| Titel: | Leichte Methode, selbst von den kleinsten noch wägbaren Mengen starrer Körper oder tropfbarer Flüssigkeiten das specifische Gewicht vermittelst hydrostatischer Cylinderchen zu finden; von Karl Albrecht, | 
| Autor: | Karl Albrecht | 
| Fundstelle: | Band 89, Jahrgang 1843, Nr. CXIII., S. 428 | 
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                        CXIII.
                        Leichte Methode, selbst von den kleinsten noch
                           								waͤgbaren Mengen starrer Koͤrper oder tropfbarer Fluͤssigkeiten das
                           								specifische Gewicht vermittelst hydrostatischer Cylinderchen zu finden; von Karl Albrecht,
                        Secundarlehrer in Mettmenstetten im Kanton
                           								Zuͤrich, ehemals Collaborator zu Calw im Koͤnigreich
                           									Wuͤrttemberg.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									VI.
                        Albrecht, über Bestimmung des specifischen Gewichts mittelst
                           								hydrostatischer Cylinderchen.
                        
                     
                        
                           Es ist gewiß den meisten Chemikern oft schon verdrießlich gewesen, das specifische
                              									Gewicht kleiner Mengen von Salzen, Mineralien, Löthrohrproben, Flüssigkeiten u. s.
                              									w. wegen Mangels an einem passenden und bequemen Instrumente ununtersucht zu lassen
                              									und dadurch ein charakteristisches Merkmal des Körpers oft nach mühsamer
                              									Untersuchung zu verlieren.
                           Diesem Mangel hofft nun der Einsender dieses auf eine leichte und bequeme Art
                              									mittelst der in dem Nachfolgenden beschriebenen Methode abgeholfen und so die
                              									Mikrochemie mit einem neuen und nüzlichen Instrumente bereichert zu haben.
                           Diese Methode besteht in der Anwendung von graduirten Glasröhrchen, deren
                              									Raumtheilchen nach dem Gewichte des destillirten Wassers auf einer genauen Waage
                              									gemessen und die entsprechenden Gewichte einer empfindlichen Gran- oder
                              									Probirwaage beigegeben sind.
                           Die ganze Aufgabe, das specifische Gewicht eines Körpers zu finden, besteht
                              									bekanntlich darin, zu bestimmen, wie viele Raumtheile Wassers irgend ein starrer
                              									oder tropfbar flüssiger Körper einnimmt, und dann aus dem absoluten Gewichte dieser
                              									Wassertheile und des verglichenen Körpers eine Verhältnißzahl zu Eins zu berechnen,
                              									welche dann anzeigt, wie vielmal in gleichem Raume der verglichene Körper leichter
                              									oder schwerer ist als das Wasser. Durch diese Berechnung werden nun die zwei Zahlen
                              									eines Verhältnisses durch eine einzige Zahl ausgedrükt, welche in der Reihe der also
                              									gewogenen Körper das specifische Gewicht derselben angibt.
                           Ein jedes geometrisches Verhältniß ist ein Divisionsexempel, dessen Resultat die
                              									Verhältnißzahl zu Eins darstellt und dadurch anzeigt, wie vielmal das eine Glied
                              									größer oder kleiner ist als das andere.
                           Da jeder geometrische Bruch eine Verhältnißzahl zu Eins ist, so läßt sich das
                              									specifische Gewicht zunächst als einen solchen Bruch darstellen, und sodann in einen
                              									arithmetischen oder Decimalbruch verwandeln.
                           
                           Gesezt, man hätte ein Gewichtssystem, in welchem 1000 Gewichtstheile etwa 1 Loth des
                              									gewöhnlichen Gewichtes wiegen, so wird nach demselben ein Stükchen Gold von 484
                              									solcher Gewichtstheilchen einen sehr kleinen Raum einnehmen. Verdrängt nun in dem
                              									graduirten Glasröhrchen dieses Stükchen Gold 25 Gewichtstheile Wassers, so ist eben
                              									dadurch gefunden, daß 484 Gewichtstheile Goldes einen eben so großen Raum einnehmen,
                              									als 25 gleiche Gewichtstheile Wassers. Dieses Gewichtsverhältniß des Goldes zum
                              									Wasser bleibt sich nun in jeder Menge bei gleichem Raume gleich, und folglich ist 25
                              									: 484 = 1: 484/25 = 1 : 19,36; d. i. ein gleiches Volumen Goldes ist 19 36/100mal
                              									schwerer, als das gleiche Volumen Wassers, oder kurz: das specifische Gewicht des
                              									Goldes ist 19,36.
                           Die Verfertigung der graduirten Glascylinderchen und der dazu nöthigen Gewichte ist
                              									auf folgende Art leicht zu bewerkstelligen.
                           Man nehme eine Glasröhre, deren Luftcylinder eine Dike von 2 bis 3 Linien des alten
                              									französischen Zolles hat. Diese zerschneide man in Stüke von 5 bis 6 Zoll Länge,
                              									koche sie in Wasser ½ Stunde lang aus, schleife sie zuerst auf einem
                              									Sandsteine, dann mit Wasser und Schmirgel auf einem flachen Eisen oder Kupfer flach
                              									ab, und bohre auf die bekannte Weise mittelst Terpenthinöhl, worin ein wenig
                              									Kautschuk aufgelöst ist, mit einem wohlgehärteten StichelDer Verfasser machte bekanntlich im J. 1836 die Entdekung, daß sich das Glas
                                    											mittelst eines mit zaͤhem
                                    											Terpenthinoͤhl befeuchteten Grabstichels beliebig
                                    											durchloͤchern laͤßt und daß sich zu diesem Zwek dem frischen
                                    											Terpenthinoͤhl durch Zusaz von etwas Kampher oder Kautschuk die
                                    											Eigenschaften des alten ertheilen lassen; man vergleiche polytechnisches
                                    											Journal Bd. LIX S. 78.A. d. R. oben am Ende der Röhrchen zwei
                              									Löcher am Durchmesser des Cylinderchens, ziehe durch dieselben einen Henkel von
                              									feinem Platindraht, um sie an einer Granwaage aufhängen zu können, und nun klebe man
                              									eine auf folgende Art eingetheilte Papierscale auf jedes der Röhrchen von gleichem
                              									Kaliber.
                           Man verschafft sich ein Messingblech von der Dike einer halben Linie, dessen Stirne
                              									etwa 2 Zoll breit ist. In diese Stirne schneidet man auf die nämliche Art, wie man
                              									die Gewindstähle verfertigt, auf einer Drehbank, indem man das Blech gegen einen
                              									eingespannten Gewindbohrer drükt, die Zähne des Gewindes, welches bloß 3/5
                              									Millimeter Steigung haben darf, ein, feilt die so eingetheilte Stirne keilförmig zu,
                              									schleift den Grat ab, und drükt nun die in gerader Linie liegenden Zähne, welche man
                              									vorher mit einem Reißblei überstrichen hat, auf einen Papierstreifen ab, decimirt
                              									die Theilpunkte und rechnet  die Einheit als Tausendtel. Diese Eintheilung ist in
                              									Beziehung auf die mechanische Aufgabe, nämlich auf Genauigkeit, die möglichst
                              									richtige, welcher selbst diejenige nachsteht, die auf einer Theilmaschine
                              									bewerkstelligt wurde. Dabei hat dieses einfache Theilinstrument den wesentlichen
                              									Nuzen, daß man durch dasselbe leicht eine Menge gleich graduirter Glasröhren und
                              									Maaßstäbe in wenigen Augenbliken sich selbst verfertigen kann, und folglich ist auch
                              									diese Theilmethode, bei welcher die Zehntausendtel noch ziemlich genau geschäzt
                              									werden können, für die chemische Meßkunde ein Gewinn, und also die Mittheilung
                              									derselben am rechten Ort.
                           Um die Röhrchen unten zu verschließen, kitte man mittelst des bekannten Glaskittes
                              									aus 1 Gewichtstheil Mastix, 6 Thl. Alkohol, 2 Thl. Hausenblase, 16 Thl.
                              									Fruchtbranntwein und ½ Th. Ammoniakgummi ein vierekiges Stükchen flaches,
                              									mattgeschliffenes Glas als Füßchen an das eben geschliffene Cylinderchen. Die
                              									Röhrchen für starke Säuren oder äzende Alkalien werden unten zugeschmolzen, bei
                              									ihrem Gebrauche muß aber eine Tara für das bis an den ersten Theilstrich gehende
                              									Wasser abgezogen werden. In den Händen der Kenner werden wohl solche Anstände leicht
                              									beseitigt werden; was aber die Verfertigung des zu den Röhrchen gehörigen Gewichtes
                              									betrifft, auf dessen Genauigkeit hier, schon wegen der Kleinheit der Raumtheile,
                              									natürlich alles ankommt, so wird klar seyn, daß man bloß ein Normalgewicht von 100
                              									Raumtheilen Wassers in den gleichen Cylinderchen genau abzuwägen braucht, um
                              									vermittelst einer genauen Probirwaage alle übrigen Gewichte darnach verfertigen zu
                              									können. Die Art dieses Verfahrens bedarf keiner weiteren Erläuterung; bei meinen
                              									Röhrchen ist die Länge von 100 solchen Raumtheilchen 2 Zoll 7½ Linien des
                              									alten französischen Maaßes. Um die Einheiten zu bekommen, wiegt man ein Stükchen
                              									Platindraht mit 10 Gewichtstheilen Wassers in dem Röhrchen ab, macht nach demselben,
                              									wie Fig. 34
                              									zeigt, 10 Adversallinien, und feilt sich nach diesem Muster die neun untergeordneten
                              									Gewichtstheile ab, natürlich von gleichem Drahte und mit der gehörigen Genauigkeit.
                              									Auch noch ½, ⅓, ¼, ¾, 1/5 kann auf diese Art als Gewicht
                              									ausgemittelt werden.
                           Gebrauch der Röhrchen. Dieser erstrekt sich auf starre
                              									Körper, sowohl in compacter als Pulverform, auf Flüssigkeiten jeder Art, und selbst
                              									mit einer leichten Abänderung auf kleine Mengen von Gasen.
                           Um starre Körper nach ihrem Volumen mit diesen Röhrchen zu messen und mit dem
                              									Gewichte des Wassers zu vergleichen, ist es vollkommen gleichgültig, welche
                              									Flüssigkeit in das Röhrchen gegossen wird; man braucht bloß auf der Scale abzulesen,
                              									wie hoch dieselbe steigt,  wenn das Körperchen hineingeworfen wird, und man darf bloß, wie oben, mit den
                              									Wasserraumtheilen in sein absolutes Gewicht dividiren, so wird die Verhältnißzahl zu
                              									Eins, oder sein specifisches Gewicht herauskommen. Wäre z. B. jenes Stükchen Gold
                              									von 484 Theilen des absoluten Gewichts der Waage in die Flüssigkeit, welche etwa 30
                              									Raumtheile des Gläschens einnimmt, geworfen worden, so würde diese auf 55 Theile
                              									steigen: folglich wäre es einem Raume von 55 – 30 = 25 Wasservolum-Theilen
                              									gleich, und die Berechnung seines specifischen Gewichts geschieht wie oben gezeigt
                              									wurde. Eben so kann das specifische Gewicht von Edelsteinen, Salzkrystallen,
                              									Mineralien etc. gefunden werden.
                           Um das specifische Gewicht von kleinen Mengen irgend einer Flüssigkeit zu finden, hat
                              									man bloß nöthig, dieselbe in das Gläschen zu gießen, ihren Raum auf der Scale
                              									abzulesen, sodann zu wägen und die Verhältnißzahl zu 1 Theil Wasser zu berechnen.
                              									Gesezt man hätte in das Gläschen 103 Raumtheile Salzsäure gegossen, und durch Wägung
                              									fänden sich für dieselben 123 Gewichtstheile, folglich wäre nach obiger Methode 103
                              									: 123 = 1 : 1,1941, d. i. die Salzsäure hätte ein specifisches Gewicht von 1,1941,
                              									oder, was einerlei ist, die 103 Raumtheile Salzsäure sind 1,1941mal schwerer als 103
                              									Raumtheile Wassers.
                           Oder man hätte in dem Gläschen 36 Raumtheile absoluten Alkohols, und diese wiegen
                              									28½ Gewichtstheile der Waage, so ist 36 : 28½ = 1 : 28½/36 = 1
                              									: 19/24 = 1 : 0,791. Demnach ist das specifische Gewicht des Alkohols = 0,791.
                           Da es öfter vorkommen wird, daß man von einer Flüssigkeit, deren spec. Gewicht man
                              									sucht, wenigstens 1 Loth oder mehr hat, so läßt sich mittelst unserer Waage ganz
                              									leicht dieses Gewicht unmittelbar darstellen. Man macht sich etwas weitere
                              									Glasröhrchen mit Platindrahthenkeln, welche unten zugeschmolzen sind, wiegt in
                              									denselben 1000 Gewichtstheile Wassers genau ab, feilt an dem Niveau einen
                              									Theilstrich und klebt auf das Röhrchen die Zahl der Tara, so darf man nur bis an den
                              									Strich eine andere beliebige Flüssigkeit gießen und wägen, so erhält man durch diese
                              									Wägung nach Abzug der Tara unmittelbar ihr spec. Gewicht. Auf diese Art würden die
                              									1000 Raumtheilchen des Gläschens, mit obigem Alkohol gefüllt, nur 0,791 wägen, und
                              									1000 Theile jener Salzsäure 1,194. Mit einer Pipette kann man leicht die Flüssigkeit
                              									bis genau auf den Theilstrich bringen.
                           Aus dieser Darstellung wird sich ergeben, daß die hydrostatischen Cylinderchen ihrem
                              									Zwek, nämlich das spec. Gewicht kleiner Theile von starren oder flüssigen Körpern zu
                              									finden, wirklich auf eine leichte  Art entsprechen, und nach der angegebenen Methode kann
                              									nun auch die Verfertigung der dazu nöthigen Scalen und Gewichte keiner Schwierigkeit
                              									unterliegen, und jeder Chemiker wird sie sich leicht verfertigen können. Die
                              									Anwendung dieser Waage zu Auffindung des spec. Gewichts kleiner Mengen Gase soll
                              									später gezeigt werden.
                           Fig. 32 ist
                              									eine Ansicht des hydrostatischen Cylinderchens sammt Füßchen, Scale und Henkel. Fig. 33 stellt
                              									ein Probir-Cylinderchen vor mit dem Theilstrich C
                              									für 1000 Gewichtstheile Wasser, und Fig. 34 zeigt die
                              									Transversallinien für die Verfertigung der Gewichts-Einheiten aus Platindraht
                              									unter Zehn und unter Eins.
                           
                        
                     
                  
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