| Titel: | Miszellen. | 
| Fundstelle: | Band 92, Jahrgang 1844, Nr. XLII., S. 155 | 
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                        XLII.
                        Miszellen.
                        Miszellen.
                        
                     
                        
                           Metallcomposition für die Büchsen oder Lager der
                              Locomotiven.
                           Hr. Dewrance (Director der mechanischen Werkstaͤtte
                              der Liverpool-Manchester-Eisenbahn) uͤbergab der
                              polytechnischen Gesellschaft zu Liverpool Muster von Patentlagern fuͤr
                              Locomotiven, welche sich bei der Pruͤfung vorzuͤglicher als alle
                              bisher angewandten erwiesen hatten; da die Metallcomposition weich ist, so war die
                              Reibung bedeutend geringer, waͤhrend diese Buͤchsen uͤberdieß
                              viel laͤnger dauerten, als man vermuthete. Eine Locomotive legte mit solchen
                              Buͤchsen 4480 engl. Meilen Wegs zuruͤk, ohne daß dieselben erneuert
                              oder ausgebessert zu werden brauchten. Die Metalllegirung fuͤr denjenigen
                              Theil der Buͤchse, worin die Achsenzapfen der Locomotiven laufen, besteht aus
                              sechs Theilen Zinn, acht Theilen Antimonium und vier Theilen Kupfer. (Civil Engineer and Architect's Journal, Febr. 1844, S.
                              10.)
                           
                        
                           Dachdekung mit getheertem Papier.
                           Es laͤßt sich aus dem aus Schiffstauwerk verfertigten Papier und
                              Steinkohlentheer eine sehr leichte und wohlfeile Dachbedekung machen. Solche
                              Dachungen leisten zu offenen Schoppen oder Fabrikgebaͤuden sehr gute Dienste.
                              Man verfaͤhrt dabei wie folgt. Man bedekt den Dachstuhl mit wohl
                              zugerichteten, aneinandergepaßten, moͤglichst ebenen, jedoch gerade nicht
                              sorgfaͤltig gehobelten duͤnnen Brettern, nagelt diese auf die Sparren,
                              laͤßt die noͤthigen Oeffnungen frei und spannt in der Richtung der
                              Neigung des Dachs das getheerte Papier auf (man bekommt dasselbe in Frankreich in
                              Rollen von 0,90 Meter [2 Fuß 9 Zoll Par. Maaß] Breite und 12 Metern [36 Fuß 10 Zoll]
                              Laͤnge, welche im Mittel 2 Kilogramme wiegen). Befestigt wird es mittelst
                              kleiner Leisten von 6–7 Centimeter (2 Zoll – 2 Zoll 7 Linien) Breite
                              und 1 Cent. (4 1/10 Linien) Dike, welche man 25 Centimeter (19 Zoll) auseinander
                              anbringt. Die Fugen werden in der Art uͤberdekt, daß jede unter eine Leiste
                              koͤmmt. Sind die Leisten angenagelt, so streicht man mittelst eines Pinsels
                              gekochten oder auch ungekochten, aber zum fluͤssigen Zustand erhizten
                              Steinkohlentheer auf das Dach und streut gleich darauf recht troknen, feinen Sand
                              daruͤber, welcher, dem Theer anklebend, dessen Abfließen verhindert.
                              Zwekmaͤßig ist es, das Dach nur von Stelle zu Stelle mit Papier und Theer zu
                              uͤberziehen. – Es wurde oben gesagt, daß das Papier nach der Gestalt
                              und Groͤße der im Dache zu lassenden Oeffnungen ausgeschnitten wird; man muß
                              hiebei auf die Zusammenfuͤgung große Aufmerksamkeit wenden, weil an diesen
                              Stellen die Feuchtigkeit sich am liebsten einsezt. Die Dachfenster muͤssen
                              vor dem Auflegen des Papiers eingesezt und beglast werden. Nach mehrfacher Erfahrung
                              erhalten sich diese Daͤcher recht gut. Alle Jahre muͤssen sie bei
                              trokenem Wetter mit Theer frisch uͤberstrichen und noͤthigenfalls
                              ausgebessert werden. Die Hauptvorzuͤge dieses Systems sind die Leichtigkeit
                              und Wohlfeilheit des Materials und die schnelle Ausfuͤhrbarkeit. Solche
                              Daͤcher widerstanden starken Regenguͤssen und furchtbaren
                              Stuͤrmen, wo Zink- oder Schieferdaͤcher bedeutende
                              Beschaͤdigungen erlitten. Nur der Hagel kann, wenn die Bretter
                              Zwischenraͤume zwischen sich lassen, Verheerungen anstellen; denn wo das
                              Papier keine Unterlage hat, kann jedes Hagelkorn ein Loch schlagen. (Mallet im Moniteur
                                 industriel, 17. Maͤrz 1844.)
                           
                        
                           
                           Anwendung und Vortheile des Jeffery'schen Schiffsleims.
                           Dieser im polytechn. Journal Bd. LXXXV S. 461
                              und Bd. LXXXVII S. 157 beschriebene
                              Schiffsleim wird, nachdem er auf 97° R. erhizt worden ist, mit
                              Buͤrsten moͤglichst gleichfoͤrmig aufgetragen. Da er unter der
                              Arbeit sich abkuͤhlt und erhaͤrtet, wird er mittelst erhizten Eisens
                              wieder auf 48° R. erwaͤrmt, welchen Augenblik man benuͤzt, um
                              die Flaͤchen mittelst eiserner Baͤnder und Keile anzutreiben. Man thut
                              wohl, die geleimten Theile dann sogleich unter Wasser zu steken, um die Anhaftung zu
                              beschleunigen. Wenn die zusammenstoßenden Flaͤchen wohl zugerichtet sind,
                              bedarf es nur einer duͤnnen Leimschicht auf jede derselben; haben sie aber
                              bedeutende Unebenheiten, so ist eine ziemlich dike Leimschicht zu ihrer
                              Ausfuͤllung erforderlich. – Dieser Schiffsleim hat vor dem vor ihm
                              angewandten (Knochen-) Leim folgende Vorzuͤge: er ist in Wasser
                              gaͤnzlich unaufloͤslich, schwindet nicht und bleibt durchaus wie er
                              ist; man kann ihn durch Anwendung anderer Verhaͤltnisse nach Belieben hart
                              und unbiegsam, oder elastisch und weich machen, je nach dem Zwek. Gehoͤrig
                              angewandt gibt er den vereinigten Hoͤlzern eine außerordentliche
                              Adhaͤsion. – Der Schiffsleim ist fuͤr den Seedienst und die
                              Technik von großem Nuzen. Man kann mittelst desselben Mastbaͤume aus
                              Holzstuͤken zusammensezen, die Schiffe kalfatern. Mit einem Mineralgift
                              versezt kann er mit Vortheil den kupfernen Schiffsbeschlag ersezen. Auch an Steinen
                              haftet er ausnehmend stark und kann sie auf das festeste verbinden. (Journal de Pharmacie, Febr. 1844, S. 134.)
                           
                        
                           Jeffery's
                              Noth-Boot.
                           Der Erfinder des Schiffsleims, Hr. Jeffery, suchte vor
                              Kurzem einer Versammlung von hohen Officieren auf dem Werft zu Woolwich zu zeigen,
                              mit welcher Leichtigkeit diese Substanz im Falle eines Schiffbruchs oder anderer
                              Seegefahren zur Construction von Fahrzeugen aller Art angewandt werden kann. Hr. Jeffery mit seinen Assistenten begann damit, einige 1
                              Zoll dike Stuͤke Holz, welche mit Haͤngen (Angeln) verbunden waren und
                              einer spanischen Wand glichen, aus einander zu legen; hierauf wurden einige kleinere
                              Stuͤke mittelst Haken und Oefen damit verbunden und die Fugen mit der
                              Leimmasse verstrichen und so in 20 Minuten ein 12 Fuß langes, 4 Fuß breites und 20
                              Zoll tiefes Boot gebaut und in das Wasser gelassen, welches mit einem luftdichten
                              Raum von 2 1/2 Kubikfuß am Hintertheil und einem solchen von 15 Kubikfuß am
                              Vordertheil, um es schwimmend zu erhalten, versehen war. Er ging dann sogleich mit
                              mehreren Personen an Bord desselben; sie ließen sich zu einem in der Mitte des
                              Flusses liegenden Schiff hinuͤberrudern, welches sie aufnahm und kehrten dann
                              an das Ufer zuruͤk. Die ganze Zeit vom Anfang des Versuches bis zum Ende
                              betrug 35 Minuten; das an das Ufer zuruͤkgebrachte Boot hatte nicht einen
                              Tropfen Wasser eingelassen. Obwohl dieser Versuch das erstemal angestellt wurde,
                              gelang er doch vollkommen und bewaͤhrte die leichte Anwendbarkeit
                              erwaͤhnten Leims in Nothfaͤllen. (Mechanics'
                                 Magazine, 1844, Nr. 1065.)
                           
                        
                           Erweichung der Billardbande aus Kautschuk.
                           Bekanntlich werden die Bande der Billards jezt haͤufig von Kautschuk gemacht
                              und dieselben haben dadurch an Zwekmaͤßigkeit sehr gewonnen. Den einzigen
                              Fehler haben solche Bande, daß sie durch Kaͤlte sehr erhaͤrten und die
                              bisherige Art, sie zu erweichen langwierig, muͤhsam, nicht ausreichend ist
                              und Tafel und Tuch beschaͤdigt; namentlich ist dieß in Privathaͤusern
                              und wo keine besondere Person zur Beaufsichtigung der Tafel aufgestellt ist, der
                              Fall. Ein Vorschlag, dem abzuhelfen geht dahin, daß man durch diese Bande
                              Metallroͤhren zieht, in welche man aus einem gewoͤhnlichen Theekessel
                              heißes Wasser gießen kann. Es ist dieß sehr leicht zu machen, die Erwaͤrmung
                              geschieht auf diese Weise sehr schnell und Tuch und Bande werden nicht beschmuzt wie
                              bisher. (Mechanics' Magazine, 1844. Nr. 1065.)
                           
                        
                           
                           Verfahren zum Bierbrauen für Haushaltungen.
                           Hr. Brande theilte in seiner Vorlesung uͤber
                              Gaͤhrung an der Royal Institution folgendes
                              Brauverfahren mit, welches Sir Thomas Marrable ersann und
                              wodurch der gewoͤhnliche kostspielige Apparat ganz entbehrlich wird. Malz und
                              Hopfen werden, wie gegenwaͤrtig, mit einander gekocht; nachdem die
                              Wuͤrze auf beilaͤufig 26° Reaumur abgekuͤhlt ist,
                              vermischt man sie mit der Hefe und schuͤttet sie auf einmal in das Faß. Auf
                              dem Dekel des Fasses wird dann eine gebogene Roͤhre eingestekt, welche in
                              einen Wasserbehaͤlter ausmuͤndet, so daß also keine Luft zu dem Faß
                              Zutritt hat, waͤhrend die gebildete Kohlensaͤure frei austreten kann.
                              Das Faß mußte bei diesem Verfahren fuͤnf Wochen lang auf einer Temperatur von
                              12 bis 17° Reaumur erhalten werden. Man erhielt auf diese Art ein
                              vortreffliches Bier; die obersten und untersten Schichten, welche die Unreinigkeiten
                              enthalten, muͤssen aber beseitigt werden. (Chemical
                                 Gazette, Febr. 1844, S. 112.)
                           
                        
                           Brodverfälschung mit Borax.
                           Der Apotheker Duvillé zu Montdidier fand schon oft
                              das Brod zweiter Qualitaͤt mit Borax versezt; gewoͤhnlich kommen 125
                              Gramme dieses Salzes (4 5/6 Unzen) auf 50 Kilogr. Mehl. Wenn der Borax auch der
                              Gesundheit nicht sehr nachtheilig ist, soll er dennoch wegbleiben, weil er das
                              Ausfließen (l'écoulement) des schlechten Mehls
                              befoͤrdert. Um ihn zu entdeken verfaͤhrt man wie folgt: da er schwer
                              aufloͤslich ist, muß eine große Quantitaͤt des verdaͤchtigen
                              Mehls oder Brods in Behandlung genommen werden. Den filtrirten Absud bringt man in
                              eine silberne Schale mit einem mit destillirtem Wasser abgeschlagenen Eiweiß,
                              laͤßt einen Augenblik aufsieden und seiht durch Filz. Aus 12 Kilogr. Mehl
                              gießt man nun sehr allmaͤhlich 60 Gram. (2 Unzen) concentrirter
                              Schwefelsaͤure hinzu, ruͤhrt mit dem Glasstabe um und filtrirt
                              uͤber einer Schuͤssel durch Filz, laͤßt die Fluͤssigkeit
                              24 Stunden stehen, gießt dann die Mutterlauge ab und laͤßt die
                              Boraxsaͤure abtropfen; nach ein paar Tagen waͤscht man sie mit
                              destillirtem Wasser aus und macht sie endlich durch Erwaͤrmen der
                              Schuͤssel in kochendem Wasser von dieser los, indem man sie uͤber
                              einen Tisch umstuͤrzt und leise darauf klopft. Die Baͤker bedienen
                              sich des von Payen entdekten oktaedrischen Borax, welchen
                              man auch zum Loͤthen anwendet. (Journal de Chimie
                                 médicale, Maͤrz 1844. S. 145.)
                           
                        
                           Methode zur quantitativen Bestimmung des Farbstoffs des
                              Garancin.
                           Nachstehendes Verfahren zur Feststellung des Werthes eines sehr theuren Farbstoffs,
                              des Garancin und indirect des Krapps, duͤrfte zu empfehlen seyn, da es sehr
                              genaue, in Ziffern ausdruͤkbare Resultate gibt.
                           Eine 14–16 Zoll lange, 1/4 Zoll weite Glasroͤhre zieht man sich an
                              einem Ende in eine feine Spize aus, dieses Ende der Roͤhre stekt man dann
                              durch einen gut anschließenden Kork, so daß die Spize derselben 1–2 Zoll
                              durch diesen hervorsteht; Kork und Roͤhre paßt man hierauf in den untern
                              Theil eines gewoͤhnlichen Lampencylinders. Man befestigt diesen
                              Deplacirungsapparat mittelst eines Stativs, oder sezt ihn unmittelbar auf ein
                              passendes Glasgefaͤß. – Wenn dieser Apparat so vorgerichtet ist, wiegt
                              man sich von dem zu untersuchenden Garancin genau 2,5 Gramme ab, schuͤttet
                              diese in die enge Roͤhre, deren Spize man durch etwas Baumwolle verstopft
                              hat, und fuͤllt die Roͤhre selbst mit reinem Aether an; durch einen
                              kleinen Kork verschließt man die obere weite Oeffnung derselben, den leeren Raum
                              zwischen Roͤhre und Cylinder umgibt man mit heißem Streusand; der Aether
                              kommt ins Kochen und loͤst den Farbstoff des Garancin auf, sich in dem untergestellten
                              Glase sammelnd. Man wiederholt die Operation, so lange der Aether noch
                              gefaͤrbt ablaͤuft.
                           Die erhaltenen Auszuͤge von orangerother Farbe verdampft man am besten gleich
                              in demselben Glase, in welchem man sie aufgefangen hat, zur Trokne, gießt dann auf
                              den Ruͤkstand 2 Loth destillirtes Wasser, in welchem man 5 Gran kaustisches
                              Kali oder Natron geloͤst hat. Der Farbstoff loͤst sich in dieser
                              schnell mit intensiv violetter Farbe auf; wenn alles geloͤst ist, sezt man
                              tropfenweise Salzsaͤure zu, bis diese etwas vorwaltet, der Farbstoff
                              schlaͤgt sich dadurch in orangefarbenen Floken wieder nieder. Man sammelt nun
                              den Niederschlag auf einem gewogenen Filter, suͤßt ihn gut aus, troknet und
                              wiegt ihn. Das Uebergewicht des Filters ist, wenn man vorsichtig arbeitet, reiner
                              Krappfarbstoff, Alizarin, nach Robiquet, von dessen Menge
                              die Guͤte des Garancin, wenn auch nicht allein, abhaͤngig ist.
                           Das Aufloͤsen des aͤtherischen Auszugs in kaustischem Alkali ist
                              nothwendig, da man nur so im Stande ist, das Alizarin troken und waͤgbar zu
                              erhalten; man darf nur die einzige Vorsicht nicht versaͤumen, es aus dieser
                              Loͤsung sofort durch Saͤuren zu faͤllen.
                           Da jedoch das Alizarin in dieser großen Vertheilung in angesaͤuertem Wasser
                              etwas loͤslicher als in reinem Wasser ist, so muß man, um der Wahrheit ganz
                              nahe zu kommen, fuͤr je 1000 Gran der abfiltrirten Fluͤssigkeit 2
                              Milligramme der gefundenen Menge Alizarin zurechnen.
                           Die Eigenschaften des so erhaltenen Alizarin stimmen mit den Angaben von Robiquet uͤberein; nur einiges duͤrfte
                              hinzuzufuͤgen seyn.
                           Concentrirte Schwefelsaͤure zerstoͤrt es vollstaͤndig.
                           Salpetersaͤure verwandelt es in Kohlenstikstoffsaͤure.
                           Sehr charakteristisch ist die Wirkung der aͤzenden Alkalien.
                           Ammoniak loͤst es mit schoͤn violetter Farbe und hinterlaͤßt es
                              beim Verdampfen unveraͤndert.
                           Kaustisches Kali und Natron loͤsen es mit gleicher Farbe auf und zersezen es
                              beim Ausschluß der Luft nicht, beim Luftzutritt jedoch tritt nach und nach eine
                              aͤhnliche Verwesung ein, wie sie so schoͤn beim Blauholzfarbstoff
                              beobachtet wurde; die violette Farbe geht nach und nach ins Rothe und am Ende ins
                              Braune uͤber; Saͤuren faͤllen es nun nicht mehr gelblich roth,
                              sondern braun, dem Eisenoxydhydrat aͤhnlich, es sublimirt und faͤrbt
                              nicht mehr. Z. (Allgem. Zeitg. fuͤr
                              National-Industrie etc. 1844. Nr. 25.)
                           
                        
                           Vorsichtsmaaßregeln bei der Chlorbleiche.
                           Das Bleichen leinener und baumwollener Zeuge und Garne mittelst Chlor hat nun
                              allgemeine Anwendung gefunden; die dagegen stattgehabten Vorurtheile sind so
                              ziemlich besiegt, und jeder wenn auch nur etwas Unterrichtete sieht nun, daß
                              dasselbe, richtig angewendet, fuͤr die Dauerhaftigkeit der Stoffe nicht im
                              geringsten nachtheilig ist. Zur Darstellung des Chlors hat man bekannte Recepte, die
                              mehr oder weniger die richtigen proportionalen Verhaͤltnisse der
                              anzuwendenden Ingredienzien angeben; doch hat es auf den Erfolg und namentlich auf
                              die Qualitaͤt und Weiße der Zeuge keinen so entschiedenen Einfluß, wenn
                              solche naͤmlich die richtigen (stoͤchiometrischen)
                              Verhaͤltnisse, auch nicht immer ganz scharf eingehalten werden. Dieß ist
                              fuͤr den nicht rationellen Bleicher (und diese bilden die Mehrzahl) auch
                              schwer, weil die anzuwendenden Stoffe, namentlich Braunstein, haͤufig in dem
                              Gehalt differiren. Man lasse sich also nicht irre fuͤhren, wenn, wie es
                              leider noch sogar haͤufig geht, eine Bleiche mißlingt, denn wenn es gleich in
                              oͤkonomischer Beziehung wichtig ist, so kann es doch niemals ein
                              gaͤnzliches Mißlingen oder Unbrauchbarwerden des Bleichwassers
                              herbeifuͤhren, wenn darin auch etwas gefehlt wird.
                           Haͤufig, ich moͤchte sagen am haͤufigsten, sind Metalle oder
                              deren Oxyde daran Schuld, wenn die gewuͤnschte Weiße nicht erreicht wird.
                              Schon vor mehreren Jahren warnte ein Sachverstaͤndiger vor dem Eisen, das der
                              Thon, welcher zu den Lutirungen verwendet wird, bisweilen enthaͤlt. Ich nahm
                              mir schon damals vor,
                              meine Ansicht daruͤber auszusprechen, wollte mich jedoch noch mehrfach
                              uͤberzeugen und ich kann nun aufs bestimmteste versichern, daß die
                              Metallsalze, die sich durch die Aufloͤsung des Braunsteins (Manganoxyds)
                              ergeben und, außer etwas Eisensalzen, hauptsaͤchlich aus schwefelsaurem, beziehungsweise salzsaurem Mangan bestehen, die groͤßten Feinde der Bleichen sind.
                              Nimmt man zur Chlorentwiklung z.B. Schwefelsaͤure, Salz und Braunstein, so
                              ist das Residuum in der Retorte zum groͤßten Theil schwefelsaures Mangan und
                              Glaubersalz in dem mit der Schwefelsaͤure hinzugekommenen Wasser
                              aufgeloͤst; bei Salzsaͤure und Braunstein besteht das Ueberbleibsel
                              aus aufgeloͤstem salzsaurem Mangan. Wird nun diese Masse durch
                              Unvorsichtigkeit etwas stark erhizt, so geht von dieser Fluͤssigkeit aus der
                              gesperrten Retorte in den Recipienten, der gewoͤhnlich ein hoͤlzernes
                              Gefaͤß zu 3/4 mit Wasser angefuͤllt ist, mit dem Chlorgas uͤber
                              und uͤbt bei nachheriger Anwendung einen aͤußerst nachtheiligen
                              Einfluß aus, vor dem ich gar nicht genug warnen kann.
                           Man glaube ja nicht, daß man diesem durch sorgfaͤltiges Abklaͤren des
                              Bleichwassers entgehen kann. Dieß ist ganz irrig, denn nicht die schwarze
                              truͤb machende Braunsteinmasse ist das Nachtheilige, sondern das darin
                              enthaltene schwefelsaure, beziehungsweise salzsaure Mangan, das fuͤr sich
                              eine wasserhelle Fluͤssigkeit gibt, ist es, was die mit solchem Bleichwasser
                              behandelten Bleichgegenstaͤnde gelblich macht oder
                              wenigstens die sonst zu erreichende Farblosigkeit mindert. Ist der Fehler einmal
                              gemacht, so verfallen die meisten Bleicher dann auf einen andern, oder sie
                              vergroͤßern vielmehr den gemachten dadurch, daß sie die
                              Bleichgegenstaͤnde mit alkalischer Lauge, Kalkwasser oder Seife behandeln.
                              Dieß wolle man aber ja unterlassen, denn diese Alkalien zersezen das Mangansalz
                              augenbliklich in Manganoxyd, was sich den Stoffen so innig impraͤgnirt, daß
                              es nimmer so leicht daraus zu bringen ist, und gerade auf diesem Wege kann
                              aͤcht und dauerhaft braun gefaͤrbt werden, wenn man die Stoffe in
                              gehoͤriger Menge anwendet, was in den Kattunfaͤrbereien haͤufig
                              geschieht. Durch freie Saͤure koͤnnen diese Metallsalze, bevor sie
                              sich vollkommen oxydiren, am besten auf vorsichtige Weise ausgewaschen werden.
                              Sauerkleesaͤure ist die geeignetste dazu, es thuns aber auch minder
                              kostspielige Sauerbaͤder; nur muͤssen Sachverstaͤndige
                              daruͤber zu Rath gezogen werden.Selbst nachdem das Mangansalz vollstaͤndig in das braune Oxyd
                                    verwandelt ist, lassen sich die Gespinnste und Gewebe durch eine
                                    verduͤnnte Aufloͤsung von Zinnsalz in
                                       Salzsaͤure oder durch eine Aufloͤsung von schwefliger Saͤure in Wasser wieder
                                    vollkommen weiß herstellen. A. d. R.
                              
                           Ich erlaube mir es also nochmals zu wiederholen, daß man ja das Uebersteigen der
                              Masse aus der Retorte in den Bleichkasten zu vermeiden suche, denn dieß ist der
                              schlimmste Stoff fuͤr die Bleichereien. In groͤßeren Anstalten
                              vermeidet man es durch die bekannten Mittelflaschen, in kleineren dadurch, daß man
                              die Retorte etwas tief sezt und die Verbindung durch etwas weite und ansteigende
                              Roͤhren herstellt, hauptsaͤchlich aber durch recht vorsichtiges,
                              gleichfoͤrmiges und langsames Feuer unter der Retorte. Dann wolle man auch
                              alle organischen Substanzen aus der Retorte entfernt halten, namentlich Stroh, Holz,
                              Spaͤhnchen, fettige Theile und Beinmehl, was bisweilen zum Lutiren genommen
                              wird, denn diese Stoffe erzeugen kohlensaures Gas, das ein Aufwallen und leicht ein
                              Uebersprudeln verursacht. Steinsalz hat bisweilen etwas kohlensauren Kalk, der
                              dieselbe Wirkung hervorbringt; es ist uͤbrigens recht wohl anwendbar, nur ist
                              es rathsam, die Saͤure etwas mehr, als bei Kochsalz, mit Wasser zu
                              verduͤnnen und recht behutsam zu feuern, bis sich die Kohlensaͤure
                              entfernt hat, was in der Regel bald geschieht.
                           Ich machte auch schon oͤfters die Bemerkung, daß Geraͤthschaften und
                              Gefaͤße, die zu den Ruͤkstaͤnden aus den Retorten, also zu der
                              Manganloͤsung gebraucht werden, zugleich auch nach oberflaͤchlichem
                              Abspuͤlen zu Bleichgegenstaͤnden benuͤzt werden. Dieß ist nun
                              auch aͤußerst tadelnswerth und hat fast immer auch nachtheilige Folgen. Beim
                              Wegschuͤtten der Ruͤkstaͤnde huͤte man sich auch, daß
                              nichts in die Brunnen, Teiche oder Seen fließe, von denen man sich mit Wasser zum
                              Bleichen versteht.
                           
                           Die Farblosigkeit dieses Stoffes ist die Ursache, daß man sich in wenigen Bleichen
                              sorgfaͤltig genug davor huͤtet, die Wirkung ist aber oft erst
                              bemerkbar, wenn die Bleichwaaren schon einige Zeit im Verkaufslocale oder in dem
                              Weißzeugkasten sind. Nur in dem Fall ist sie gleich nach dem Troknen bemerkbar und
                              viel auffallender, wenn, wie oben gesagt, die auf diese Art verunreinigten Stoffe in
                              der Meinung, sie wieder zu reinigen, mit Potasche oder Sodalauge, mit Kalkwasser,
                              Seife oder auch mit Lette (fettem Thon) behandelt werden. Man gebe sich die
                              Muͤhe und nehme eine Verunreinigung auf die angefuͤhlte Weise
                              absichtlich mit einem unbedeutenden Stuͤkchen Zeug vor, so wird sich die
                              Richtigkeit des Gesagten aufs uͤberzeugendste darstellen. F. M. Muͤnzing. (Riecke's
                              Wochenblatt 1844, Nr. 3.)
                           
                        
                           Mittel zum Wasserdichtmachen der Sohlen.
                           1 Pfd. Leinoͤhlfirniß wird erwaͤrmt und unter stetem Umruͤhren
                              1/2 Pfd. gepulvertes Colophonium darin aufgeloͤst. Mit dieser warmen
                              Aufloͤsung bestreicht man mittelst einer Buͤrste die Sohlen und
                              Naͤhte mehrmals, indem man jeden Anstrich troknen laͤßt, ehe der
                              folgende aufgebracht wird; der lezte Anstrich wird in noch klebrigem Zustande mit
                              feinem Quarzsand bestreut, dieser mit einem Bretchen fest angedruͤkt und das
                              Ganze getroknet. Dergleichen Sohlen sind zwar sehr steif und fast unbiegsam, aber
                              ganz wasserdicht und fast unverwuͤstlich. (Deutsche allgem. Zeitschr.
                              fuͤr die techn. Gewerbe, 1843, S. 22.)
                           
                        
                           Der Sammelplaz der flüssigen Excremente der Stadt Paris zu
                              Montfaucon.
                           Schon laͤngst besteht vor den Thoren von Paris dieser Sammelplaz des Unraths
                              zu Montfaucon, dessen uͤbelriechende Duͤnste je nach dem herrschenden
                              Winde in die umliegenden Orte, die verschiedenen Vorstaͤdte, ja sogar in die
                              Mitte der Stadt selbst dringen und die Einwohner in hohem Grade belaͤstigen.
                              Troz der zahlreichen Bitten des betheiligten Publicums um Abstellung dieses
                              Uebelstandes, und der schon vor 20 Jahren gegebenen officiellen Versprechungen
                              werden dazu noch immer keine Anstalten getroffen.
                           Einige Schritte von der Stadtzoll-Mauer der Barrière du Combat sammelt
                              sich der Unrath der Hauptstadt, die Excremente einer Million Individuen an. Sie
                              werden hier in Bassins aufgenommen, deren Zwek ist, aus den Fluͤssigkeiten,
                              welche jede Nacht in 200 Faͤssern durch die Unternehmer der
                              Abtritt-Raͤumung herbeigeschafft werden, die darin schwebenden festen
                              Theile absezen zu lassen; man bedient sich lezterer zur Bereitung der Poudrette (des
                              Kothpulvers, Staubmists). Diese Bassins, es sind deren acht, befinden sich nicht
                              alle in gleichem Niveau, zwei derselben stehen hoͤher als die sechs andern,
                              und jene sind es, welche zunaͤchst den Inhalt der Faͤsser aufnehmen;
                              waͤhrend das eine derselben sich anfuͤllt, sezt die Masse, womit das
                              andere gefuͤllt ist, die dichtesten Theile ab. Nach einigen Monaten
                              laͤßt man die Fluͤssigkeit (Jauche) in ein niedrigeres Bassin
                              abfließen, worin man die Ablagerung noch einige Monate, oft ein ganzes Jahr hindurch
                              fortdauern laͤßt.
                           Ist ein Bassin troken gelegt, so werden die noch teigartigen, festen Stoffe
                              herausgenommen. Da dieselben zur Bereitung von Poudrette bestimmt sind, so
                              muͤssen sie in pulverigen Zustand versezt werden, wozu man so viel als
                              moͤglich trokenes Wetter und die Sonnenwaͤrme benuzt, indem man sie
                              auf dem Boden um die Bassins ausbreitet und fleißig mittelst einer Schaufel oder
                              Egge umwendet.
                           Die Bassins nehmen einen Gesammtflaͤchenraum von mehreren Tausend
                              Quadratmetern ein, welche also die ausduͤnstende Oberflaͤche der
                              Fluͤssigkeit bilden. Da nun der fluͤssige Unrath fluͤchtige
                              Stoffe enthaͤlt, besonders schwefelwasserstoffsaures und kohlensaures
                              Ammoniak in großer Quantitaͤt, so reißen die auf der Oberflaͤche der
                              Bassins sich bildenden Duͤnste eine bedeutende Menge dieser Ammoniaksalze mit
                              sich. Daher schwaͤrzen sich auch in allen, in einem Radius von mehreren
                              Hundert Metern von diesem Ausleerungsplaze befindlichen Haͤusern die
                              Bleiweißanstriche und die Metalle laufen an; gerade in der schoͤnsten
                              Jahreszeit muß man die Fenster verschlossen halten. Die genannten Gase sind
                              uͤberdieß sehr schaͤdlich; 1/300 Schwefelwasserstoff in der Luft, die
                              man einathmet, kann bekanntlich schon den Tod herbeifuͤhren, wer sich von den
                              schaͤdlichen Einfluͤssen dieser Luft noch nicht uͤberzeugt
                              haͤlt, betrachte das schlechte Aussehen der sonst meistens kraͤftigen
                              elsaßer Arbeiter, welche mit der Bereitung der Poudrette beschaͤftigt sind.
                              Die Ausduͤnstung der an der Sonne ausgebreiteten und gewendeten festen Stoffe
                              in der heißen Jahreszeit ist ebenfalls zu beruͤksichtigen.
                           Es sind dieß aber nicht die einzigen Uebelstaͤnde. Man schaͤzt die
                              Quantitaͤt der jede Nacht aus den Abtrittgruben der Hauptstadt
                              geschoͤpften und in die Bassins von Montfaucon gefuͤhrten Stoffe auf 4
                              bis 500 Kubikmeter (4 bis 5000 Hektoliter). Nachdem man die festen Theile in einem
                              der obern Bassins einige Monate sich absezen ließ, fließt der fluͤssige
                              Unrath in andere Bassins uͤber, und von da zieht man einen Theil (etwa 1/3
                              oder 2/5) behufs der Fabrication von Ammoniaksalzen ab. In der Ammoniakfabrik wird
                              diese Jauche in verschlossenen Gefaͤßen mit Kalk zum Sieden gebracht, welcher
                              den Schwefelwasserstoff und die Kohlensaͤure gebunden
                              zuruͤkhaͤlt, waͤhrend sich das Ammoniak verfluͤchtigt,
                              so daß die ruͤkstaͤndige Fluͤssigkeit bei weitem den
                              uͤbeln Geruch nicht mehr hat wie vorher. Der Ruͤkstand wird dann in
                              eines der untern Bassins geschuͤttet zu dem nicht benuzten Theil
                              (uͤber die Haͤlfte) des fluͤssigen Unraths. Nach einer gewissen
                              Zeit muß die Anstalt sich dieses natuͤrlich noch sehr uͤbelriechenden
                              Gemisches entledigen, weil ihre Bassins sonst nichts mehr aufnehmen koͤnnten,
                              denn die Verdunstung schafft nur einen Theil der Fluͤssigkeit weg; die
                              uͤbrige Fluͤssigkeit laͤßt man daher in eine besondere Leitung
                              ablaufen, welche von Montfaucon herab nach Paris laͤngs des Canals
                              Saint-Martin auf den Quai Jemmapes geht und endlich in der Naͤhe der
                              Austerlitz-Bruͤke ihren reichen Inhalt in die Seine ergießt.
                           Die Quantitaͤt dieser Fluͤssigkeit kann taͤglich auf
                              ungefaͤhr 300 Kubikmeter (3000 Hektoliter) angeschlagen werden und sie mischt
                              sich mit dem Wasser, welches die Pumpen an der
                              Notre-Dame-Bruͤke bei Gros-Caillou und Chaillot ansaugen
                              und in der Hauptstadt behufs der Consumtion ihrer Einwohner circuliren lassen; dieß
                              ist das sogenannte reine Seinewasser!
                           Nach einem fuͤr die Dauer von neun Jahren abgeschlossenen Vertrag mit den
                              Paͤchtern der Anstalt zu Montfaucon bezieht die Stadt Paris vom 1. Januar
                              1843 angefangen 550,000 Fr. Pacht, waͤhrend sie noch im J. 1842 nur 165,000
                              Fr. bezog; allerdings muß sie dafuͤr dem Paͤchter die Bassins liefern
                              und so viel Flaͤchenraum Boden lassen, als er zur Ausbreitung der zu
                              troknenden Stoffe braucht, was aber nur einen Theil des Pachtschillings ausmacht,
                              von dessen Ueberrest sie eine ihrer und des Jahrhunderts wuͤrdigere Anstalt
                              errichten koͤnnte. (Moniteur industriel 1844, Nr. 803.)Ueber die Fabrication der Poudrette und die Abdekerei zu Montfaucon verweisen
                                    wir noch auf die Notizen im polytechnischen Journal Bd. XXVII S. 156, Bd. XXXII S. 438 und Bd. XL S. 270.