| Titel: | Verfahren, schon gebrauchte Blutegel wieder brauchbar zu machen; von Dr. J. B. Olivier. | 
| Fundstelle: | Band 89, Jahrgang 1843, Nr. XCVIII., S. 387 | 
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                        XCVIII.
                        Verfahren, schon gebrauchte Blutegel wieder
                           								brauchbar zu machen; von Dr. J.
                              									B. Olivier.Dem Verfasser wurde von der Société d'Encourag.
                                 										fuͤr diese Abhandlung eine Medaille von 300 Francs Werth als Preis
                                 										zuerkannt.
                        Im Auszug aus dem Bulletin de la Société
                                 										d'Encouragement, Mai 1843, S. 199.
                        Oliver's Verfahren gebrauchte Blutegel wieder brauchbar zu
                           								machen.
                        
                     
                        
                           Der Gebrauch der Blutegel hat seit etwa zwanzig Jahren bedeutend zugenommen. Man
                              									überzeugte sich mit hinlänglicher Gewißheit, daß sie nicht immer vortheilhaft durch
                              									andere Blutentleerungen ersezt werden können. Ihr ungeheurer Verbrauch hat in einem
                              									Theil Frankreichs schnell ihre Ausrottung herbeigeführt, so daß wir (so wie auch
                              									andere Länder) heutzutage dem Auslande dafür tributär sind.
                           
                           Seit langer Zeit heben die unbemittelten Leute auf dem Lande die Blutegel, deren sie
                              									sich schon bedienten, auf, indem sie ihnen fleißig das Wasser wechseln, und können
                              									sich dadurch ihrer ein zweitesmal bedienen; in der Regel werden diese Thiere aber
                              									dadurch erst nach 6–8 Wochen tauglich, beißen auch da nicht alle an und
                              									ziehen nicht so stark wie das erstemal; auch bluten die von ihnen zurükgelassenen
                              									Wunden nicht so stark fort. Nachher verstreichen mehrere Monate, ehe man sich ihrer,
                              									wieder bedienen kann, und versäumt man, ihnen frisches Wasser zu geben, so gehen
                              									viele zu Grunde. Andere bringen sie in Asche oder in Salzwasser, damit sie einen
                              									Theil des angesogenen Blutes wieder von sich geben. Erstere aber zergeht in der
                              									schleimigen Feuchtigkeit, welche sie von sich geben und bildet damit einen Brei, der
                              									sich in ihre Falten legt, sie in ihren Bewegungen hindert und dadurch krank macht,
                              									daß er diese schleimige Secretion entweder durch die bloße Berührung oder vermöge
                              									der in der Asche enthaltenen Salze in zu großem Maaße hervorruft; die Blutegel
                              									sterben dann. Das Salzwasser hingegen ist entweder zu concentrirt, wodurch sie
                              									ebenfalls zu Grund gehen, oder es enthält zu wenig Salz und bleibt dann ohne
                              									Wirkung. Der Tabak tödtet sie; der Alkohol, auch der verdünnte, coagulirt das Blut
                              									in ihrem Körper und erregt in hohem Grade die Secretion ihrer schleimigen
                              									Feuchtigkeit. Verdünnter Essig macht sie manchmal eine große Quantität Bluts von
                              									sich geben; aber diejenigen, welche am meisten von sich geben, waren entweder zu
                              									voll damit angesogen und geben nur einen kleinen Theil desselben von sich, oder sie
                              									waren schon geschwächt und unterliegen dann bald. Mehrere Blutegel, die schon
                              									Dienste gethan hatten und in einem zur Hälfte mit Wasser angefüllten Gefäß
                              									aufbewahrt waren, wurden nach stürmischem Wetter und sehr große Hize durch den Tod
                              									um die Hälfte vermindert vorgefunden; es ist dieß jedoch nicht dem Gewitter oder der
                              									Hize zuzuschreiben, indem das Gleiche auch schon nach sehr kühlen Nächten beobachtet
                              									wurde.
                           Um ihre Entleerung im Großen zu bewirken, ohne ihrer Gesundheit zu schaden, bedürfte
                              									es einer Substanz, welche nur auf den Schließmuskel ihrer Speiseröhre erschlaffend
                              									einwirkte; es scheint, daß nur Narcotica dieß bewirken können; diese müßten in einer
                              									gewissen Dosis in Auflösung angewandt werden; man müßte ferner sicher seyn, daß sie
                              									absorbirt werden und nur auf die Speiseröhre wirken. Wahrscheinlich aber dürfte es
                              									schwer halten, ein Mittel aufzufinden, welches alle diese Bedingungen erfüllt.
                           Nachdem der Verfasser mehrere Mittel, die gebrauchten Blutegel zu entleeren, ohne
                              									Erfolg angewandt hatte, bemerkte er einen Blutegel, der eine ziemlich große Wunde
                              									von der charakteristischen  Form des Blutegelbisses hatte. Vor der Anwendung wurde er
                              									dieselbe nicht gewahr; nachdem das Thier aber mit Blut angesogen war, war sie viel
                              									größer. Er verfolgte von Tag zu Tag die Fortschritte der Vernarbung dieser Wunde.
                              									Sie war am neunten Tag vollendet. Er machte diese Beobachtung gegen Ende Augusts, zu
                              									einer Zeit also, wo die Wärme der Luft die Heilung befördern konnte. Es kam ihm hier
                              									der Gedanke, daß den Blutegeln beigebrachte Wunden nicht gefährlich seyn könnten,
                              									sofern sie nicht zu groß und zu zahlreich sind.
                           Er versuchte daher die Entleerung schon gebrauchter Blutegel mittelst einer kleinen
                              									Wunde oder eines Stiches auf einen Theil des Körpers, wo man sicher seyn kann, kein
                              									wichtiges Organ zu verlezen.
                           Um seinerseits aber nur unter günstigen Umständen zu operiren, beschloß er, keine
                              									käuflichen Blutegel dazu zu nehmen, weil sie beinahe immer künstlich genährt werden
                              									mit dem Blute todter Thiere, welches man in ein Bäuschchen einschließt und in ihr
                              									Reservoir wirst. Dieses Blut, wiewohl es von Thieren kömmt, die auf der Schlachtbank
                              									fielen, ist nichtsdestoweniger des Lebens beraubt und zur Zeit, wo es den Blutegeln
                              									zur Nahrung dienen soll, in der Zersezung begriffen; es kann daher zu dem Verluste
                              									beitragen, welchen die Apotheker oft erfahren, wenn sie sich zu große Vorräthe
                              									zulegen. Andererseits sind die Blutegel in diesem angefüllten Zustande viel größer
                              									und man glaubt, wenn man sie nicht näher untersucht, es mit starken Individuen zu
                              									thun zu haben, während es gerade recht schwache sind. Hr. Olivier nahm daher seine Blutegel aus einem Teiche, in welchem große und
                              									mittlere gezogen werden und bediente sich der grünen und der grauen Species.
                           Er applicirte zuerst 40 Stük bei einem kräftigen jungen Mann wegen der Entzündung
                              									eines innern Organs; er machte den Blutegeln, nachdem sie abgefallen waren, einen
                              									Stich in den Rüken, an einer von der Mitte des Rükens und der Seite gleichweit
                              									entfernten Stelle, drükte sie etwas von hinten nach vorn, um das Blut abfließen zu
                              									machen und hielt sie, um diesen Abfluß noch zu befördern und zu beschleunigen, unter
                              									Wasser. Ehe der Verfasser sich aber über die so eben zur Punctur als geeignet
                              									angegebene Stelle rechtfertigt, beschreibt er vorher genau den Organismus des
                              									Blutegels; diese Beschreibung zerfällt, da ein Knochensystem nicht vorhanden ist, in
                              									die des alle andern Apparate umhüllenden Apparats zur Fortbewegung, des
                              									Verdauungs-, des Circulations-, des Empfindungs- oder
                              									Nervenapparats, des Secretions- und Excretionsapparats und des
                              									Reproductionsapparats, mit deren Benennung jedoch wir uns begnügen, ohne die
                              									Beschreibung selbst wiederzugeben. Außer dem  Tastsinn sind die übrigen Sinne bei diesem Thiere
                              									schwierig nachzuweisen.
                           Der Nervenapparat, welcher sich unter dem Bauche und im Mittelpunkt des Körpers
                              									dieses Thieres befindet, die auf beiden Seiten und zwischen diesen Organen
                              									befindlichen Arterien, die Secretionsorgane scheinen darauf hinzuweisen, daß die
                              									Punctur an diesen Stellen vermieden werden müsse; auch die Vene im Mittelpunkt der
                              									Rükenregion muß verschont bleiben. Zwischen dieser Vene also und der Arterie, auf
                              									den Seiten des Rükens, wo kein wesentliches Organ sich befindet, kann eine kleine
                              									Oeffnung gemacht werden. Die am Ende des vordersten Viertheils des Körpers
                              									befindlichen Reproductionsorgane müssen ebenfalls vermieden werden, und damit die
                              									Wunde sich nicht gegen äußere Körper reibe, muß sie in eine Falte, und zwar parallel
                              									mit derselben, gemacht werden. Man wählt am besten das mittlere Drittel des Körpers,
                              									weil der Blutegel hier durch das Blut mehr ausgedehnt ist und die Wunde, einmal
                              									entleert, sich sehr zusammenzieht in Folge des Zusammenfallens der Haut auf ihren
                              									normalen Zustand. Man dringt mit der Klinge eines kleinen Schneideinstruments, eines
                              									Scalpells, einer Lanzette, oder eines Federmessers, perpendiculär oder etwas
                              									schräge, von vorn nach hinten, ein und macht eine etwa 2 Millimeter (9/10 Par.
                              									Linie) große Oeffnung, je nach der Kraft des Blutegels, welchen man wohl
                              									zusammenhält, und unterstüzt die Entleerung durch einen leichten Druk; um ihn fest
                              									zu halten, muß man ihn mit einem troknen oder ungefähr in der Länge seines hintern
                              									Drittels befeuchteten leinenen Tuche zwischen dem Daumen und dem Zeigefinger der
                              									linken Hand paken, das vordere Ende des zu entwischen trachtenden Thieres mit dem
                              									über das Ende des Daumens und Zeigefingers sich kreuzenden Mittelfinger zurükhalten
                              									und dabei die kleine Wunde unter Wasser halten; das Blut fließt dann leichter aus,
                              									namentlich wenn das Wasser eine Temperatur von 16–24° R. hat. Da das
                              									im Blutegel enthaltene Blut beinahe jederzeit schwarz und dik ist, wäre seine
                              									Entleerung an freier Luft schwieriger und langwieriger. Der Druk kann von vorn nach
                              									hinten oder umgekehrt stattfinden. In einer Minute kann man einen Blutegel leicht
                              									und vollkommen entleeren. Oft ist es der Fall, daß in Folge des Druks in der äußern
                              									Oeffnung ein kleines, weißes, häutiges Bläschen zum Vorschein kömmt, welches sie
                              									verstopft; dasselbe bildet sich aus der frei schwebenden Innenwand einer Magenzelle;
                              									man schneidet auch in dieses ein, und das Blut fährt dann fort auszufließen. Sind
                              									die Blutegel entleert und gut ausgewaschen, so bringt man sie in ein Gefäß mit
                              									Regen- oder Flußwasser und etwas frischen Kräutern, damit sie sich bei ihren
                              									Bewegungen von der sich 
                              									manchmal in großer Menge absondernden schleimigen Flüssigkeit, welche sich um sie
                              									herumzieht, leicht befreien können. Am besten scheint ihnen der Wasserhahnenfuß (Ranunculus aquatilis), wenn er jung ist, zu behagen; sie
                              									scheinen sich davon zu ernähren, denn nach 8 bis 10 Tagen liegen sehr viele kleine
                              									Stükchen der Blätter dieser Pflanze losgerissen auf dem Boden des Gefäßes, wo sie
                              									einen grünlichen Schmuz bilden, in welchem man aber die Natur dieser Fragmente
                              									leicht erkennt. Es ist eine Hauptsache, daß die Wunde nicht zu groß sey, damit das
                              									Wasser nicht in den Magen des Blutegels eindringen kann, welcher Fall selten
                              									eintritt, wenn diese Oeffnung mit der Falte recht parallel ist, weil sich dann die
                              									Wunde stark zusammenzieht. War eine Zelle des Magens durch die Wunde ausgetreten, so
                              									wird man am 5ten bis 6ten Tag manchmal noch einen kleinen weißen Punkt gewahr; in
                              									der Regel aber ist die Wunde vom 8ten bis 10ten Tag an völlig geschlossen und
                              									hinterläßt nur eine kleine Vertiefung oder Narbe, die in diesem Fall sichtbarer,
                              									sehr auffallend aber ist, wenn sich der Blutegel aufs neue vollsaugt. Man kann
                              									sogar, wenn ein Blutegel sich neuerdings vollgesaugt hat, an der Anzahl dieser
                              									Narben sehen, wie oft er schon entleert wurde.
                           Die 40 ersten Blutegel, mit welchen der Verfasser diese Punktur vornahm, schienen die
                              									zwei oder drei ersten Tage etwas leidend zu seyn; ihre Bewegungen waren unfrei, als
                              									wenn sie ihnen Schmerz verursachten; die Wunden zogen sich jeden Tag mehr zusammen,
                              									und schlössen sich vollkommen bei den einen am 6ten Tag, bei den andern von da bis
                              									zum 9ten Tag; bei mehreren war die Stichnarbe sehr schwer wieder zu finden, bei
                              									andern fand man eine dieser Wunde entsprechende kleine Vertiefung. Alle diese
                              									Blutegel überlebten diese Operation und wurden 14 oder 18 Tage darauf wieder an zwei
                              									verschiedenen Personen applicirt und bissen an wie das erstemal. Man mußte nun
                              									einmal gewiß, daß sie durch dieses Verfahren wieder anwendbar werden; wie oft aber,
                              									und nach welcher Zwischenzeit?
                           Der Verfasser wollte die Blutegel selbst appliciren und konnte dieß nur bei Personen
                              									thun, welche nichts dagegen hatten, schon gebrauchte anzuwenden. Er nahm solche aus
                              									dem Teich, um sie so oft anzuwenden, als sich unter günstigen Umständen Gelegenheit
                              									dazu ergab.
                           Am 15. September 1842 wurden zehn starke Blutegel auf das Bein eines robusten Mannes
                              									sanguinischer Natur gesezt, um einer Congestion in Folge einer Contusion zu
                              									begegnen; am andern Tag, den 16., wurden sie durch eine Punktur an der Stelle
                              									ungefähr, wo das vordere Drittel des Körpers mit dem mittlern zusammenstößt, unter
                              									Nachhülfe durch gelinden Druk entleert und wieder in Flußwasser  gelegt; am 7ten oder 8ten Tag
                              									waren die Wunden wieder geschlossen. Acht Tage nach dieser ersten Entleerung saugten
                              									sich 5 dieser Blutegel, an den Hals eines Kindes wegen einer mit Blut unterlaufenen
                              									Geschwulst gelegt, mit Blut an und hinterließen große Bißwunden, welche 8–9
                              									Stunden bluteten. Am andern Tag wurden sie ebenso wie das erstemal entleert und
                              									ebenso wieder hergestellt. Es verstrichen 9 Tage zwischen jeder Entleerung.
                           Am 29. September wurden 25 Blutegel aus demselben Teiche zum erstenmal an einer Frau
                              									applicirt, bei welcher sich Symptome von Vollblütigkeit zeigten. Am andern Tag, den
                              									30., wurden sie durch eine leichte Punktur entleert.
                           Am 3. October wurden 5 am 16. Sept., und 5 am 25. Sept. entleerte Blutegel, vereinigt
                              									mit den 25 am 30. Sept. entleerten, einer Frau wegen Lendenlähmung applicirt. Die
                              									Wunden der zulezt entleerten Blutegel waren noch nicht vernarbt und zwischen den
                              									Lefzen einiger dieser Wunden sah man noch weiße Punkte, die von dem freischwebenden
                              									Theil der Magenzellen, welcher sich beim Entleeren zwischen die Wunde schob,
                              									gebildet wurden; nichtsdestoweniger waren sie sehr kräftig. Diese 35 Blutegel bissen
                              									alle an, mit Ausnahme eines einzigen, und erzeugten große Bißwunden, deren einige am
                              									andern Morgen noch bluteten. Am 4. October wurden die 34 andern entleert und zwar
                              									war dieß bei 29 ihre zweite, bei 5 die dritte Entleerung. Sie wurden hierauf in
                              									vielem Wasser gewaschen und mit jungen Stengeln des Wasserhahnenfußes in ein Gefäß
                              									gebracht.
                           Bei 25 dieser Blutegel verstrichen zwischen zwei Entleerungen nur 4 Tage und ihre
                              									Wunden konnten nicht vernarben.
                           Am 10. Oct., 6 Tage nach dieser Entleerung, schien einer dieser Blutegel weniger
                              									lebhaft als die andern; die folgenden Tage zeigte sich bei ihm rund herum eine
                              									ungefähr 14–15 Millimeter (6 2/10 bis 6 6/10 Par. Linien) lange Verengerung
                              									und weiter hinten eine merkliche Anschwellung. Von Tag zu Tag wurden die Bewegungen
                              									langsamer; er verfiel in eine Art Schlafsucht (Fühllosigkeit, torpeur) und starb am 16. Der ganze Körper schien infiltrirt zu seyn; der
                              									After war angeschwollen und voluminöser als im gesunden Zustand; ebenso die beiden
                              									Lippen, vorzüglich die obere. Dieser (grüne) Blutegel enthielt innerlich etwas
                              									schwarzes, dikes Blut, über welchem die Zellen des Verdauungscanals weißlich
                              									erschienen; der leztere zeigte eine der äußern entsprechende Verengerung. Die Wunde
                              									von der lezten Punktur war unvollkommen vernarbt und befand sich vor der
                              									Verengerung, woraus zu vermuthen ist, daß der Tod durch eine der Entleerung fremde
                              									Ursache herbeigeführt worden sey.
                           
                           Am 18. October starben 2 andere Blutegel, welche am Tage zuvor schon schwach und
                              									erstarrt erschienen waren.
                           Zu gleicher Zeit wurden zwei Blutegel von jenen, die noch keine Dienste gethan hatten
                              									und die der Verfasser zur Vergleichung zurükgestellt hatte, todt gefunden. Sie waren
                              									infiltrirt und enthielten innerlich nichts als einen gräulichen, wässerigen Eiter;
                              									bei einem einzigen war ein rother Fleken wahrzunehmen, obwohl er kein Blut
                              									enthielt.
                           Am 30. October, 26 Tage nach der zweiten Entleerung, wurden die übrigen 31 Blutegel
                              									an einer Person von guter Constitution wegen eines epigastrischen Schmerzes
                              									applicirt; sie bissen sehr gut an und wurden am andern Tag (den 3l.) zum drittenmal
                              									entleert mit ebenso gutem Erfolg wie vorher.
                           Am 2. November, also 2 Tage nach der lezten Entleerung, wurden diese 31 Blutegel und
                              									der, welcher am 31. October nicht angebissen hatte, einer Frau wegen einer
                              									entzündlichen Geschwulst der großen linken Ohrendrüse gesezt. Sie bissen alle sehr
                              									wohl an, blieben aber nicht lange hangen; sie saugten sich nicht stark an,
                              									erschienen weich, erstarrt und leidend; die bei der lezten Entleerung gemachte Wunde
                              									war nicht vernarbt; bei einigen ließ sie Blut ausfließen, andere gaben aus dem Munde
                              									Blut von sich; diese leztern waren schlapp und entbehrten der gewohnten
                              									Contractilität, was beinahe immer das Zeichen eines krankhaften Zustandes ist. Zwei
                              									gingen beim Zurüktragen verloren, so daß ihre Anzahl sich auf 30 reducirte. Am 3.
                              									November wurden sie zum viertenmal entleert. Am andern Tag fand man zwei Drittheile
                              									derselben los vom Gefäße, unbeweglich, auf dem Rüken liegend, im Halbkreis gebogen,
                              									und dem Wasser in den dem Gefäße mitgetheilten rotirenden Bewegungen folgend. Der
                              									Verfasser hielt sie für todt. In der Vermuthung, daß die Kälte diese Erstarrung
                              									befördert haben könnte, wurde das Gefäß, welches sie enthielt, auf einen nur schwach
                              									erwärmten Ofen gestellt; nach einiger Zeit sah man einige sich mit dem After
                              									festsezen und mit dem übrigen Körper wellenförmige Bewegungen machen, andere nicht
                              									sehr kräftig schwimmen, sechs blieben unbeweglich, sie waren todt.
                           Die noch lebenden 24 Blutegel brachte man mit lauwarmem Wasser in ein Näpfchen, und
                              									sogleich sah man sie sich bewegen und mit erstaunenswürdiger Beweglichkeit
                              									schwimmen, und diese Kraft behielten sie, so lange sie in dieser Temperatur
                              									verblieben. Am andern Morgen erschienen sie wieder so erstarrt, wie Tags vorher, so
                              									daß drei Viertheile davon auf den Boden des Gefäßes gefallen, unbeweglich waren und
                              									den dem Wasser mitgetheilten Bewegungen folgten. Allmähliche Erwärmung des Wassers
                              									verlieh ihnen wiederholt ihre  Kraft. Bei den todten waren die beiden jüngsten Stiche
                              									offen und durch Drüken vom After gegen den Kopf trat Wasser heraus, vermengt mit
                              									kleinen Blutklümpchen, die wie schwärzliche Sandkörnchen darin aussahen.
                           Am 25. November, 22 Tage nach der Entleerung, sezte der Verfasser einem Mann wegen
                              									Seitenstechen die noch übrigen 24 Blutegel; sie bissen an, sogen sich voll und
                              									machten Bißwunden, aus welchen 9 Stunden lang Blut floß. Sie hatten ihre volle Kraft
                              									wieder. Am andern Tag, den 26. Nov. wurden sie zum fünftenmal entleert und in einem
                              									Zimmer aufbewahrt, dessen Temperatur nicht unter 6° R. sank. So oft das
                              									Wasser gewechselt wurde, ließ man das frische etwas lauwarm werden und in Folge
                              									dieser Vorsicht gingen nur zwei derselben zu Grunde.
                           Am 12. December, 16 Tage nach der Entleerung, sezte Hr. Olivier die noch übrigen 22 Blutegel, da er sie recht kräftig und wohl
                              									geheilt fand, an den Hals eines jungen Mädchens wegen einer heftigen Entzündung des
                              									rechten Auges; sie sogen sich wiederholt voll an und machten Bißwunden, die mehrere
                              									Stunden fortflossen. Hierauf in Wasser gebracht, waren bei einigen fünf kleine
                              									Vertiefungen oder Verengerungen zu erkennen, wovon jede einer Narbe der behufs der
                              									Entleerung gemachten Wunden entsprach. Am andern Tag, den 13., endlich wurden sie
                              									zum sechstenmal entleert; am 24. Dec. waren noch 20 Blutegel lebendig übrig.
                           Von 35 Blutegeln also, welche sechsmal entleert wurden, gingen 2 verloren, 11 starben
                              									und die überlebenden konnten den Dienst von 183 verrichten. Es bliebe nun nur noch
                              									zu wissen übrig, welchen Dienst noch die 20 thun könnten, die der Probe
                              									widerstanden. Der Verfasser hatte sich anfangs vorgenommen, dieselben Blutegel
                              									zehnmal zu entleeren, allein es war ihm unmöglich; hätte er es zu oft gethan, so
                              									hätte er alle verloren. Es konnten also vom 16. Sept. bis zum 13. Dec., d. h. in
                              									drei Monaten, von 35, oder vielmehr von 31 Blutegeln, weil 4 verloren gingen, 20
                              									Stük sechsmal gebraucht und ungefähr zwei Drittheile noch erhalten werden. Das
                              									Drittheil welches verloren ging, zeigte, wie gefährlich es ist, sie zu oft zu
                              									entleeren und wie nöthig, ihre Heilung abzuwarten, ehe man sich ihrer von neuem
                              									bedient. Dieses Erforderniß aber liegt nur in dem Zwek, die Blutegel zu conserviren;
                              									denn was den Kranken betrifft, können sie drei Tage nach ihrem Gebrauche mit gutem
                              									Erfolge wieder gebraucht werden, wenn sie sonst stark und gesund sind.