| Titel: | Ueber Bereitung des chinesischen Karmins; von Karl Anton Hirschberg. | 
| Fundstelle: | Band 94, Jahrgang 1844, Nr. XLV., S. 220 | 
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                        XLV.
                        Ueber Bereitung des chinesischen Karmins; von
                           Karl Anton
                              Hirschberg.
                        Aus dem Berliner Gewerbe-, Industrie- und
                                 Handelsblatt Bd. XIII Nr. 1.
                        Hirschberg, über Bereitung des chinesischen Karmins.
                        
                     
                        
                           Karmin, und zwar ganz ächten zu besizen, ist ein häufiges
                              Bedürfniß der mehrsten Maler und Coloristen. Wenige Fabrikanten in Deutschland sind
                              in dem Besiz der ächten Bereitungsweise dieser Farbe, und selten habe ich einen
                              ächten brauchbaren Karmin gefunden. In Posen hatte ich Gelegenheit eine Gattung von
                              ächtem Karmin mit Beihülfe eines Farbenkundigen zu machen, der allen meinen
                              Erwartungen genügte. Wir machten den Versuch im Kleinen nach folgender Art:
                           In 14 Quart reinen Regenwassers mischten wir 1 1/4 Pfd.
                              Mestèque-Cochenille fein zerrieben. Das Zerkleinern derselben
                              bewirkten wir mittelst einer gut gereinigten Kaffeemühle, dann zerrieben wir sie
                              noch in einer Serpentin-Reibschale. In einem kupfernen Kessel, der rein und
                              blank gescheuert war, wurde diese Mischung gut erwärmt und zwar etwas über blutwarm,
                              dann sezten wir 1 1/4 Loth römischen Alaun hinzu. Die Hize wurde bis zum Kochen
                              verstärkt und die Flüssigkeit 7 Minuten im Sieden erhalten. Jezt wurde sie vom Feuer
                              abgenommen und zum Abkühlen und Klären in Ruhe gelassen. Wir bereiteten die
                              Zinnauflösung behufs der Präcipitation nach folgender Methode. 1 Pfd. Salpetersäure
                              versezten wir mit 1 1/2 Loth Kochsalz, ohne daß eine Erwärmung dabei vorgenommen
                              wurde; in diese Mischung brachten wir 8 Loth feines englisches Lammzinn. Damit keine
                              Erwärmung erfolgte, sezten wir das Zinn gut zerfeilt in kleinen Portionen zu und
                              ließen das erst eingetragene Zinn immer zuvor auflösen, ehe wir wieder frisches
                              hinzusezten. So erhielten wir eine gesättigte Zinnsolution.
                           Die Karmin-Mischung wurde jezt von den groben Theilen abgesondert, wieder auf
                              das Feuer gebracht und bis auf 40° R. erhizt. Nun sezten wir die
                              Zinnauflösung tropfenweise der klaren Flüssigkeit hinzu, und so schlug sich der
                              reine feinste Karmin zu Boden. Wir bedekten dieß Gefäß und ließen es vollkommen
                              erkalten. Nachher wurde das klare, aber immer noch etwas röthliche Wasser abgegossen
                              und der Niederschlag auf weißes Fließpapier gebracht, welches auf Leinwand liegend,
                              über ein Gefäß gespannt war; den abfiltrirten fertigen Karmin ließen wir an einem
                              schattigen Orte troknen. Es kann der Fall eintreten, daß der Karmin noch nicht ganz
                              die hohe frische Farbe
                              hat. In diesem Falle gieße man zu 2 Loth destillirten Wassers 1/8 Loth Salmiakgeist
                              und feuchte den Karmin damit an, so lange bis die Farbe die höchste Schönheit
                              erreicht hat. Man sey aber vorsichtig, damit nicht zu viel davon dazu kommt, sonst
                              würde der Karmin zu dunkelroth werden.
                           Bei dieser ganzen Arbeit hat man sich vor Eisen in Acht zu nehmen; auch das Wasser,
                              der Alaun, das Zinn und alle Bestandtheile der Mischung müssen eisenfrei seyn, wenn
                              ein vollkommener Karmin entstehen soll.
                           Selbst die Witterung (?) hat Einfluß auf das gute Gelingen der Arbeit, ein heiterer
                              Tag ist am besten hiezu. Die Erfahrung lehrte uns, daß bei heiterem Himmel ein
                              Helles, munteres Karminroth am besten zu erzielen sey.
                           Von dem genannten praktischen Chemiker erhielt ich auch noch die zwei folgenden
                              Anweisungen. 6 Pfd. Fluß- oder Regenwasser werden in einem reinen kupfernen
                              Gefäß gekocht und sogleich 4 Loth gemahlene Cochenille hinzugerührt und mittelst
                              einer Bürste gut umgerührt. Jezt läßt man sechs Minuten lang kochen und sezt 60 Gran
                              römischen Alaun hinzu, rührt wieder gut um, läßt noch sechs Minuten kochen und nimmt
                              vom Feuer. Nach einer halben Stunde hat sich das Gröbere abgesezt; man läßt die
                              übrige Flüssigkeit wieder einige Stunden stehen und es scheidet sich jezt ein
                              feinerer und besserer Karmin ab als das erstemal. Die ziemlich klare Flüssigkeit
                              wird nun einige Tage zum Klären in Ruhe gelassen, wobei sich zwar wenig, aber doch
                              höchst feiner und guter Karmin absezt. Solche Sorten werden getroknet und mit
                              Salmiakspiritus gehöht und belebt, wie es in der ersten Vorschrift vorgeschrieben
                              wurde.
                           Nach einer zweiten Vorschrift kann man auf folgende Art ebenfalls eine gute Sorte
                              Karmin fertigen. In 20 Quart Regen- oder Flußwasser, nachdem es bis zum
                              Kochen erhizt ist, bringt man 1 Pfd. zerriebene Cochenille, rührt mit einem Pinsel
                              gut um, und sollte die Flüssigkeit zu heftig kochen, so gießt man ein wenig kaltes
                              Wasser hinzu; zuvor bereite man sich eine Lauge von 4 Loth gereinigter Soda und 1
                              Pfd. Wasser, lasse selbige sechs Minuten kochen und filtrire sie dann. Die erstere
                              Cochenille-Auflösung muß zuvor etwas aufkochen, ehe man diese Lauge
                              beimischt; die Mischung muß langsam geschehen, 1/2 Stunde läßt man sie dann kochen.
                              Jezt nimmt man vom Feuer und stellt das Gefäß in einen Winkel in schräger Richtung
                              geneigt. Hat sich die Flüssigkeit etwas abgekühlt, so daß sie noch gut blutwarm ist,
                              so wird 1 Loth römischer Alaun fein pulverisirt hinzugesezt. Nach 1/2 Stunde gießt
                              man die klare Flüssigkeit von dem Bodensaze ab und bringt sie in einem kupfernen
                              Gefäß wieder auf das
                              Feuer. Man schlägt nun das Weiße von zwei Eiern zu einem Schaum, gießt es langsam in
                              die Flüssigkeit und läßt sie zum Kochen kommen; sobald dieß erfolgt, fällt das
                              Eiweiß zu Boden. Jezt nehme man das Gefäß sogleich vom Feuer, damit es sich abkühlt;
                              nach 1/2 Stunde hat sich der Karmin abgesezt; diesen bringe man auf ein Filter von
                              weißem Fließpapier; endlich troknet man ihn auf Porzellan im Schatten mit Papier
                              bedekt.