflösung des Platins, des Arseniks, des Antimons und
                              									der andern Metalle, wobei dieselben Einflüsse stattfinden, Anwendung. Was ist aber
                              									das Product der Einwirkung des Stikoxyds auf Salpetersäure? Man sieht, daß dieses
                              									die endliche Lösung der Aufgabe ist. Ein einfacher Versuch entscheidet diese
                              									Frage.
                           Läßt man Stikoxyd durch Salpetersäure streichen und bringt sodann die Flüssigkeit in
                              									eine Kältemischung, so kann man sie durch ein kaustisches oder kohlensaures Alkali
                              									sättigen, ohne daß sich eine Spur von Stikoxyd entwikelt; es entsteht ein
                              									salpetrigsaures Salz. Das Stikoxyd erzeugt also in Gegenwart von Salpetersäure eine
                              									Verbindung und nicht eine Auflösung. Es ist die salpetrige Säure, welche in
                              									veränderlicher Temperatur, unter für die Auflösung geeigneten Umständen, die
                              									Oxydation des Metalls bewirkt. Man begreift hienach, daß das Platin mit dem Silber
                              									angegriffen wird, wenn man ihre Legirung mit Salpetersäure behandelt. Der allgemeine
                              									Gang der Oxydation, welchen ich beschrieben habe, erklärt sich leicht. die
                              									salpetrige Säure bildet salpetrigsaures Kupfer-, Queksilber-,
                              									Silberoxyd, welche durch die Salpetersäure in dem Maaße, als sie sich bilden,
                              									zersezt werden; bei dieser Zersezung entsteht Stikoxyd, welches, da es wieder
                              									Salpetersäure vorfindet, wiederum salpetrige Säure bildet; das Metall wird von neuem
                              									angegriffen und es entsteht eine neue Zersezung. Es gehören also diese bei dem
                              									ersten Anblik so sonderbaren Erscheinungen von Fortpflanzung zu dem einfachen Falle,
                              									worin eine ans Stikstoff und Sauerstoff zusammengesezte Säure dem Metall ihren
                              									Sauerstoff abgibt; es bedarf zu ihrer Erklärung bloß der einfachsten Grundsäze der
                              									chemischen Affinität.