| Titel: | Ueber Darstellung des Calomels als höchst zartes Pulver; von E. Soubeiran. | 
| Fundstelle: | Band 87, Jahrgang 1843, Nr. LVI., S. 209 | 
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                        LVI.
                        Ueber Darstellung des Calomels als hoͤchst
                           								zartes Pulver; von E.
                              									Soubeiran.
                        Aus dem Journal de Pharmacie, Dec. 1842, S.
                              								502.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. V.
                        Soubeiran, uͤber Darstellung des Calomels als
                           								Pulver.
                        
                     
                        
                           Aerztliche Erfahrung sowohl als die chemische Wissenschaft haben gemeinschaftlich
                              									dargethan, daß die höchst feine Zertheilung des Calomels seine Heilkraft erhöht. Das
                              									Schlämmen führt nicht zum Ziele; man erhält nur ein gelbliches Pulver, welches nicht
                              									die gewünschte Zartheit besizt. Josiah Jewel war der
                              									erste, welcher einen andern Weg vorschlug, nämlich den Dampf des Queksilberchlorürs
                              									in ein Gefäß mit Wasser streichen zu lassen. Dieses Wasser kommt bald ins Sieden und
                              									der Dampf desselben vermischt sich mit dem Calomel-Dampf. Die Gegenwart des
                              									Wassers und des Dampfes verhindert die Vereinigung des Chlorürs und das Product nimmt die
                              									Gestalt eines feinen, gleichförmigen Pulvers an.
                           Dieses Jewel'sche Verfahren lieferte, wenn es auch nicht
                              									unausführbar war, mit vieler Mühe nur sehr wenig Product; auch wurde es von allen,
                              									die es versuchten, sogleich wieder aufgegeben. Im J. 1822 überzeugte sich Hr. O. Henry ebenfalls, daß mit diesem Verfahren kein
                              									vortheilhaftes Resultat zu erreichen sey; durch eine glükliche Modification
                              									desselben beschenkte er aber unsere Laboratorien mit einem praktischen Verfahren,
                              									welches allgemeinen Eingang fand und allein noch in allen Lehrbüchern der Chemie
                              									erwähnt ist. Um seinen Zwek zu erreichen, sonderte Henry
                              									das den Wasserdampf erzeugende und das den Dampf des Queksilberchlorürs erzeugende
                              									Gefäß ganz von einander ab; die beiderlei Dämpfe begaben sich gleichzeitig in einen
                              									zwischen denselben befindlichen Recipienten, in welchem sie sich innig vermischten
                              									und worin der Calomel in Gestalt eines weißen, sehr fein zertheilten Pulvers
                              									niederfiel. Es ist unnöthig, hier die zum Gelingen dieses Verfahrens erforderlichen
                              									Vorsichtsmaßregeln anzuführen; aber bei aller Gerechtigkeit, welche man ihm
                              									widerfahren lassen muß, ist zu erwähnen, daß die Ausführung desselben schwierig
                              									befunden wurde; man mußte durch Erfahrung die Vortheile zur glüklichen Ausführung
                              									der Operation erst kennen lernen, und nur zu oft ging das ganze Product durch
                              									Springen der Gefäße Verloren; mit einem Worte, dieses Verfahren ist schwer
                              									ausführbar.
                           Jedoch ist dieses Verfahren in allen französischen Laboratorien eingeführt und hat
                              									die französischen Aerzte dazu gebracht, beinahe aus schließlich nur sehr fein
                              									zertheiltes versüßtes Queksilber anzuwenden. Doch müssen wir bekennen, daß der
                              									französische Calomel, was Weiße und Zartheit betrifft, den Vergleich mit dem
                              									englischen nicht aushält.
                           Zur Verbesserung des Products und Erleichterung der Operation wurde von mir
                              									vorgeschlagen, statt des, sich zwischen die Theilchen des versüßten Queksilbers
                              									legenden und ihre Vereinigung hindernden Wasserdampfs, einen Luftstrom anzuwenden,
                              									welcher über das erhizte versüßte Queksilber hinstreicht, den Dampf, so wie er sich
                              									bildet, mit fortreißt und als feines Pulver absezt.Polytechnisches Journal Bd. LXXXV. S.
                                       												78.
                              								
                           Der Apparat besteht in einer quer durch einen Ofen gestekten irdenen Röhre, in welche
                              									man den Calomel in Stüken bringt und dann erhizt. In das Innere der Röhre wird
                              									fortgesezt der Wind eines Ventilators mit Centrifugalkraft geleitet, welcher den
                              									Dunst, so wie er sich bildet, mit fortnimmt und in einen Recipienten führt. Sezt man
                              									diesem Luftstrome nur gerade Röhren entgegen, so wird der Calomel so fein, daß er sehr
                              									weit hinweg geweht wird; am besten ist es, den Luftstrom in einen 1 1/2 bis 2
                              									Quadratmeter großen, durch Platten in drei Etagen abgetheilten Raum ausströmen zu
                              									lassen. Die untere Etage steht mit der folgenden durch eine, auf der der Einströmung
                              									entgegengesezten Seite, offen gelassene breite Spalte in Verbindung; aus dieser
                              									zweiten Etage tritt der Strom in die dritte, aus welcher er endlich durch eine Röhre
                              									austritt, deren Ende unter Wasser taucht. Die Luft, indem sie beständig auszutreten
                              									sucht, erzeugt im Wasser ein Gepolter, welches die bis in dasselbe gedrungenen
                              									feinen Calomeltheilchen befeuchtet und ihr Niederfallen bewirkt. Diese Art der
                              									Verschließung läßt nichts zu wünschen übrig.
                           Durch vielfältige, immer wieder modificirte Versuche aber kam ich dahin, dieses neue
                              									Verfahren wieder umzugestalten und sogar von seinen ersten Grundlagen
                              									abzuweichen.
                           Gegenwärtig wende ich weder den Wasserdampf, noch einen Luftstrom mehr an. Mein
                              									Apparat besteht ganz einfach aus einer Röhre und einem Recipienten; ich erhalte den
                              									schönsten feinstzertheilten Calomel und zwar auf so einfache Weise, daß ich mich
                              									schon oft fragte, wie mir dieses Verfahren nicht sogleich einfallen konnte. Um das
                              									Princip desselben zu erläutern, wollen wir auf einen ähnlichen Proceß zurükgehen,
                              									der im Großen Anwendung findet, nämlich die Fabrication der Schwefelblumen.
                           Bei der Darstellung der Schwefelblumen nämlich führt man den Schwefeldampf in eine
                              									Kammer, welche so weit ist, daß die latente Wärme, welche aus dem sich verdichtenden
                              									Schwefel frei wird, ihre Wände nicht so erhizen kann, daß der sich daran anlegende
                              									Schwefel schmilzt. Es war mir, und gewiß auch vielen andern entgangen, daß die
                              									Verdichtung weit von den Wänden der Kammer erfolgt, wobei die Luft, mechanisch
                              									zwischen den Theilchen des Schwefeldampfes gelagert, der Vereinigung dieser
                              									Theilchen im Augenblike ihrer Verdichtung ein mechanisches Hinderniß entgegensezt;
                              									überdieß finden die Schwefeltheilchen keinen Stüzpunkt und können sich also nicht in
                              									der zur Krystallisation erforderlichen symmetrischen Anordnung absezen und
                              									vereinigen. Würde der Schwefeldampf sich an den Wänden der Kammer verdichten, so
                              									würde er sich in krystallinischen Anhäufungen, aber nicht in Pulverform absezen. Das
                              									Schwefelpulver sezt sich also mitten in der Luft der Kammer ab und das Pulver fällt
                              									dann durch sein eigenes Gewicht langsam zu Boden. Nachdem nun dieser Proceß seine
                              									wahre Erklärung gefunden, war damit auch die Darstellung des feinzertheilten
                              									Calomels, so wie aller andern analogen Mineralsubstanzen gegeben. Man brauchte nur
                              									noch das Verfahren bei der Fabrication der Schwefelblumen auf sie anzuwenden und
                              									einige den Erfolg der Operation befördernde Nebenumstände zu beobachten.
                           Die Gefäße, in welchen ich den Calomel erhize, sind längliche irdene Röhren von 10
                              									Centimeter (3'' 8''' Par. Maaß) Durchmesser und 50 bis 60 Centimeter (1' 6'' bis 1'
                              									10'') Länge; sie sind an einem Ende geschlossen, am andern offen; jede faßt
                              									4–5 Kilogr. versüßten Queksilbers. Meine Röhren wurden aus der Erde gemacht,
                              									aus welcher die Pariser Schmelztiegel verfertigt werden; ich überzog sie außen noch
                              									mit einer Lage Thon, wodurch jede Röhre mehrere Operationen aushält.
                           Die Röhre kommt in einen länglichen Ofen, reicht auf der einen Seite 4 Centimeter (1
                              									1/2'') über denselben hinaus und mündet in einem Recipienten in gerader Linie mit
                              									seiner Innenwand aus. Als Recipient bediente ich mich bis jezt eines großen
                              									steinzeugnen Wasserbehälters, durch welchen in 2/3 seiner Höhe ein rundes Loch
                              									gebohrt wurde, in welches das offene Ende der Röhre eingerieben wird. Ich
                              									verstreiche die Fugen noch mit etwas Kitt, seze den Dekel auf dieses Gefäß und
                              									verschließe es mittelst eines darübergepappten Papierstreifens; oben lasse ich eine
                              									Oeffnung, durch welche die ausgedehnte Luft frei austreten kann; sie braucht nur mit
                              									einer Glasplatte zugedekt zu werden. Statt eines solchen Gesäßes könnte man auch
                              									eine kleine Kammer benuzen, deren dem Ofen zugekehrte Seite von Ziegeln aufgeführt
                              									würde. Ich führte- eine solche Operation mit einer Kammer aus, die gewöhnlich
                              									zur Fabrication des Chlorkalks dient und 4 Kubikmeter Hohlraum hat. Der Versuch
                              									gelang sehr wohl; doch ziehe ich für die Quantität von ein paar Kilogrammen, welche
                              									ich in Arbeit nahm, den steinzeugnen Behälter vor, der wenig Umstände macht und
                              									leicht zu reinigen ist.
                           Der Recipient soll so nahe wie möglich am Ofen seyn, damit das versüßte Queksilber
                              									sich nicht schon am Ende der Röhre verdichtet; aus demselben Grunde muß die Röhre
                              									auch in gerader Linie mit der Wand des Recipienten aufhören, und nicht tiefer in
                              									denselben hineingehen. Andererseits muß der Recipient von der Ofenhize, welche
                              									direct auf ihn zuginge, frei gehalten werden, zu welchem Behufe man die Oeffnung,
                              									durch welche die Röhre aus dem Ofen tritt, mit Lehm verstreicht und durch zwei
                              									metallene Zwischenwände, welche die Röhre außerhalb des Ofens umfangen, indem sie
                              									zwischen diesem und dem Recipient stehen, leztern vor der ausstrahlenden Wärme
                              									schüzt. Auf diese Weise sind die beiden den guten Erfolg bedingenden wesentlichen
                              									Bedingungen erfüllt; die Röhre wird sehr nahe an der Stelle, wo sie in den Recipient
                              									tritt, erhizt, damit der Calomel sich nicht in ihr selbst condensirt; der Recipient
                              									ist vor der Ofenhize geschüzt, denn wenn er zu warm würde, könnte sich der anfangs in
                              									Pulverform absezende Calomel krystallinisch zusammenhäufen.
                           Nichts ist hiebei leichter, als die Leitung des Feuers; man erhizt zuerst die Röhre
                              									an der dem Recipient zunächst liegenden Stelle bis zur dunkeln Rothglühhize und
                              									verbreitet allmählich das Feuer nach der ganzen Länge der Röhre, 1 1/2 bis 2 Stunden
                              									sind hinreichend zur vollkommenen Verflüchtigung von 4 bis 5 Kilogr. versüßten
                              									Queksilbers.
                           Hält man die Operation für beendigt, so läßt man den Apparat erkalten, nimmt den Kitt
                              									ab und wäscht den Calomel so lange mit destillirtem Wasser aus, bis das Waschwasser
                              									von Schwefelwasserstoff nicht mehr gefärbt wird. Er wird nun bei gelinder Wärme
                              									getroknet.
                           Dieß ist das sehr einfache Verfahren, bei welchem ich stehen blieb; ich wurde
                              									versichert, daß es gerade dasselbe sey, welches die englischen Fabrikanten geheim
                              									halten. Jedenfalls hält der so zertheilte Calomel den Vergleich mit dem schönsten
                              									englischen aus; unsere Industrie hat hiemit eine große Requisition gemacht. Ich
                              									beschäftige mich mit der Anwendung dieses Verfahrens der Zertheilung auf andere
                              									flüchtige Mineralsubstanzen; der Proceß bietet nach meiner bisherigen Erfahrung nur
                              									bei denjenigen von ihnen Schwierigkeiten dar, welche, wie das Operment und der
                              									Zinnober, durch Berührung mit der Luft in hoher Temperatur eine Veränderung
                              									erleiden.
                           
                        
                           Beschreibung des ApparatesFig.
                                 									53.
                           P irdener Ofen; die vordere Wand ist bei P erhöht.
                           G, G beweglicher Rost, aus drei Theilen bestehend; man
                              									hebt ihn weg, damit das Feuer herunterfällt, wenn die Operation beendigt ist.
                           g, g Rost für die den obern Theil der Röhre erhizende
                              									Kohle.
                           c Oeffnung des Aschenraums. Sie ist sehr groß, damit die
                              									Roststüke und die Kohlen am Ende der Operation leicht herausgenommen werden
                              									können.
                           T Röhre, welche das versüßte Queksilber enthält.
                           S Widerlage, welche das Ende der Röhre unterstüzt. F Recipient.
                           C Dekel des Recipienten.
                           p obere Oeffnung des Recipienten, mit einer Glasplatte
                              									bedekt.
                           d, d' Zwischenwände von Eisenblech, welche die Röhre
                              									umfassen und den Recipienten gegen die directe Ofenhize schüzen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
