| Titel: | Ueber das Jodinroth, dessen Bereitung und Verwendung als Malerfarbe. | 
| Fundstelle: | Band 89, Jahrgang 1843, Nr. LXXVII., S. 301 | 
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                        LXXVII.
                        Ueber das Jodinroth, dessen Bereitung und
                           								Verwendung als Malerfarbe.
                        Ueber das Jodinroth, dessen Bereitung u. Verwendung als
                           								Malerfarbe.
                        
                     
                        
                           Eigentlich unter dem Namen Scharlach (Scarlett) wurde von
                              									englischen Farbefabrikanten zuerst eine Farbe in Stüken geliefert, die in Formen
                              									gepreßt (Tusche) zur Wassermalerei empfohlen wurde. Die Nüance dieser Farbe liegt
                              									zwischen einem schönen Mennige und Zinnober und zeichnet sich durch ihre
                              									außerordentliche Schönheit aus. Man ist nicht im Stande, durch Mischung der
                              									vorhandenen Farben dieses Scharlach zu erzeugen. Zur Wassermalerei, bei der man
                              									ohnehin weniger sorgfältig bei der Wahl der Farben hinsichtlich ihrer Dauer
                              									verfährt, wird das Skarlett fortwährend gebraucht; als Oehlfarbe von Künstlern,
                              									denen die Haltbarkeit ihrer Bilder am Herzen liegt, verweigert man dessen Anwendung
                              									und mit Recht. Gewöhnlich wird  die Farbe so bereitet: man macht sich eine Lösung von 1
                              									Theil Jodkalium in 10 Theilen warmen Wassers und eine ähnliche Lösung von äzendem
                              									Queksilbersublimat; man sezt von lezterem der ersteren so lange zu, als ein
                              									Niederschlag erfolgt. Dieser Niederschlag ist häufig Anfangs weiß, ändert sich aber
                              									Plözlich in Scharlach um. Man wäscht und troknet denselben. Nach Hrn. Dr. I. F. Heller (Wiener
                              									polytechn. Journal) soll man sich auf folgende Weise ein dauerhafteres Iodinroth
                              									bereiten. Es wird käufliches krystallinisches Queksilberjodid (solches wird z. B.
                              									auf trokenem Wege durch Sublimation im Großen und zwar sehr schön in Brosche's chemischer Fabrik zu Prag gewonnen) zerstoßen
                              									und in einer kochenden Salmiaklösung von 1 Theil Salmiak und 1½ Theilen
                              									Wasser gelöst. Man trägt das Jodqueksilber so lange ein und kocht eine Weile, bis
                              									sich nichts mehr löst, dann gießt man die kochende heiße Lösung ab und läßt sie
                              									erkalten, worauf das Queksilberjodid wieder herauskrystallisirt. Es sezt sich
                              									nämlich in sehr schönen purpurrothen Krystallen an die Wände des Glases allenthalben
                              									an, die aber bei der geringsten Bewegung zu Boden sinken. Manchmal erscheinen
                              									Anfangs die Krystalle ganz blaßgelb, dieses beruht aber auf einer besondern
                              									Eigenschaft des Queksilberjodids (dem Dimorphismus); bald nach dem Auskühlen der
                              									Flüssigkeit werden sie aber so schön roth, wie die gleich roth erscheinenden. Ist
                              									die Salmiaklösung zu concentrirt gewesen, so krystallisirt oft Salmiak die weißen
                              									Krystalle heraus, die sich mit den rothen mengen; dieß schadet nichts, sie werden
                              									dann durch Waschen des Queksilberjodids mit Wasser, worin sie sich lösen, ersteres
                              									aber unlöslich zurükbleibt, entfernt. Hat die erkaltete Flüssigkeit einen halben Tag
                              									gestanden, so nimmt die Krystallausscheidung nicht mehr zu, man gießt die
                              									Flüssigkeit ab, wäscht die zurükbleibenden Krystalle und trennt sie dann von den
                              									Glaswänden mittelst eines Glasstäbchens und troknet sie. Sie werden nicht
                              									pulverisirt, sondern ganz aufbewahrt. Die Farbe der Krystalle ist nicht so gelbroth,
                              									wie die des käuflichen Pulvers, sondern mehr Violettpurpur; das Hellroth des
                              									Iodinroths erhält aber dann das Pulver nach dem Zerreiben der Krystalle. Es wird um
                              									so heller, d. h. weniger ins Violette ziehend, je feiner es gepulvert wird. Als
                              									Vortheile dieser Bereitungsmethode werden angegeben: 1) werde das Queksilberjodid
                              									auf diesem Wege hergestellt, so erhalte man es consistenter, die Krystalle sind
                              									hart, dicht und besizen eine spiegelglatte Oberfläche und unterliegen beim
                              									Aufbewahren, besonders dem Sonnenlichte entzogen, durchaus keiner selbstständigen
                              									Zersezung; 2) unterliege das mechanisch erhaltene Pulver, welches, unter dem
                              									Mikroskope angesehen, stets als Krystallfragment erscheine, auf den Bildern hei
                              									weitem nicht dieser Zersezbarkeit wie das käufliche Iodinroth;  3) wäre der Farbeton dieses
                              									Präparats ein viel intensiverer als der des schönsten Zinnober, durch dessen Nüancen
                              									er nie ersezt werben könne, so wie lezterer gewiß früher auf den Bildern abstärbe,
                              									als ein nach jener Methode zubereitetes Iodinroth.
                           Da das Iodinroth unter den Farben einmal festen Fuß gefaßt hat und verwendet wird, so
                              									ist es wohl nicht überflüssig, davon hier Anführung zu machen. Nach Versuchen,
                              									welche in Berlin von Künstlern mit Vieler Genauigkeit gemacht worden sind, bestätigt
                              									es sich, daß die Haltbarkeit der Farbe auf die leztere Art bereitet eine größere
                              									ist, allein den Einwirkungen des Sonnenlichts und der Sonne widersteht es dennoch
                              									nicht gänzlich, wenn auch in einem höheren Grade, und es muß daher der Angabe des
                              									Wiener polytechn. Journals widersprochen werden, daß das nach Hrn. H.'s Angabe
                              									angefertigte Roth keiner solchen Zersezung unterliege. Am geeignetsten sind Versuche
                              									der Art, daß man Aufstrich-Farben mit Gummiwasser angerieben auf Papier
                              									macht; diese Aufstriche müssen, wenn man sie unter einander vergleichen will, auf
                              									gleich großen Flächen und mit gleichen Quantitäten gemacht werden, dann muß man sie
                              									unter denselben Bedingungen dem Lichte und der Wärme aussezen. Die Farbe, welche man
                              									prüfen will, mit Oehl- oder Oehlfirniß anzureiben, wäre darum weit weniger
                              									rathsam, weil man ihr dadurch einen Vehikel gibt, der in größerer, körperhafterer
                              									Masse die äußeren Einflüsse mehr abhält, ein Resultat, wie man es beabsichtigt, aber
                              									nur verzögern würde. Es ist nun aber kein recht einleuchtender Grund aufzufinden,
                              									warum das Iodinroth, aus dem Sublimat in Salmiak bereitet, viel größere
                              									Beständigkeit zeigen sollte, denn seine Bestandtheile, das Jod wie das Queksilber,
                              									sind beide flüchtig und nach allen Erfahrungen in ihrer beiderseitigen Verbindung
                              									weit mehr als das Queksilber für sich. Bei einer genauen Prüfung, welche im
                              									Interesse der Kunst vorgenommen wurde, ergab sich denn auch der geringere
                              									Unterschied in der Haltbarkeit. Man machte von beiden Quantitäten Iodinroth
                              									Aufstriche auf Papier, welche genau dieselbe Menge Farbe auf gleicher Fläche mit
                              									gleicher Menge arabischem Gummi und Wasser enthielten, und befestigte beide auf
                              									einer und derselben Wand, wo sie durchaus auf gleiche Weise von Luft und Licht
                              									getroffen werden mußten. Eine eigentliche Veränderung der Nüancen war weniger zu
                              									bemerken, als ein wirkliches Verschwinden der Farben, die nach und nach gänzlich
                              									hinweggenommen wurden, so daß nach Verlauf von 14 Wochen auch nicht eine Spur von
                              									Färbung mehr wahrzunehmen war. Das mit Salmiak aus dem Sublimat bereitete Roth hatte
                              									sich freilich ein wenig länger gehalten, war aber endlich auch verschwunden.
                              									Uebrigens knüpft ich hieran die Bemerkung, daß der Zinnober, bekanntlich ebenfalls
                              										 aus Queksilber
                              									bereitet, wenn seine Anfertigung auf nassem Wege erfolgte, auch eine geringere
                              									Haltbarkeit zeigt, als der sublimirte oder der sogenannte Bergzinnober; auch bräunt
                              									sich der erstere weit eher im Tageslicht — eine Eigenschaft, die dagegen das
                              									Iodinroth nicht hat, das nur eine leichte violettere Nüancirung annimmt. Wo es nicht
                              									darauf ankömmt, künstliche Werke herzustellen, sondern nur eine Färbung zu erzielen,
                              									die nach Verlauf längerer Zeit wieder erneuert werden dürfte, ist indessen das
                              									Iodinroth, besonders in Verbindung mit Oehl oder Firniß zu empfehlen, da es sich
                              									länger in schöner Färbung erhält als der Zinnober. Wir wollen, was lezteren
                              									betrifft, einen sprechenden Beweis anführen. Vor einiger Zeit wurde der große
                              									brandenburgische Adler an der Façade des Hôtel
                                 										de Brandebourg auf dem Gensd'armenmarkte in Berlin mit zinnoberrother
                              									Oehlfarbe angestrichen, und fiel durch die Schönheit der Farbe ungemein in die
                              									Augen. Gegenwärtig ist dieser Anstrich in ein ziemlich dunkles, unscheinbares Braun
                              									übergegangen und läßt nicht mehr erkennen, daß Zinnober dazu verwendet wurde. Etwas
                              									mehr den Einwirkungen der Luft und des Lichtes entzogen, ist eine solche Veränderung
                              									in Oehlaufstrichen freilich nur langsam fortschreitend, und ich besize dergleichen
                              									vergleichende Aufstriche, welche ich im Zimmer bewahre, die jezt 4 Jahre alt sind
                              									und nur geringen Unterschied unter einander zeigen, obschon eine starke Veränderung
                              									wahrnehmbar ist, wenn man einen neuen Aufstrich macht und denselben gegen den alten
                              									hält. C. (Aus dem Berliner Gewerbe-, Industrie- und Handelsbl. 1843,
                                 										Nr. 10.)