| Titel: | Ueber den südamerikanischen und afrikanischen Guano; von John Davy. | 
| Fundstelle: | Band 92, Jahrgang 1844, Nr. LXXVIII., S. 300 | 
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                        LXXVIII.
                        Ueber den suͤdamerikanischen und
                           afrikanischen Guano; von John
                              Davy.
                        Aus dem Edinburgh new philosophical Journal,
                              Januar-April 1844, S. 290.
                        Davy, über den südamerikanischen und afrikanischen
                           Guano.
                        
                     
                        
                           In unserer Zeit, wo der Verbesserung der Landwirthschaft so viel Aufmerksamkeit
                              geschenkt wird und man sich so viel Mühe gibt, die Fruchtbarkeit des Bodens zu
                              erhöhen, ist die Entdekung großer Lager eines concentrirten Düngers, wie des Guano,
                              ein glükliches Ereigniß zu nennen. Da wir bis jezt nur unvollständige Nachrichten
                              über die Oertlichkeiten der Guanolager besizen und dieselben so eigenthümlich und
                              merkwürdig sind, theile ich die Beschreibung eines solchen Fundorts auf einer
                              kleinen afrikanischen Insel mit, wo solcher gesammelt wurde.
                           
                              „Die Insel, von welcher dieser Guano kömmt, befindet sich beiläufig drei
                                 englische Meilen vom Ufer auf der südwestlichen Küste Afrika's. Sie ist ein
                                 unfruchtbarer Felsen von etwa einer (?) Meile im Umfang, hat keinen Erdboden
                                 oder die geringste Spur von Vegetation. Der Guano liegt darauf etwa zwanzig Fuß
                                 tief ohne alle Verschiedenheit in der Qualität. Das Festland ist sehr sandig und
                                 überstreut bei starkem Winde ein fast 100 Meilen vom Land entferntes Schiffsdek.
                                 Die Vögel auf dieser Insel sind eine Art Pinguin (Fettgans) und können nicht die
                                 geringste Streke weit fliegen, da ihre Flügel nur eine Art Schwimmflossen sind.
                                 Man glaubt, daß der Capitän des Schiffs, welches den Guano brachte, das erste
                                 menschliche Wesen war, dessen Fuß diese Insel betrat, auf welche schwer zu
                                 kommen ist, da kein Hafen da ist und starke Brandung stattfindet. Beim Gehen auf
                                 dieser Insel konnte er kaum den Fuß aufsezen, ohne auf solche Vögel zu treten,
                                 und sie kümmerten sich gar nicht um ihn, außer daß sie ihn in den nakten Fuß
                                 pikten; beim Abschießen einer Flinte flatterten sie nur stark und machten einen
                                 großen Lärm. Es kommt wie man glaubt auf einige hundert Meilen längs der Küste
                                 kein frisches Wasser vor.“
                              
                           Diesen Bericht verdanke ich dem Kaufmann John Rae in
                              Liverpool, welcher den Guano einführte.
                           In Folge der vermehrten Nachfrage nach dem Guano und seines für einen Dünger hohen
                              PreisesDer peruvianische kostet 12 Pfd. St., der afrikanische wird zu 9 Pfd. St. per Tonne ausgeboten. ist viel Versuchung vorhanden, ihn zu verfälschen, oder durch ein
                              künstliches Gemenge nachzubilden.
                           
                           Da dieß schon in ziemlicher Ausdehnung betrieben werden soll, so muß jede genaue
                              Belehrung über die ächte Waare erwünscht seyn. Zu diesem Behufe untersuchte ich
                              vergleichungsweise den amerikanischen und afrikanischen Guano.
                           Beide Arten sind in noch feuchtem Zustande, wie sie bei der Einführung und zum Kaufe
                              angeboten werden, noch von ziemlich dunkelrothbrauner Farbe, wie dunkler feuchter
                              Schnupftabak. Beim Troknen werden sie heller und der afrikanische zeigt, der Luft
                              ausgesezt, bald eine weiße Efflorescenz. Beide geben in feuchtem Zustande einen
                              stark ammoniakalischen Geruch von sich (der afrikanische den stärksten), welchem
                              noch ein anderer, eigenthümlicher, etwas widerlicher Geruch beigemischt ist, den sie
                              aber beim Troknen zugleich mit dem ammoniakalischen Geruch größtentheils
                              verlieren.
                           Unter einem stark vergrößernden Mikroskop scheinen beide hauptsächlich aus sehr
                              kleinen Körnchen zu bestehen, wovon viele kleiner sind als die Blutkörperchen,
                              ferner aus feinen prismatischen Krystallen von oxalsaurem Ammoniak, an welchem die
                              afrikanische Sorte reicher ist.
                           Beide Sorten (Nr. 1 die amerikanische, Nr. 2 die afrikanische) ergaben bei der
                              chemischen Analyse folgende Bestandtheile:
                           
                              
                                   Nr. 1.
                                   Nr. 2.
                                 
                                 
                              
                                   41,2
                                   40,2
                                 In Wasser aufloͤsliche, durch Hize
                                    zerstoͤrbare oder fluͤchtige Materie,  wie
                                    oxalsaures Ammoniak, zweifach phosphorsaures und
                                    salzsaures  Ammoniak und thierische Materie.
                                 
                              
                                   29,0
                                   28,2
                                 Durch Waͤrme nicht zerstoͤrbare, in
                                    Wasser nur sehr wenig aufloͤsliche  Materie,
                                    vorzuͤglich phosphorsaurer Kalk und Magnesia, mit
                                    etwas  schwefelsaurem Kalk und sehr wenig
                                    Kieselsand.
                                 
                              
                                     2,8
                                     6,4
                                 Durch Hize nicht zerstoͤrbare, in Wasser aber
                                    aufloͤsliche Materie,  vorzuͤglich
                                    Kochsalz, mit etwas schwefelsaurem
                                    und  anderthalbkohlensaurem Kali.
                                 
                              
                                   19,0
                                     –
                                 Durch Hize zerstoͤrbare, in Wasser nur etwas
                                    loͤsliche Substanz,  hauptsaͤchlich
                                    harnsaures Ammoniak.
                                 
                              
                                     8,0
                                   25,2
                                 Durch Troknen auf einem Dampfbad verfluͤchtigte
                                    Substanz,  hauptsaͤchlich Wasser und
                                    anderthalbkohlensaures Ammoniak.
                                 
                              
                                 ––––––––––––
                                 
                                 
                              
                                 100,0
                                 100,0
                                 
                                 
                              
                           Den amerikanischen Guano anbelangend stimmen die Resultate dieser allgemeinen Analyse
                              ziemlich überein mit der genauern, von Völckel
                              angestellten, einen Umstand ausgenommen; jener Chemiker erhielt nämlich 7 Proc.
                              oxalsauren Kalks – eines Salzes, welches in meiner Probe sicherlich nicht
                              enthalten war, wovon ich mich durch sorgfältige Prüfung überzeugte.Bertels fand sogar 16 Proc. oxalsauren Kalk; man
                                    vergleiche seine Analyse im polytechnischen Journal Bd. LXXXVII S. 145. A. d. R.
                              
                           
                           Vergleicht man die Bestandtheile der beiden Guanosorten, so findet man als
                              Hauptunterschied daß, während der amerikanische viel harnsaures Ammoniak enthält, es
                              dem afrikanischen an diesem Salze ganz gebricht. Dieß befremdete mich bei
                              Betrachtung seines Ursprungs, da er aus Vogelexcrementen, sowohl ihrem Koth als
                              Harn, und lezterer doch größtentheils aus harnsaurem Ammoniak besteht. Am besten
                              läßt sich dieß dadurch erklären, daß die einen Bestandtheil des Harns ausmachende
                              Harnsäure mit der Zeit eine Zersezung erleidet und oxalsaures Ammoniak bildet. Daß
                              dieser Guano sehr alt ist, zeigte der theilweise zersezte Zustand einiger Federn,
                              sammt ihren Kielen, die in demselben sich vorfanden. Daß der afrikanische Guano gar
                              keine Harnsäure enthält, davon habe ich mich durch Versuche vollkommen überzeugt. Es
                              muß erwähnt werden, daß beide Guanosorten auch auf Harnstoff untersucht wurden, aber
                              ohne Erfolg. Die braune in Wasser auflösliche thierische Materie gab an Alkohol eine
                              Substanz ab, welche einige Eigenschaften des Harnstoffs besizt und mit Salpetersäure
                              eine Verbindung eingeht, die aber weniger deutliche Krystalle liefert als der
                              salpetersaure Harnstoff.
                           Hinsichtlich des Ursprungs des Guano und der Verschiedenheit in der Zusammensezung,
                              welche zwischen ihm und der ursprünglichen Substanz wirklich oder vermeintlich
                              stattfindet, hielt ich es für zwekmäßig, die Vogelexcremente, und namentlich den
                              Harn derselben zu untersuchen, indem ich vermuthete, daß außer dem harnsauren
                              Ammoniak (welches nach den bisherigen Untersuchungen der Hauptbestandtheil des
                              Vogelharns ist, womit sie auch gefüttert werden mögen) noch oxalsaures Ammoniak
                              einen Bestandtheil desselben ausmache.
                           Die von mir bisher untersuchten Proben waren von der gemeinen mit Gras gefütterten
                              Gans, der Taube, dem gemeinen Huhn, der Möve, dem Pelikan und dem weißköpfigen
                              Seeadler – die drei leztern aus dem Garten der zoologischen Gesellschaft in
                              London, wo dieselben hauptsächlich, die Möven ausschließlich, mit Fischen ernährt
                              werden.
                           Der Harn aller dieser Vögel in seinem reinsten oder am wenigsten vermischten Zustande
                              war einander sehr ähnlich, er war undurchsichtig weiß, bisweilen braun geflekt.
                              Unter dem Mikroskop schien er gänzlich aus einer körnigen Substanz zu bestehen,
                              deren einzelne Theilchen selten größer waren als ein Blutkörperchen des Menschen, in
                              der Regel kleiner. Im Harn des Seeadlers waren zarte tafelförmige Krystalle damit
                              vermengt. Bei der chemischen Untersuchung ergab sich, daß jede Probe hauptsächlich
                              aus harnsaurem Ammoniak, mit etwas phosphorsaurem Kalk und Magnesia bestand. Im Harn
                              der Gans wurde eine
                              Spur Harnstoff gefunden, mit etwas kohlensaurem Kalk und Magnesia, und in dem des
                              Seeadlers eine kleine Menge oxalsaurer Kalk, welcher die erwähnten tafelförmigen
                              Krystalle bildete. In allen Proben wurde, jedoch erfolglos, oxalsaures Ammoniak
                              aufgesucht; nicht eine Spur desselben konnte entdekt werden, wodurch Liebig's Schluß bestätigt zu werden scheint, daß dieses
                              Salz im Guano von der Zersezung der Harnsäure herrührt, und zwar wie ich glaube mit
                              Beihülfe der Absorption von Sauerstoffgas aus der Atmosphäre.
                           Daß der Sauerstoff der Luft bei dieser Veränderung mit thätig ist, schließe ich aus
                              einigen Versuchen, welche ich anstellte, wovon ich hier zwei mittheile. Harnsaures
                              Ammoniak (der Harn des Seeadlers) wurde in feuchtem Zustande in einem verschlossenen
                              Gefäße 24 Stunden lang der Temperatur des kochenden Wassers ausgesezt und dann auf
                              oxalsaures Ammoniak geprüft; es konnte aber keine Spur dieses Salzes entdekt werden.
                              Es wurde dann mit Mangansuperoxyd vermengt, derselben Temperatur ebenso lange
                              ausgesezt; nun trat das oxalsaure Ammoniak deutlich hervor, indem das Gemenge, mit
                              etwas Wasser digerirt und filtrirt, eine Flüssigkeit gab, die, schwach angesäuert
                              von salzsaurem Kalk getrübt wurde und der Niederschlag sich wie oxalsaurer Kalk
                              verhielt. Auch muß ich erwähnen, daß die wässerige Lösung etwas braun gefärbt war,
                              woraus hervorzugehen scheint daß außer dem oxalsauren Ammoniak auch eine lösliche
                              Substanz erzeugt wurde, die zu der Vermuthung berechtigt, daß sie der in dem Guano
                              vorhandenen und ihn färbenden entspricht.
                           Schließlich will ich kurz die Prüfungsmittel des Guano, um den ächten von falschem zu
                              unterscheiden, anführen. Betrachtet man seinen Ursprung und bedenkt man, daß man nur
                              dort Lager davon finden kann, wo kein Regen fällt, so scheint natürlich daraus
                              hervorzugehen, daß er, wenn er alt ist, viel oxalsaures Ammoniak, wenn er
                              verhältnißmäßig geringen Alters ist, viel harnsaures Ammoniak, und wenn er nicht von
                              bedeutendem Alter ist, eine beträchtliche Menge von diesen beiden Salzen enthalten
                              muß. Diese Salze sind aber leicht zu entdeken, das erstere schon durch das
                              Mikroskop.
                           Die Vermengung des ächten, wozu so viel Versuchung vorhanden ist, läßt sich nicht so
                              leicht entdeken. Ich halte es außer durch chemische Analyse nicht für möglich, und
                              glaube, daß sich hierin der Landwirth auf die Rechtschaffenheit des Kaufmanns muß
                              verlassen können.
                           Da der Guano an der Luft beständig Ammoniak von sich gibt, so kann er, um Verlust und
                              Verderbniß zu vermeiden, bis zum Gebrauch nicht sorgfältig genug vor dem Zutritt der
                              Luft geschüzt werden;
                              aus demselben Grunde soll er nicht während der Unthätigkeit der Vegetation als
                              Dünger gebraucht werden, sondern vielmehr wenn diese beginnt und im Fortschreiten
                              ist, wie auch die Peruvianer ihn an die Pflanze, und nicht auf den Boden zu bringen
                              pflegen.
                           Die Entdekung der Guanoinsel (es scheinen nämlich deren mehrere beisammen zu liegen)
                              geschah durch den Sohn des oben erwähnten Kaufmanns Hrn. Rae und sie war, so wie ihre Ausbeutung, mit vieler Gefahr verbunden.