| Titel: | Ueber Kobaltultramarin; von C. H. Binder. | 
| Fundstelle: | Band 89, Jahrgang 1843, Nr. XXXIV., S. 123 | 
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                        XXXIV.
                        Ueber Kobaltultramarin; von C. H. Binder.
                        Aus dem Gewerbeblatt fuͤr Sachsen, 1843, Nr.
                              									38.
                        Binder, über Kobaltultramarin.
                        
                     
                        
                           Obgleich die künstlichen Ultramarine, welche in Meißen, Nürnberg und am Rhein so
                              									schön und billig gefertigt werden, dem Kobaltultramarin gefährlich geworden sind und
                              									den Verbrauch des lezteren sehr veringert haben, so wird sich derselbe, wo es darauf
                              									ankommt ein dauerndes Blau anzuwenden, das Licht und Wärme, Feuchtigkeit,
                              									Ausdünstungen aller Art aushalten soll, nie verdrängen lassen, da die künstlichen
                              									Ultramarine, vorzüglich im Freien dem Temperaturwechsel ausgesezt, nach und nach
                              									ihren schönen Ton verlieren — was bei dem Kobaltblau nie stattfindet —
                              									durch saure Ausdünstungen sich zersezen, weißlich werden, wo hingegen beim
                              									Kobaltblau die stärkste Säure die Farbe nicht verändert; hinreichend in die Augen
                              									springende Vorzüge, die den höheren Werth des Kobaltblau documentiren und seine
                              									Anwendung sichern.
                           Folgendes Verfahren und Verhältniß lieferte mir stets ein gleiches und schönes
                              									Präparat, und indem das Verfahren der Bereitung auf den sächsischen Blauwerken als
                              									ein Geheimniß betrachtet wird, so dürfte die genaue Mittheilung desselben, wonach
                              									ein Jeder arbeiten kann, nicht ohne Interesse seyn.
                           12 Pfd. eisenfreier Alaun werden einem irdenen oder bleiernen Gefäße aufgelöst, die
                              									kochend heiße Auflösung in eine Bütte filtrirt, welche 2½ Ellen hoch und
                              									1½ Elle weit seyn muß, und welche bis ⅓ mit ganz reinem, eisenfreiem
                              									Wasser, um das Herauskrystallisiren des Alauns zu vermeiden, angefüllt ist. Hierauf
                              									schlägt man mit einer reinen Kalilösung die Thonerde nieder, füllt die Bütte mit
                              									Wasser, läßt absezen, gießt das klare überstehende Wasser ab, erneuert es wieder,
                              									und fährt mit dieser Arbeit so lange fort, bis salzsaure Barytlösung keinen Gehalt
                              									an Schwefelsäure mehr anzeigt.
                           1 Pfd. Kobaltoxyd, welches die sächsischen Blaufarbenwerke  zu 6 Rthlr. per Pfund liefern, wird in 3 Pfd. Salzsäure von
                              									22° Baumé aufgelöst, zur Trokne verdampft, mit 6 Pfd. Salzsäure wieder
                              									aufgelöst und der Einwirkung von Schwefelwasserstoff ausgesezt, um etwaige
                              									beigemengte fremde Metalle zu scheiden; man filtrirt, dampft es wieder bis zur
                              									Trokne ab, löst es von Neuem in Wasser auf, und zwar so, daß die Auflösung bei
                              									14° R. Temperatur 12° am Stopp. Aräometer zeigt, wo man dann ungefähr
                              									9 bis 10 Pfd. Auflösung erhalten wird.
                           Sind diese beiden Vorarbeiten gemacht, so werden 6, 8, 10, 12 Pfd. dieser
                              									Kobaltlösung, je nachdem die Farbe heller oder dunkler werden soll, in einem
                              									Präcipitirständchen bei starker Verdünnung durch Aezammoniak gefällt, wobei man aber
                              									genau zu beobachten hat, daß nicht zu viel zugesezt wird, indem sich sonst bei
                              									Ueberschuß des Fällungsmittels Kobalt wieder auflöst; der erhaltene Niederschlag
                              									wird gut ausgewaschen und dann unter stetem Umrühren in die im Wasser ganz fein
                              									vertheilte Thonerde aus 12 Pfd. Alaun geschüttet, welches Umrühren man
                              									ununterbrochen ½ Stunde fortsezen muß, damit beide Niederschläge sich ganz
                              									innig vereinigen.
                           Hat die überstehende Flüssigkeit, nachdem sie sich gesezt, eine röthliche Farbe
                              									angenommen, so ist dieß ein Beweis, daß sich etwas Kobalt aufgelöst hat; man muß
                              									dann noch einen kleinen Zusaz von Aezammoniak machen, läßt wieder sezen, zieht ab
                              									und wiederholt das Aufgießen von frischem Wasser noch einigemal. Der erhaltene
                              									Niederschlag wird nun auf einem Tenakel mit feiner Leinwand zum Abtropfen gebracht,
                              									gepreßt, in einer Trokenstube in irdenen Schüsseln getroknet, in irdenen Tiegeln, am
                              									besten in Waldenburger Oleumkolben, einer 2 bis 2½ stündigen Rothglühhize
                              									ausgesezt, wobei zu beobachten, daß in dem Dekel, womit dieselben, um das
                              									Hineinfallen von Unreinigkeiten zu vermeiden, verschlossen und gehörig mit Lehm
                              									verklebt sind, kleine Löcher sich befinden müssen, um den entweichenden Gasarten
                              									einen Ausgang zu verschaffen.
                           Hierauf wird nach dem Erkalten der erhaltene Ultramarin auf einer nahen Mühle fein
                              									gerieben, getroknet, zerrieben und gesiebt, wo dann 12 Pfd. Kobaltlösung die feinste
                              									Sorte und 6 Pfd. die hellste abgeben; das erhaltene Product beträgt durchschnittlich
                              									2 Pfd., bei den beiden ersten Sorten oft 4 bis 6 Loth mehr.
                           Erfordernisse zum gleichförmigen Gelingen sind vor Allem ein möglichst nikelfreies
                              									Kobaltoxyd, doch schadet ein kleiner Antheil nicht viel; ein klares, reines,
                              									eisenfreies Wasser, was ich zur Vorsorge stets durch diken Flanell laufen ließ, und
                              									die größte Reinlichkeit; auch ist die gehörige Verdünnung beim Niederschlagen des
                              									Alauntobaltoxydes zu beachten, so wie das anhaltende Rühren beim Mischen der  Niederschläge, indem
                              									dadurch dieselben viel voluminöser werden und ein zarteres Product geben.
                           Auch mit phosphorsaurem Kobaltoxyd und Thonerde erhält man schöne Ultramarine, welche
                              									von dem Erfinder Thénard Thénardsblau genannt werden.