| Titel: | Verfahren die Luft in den Ställen durch Gyps oder Sägespäne, welche mit Schwefelsäure versezt sind, zu reinigen; von Henry Reece. | 
| Fundstelle: | Band 89, Jahrgang 1843, Nr. LVII., S. 229 | 
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                        LVII.
                        Verfahren die Luft in den Staͤllen durch
                           								Gyps oder Saͤgespaͤne, welche mit Schwefelsaͤure versezt sind, zu
                           								reinigen; von Henry
                              									Reece.
                        Aus der Chemical Gazette, Jun. 1843, No.
                              								16.
                        Reece's Verfahren die Luft in den Ställen zu reinigen.
                        
                     
                        
                           Auf Veranlassung eines Gutsbesizers stellte ich Versuche an, um zu ermitteln, wie
                              									sich die Luft in den Ställen am besten von Ammoniak reinigen läßt. Da Gyps
                              									(krystallisirter schwefelsaurer Kalk) zu diesem Zwek in neueren Werken über
                              									Landwirthschaft sehr empfohlen wurde, so ließ ich die Ställe mit grob gepulvertem
                              									Gyps bestreuen; obgleich sich aber beim Wegräumen des nassen Strohes so viel
                              									Ammoniak entwikelte, daß die Augen der Stallknechte davon afficirt wurden, so konnte
                              									ich doch nach Verlauf von zwei Tagen noch nicht die geringste Spur davon in dem Gyps
                              									entdeken, als ich ihn mittelst gelöschten Kalks zusammenrieb. Ueber dieses Resultat
                              									war ich sehr verwundert, da bekanntlich Auflösungen von kohlensaurem Ammoniak und
                              									von Gyps sich gegenseitig zersezen, wobei kohlensaurer Kalk niedergeschlagen wird
                              									und schwefelsaures Ammoniak entsteht; auch hatte ich mich vorher überzeugt, daß aus
                              									einer Atmosphäre, welche so viel Ammoniak enthält, daß sie dem Leben der Thiere oder
                              									Pflanzen gefährlich ist, befeuchteter Gyps eine sehr merkliche Menge davon aufnimmt.
                              									Folgende Versuche bewiesen jedoch, daß unter weniger günstigen Umständen nicht eine
                              									Spur Ammoniak absorbirt wird: 200 Gran mit destillirtem Wasser benezter Gyps wurden
                              									drei Tage lang in einem verschlossenen Stall ausgebreitet, wonach sich noch kein
                              									Ammoniak darin entdeken ließ; als ich hingegen 200 Gran Gyps mit verdünnter
                              									Schwefelsäure benezt ebenso lange der Stallluft aussezte, nahmen sie 36 Gran
                              									Ammoniak auf. Ich ließ nun die Ställe mit Gyps bestreuen, welcher mit Schwefelsäure
                              									befeuchtet war und untersuchte denselben am nächsten Morgen; jede Portion hatte
                              									soviel Ammoniak absorbirt, daß sie beim Zusammenreiben mit gelöschtem Kalk dessen
                              									eigenthümlichen stechenden Geruch entwikelte; die Ställe hatten auch ihren drükenden
                              									ungesunden Geruch verloren.
                           Da nun offenbar der Gyps bloß mechanisch wirkte, indem ereine geeignete absorbirende
                              									Oberfläche für die Säure darbot, so ersezte ich ihn bei wiederholten Versuchen durch
                              									Sägespäne, wobei ich sogar noch günstigere Resultate erhielt.
                           Um sich zu überzeugen, daß die Ställe sehr viel freies Ammoniak enthalten, braucht
                              									man darin bloß ein mittelst schwacher Schwefelsäure geröthetes nasses Lakmuspapier
                              									aufzuhängen; in einem schlecht gereinigten  oder schlecht ventilirten Stall wird es augenbliklich
                              									blau; nach einigen Minuten geschieht dieß selbst in sehr gut ventilirten Ställen;
                              									sogar das Wasser, welches über Nacht in den Ställen bleibt, nimmt so viel Ammoniak
                              									auf, daß dasselbe durch Reagentien darin nachgewiesen werden kann. Da das Ammoniak
                              									unter die stärksten Reizmittel gehört, so muß das beständige Einathmen einer durch
                              									dasselbe verdorbenen Luft nachtheilig wirken. Die Erfahrung lehrt auch, daß die
                              									Stallknechte kein hohes Alter erreichen; an dem raschen Verlauf der
                              									Entzündungskrankheiten bei Pferden und ihrer leidigen Disposition zu Erkältungen und
                              									Brustaffectionen dürfte der Ammoniakgehalt der Stallluft viele Schuld haben. Die
                              									Mühe, welche mein Mittel, die Stallluft gesund und angenehm zu machen, den
                              									Stallknechten verursacht, ist von keiner Bedeutung.
                           1 Theil Sägespäne verschlukt leicht sein 3faches Gewicht verdünnter Säure, welche aus
                              									einem Maaßtheil Schwefelsäure auf 15 Wasser besteht. Die angesäuerten Sägespäne
                              									werden am besten auf Brettern oder Mulden im Stall ausgebreitet; sie dürfen nicht
                              									über drei Tage darin bleiben, ohne erneuert zu werden. Man vermengt sie dann am
                              									besten mit dem Stroh, wenn man dasselbe aus dem Stall schafft; bei dem Fäulnißproceß
                              									desselben entwikelt sich so viel Ammoniak, daß das saure Pulver nach zwei bis drei
                              									Wochen vollkommen neutralisirt ist, wodurch der Dünger offenbar sehr verbessert
                              									wird.