| Titel: | Bericht der HHrn. Dumas, Thenard, Pelouze, d'Arcet und Payen über mehrere Abhandlungen – Verfahrungsarten zur Verbesserung ungesunder technischer Operationen betreffend – welche der französischen Akademie der Wissenschaften zur Bewerbung um die Montyon'schen Preise übergeben wurden. | 
| Fundstelle: | Band 92, Jahrgang 1844, Nr. XXXIV., S. 119 | 
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                        XXXIV.
                        Bericht der HHrn. Dumas, Thenard, Pelouze, d'Arcet und Payen uͤber mehrere Abhandlungen –
                           Verfahrungsarten zur Verbesserung ungesunder technischer Operationen betreffend –
                           welche der franzoͤsischen Akademie der Wissenschaften zur
                           Bewerbung um die Montyon'schen Preise uͤbergeben wurden.
                        Aus den Comptes rendus, 1844, 1tes Semester, Nr.
                              9.
                        Verfahrungsarten zur Verbesserung ungesunder technischer
                           Operationen.
                        
                     
                        
                           Der Commission wurden Abhandlungen und verschiedene Gegenstände von achtzehn
                              Bewerbern um die Preise der Montyon'schen Stiftung
                              übergeben (Verfahrungsarten betreffend, wodurch technische Operationen für die
                              Gesundheit unschädlich gemacht werden). Alle von den Bewerbern behandelten
                              Gegenstände sind von großem Interesse; die wenigsten aber haben noch das Gepräge
                              einer praktischen Nüzlichkeit, welches allein die Zuerkennung der Preise dieser
                              Stiftung gestattet.
                           Verfertigung einer neuen Art Röhrenleitungen, welche Flüssigkeiten und Gase nicht so
                              leicht austreten lassen wie die gewöhnlichen, wodurch schon öfters so große
                              Unglüksfälle veranlaßt wurden. Diese schäzenswerthe Erfindung wurde im Jahr 1841 von
                              Hrn. Chameroy eingereicht; damals noch zu neu, um zum
                              Preise zu berechtigen, konnte sie seitdem einen Industriezweig in das Leben rufen,
                              welcher sich allmählich entwikelte. Man verwendet nach diesem Verfahren jährlich
                              300,000 Kilogr. Theer (von der Destillation fetter Steinkohlen), zur Bereitung eines die
                              eisenblechernen Röhren umgebenden, festhaftenden und dauerhaften Kittes. Diese
                              Erzeugnisse scheinen die Bedingungen eines niedrigen Preises und der
                              Undurchdringlichkeit nach Wunsch zu erfüllen; doch dürfte, was die Dauer betrifft,
                              ein Jahr mehr zur Beurtheilung derselben erforderlich seyn. Aus diesem Grunde und
                              weil eben jezt eine neue und größere Anstalt, welche Hr. Chameroy errichtet, neue Verbesserungen in Ausführung bringen soll, fand
                              es die Commission angemessen, die Entscheidung zu vertagen.
                           Aehnliche Gründe bewogen zu einem gleichen Entschluß hinsichtlich der von dem
                              Fabrikanten Hutter, zu Saint Etienne, eingereichten, mit
                              einem bituminösen Kitt überzogenen Glasröhren.
                           Die sinnreichen Beobachtungen des Hrn. Jobard in Brüssel
                              über die Explosionen der DampfkesselPolytechn. Journal Bd. LXXIX S. 233.
                                    Bd. LXXXIV S. 158. Bd. LXXXVI S. 252. würden ohne Zweifel Ansprüche auf die von der Akademie zuzuerkennenden
                              Preise begründen, wenn sie den Entdeker auf ein praktisches Verfahren, um diesen
                              Explosionen vorzubeugen, führen würden; bis dahin müssen wir uns eines Ausspruchs
                              enthalten.
                           Die wohlfeile Austroknung thierischer Substanzen unter Vermeidung ihrer Fäulniß wurde
                              von Hrn. Cambacères in der Abdekerei bei Paris im
                              Großen ausgeführt.Polytechn. Journal Bd. LXXXIX S.
                                       230. Das Verfahren besteht darin, über das vorher gekochte und mittelst einer
                              Maschine zerschnittene Fleisch die sonst verloren
                                 gehenden Gase der Feuerherde streichen zu lassen, welche man bei ihrem
                              Austritt aus den Oefen mittelst eines Ventilators ansaugt und in den Trokenraum
                              leitet. Dieses Verfahren wird sich ohne Zweifel noch vervollkommnen lassen, ist aber
                              jezt noch zu neu, um gehörig gewürdigt werden zu können.
                           Eine neue, aus getrokneten und zertheilten Pflanzen, welche wohlfeil zu bekommen
                              sind, bereitete Handelswaare wurde im verflossenen Jahr
                              von Hrn. Salmon übergeben, und da sie sich sowohl zum
                              Desinficiren als zur Bereitung von Dünger eignet, zur Mitbewerbung zugelassen; der
                              Verfertiger erhielt schon einmal für eine ähnliche Erfindung eine Belohnung und
                              glaubt, weil er ein dem früher angewandten bei weitem vorzuziehendes Material
                              auffand, neue Ansprüche begründen zu können; obgleich wir nun günstig lautende
                              Nachrichten darüber vor uns haben, so ist doch ein entscheidender Probeversuch und
                              eine längere Erfahrung unerläßlich, bevor die Akademie sich darüber aussprechen
                              kann.
                           
                           Auch die neuen Wärme-Erzeuger (Calorifèren) und sinnreichen
                              Vorrichtungen gegen Explosionen, welche Hr. Sorel
                              Polytechn. Journal Bd. LXXVII S. 419
                                    und Bd. LXXXVIII S. 452. erfand, ermangeln noch der praktischen Bewährung, der wesentlichen
                              Bedingung, um zum Preise zu berechtigen.
                           Ein Gleiches gilt von dem, von Hrn. Gannal angegebenen
                              Verfahren, die Bleiweißbereitung der Gesundheit ganz unschädlich zu machen.Polytechn. Journal Bd. LXXXVIII. S.
                                       463.
                              
                           Ein neues Hanfröstverfahren, von den HHrn. Avoustin und
                              Gisquet vorgeschlagen, gelangte mit sehr günstig
                              sprechenden Documenten an die Commission; dasselbe kann, wenn Versuche im Großen
                              seine Vorzüge bestätigen, einmal sehr nüzlich werden.
                           Eine Abhandlung der HHrn. Melsens und Guillot über die Behandlung des Mercurialzitterns mittelst des
                                 Jodkaliums verspricht neue wichtige Resultate, wie man sie auch von diesen
                              genauen und gewissenhaften Beobachtern zu erwarten berechtigt ist; sie selbst haben
                              sich vorgesezt, noch mehr und entscheidendere Thatsachen zu sammeln und verlangen
                              zur Zeit bloß daß von ihren Hoffnungen Vormerkung gemacht werde.
                           Ein praktischer Apparat, womit die Bildung detonirender
                                 Gasgemische sowohl in Gruben, als in bewohnten Räumen, wo man sich des Gaslichts
                                 bedient, vorausgesehen werden könnte, würde
                              sicher dem allgemeinen Wohle und der öffentlichen Sicherheit einen ausgezeichneten
                              Dienst leisten, weil die vorausgesehenen Gefahren dann leicht vermieden werden
                              könnten. Es ist dieß das große und schwere Problem, welches Hr. Chuard auf sehr sinnreiche Weise zu lösen versuchtePolytechn. Journal Bd. LXXXV S.
                                       158., die wir kennen und würdigen lehrten durch den Bericht einer Commission,
                              deren Organ Hr. Regnault war.Polytechn. Journal Bd. LXXXVIII S.
                                       342. Durch seine beharrlichen Bemühungen zeigte sich Hr. Chuard der Theilnahme der Akademie würdig, indem er kein Mittel, sich
                              seinem Ziele zu nähern, unversucht ließ. Mit nur wenigen Opfern mehr würde er
                              vielleicht an dasselbe gelangen; allein bereits hat er seine Kräfte überschritten.
                              Unter diesen Umständen glaubte die Commission dem Hrn. Chuard keinen Preis zuerkennen zu können; wohl aber erachtete sie es
                              billig, ihn für die Kosten, welche ihm seine Versuche verursachten, schadlos zu
                              halten, indem sie ihm die Summe von zweitausend Francs
                              als Ermunterung bewilligt.
                           Die drei Concurrenten, deren Rechtsansprüche darzulegen uns noch erübrigt, scheinen die in
                              unseren Programmen gesezten Bedingungen vollkommen erfüllt zu haben.
                           1) Hr. Martin, von Vervins, hatte im Jahr 1837 sein Verfahren zur Gewinnung des Stärkmehls aus dem Mehle ohne
                                 Veränderung des Klebers und ohne faule Gährung eingesandt.Seine gekrönte Preisschrift wurde im polytechn. Journal Bd. LXIV S. 128 mitgetheilt. A. d.
                                    R. – Die Commission erklärte in ihrem Bericht vom J. 1838, daß diesem
                              Verfahren nur mehr die praktische Bewährung mangle, um einer Belohnung würdig zu
                              seyn; des Verfassers Rechte blieben vorbehalten. Seitdem wurde das Martin'sche Verfahren noch bedeutend verbessert; die
                              Consumenten erkannten die Güte seiner Erzeugnisse an; der Kleber findet gegenwärtig
                              leichten Absaz zur Bereitung des schönsten Brods unserer Bäkereien und der
                              italienischen Nudeln (Maccaroni), welchen er das Ansehen und die guten Eigenschaften
                              der aus dem Getreide des Südens verfertigten ertheilt. Alle diese von der Société d'encouragement bestätigten
                              Thatsachen werden überdieß durch an uns gelangte authentische Proben bestätigt.
                           Da diese Verbesserung der Stärkmehlbereitung, indem sie das Unnüze, ja selbst
                              Nachtheilige einer bis zur Fäulniß getriebenen Gährung für das Interesse des
                              Fabrikanten zeigt, bereits auf die alten Verfahrungsweisen einwirkt, und die
                              Gewinnung einer größern Menge Stärkmehl aus den zerstoßenen Körnern gestattet, indem
                              man die Reactionen auf die milchsaure und essigsaure Gährung beschränkt, welche man
                              um so mehr beschleunigt – so werden also zwei, ihrer Natur nach sich
                              wechselseitig unterstüzende Industriezweige durch Martin's Erfindung minder ungesund gemacht, so zwar, daß dieselben, wenn
                              noch ein leichtes Abfließen des Wassers damit verbunden wird, in eine andere Classe
                              eingereiht werden können.
                           Aus diesen Gründen votirte die Commission eine Belohnung von viertausend Francs für Hrn. Martin.
                           2) Hr. Lamy, früher Arbeiter, jezt Vorarbeiter zu Rouen,
                              übergab zur Preisbewerbung eine Erfindung, welche er schon im Jahr 1822 im
                              Departement der untern Seine in Ausführung brachte; seitdem wurde sie noch
                              verbessert und in einer großen Fabrik im Seine-Departement eingeführt. Sie
                              dient mit sehr großem Vortheil zur Reinigung des Schwefels, welches Fabrikgeschäft,
                              ungeachtet gewisser in Marseille gemachter Verbesserungen, bisher noch mangelhaft
                              und sehr gefährlich war; es erzeugen sich nämlich dabei öfters detonirende
                              Gasgemische, deren Explosion in weiten gemauerten Räumen Menschenleben auf das Spiel
                              sezt. – Das Verfahren und die einfachen und ökonomischen Vorrichtungen,
                              welche Hr. Lamy erfand und einführte, hatten eine gänzliche
                              Umgestaltung dieser Verhältnisse zur Folge.
                           Der Schwefel wird bei Lamy's Verfahren zuerst einer
                              Reinigung unterworfen, durch welche ohne Kosten das Wasser, organische Beimengungen
                              und schwerere mineralische Substanzen entfernt werden; hierauf wird er ohne Mühe und
                              ohne Verlust in einen verschlossenen Cylinder decantirt und gänzlich überdestillirt,
                              wobei er nur einen unbedeutenden pulverigen Rükstand hinterläßt. Mehrere Operationen
                              folgen aufeinander, ohne daß der Apparat auseinander genommen werde; ist dieß
                              nöthig, so hebt eine bewegliche Stopfvorrichtung die Communication mit der Kammer
                              auf und verhindert so die Bildung von schwefliger Säure und zugleich das Eindringen
                              von Asche in die Kammern.
                           Ueberdieß sind die von Baksteinen errichteten (durch Cement verbundenen) Kammern mit
                              großen, leicht zu hebenden Ventilen versehen. Alle diese Vorrichtungen haben den
                              beabsichtigten Zwek so erfüllt, daß seit ihrer Einführung auch nicht der geringste
                              Unglüksfall vorgekommen ist und daß solcher in Form von Blüthe oder Stangen raffinirte Schwefel im
                              Handel sehr gesucht ist.
                           Da somit das Problem der Reinigung des Schwefels durch gesunde Verfahrungsweisen und
                              Apparate gelöst ist, ohne etwas zu wünschen übrig zu lassen, votirte die Commission
                              dem Hrn. Lamy
                              Hr. Simonin, Besizer einer chemischen Fabrik zu
                                    Poterie (untere Seine), reclamirte gegen diese Belohnung Lamy's, indem er behauptet, daß Lamy das besprochene Verfahren den Schwefel zu
                                    reinigen in der Fabrik zu Poterie kennen gelernt habe, wo es schon seit
                                    langer Zeit angewandt werde. (Comptes rendus,
                                    März 1844, Nr. 13.) einen Preis von dreitausend Francs.
                           3) An mehreren Pläzen hatten das Stillstehen und die unterirdische Einsikerung des
                              Wassers der Kartoffelstärkefabriken sehr große Uebelstände zur Folge. Erst unlängst
                              wurde ein Teich in der Umgegend von Paris davon inficirt; das Brunnenwasser wurde
                              durch solche Einsikerungen oft faulig, besonders, wenn unter dem Einfluß organischer
                              Materien der stark gypshaltige Boden die Bildung eines Sulphurids und in Folge davon
                              von Schwefelwasserstoff veranlaßte. – So verhielt es sich vor dem Jahr 1839
                              mit der Kartoffelstärkefabrik zu Trappes, deren gefaultes Wasser seine Dünste weit
                              verbreitete und die großen Wasserreservoirs zu Versailles anzusteken drohte. Den
                              HHrn. Jarrin und Longcoté gelang es durch sinnreiche und neue Vorkehrungen alles
                              dieses Wasser jede Campagne hindurch zu nüzlichen Bewässerungen zu verwenden. Sogar
                              die so leicht in Fäulniß übergehenden Bodensäze wurden durch sie gesammelt, auf wohlfeile Weise
                              ausgetroknet und in einen pulverigen Dünger umgewandelt.
                           Ihr unbestritten wirksames und wohlfeiles Verfahren, eines der nüzlichsten
                              landwirthschaftlichen Gewerbe gesund zu machen, verdient als Beispiel angeführt zu
                              werden und sowohl um die HHrn. Jarrin und Longcoté zu belohnen, als auch um andere
                              Fabrikanten und Landwirthe zur Nachahmung zu ermuntern, erkennt die Commission ihnen
                              einen Preis von zweitausend Francs zu.