| Titel: | Ueber Expansionswirkung bei Locomotiven auf den belgischen Eisenbahnen; von Tauberth, Ingenieur. | 
| Fundstelle: | Band 92, Jahrgang 1844, Nr. II., S. 2 | 
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                        II.
                        Ueber Expansionswirkung bei Locomotiven auf den
                           belgischen Eisenbahnen; von Tauberth, Ingenieur.
                        Aus der Allgem. Zeitung fuͤr National-Indust. u.
                                 Verk. 1843, Nr. 16.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              I.
                        Tauberth, über Expansionswirkung bei Locomotiven auf den belgischen
                           Eisenbahnen.
                        
                     
                        
                           In einer früheren Nummer theilte ich die Resultate über den Kohksverbrauch auf den
                              badenschen Bahnen mit, und daß die effective Brennmaterialersparniß bei den mit
                              Expansion wirkenden Maschinen 25 Proc. betrüge. Auch auf den belgischen Bahnen
                              stellt sich ein ganz gleiches Verhältniß heraus. Von der Administration der Bahnen
                              ist die Einrichtung getroffen worden, daß von 3 zu 3 Monaten mittelst Verordnung das
                              Maximum des Kohksverbrauchs für die durchlaufene Lieue (à 5000 Meter, während die badensche Wegstunde zu 4000 Meter normirt
                              ist) festgesezt wird; ebenso auch für das Anfeuern und für die Zeit des
                              Reservehaltens.
                           Gegenwärtig ist für Maschinen von
                           
                              
                                 12 –
                                 14 Zoll
                                    Cylinder-Durchmesser13  –        –            –11  –        –            –Fuͤr
                                    das AnfeuernFuͤr jede Stunde Reservehalten
                                 2    Hektoliter1
                                    1/2   –1 1/4  
                                    –8        
                                    –1/2      –
                                 
                                    
                                    
                                 à Hektoliter = 33
                                    Kilogr.
                                 
                              
                           
                           bewilligt. Für die Maschinen, welche bereits mit
                              Expansionswirkung versehen sind, wird dem Maschinisten 1/4, d.h. 25 Proc. vom obigen
                              Maximum gekürzt. Die Führer, die bei diesem Normalsaze noch Ersparniß erzielen,
                              erhalten für jedes ersparte Hektoliter 25 Centimes (2 Sgr.) Prämie; und auf diese
                              Art hat in den lezten Wochen ein Führer der östlichen Linie mit einer 14zolligen
                              Expansionsmaschine in 14 Tagen 100 Fr. Prämie erhalten, was sich nächst der Kürzung
                              von 25 Proc. noch als eine neue Ersparniß von genau 10 Proc. vom Normalsaze
                              nachrechnen ließ, während manche Führer kaum mit dem bestimmten Maximum reichen.
                           Es sind Expansionsmaschinen nach verschiedenen Systemen in Gebrauch und zwar hat man
                              die Hauptabtheilung der veränderlichen und festen Expansion; jene zum Unterschiede
                              von dieser ist eine solche, die man während des Ganges der Maschine beliebig ändern
                              oder ganz aufheben kann. Von dieser expansion variable,
                              welche natürlich für die Praxis die bequemere ist, hat man bis jezt vorzugsweise das
                              System von Cabry (erstem Mechaniker an den belgischen
                              Bahnen)Man vergl. darüber polyt. Journal Bd. XC S.
                                       154 und 315. angewendet.
                           Lassen sich auch in der Theorie desselben manche Mängel nachweisen, so hat es die
                              großen praktischen Vorzüge der Einfachheit, Dauerhaftigkeit und Bequemlichkeit. In
                              Fig. 12
                              habe ich das Wesentlichste dieses Systems darzustellen versucht.
                           Die Bewegung des Schiebers erfolgt durch den mit der Welle A drehbaren Hebel S. Die Drehung der Welle
                              entsteht durch die hin- und hergehende Bewegung der Excentrikstange E, welche sich mit einem Zapfen in das Winkelkreuz W einlegt. Bei den Maschinen ohne Expansion hat dieses
                              Winkelkreuz die Gestalt W', wo bei Auslegen der
                              Excentrikstange sogleich die Wirkung auf die Bewegung des Schiebers aufgehoben wird.
                              Anders ist es bei der Cabry'schen Vorrichtung, wo man die
                              Excentrikstange E im Winkelkreuze von Z bis Z' herunterlegen kann
                              und dadurch nur den Curs des Schiebers ändert, wodurch die Expansion eben bewirkt
                              wird. Die genaue Construction der einzelnen Theile in ihrer Stellung zu einander bei
                              Wirkung der Expansion und wenn sie aufgehoben wird, ist eine sehr difficile; und es
                              genüge hier nur anzuführen, daß der Schieber durch bedeutende Verlängerung seiner
                              Lappen verändert werden muß, um für diese Expansionsvorrichtung tauglich zu seyn.
                              Daß indessen bei Verlängerung der Schieberlappen zugleich ein anderer Curs für den
                              Schieber gegeben werden muß, um eine Expansion gut herzustellen, versteht sich so
                              von selbst, daß ich es nicht anführen würde, wenn mir nicht aus der Praxis der
                              Fall bekannt wäre, daß der Mechaniker einer deutschen Bahn die Expansion an seinen
                              Maschinen anbringen ließ, indem er bloß die Lappen vergrößerte, ohne den Curs des
                              gewöhnlichen Schiebers zu ändern und dadurch ein so einseitiges Resultat erzielte,
                              als er selbst wohl nicht erwartet und zum wenigsten ein anderes als er seiner
                              Bahndirection hatte hoffen lassen.
                           Von entschiedenem Vortheile und wohl von noch größerem als die eigentliche
                              Expansionswirkung des Dampfes im Cylinder ist indessen für Brennmaterialersparung
                              die Vorrichtung, durch Erweiterung der Oeffnung im Blaserohr den Gegendruk des
                              Kolbens zu vermindern, wozu aber nothwendig eine geschikte Handhabung gehört. Nach
                              mehreren Versuchen mit verschiedenen Vorrichtungen in einem Blasrohre, welche immer dem Fehler häufiger Reparaturen unterworfen
                              waren, ist man jezt bei der Anbringung von zwei
                              Blasrohren, wovon das eine mit Klappenverschluß versehen
                              ist, wie Fig.
                                 13 stehen geblieben.
                           Auf der westlichen Linie der belgischen Eisenbahnen sind gegenwärtig die meisten
                              Maschinen mit doppeltem Blasrohr versehen, ohne noch die Expansionsvorrichtung zu
                              besizen, und es wird auch für diese Maschinen der Abzug von 25 Proc. des
                              Kohksmaximums in Anwendung gebracht, jedoch zum Nachtheil der betreffenden
                              Maschinisten gegen jene der anderen Linien, die beide Vorrichtungen an ihren
                              Maschinen haben; wie unter andern der obenerwähnte Maschinist der östlichen
                              Linie.
                           Die Expansionsvorrichtung allein ohne doppelte Blasrohre hat man nicht, um
                              durchschnittliche Resultate aus der Anwendung ziehen zu können.
                           Zum Versuch sind jezt zwei Locomotiven mit Application der Meyer'schen Vorrichtung in Seraing bestellt. Das Verdienst der Einführung
                              doppelter Blasrohre gebührt dem Ingenieur der westlichen Bahnlinie, Hrn. Creglinger, welcher schon vor einigen Jahren auf den
                              Werth derselben aufmerksam machte, indem er zuerst Versuche mit einer Vorrichtung
                              zum beliebigen Erweitern der Oeffnung an einem Blasrohre
                              machte.
                           Von einem Maschinisten in Gent, Namens Daskin, ist die in
                              Fig. 14
                              in der Skizze dargestellte Vorrichtung zur Expansion erfunden und vorgeschlagen
                              worden. Obgleich dieselbe für die Schnelligkeit, mit der die Maschinentheile der
                              Locomotive arbeiten müssen, sich für diese nicht eignen wird, so ist sie vielleicht
                              mit Nuzen für eine langsam gehende stationäre Maschine anzuwenden, und außerdem so
                              sinnreich, daß sie einen Plaz hier verdient. Die mit der Schieberstange verbundene
                              Lenkstange e, Fig. 14, hat an ihrem
                              äußern Ende einen Bolzen
                              c, welcher in dem als festliegend betrachteten
                              Schlize S, S' geführt wird. Während er den Bogen s, s', welcher vom Punkt c
                              aus beschrieben ist, durchläuft, findet für den Schieber selbst vollkommen ruhige
                              Stellung statt, und zwar erfolgt bei der in der Zeichnung dargestellten Anordnung
                              der Hebelarme der Lauf des Bolzens in diesem Bogen für die Zeit, daß der Kolben von
                              der Mitte seines Laufes bis ans Ende gelangt; also für halbe Füllung expandirt der
                              Dampf.
                           Dann aber, wo der Bolzen b in der Richtung nach S' vorgeschoben wird, öffnet sich der Schieber dem
                              Dampfeintritt wieder.
                           Indem die Excentrikstange E mit ihrem Bolzen e in dem Schlize des Winkelhebels W beliebig zu heben und zu senken ist, läßt sich die Dauer der Expansion
                              beliebig für jeden Theil des Curses vom Kolben verändern.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
