| Titel: | Einige Notizen über rothes und blaues Glas; von Prof. Schubarth. | 
| Fundstelle: | Band 94, Jahrgang 1844, Nr. LXIV., S. 282 | 
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                        LXIV.
                        Einige Notizen über rothes und blaues Glas; von
                           Prof. Schubarth.
                        Aus den Verhandlungen des Vereins für Beförderung des
                                 Gewerbfleißes in Preußen, 1844, 3te Lieferung, S.
                              130.
                        Schubarth, einige Notizen über rothes und blaues Glas.
                        
                     
                        
                           I. Daß die Alten die Kunst verstanden, Glas durch Kupferoxydul roth zu färben, ist bekannt. Plinius in seiner historia naturalis, 36. Buch
                              Cap. 66 u. f. erzählt vom Glase Folgendes:
                           Man begnügte sich bald nicht mehr, zur Bereitung des Glases das Nitrum (kohlensaure
                              Natron) anzuwenden, sondern sezte auch Magnetstein hinzu. Eben so wurden vielerlei
                              glänzende Steine, Muschelschalen und Sand gebrannt. Man erzählt sogar, daß in Indien
                              Glas aus Krystall (Bergkrystall) gefertigt werde. Man schmelzt das Glas mit leichtem
                              und gedörrtem Holz, sezt auch Kupfer (Cyprium) und
                              ophirisches Nitrum hinzu. Es wird, gleich dem Erz, in mehreren Oefen geschmolzen;
                              daraus entstehen Massen von diker (d. i. undurchsichtiger), schwärzlicher Farbe.
                              Dieselben werden dann von Neuem geschmolzen und gefärbt. Einiges Glas wird geblasen,
                              anderes geschliffen (torno teritur), auch nach Art des
                              Silbers mit dem Grabstichel verziert (geschnitten), besonders zu Sidon, welches
                              früher durch seine Glashütten berühmt war.
                           Jezt wird aber auch an der Mündung des Flusses Vulturnus, zwischen Cumae und
                              Liternum, der weiße Meeressand zerstampft und gemahlen, mit 3 Theilen Nitrum
                              (kohlensaurem Natron) dem Gewicht oder Gemäß nach vermischt, geschmolzen, und sodann
                              in andere Oefen gebracht. Hier bildet sich Fritte (ammonitrum, d.h. eine Verbindung von Sand und Nitrum), welche
                              umgeschmolzen reines Glas gibt.
                           Zu den Glassorten zählt man auch die Obsidiane, welche dem Steine sehr ähnlich sind,
                              den Obsidius in Aethiopien entdekte, von ganz schwarzer
                              Farbe, zuweilen auch durchscheinend. Obsidian wird durch eine künstliche Färbung
                              gefertigt, zu Speisegeräthen verwendet, eben so durch und durch rothes Glas, was
                              undurchsichtig ist, und haematinon heißt (blutroth);
                              deßgleichen weißes, gelbes, auch Nachahmungen von Hyacinth und Sapphir und in andern
                              Farben. Keine andere Substanz ist bildsamer und eignet sich mehr zum Gefärbtwerden
                              als Glas. – An zwei andern Stellen sagt Plinius
                              (Buch 37, Cap. 26, 75 und 76), daß auch die Carbunkelsteine, Smaragde u.a.m. durch
                              gefärbte Glasflüsse nachgeahmt würden; man könne aber diese so wie andere
                              Nachahmungen von Edelsteinen, durch Weichheit und Brüchigkeit, so wie durch
                              geringeres Gewicht von den ächten unterscheiden. Auch enthielten sie oft Bläschen,
                              die wie Silber glänzen.
                           Daß antikes rothes Glas Kupferoxydul enthält, hat Klaproth
                              Beiträge zur chemischen Kenntniß der Mineralkörper, Bd. VI S. 136. durch die Analyse einer Glaspaste bewiesen, welche in der Villa des Tiberius
                              auf der Insel Capri gefunden worden war. Dieselbe enthielt in 200 Theilen 15 Theile
                              Kupferoxyd, 15 Bleioxyd, 7 Eisenoxyd, 11 Thonerde, 13 Kalk, 130 Kieselerde. Die
                              Bestimmung der Menge des Kupferoxyds geschah dadurch, daß die kupferhaltende Lösung
                              mittelst Eisen gefällt und 12 Gran metallisches Kupfer erhalten wurden; diese
                              entsprechen aber nur 13,46 Kupferoxydul oder 6,73 Proc. Die Undurchsichtigkeit des
                              Glases rührte jedenfalls von der bedeutenden Menge des Kupferoxyduls in Verbindung
                              mit Thonerde her. Das mit Kupferoxydul gefärbte Glas ist meist undurchsichtig,
                              weßhalb man, um ein durchsichtiges rothes Glas zu erhalten, farbloses mit rothem
                              überfängt, wodurch das leztere ungemein dünn ausgestrekt wird. – Klaproth glaubt, die Alten hätten das vorn erwähnte
                              undurchsichtige blutrothe Glas (haematinon) nicht aus
                              den Bestandtheilen zusammengesezt, sondern wahrscheinlich Kupferschlake geschmolzen
                              und in Tafeln gegossen. Dem sey nun wie ihm wolle, so bleibt doch immer die
                              Bemerkung des Plinius interessant, daß beim Glasschmelzen
                              Kupfer (cyprium) zugesezt
                              werde.
                           Es fragt sich: kann metallisches Kupfer Glas färben? Allerdings, denn erstens enthält
                              das Kupfer nicht selten Oxydul in sich (es kann bis 2 Proc. enthalten, und noch die
                              Hammergahre besizen, ja unter Umständen an 13 Proc. davon enthalten); zweitens kann
                              sich Kupfer durch den Glassaz in der Hize auch oxydiren, namentlich wenn Salpeter,
                              Braunstein, Mennige sich in demselben befinden. Einen Beleg dazu gibt der von Guyton de Morveau erzählte Fall, daß zu St. Gobin ein
                              kupferner Löffel in einen Glashafen fiel und das Glas roth färbte.Annales de chimie I. série T. 73. p. 120. Dieser Hafen wird im Conservatoire des arts et
                                 métiers in Paris aufbewahrt.
                           CooperAnnals of philosophy Vol. 7. p. 105. – Polytechnisches Journal Bd. XIV S. 122. analysirte ein altes Rubinglas, welches Ueberfangglas war; er entdekte darin
                              Kupferoxydul, Eisenoxyd, Silberoxyd, Kalk, Kieselerde (Natron). Also auch in diesem
                              rothen Glase befand sich neben dem Kupferoxydul Eisenoxyd, worauf wir später
                              zurükkommen werden.
                           Der Florentiner Anton Neri gibt in seiner von Kunckel übersezten Glasmacherkunst mehrere Methoden an,
                              Kupfer zum Behuf der Darstellung von rothem Glas zu calciniren, und das sogenannte Ferretum zu bereiten. Mit Hülfe dieses Ferretum lehrt er nun rothes Glas fertigen.Kunckel's Ars
                                       vitraria S. 95. Man soll auf 20 Pfd. Fritte zu Krystallglas 1 Pfd. weißes Helles Glas, 2
                              Pfd. calcinirtes Zinn nehmen, alles zusammenschmelzen, und dann von Stahlfeilicht
                              und gepulvertem Hammerschlag von jedem 2 Loth hinzusezen. Nimmt man zu viel von dem
                              Eisenpulver, so wird das Glas schwarz, statt dunkelgelb. Nun sezt man 1/2 Loth Ferretum mehrmals hinzu, bis die rechte blutrothe Farbe
                              erschienen ist. Man soll das Glas schnell verarbeiten, damit es nicht durchgehe und
                              schwarz werde; ein Zusaz von Eisenhammerschlag soll das im Durchgehen begriffene
                              Glas wieder herstellen können. Kunckel sagt von diesem
                              ReceptSeite 101 a. a. O., daß das Glas danach gefärbt sehr dunkelroth werde, so daß man, wenn dasselbe nicht überaus dünn ausgeblasen werde, die
                              Röthe nicht erkennen könne, und bemerkt dabei, das Feuer müsse ganz besonders
                              regiert werden. Er könne aber neben dem schönsten Rubin auch das feinste Roth machen
                              (nämlich mit Goldpurpur), wovon später mehr.
                           An einer andern StelleSeite 164 a. a. O. gibt Neri folgende Vorschrift: man soll 6 Pfd.
                              Bleiglas mit 10 Pfd. gewöhnlichem Glase zusammenschmelzen und Ferretum hinzuthun, auch etwas Weinstein. Wenn die Farbe zu dünn, etwas
                              Hammerschlag und Weinstein. Auch lehrte er einen Zusaz von Weinstein und Nuß,
                              Zinnasche, Eisenoxyd. Merret lehrt sogar Zinnober
                              hinzuzufügen! – Dieß der Zustand der Verfertigungsweise von Rubinglas durch
                              Kupferoxydul bei den Alten und bis zum 18ten Jahrhundert.
                           Es leuchtet ein, daß die Zusäze von Eisenpulver, Eisenhammerschlag
                              (Oxydul-Oxyd), Weinstein, Nuß, ja selbst Zinnober, als Mittel dienen sollen,
                              der etwanigen höhern Oxydation des Kupferoxyduls zu Oxyd entgegenzutreten, dadurch
                              den Uebergang ins Dunkelgrüne zu hindern. Diese wichtige Wirkung des Eisens muß
                              schon den Alten bekannt gewesen seyn, da nach Klaproth's
                              Analyse die antike rothe Glaspaste neben dem Kupferoxydul Eisenoxyd enthielt, so
                              auch das von Cooper untersuchte Ueberfangglas.
                           In keiner Angabe von Neri, Kunckel wird aber des Umstandes
                              erwähnt, daß das rothe Glas nur als Ueberfangglas
                              brauchbar sey. Lezterer sagt zwar (vergleiche das Vorstehende), es müsse sehr dünn
                              aufgetrieben werden, wenn es durchsichtig und roth erscheinen solle, was man als
                              eine derartige Andeutung gelten lassen kann; allein es findet sich in den Werken beider keine
                              Anleitung, Ueberfangglas darzustellen. Und doch haben die Alten diese Kunst ausgeübt
                              (siehe vorn), und alles rothe Glas in den Glasmosaiken der alten Kirchenfenster ist
                              durch Kupfer gefärbtes Ueberfangglas. Später kam die Kunst, Glas mittelst
                              Kupferoxydul zu färben, fast ganz in Vergessenheit; ja man ging selbst so weit, es
                              zu bezweifeln, daß auf diesem Wege rothes Glas überhaupt dargestellt worden sey und
                              war geneigt zu glauben, alles rothe Glas enthalte Goldpurpur!
                           Dieser Umstand veranlaßte unsern Verein vor 20 Jahren eine deßfallsige Preisaufgabe
                              zu stellen, welche von dem Dr. Engelhardt zu Zinsweiler bei Straßburg gelöst wurde. Dieser lehrte
                              folgendes VerfahrenPolytechn. Journal Bd. XXVIII S.
                                       299.: zu einem Mennige haltenden Glassaz werden auf 5 Pfd. 4 Loth Kupferoxydul
                              und 4 Loth Zinnoxydul, und ist derselbe nicht bleihaltig, auf 2 Pfd. Kies 3 Loth von
                              jedem zugefügt. Zu Scharlach wird Kupfer-, Zinn- und Eisenoxydul, von
                              jedem 1 1/2 Loth auf 25 Pfd. Glassaz angewendet. Ist das Glas durchgegangen, so kann
                              durch Weinstein, Kohlenstaub, Nuß geholfen werden. Mit diesem rothen Glase wird
                              weißes Glas überfangen. – Das Verfahren wurde auf der Hoffnungsthaler
                              Glashütte in Schlesien geprüft und bewährt gefunden.
                           Vergleicht man die so eben angeführte prämiirte Methode, rothes Glas darzustellen,
                              mit der von Neri, so beruht der Unterschied nur darin,
                              daß 1) Zinnoxydul und Eisenoxydul als Reductionsmittel angegeben sind, während
                              früher lezteres allein vorgeschrieben wurde, und 2) eine Angabe mitgetheilt wird,
                              wie man weißes Glas mit rothem überfangen kann. Neri
                              erwähnt allerdings auch einen Zusaz von calcinirtem Zinn (siehe vorn), allein
                              hierunter ist nur Zinnoxyd, nicht Zinnoxydul gemeint. Man
                              hat auch angegeben, dem Glase Kupferoxyd zuzusezen und etwas metallisches Zinn auf
                              den Boden des Glashafens zu legen, oder statt desselben etwas Eisen, wenn die Farbe
                              scharlachroth seyn soll.London and Edinburgh philosophical Magazine,
                                    Decbr. 1836. p. 456, im polytechnischen Journal
                                    Bd. LXV S. 141.
                              
                           Man bedient sich seit längerer Zeit weder des Zusazes von Zinnoxydul, noch von Zinn
                              oder Eisen, sondern man wendet den käuflichen Kupferhammerschlag an, vermeidet alle
                              oxydirenden Zusäze zum Glassaz, namentlich Salpeter, und fügt Zinnasche zu. Mit
                              einem Wort, man bedient sich des alten Neri'schen
                              Verfahrens selbst ohne Eisen. Der Zusaz von Zinnasche ist gleichgültig, er kann
                              ebensogut auch unterbleiben, und die Farbe kommt dennoch hervor. Hinsichts des Kupferhammerschlags
                              ist zu bemerken, daß derselbe in der Hauptsache Kupferoxydul ist, nicht Kupferoxyd.
                              Marchand stellte durch Calcination eines diken
                              Kupferdrahts diese Substanz dar und fand nur Kupferoxydul.Journal d. prakt. Chemie, Bd. XX S. 505. Der Saz zur Darstellung eines rothen, zum Ueberfangen bestimmten Glases
                              besteht aus Kies, vieler Mennige, Kupfer- und Zinnasche; er wird mehrmals
                              geschmolzen und ausgeschöpft, zulezt mit 1/3 Krystallglasschmelze (Schmelze von dem
                              Glase, welches überfangen werden soll) vermischt längere Zeit geschmolzen. Ist das
                              rothe Glas zu dunkel, so wird noch ungefärbtes Bleiglas und Krystallglasschmelze
                              zugesezt. Man bemerkt nicht selten, daß sich während des Schmelzens metallisches
                              Kupfer absezt und das Glas grün wird – eine Folge der Trennung des
                              Kupferoxyduls in Oxyd und Metall, die auch sonst bekanntlich stattfindet, z.B. bei
                              der Umwandlung von schwefelsaurem Kupferoxydul in schwefelsaures Kupferoxyd unter
                              Abscheidung von Cementkupfer.
                           II. Von einer Färbung des Glases durch Gold ist bei den
                              Alten keine Spur zu finden; eben so wenig kann genau angegeben werden, von wem
                              zuerst und in welchem Jahre Glas durch ein Goldpräparat roth gefärbt worden ist. Kunckel bediente sich im 17ten Jahrhundert eines
                              Goldpräparats, welches er nie. bekannt gemacht hat, von dem aber jezt sicher bekannt
                              ist, daß es Goldpurpur war (siehe weiter unten). Es scheint aber, als hätten bereits
                              vor ihm Andere ein Goldpräparat dazu angewendet, obschon Kunckel dieses läugnet. So hat z.B. Andr. Cassius den Goldpurpur zu bereiten gelehrtSein Sohn machte das Verfahren 1685 bekannt. und damit Glas zu färben versucht, was ihm aber – nach Kunckel's Zeugniß – nicht sonderlich gelungen seyn
                              soll; eben so Orschall, der in seinem Buche
                              „Sol sine veste“ das
                              gleiche Verfahren beschrieb, und die Darstellung des Rubinflusses lehrte. Kunckel hat in seiner Glasmacherkunst nirgend etwas
                              erwähnt, wie er das Glas durch Gold roth färbe. Er sagt S. 101: „Ich kann
                                 das feinste Roth machen; weil es mir aber gar viel Zeit, Müh und Arbeit
                                 gekostet, und eine sehr rare Sache ist, als wird mich Niemand verdenken, daß ich
                                 es für dießmal nicht gemein mache.“ Auf gleiche Weise drükt er sich
                              S. 192 aus.
                           Bekanntlich hatte Kunckel unter der Regierung des großen
                              Kurfürsten Friedrich Wilhelm, dessen geheimer
                              Kammerdiener er war, ein chemisches Laboratorium und Glashütte auf der Pfaueninsel
                              bei Potsdam. Dreißig Jahre nach seinem Tode, 1733, wurde die Hütte nach Zechlin verlegt; auch
                              hier fertigte man, nach alten Kunckel'schen Recepten,
                              Goldrubin. Eines dieser, nach welchem man vorzugsweise bisher gearbeitet hatte,
                              wurde von dem jezigen Besizer der Zechliner Hütte, Hrn. Regierungsrath Metzger, 1836 in den Verhandlungen des Gewerbvereins S.
                              35, bei Gelegenheit der von dem Hrn. Dr. Fuß gemachten Angaben, Goldglas zu verfertigen,
                              veröffentlicht. Nach demselben wird Gold- und Zinnauflösung zusammen in
                              Brunnenwasser geschüttet, die ganze Flüssigkeit mit dem Krystallglassaz gemischt
                              abgedampft und dann geschmolzen; auf 12 Pfd. Krystall 1 Ducaten.
                           Daß übrigens schon vor hundert Jahren bekannt war, daß Kunckel sich des Goldpurpurs zum Rothfärben des Glases bediene, zeigt eine
                              Stelle in Teichmeyer's Chemie (1739), wo es heißt:
                              „das rothe Kunkel'sche Glas erhält man
                                 durch Schmelzen des Glases mit durch Zinn niedergeschlagenem Goldkalk. Lezterer
                                 soll aus einer verdünnten Goldlösung mittelst Zinnblech, welches eingetaucht
                                 wird, gewonnen werden.“
                              
                           Wenn nun in einer Mittheilung über GoldglasPolytechn. Journal Bd. XCII S.
                                       40. vor Kurzem die Behauptung aufgestellt worden ist: es sey bisher für wesentlich nothwendig gehalten worden, dem
                              Glase fertigen Goldpurpur, oder neben der Goldlösung noch Zinnoxyd hinzuzufügen, so
                              werden folgende Thatsachen dagegen zeugen.
                           Schon Neri, welcher zu Ende des 16ten, Anfang des 17ten
                              Jahrhunderts lebte und mit allerlei Glasfärbungen sich beschäftigte, gibt (a. a. O.
                              S. 169) an, man solle Gold in Königswasser lösen, die Lösung abdampfen, die Masse
                              calciniren, und dann dem gereinigten Glase zusezen. Kunckel sagt davon: es gehöre mehr dazu, das Gold dahin zu bringen, daß es
                              dem Glase seine rothe Tinctur mittheile und dasselbe in Rubin und Carfunkel
                              verkehre. Er tadelt das Verfahren zweifelsohne, weil er das seinige für besser
                              hielt. Und doch ist erwiesen, daß ohne alles Zinn feines Goldpulver das Glas roth
                              färbt (siehe weiter unten). Libav sagt, man könne mit der
                              rothen Tinctur des Goldes (Goldlösung in Königswasser) Krystallglas färben und Rubin
                              bereiten, und Merret fügt hinzu, daß es derselbe sehr
                              genau errathen habe (a. a. O. S. 318).
                           Wollte man nun auch diese älteren Angaben, daß Goldpulver, oder Goldlösung ohne alles Zinnoxyd, im Stande sind, Glas roth zu färben,
                              nicht gelten lassen, obschon sie klar und deutlich lehren, bloß Goldlösung dem
                              Glassaze zuzusezen, so liefern noch, unter mehrern andern, folgende neuere Angaben Beweise dafür. Golfier-Besseyre
                              Journal de Pharmacie, Februar 1834, p. 65, im polytechn. Journal Bd. LI S. 375. theilt mit, daß Douault-Wieland sein
                              rubinrothes Glas nur mit Goldchlorid färbt. Er selbst erhielt Glasmassen von allen
                              prismatischen Farben, indem er Goldpurpur, Goldchlorid, Knallgold, oder metallisches
                              Gold anwendete. Fuß
                              Verhandlungen des preuß. Gewerbvereins, 1836, S. 21. führt an, daß die Compositionsbrenner in Böhmen Goldauflösung (nichts
                              weiter) dem Glassaz zufügen. In der Meinung, es müsse im Glase der Cassius'sche Goldpurpur erzeugt werden, schrieb er dann
                              noch einen Zusaz von Zinnoxyd vor, der aber ganz wegfallen kann, und nicht
                              nothwendig ist. – In einem Aufsaze über Glasmalerei vom Jahre 1836 (siehe
                              vorn) wird ausdrüklich erwähnt, daß metallisches Gold eben so gut als Goldoxyd und
                              Goldpurpur das Glas roth färbt.
                           Hieraus dürfte gefolgert werden, daß man bereits seit länger als einem Jahrhundert
                              weiß, daß ohne allen Purpur und ohne Zusaz von Zinnoxyd, Glas durch Goldpräparate
                              und metallisches Gold roth gefärbt wird. Die böhmischen Glashütten, die
                              schlesischen, wenden insgesammt bloß Goldchlorid, ohne allen
                                 Zusaz von Zinnoxyd an, und erzeugen schönes rosa- und carminrothes
                              Glas.
                           Es drängt sich hier die Frage auf: kann sich metallisches
                                 Gold im Feuer oxydiren und zu rothem Oxyd werden?
                           Es ist bekannt, daß Gold Tage lang geschmolzen werden kann, ohne sich zu oxydiren,
                              daß es durch Salpeter im Schmelzen nicht verändert wird; daß Goldchlorid bei
                              gelinder Wärme sich zerlegt und metallisches Gold hinterläßt, deßgleichen Knallgold,
                              Goldoxyd. Sollte man nun wohl annehmen dürfen daß, im Gegensaz zu diesen anerkannten
                              Thatsachen, das aus dem Goldchlorid durch Hize sich ausscheidende, so wie das dem
                              Glassaze zugesezte metallische Gold sich in lezterem bei sehr bedeutender Hize oxydire, im Glase als kieselsaures Goldoxyd farblos
                              aufgelöst sey, und dann beim gelinden Anwärmen sich zum
                              rothen Suboxyd reducire?
                           Reibt man metallisches Gold mit einer zwanzigfachen Menge Emailfluß, so entsteht eine
                              rosenfarbene Masse ohne allen Metallglanz. Glüht man ein inniges Gemeng von
                              gebranntem und gepulvertem Quarz und feinem Gold bei 110° Wedgwood längere
                              Zeit, so erscheint derselbe rosenroth gefärbt.Annals of philosophy Vol. 2, p. 182, 337; in Schweigger's Journal der Chemie, Bd. XXXIII, S. 239 und Bd. XXXIV,
                                    S. 252. Betrachtet man eine durch langen Gebrauch abgenuzte Vergoldung von
                              Porzellan, so erscheint dieselbe stellenweise – wo gerade das Gold recht
                              abgerieben ist – roth. Läßt man durch einen feinen Golddraht den Entladungsschlag einer starken
                              Batterie, selbst in einem von Sauerstoff entleerten Raume schlagen, oder läßt man
                              Gold vor dem Knallluftgebläse sich verflüchtigen, so erhält man einen zarten
                              purpurnen Staub. Wird Knallgold in einem silbernen Gefäße detonirt, so bleibt ein
                              feiner purpurner Staub; wird dasselbe mit Kieselerde vermischt erhizt, so bleibt
                              leztere roth gefärbt zurük. – In allen diesen Fällen ist das Gold nur
                              unendlich fein zertheilt, nicht oxydirt.
                           Zersezt man eine Goldlösung in Königswasser durch Zusaz von Oxalsäure bei gelinder
                              Wärme, wobei sich kohlensaures Gas und Salzsäure bilden, so erscheint bei
                              durchgehendem Lichte die Flüssigkeit grün, namentlich blau, und ein zartes
                              bräunliches Pulver, an den Glaswänden gelb, metallisch glänzend, scheidet sich ab.
                              Hier wird nicht gezweifelt, daß das blaue, grüne, braune, ja selbst unter Umständen
                              schwarze Pulver fein zertheiltes Gold in metallischem Zustande sey.
                           Behandelt man Goldchlorid mit Eiweiß und sezt den Niederschlag dem Sonnenlichte aus,
                              so wird derselbe roth. Befeuchtet man die Haut mit Goldlösung, so entstehen rothe
                              Fleken. Seide mit Goldchlorid getränkt wird am Lichte blau, grün, Purpurroth
                              gefärbt. Ist hier Goldoxyd entstanden, hat das aus der Verbindung mit Chlor
                              geschiedene metallische Gold sich durch die Mitwirkung des Tageslichtes etwa
                              oxydirt? Gewiß nicht.
                           Ueber die Natur des Cassius'schen Goldpurpurs sind
                              bekanntlich die Meinungen der Chemiker noch getheilt, es fehlt an einem sogenannten
                              experimentum crucis, an einem entscheidenden
                              Versuche, ob das Gold als rothes Suboxyd, oder als sein zertheiltes Metall in
                              demselben vorhanden sey. Dieß ist aber für unsern Fall völlig gleichgültig, denn
                              Niemand wird läugnen daß, wenn fertiger Goldpurpur dem Glassaze zugefügt wird,
                              derselbe in der Hize, in welcher Gold schmilzt, sich zersezen und das in ihm
                              vorhandene präsumtive Goldoxyd sich reduciren muß. Nun ist aber die Hize in einem
                              Krystallglasofen weit höher, als die des schmelzenden Goldes (32° W.), sie
                              steigt während des Schmelzens über die des Schmelzpunkts von grauem Roheisen
                              (130° W.). Selbst die Vertheidiger der Ansicht, daß im Goldpurpur ein rothes
                              Oxyd enthalten sey, geben an, daß nach dem bloßen Glühen, wobei kein Sauerstoffgas
                              sich entwikelt und die Farbe unverändert bleibt, kochende Salzsäure, auf den
                              Goldpurpur gegossen, metallisches Gold hinterlasse.
                           Behandelt man ein Gemisch von Goldpurpur und Borax oder Bleiglas, deßgleichen ein
                              Gemeng von Blattgold mit denselben Substanzen in der Hize, so zersezt sich der
                              Purpur bei der Temperatur des schmelzenden Goldes, es sammeln sich kleine Goldkügelchen am Boden des
                              Gefäßes. Erhöht man die Hize, so färbt sich der Borax oder das Bleiglas gelb, sodann
                              bräunlichgelb, grün und bläulichgrün, orange, dunkel orange, endlich Purpurroth, je
                              nachdem die Hize mehr oder weniger verstärkt wird und anhält.
                           Daß diese von Golfier-Besseyre (a. a. O.)
                              mitgetheilte Thatsache wahr ist, davon habe ich mich durch einen Versuch in einem
                              Glasofen überzeugt. Es wurde chemisch reines niedergeschlagenes Gold mit Kienruß
                              fein abgerieben mit einem Minium-Glassaz innig gemengt und das Gemisch
                              geschmolzen. Das Glas war in den obern Partien völlig farblos, darunter grünlich
                              gelb, topasgelb, gelbbraun, dunkelrothbraun, ja an einzelnen kleinen Stellen am
                              Boden schon trübe und lebrig. Hr. Hütten-Inspector Pohl theilte mir mit, daß ein mit wenig Goldchlorid gemischtes Bleiglas
                              (1/2 Ducaten auf 68 Pfd. Glassaz) nach dem Schmelzen und Abkühlen gewöhnlich grün
                              aussehe, auch wohl stellenweise schon roth angelaufen sey. Schmelzt man dagegen
                              Krystallglas, welches nur eine Kleinigkeit Mennige, dagegen aber Borax enthält, mit
                              der Lösung von 6 Ducaten auf 48 Pfd., so erhält man nach 6- bis 7stündiger
                              Schmelzung ein völlig farbloses Glas, welches schon bei der Verarbeitung zu Zapfen
                              (es ist zum Ueberfangen bestimmt) während des Auskühlens roth anläuft. Knox
                              Journal der praktischen Chemie, Bd. XX S. 503. führt an, daß Gold mit Glas geschmolzen dasselbe, je mehr Kieselerde im
                              Glassaze enthalten sey, desto dunkler grün färbe; werde die Hize erhöht, so zeige
                              sich eine blaßrothe Farbe.
                           Bekanntlich bleibt das goldhaltige farblose Krystallglas farblos, wenn man es sehr
                              allmählich erkalten läßt, im Gegentheil läuft es roth
                              an; eben so wenn man das farblose Glas auf eine gelinde Dunkelroth-Glühhize
                              bringt. Es erfolgt das Anlaufen, wie Splittgerber
                              Polytechn. Journal Bd. XCII S.
                                       40. neuerdings gezeigt hat, in atmosphärischer Luft, in Sauer- und
                              Wasserstoffgas, in Sand, Kohlenstaub, Zinnoxydul eingepakt, in schmelzendem Salpeter
                              und chlorsaurem Kali, welche Sauerstoffgas entwikeln – Beweise genug, daß
                              hier weder Oxydation, noch Reduction von Einfluß ist, sondern lediglich eine durch
                              die Wärme bedingte Veränderung in dem Molecularzustand des Goldes.
                           Golfier-Besseyre bemerkt daß, wenn man ein roth
                              angelaufenes Glasstük zum Fluß bringt, einige Zeit darin erhält und es dann recht
                              langsam erkalten läßt, es sich entfärbt, und wenn man es dann wieder erwärmt, es
                              neuerdings roth anläuft mit einem Stich ins Violett. Wiederholt man den Versuch, so
                              soll es sich
                              violett, dann blau färben, endlich sich ganz entfärben, so daß es gar keine Farbe
                              mehr zeigt. Auch Splittgerber erwähnt das Entfärben,
                              behauptet aber, nur durch die Hize des Sauerstoffgasgebläses zum Entfärben des roth
                              angelaufenen Glases gelangt zu seyn; ferner daß beim Anlaufen eine Verminderung des
                              specifischen Gewichts stattfinde, indem farbloses Goldglas eine Dichtigkeit von
                              2,606 hatte, das angelaufene aber 2,601 und 2,598; lezteres hatte feine Sprünge
                              erhalten.
                           Wird Goldglas bei der Bearbeitung an der Pfeife mehrmals kalt und wieder heiß, auch
                              zu stark erhizt, so wird es lebrig, es nimmt eine hellbraune Farbe an, wird trübe
                              und kann nicht wieder roth werden. Das lebrig gewordene Glas zeigt bei durchgehendem
                              Lichte stellenweise eine schön blaue und grünblaue Färbung; mit bloßem Auge entdekt
                              man kleinere und größere Goldkörnchen darin. (Dieser Zustand hat die größte Analogie
                              mit einer verdünnten mit Oxalsäure vermischten und gelind erwärmten Goldsolution.)
                              – Stüke farblosen Goldglases, welche plözlich
                              erkaltet, sind nicht mehr zum Anlaufen zu bringen, sie bleiben farblos.
                           Kehren wir nun zum Schluß nochmals auf die vermeintliche Ursache der Rothfärbung des
                              Goldglases zurük, so dürfte Folgendes als bewiesen sich herausstellen:
                           1) Zur Erzeugung eines rothanlaufenden Goldglases ist weder ein Zusaz von fertigem
                              Goldpurpur, noch von Zinnoxyd mit Goldchlorid, um im Glase den vermeintlichen
                              Goldpurpur zu bilden, oder statt Zinnoxyd Antimonoxyd erforderlich.
                           2) Man kann Glas, sowohl stark bleihaltiges leicht-schmelzbares, als auch
                              Kalikrystallglas, welches nur äußerst wenig Bleioxyd enthält (in 48 Pfd. 3/8 Pfd.),
                              durch einen Zusaz von Goldchloridlösung, ja selbst durch fein zertheiltes
                              metallisches Gold, in Goldglas verwandeln, welches roth anläuft.
                           3) Wendet man Goldpurpur an, so wird derselbe beim Glasschmelzen zersezt,
                              metallisches Gold wird ausgeschieden.
                           4) Reibt man feines Gold mit pulvrigen harten Substanzen zusammen, so erhält man
                              rothe Gemische.
                           Höchst wahrscheinlich erscheint die Meinung, daß:
                           1) das Gold im farblosen Goldglase nicht als kieselsaures Oxyd
                                 vorhanden sey, denn a) hat noch Niemand
                              kieselsaures Goldoxyd auf nassem oder trokenem Wege dargestellt, und b) möchte es doch mehr als zweifelhaft seyn daß, da das
                              Goldoxyd sich nicht als Base verhält, sondern sich in Säuren nur löst ohne sie zu
                              neutralisiren, ohne mit ihnen stabile Verbindungen einzugehen, die Kieselsäure das
                              Goldoxyd aufnehmen, und ein so beständiges Salz bilden solle, welches selbst die höchsten Hizegrade ohne Zersezung auszuhalten im Stande
                                 sey; c) hat noch Niemand gezeigt, daß sich fein
                              zertheiltes Gold in der Hize oxydire und Goldoxyd, ohne sich zu zersezen, nur die
                              Dunkelrothglühhize aushält.
                           2) Die Existenz eines intermediären Goldoxyds von rother Farbe ist zweifelhaft, indem
                              es noch von keinem Chemiker dargestellt worden, und offenbar mit der rothen Substanz
                              verwechselt wird, die man durch feine Zertheilung des Goldes auf mechanischem Wege
                              erhält, welche aber kein Goldoxyd ist (vergl. das Vorstehende). Auf gleiche Weise
                              hat man früher das fein zertheilte Queksilber, weil es grauschwarz aussieht, mit dem
                              Oxydul verwechselt, und angenommen, alle mit metallischem Queksilber durchs
                              Zerreiben (Tödten) dargestellten Gemenge enthielten Oxydul, welche Meinung längst
                              widerlegt ist.
                           3) Es streitet gegen alle Analogie, daß ein leicht zersezbares Oxyd in hohen Hizegraden unzersezt bleibe, aber durch gelindes Anwärmen, wobei Sauerstoffgas abgegeben werden
                              muß, sich zu einem niedern Oxyde reducire, darauf bei
                              gesteigerter Hize sich wieder höher oxydire u.s.w. Gelingt nicht das Rothwerden eben
                              so gut in schmelzendem Salpeter und chlorsaurem Kali, in einer Umgebung von frei
                              werdendem Sauerstoffgase, wo doch von einer Reduction nicht wohl die Rede seyn
                              kann?
                           Nach allen diesen Erörterungen scheint mir die Ansicht: das Goldglas verdanke seine
                              Färbung lediglich fein zertheiltem metallischem Golde,
                              die wahrscheinlichste. Ein ganz analoger Fall findet beim Platin statt. Dieses ist
                              als Platinschwamm aschgrau, als Platinmohr schwarz, in beiden Zuständen ohne
                              Metallglanz und nichts anderes als metallisches Platin. Reibt man Platinmohr mit
                              Emailpulver zusammen und schmelzt das Gemeng, so erhält man ein schönes schwarzes
                              Email; eben so gibt auch Iridium im fein zertheilten Zustande, mit einem Fluß
                              versezt, eine schöne schwarze Farbe für die Porzellanmalerei. – Es ist
                              bekannt, daß metallisches Silber, dem Glase zugesezt, lezteres im reflectirten
                              Lichte grünblau und trübe erscheinen läßt, während es bei durchgehendem Lichte gelb
                              bis ins Orange gefärbt erscheint. Dieses Verhalten ist auf den Glashütten, wo mit
                              gelbem Silberglas überfangen wird, wohl bekannt; die dazu gefertigten Zapfen zeigen
                              jenes Farbenspiel. Beim Ueberfangen mit diesem Glase findet auch ein Anlaufen und
                              Lebrigwerden statt, wobei man deutlich Silberkörnchen entdeken kann, ganz in
                              Uebereinstimmung mit dem Lebrigwerden des Goldglases, wobei sich Goldkörnchen
                              zeigen.
                           Einen durch Temperaturveränderung hervorgebrachten Farbenwechsel zeigt endlich auch das
                              Queksilberjodid. Es wird in rhomboidalen tafelförmigen Krystallen von gelber Farbe
                              sublimirt, die beim Erkalten roth werden; das geschmolzene Jodid ist gleichfalls
                              gelb, selbst nach dem Erstarren, es wird aber noch vor dem Erkalten roth. Dabei
                              findet nicht die geringste chemische Veränderung statt, es ist ein rein mechanischer
                              Vorgang, eine Veränderung im Molecularzustande. Besizt nicht der Kohlenstoff eine
                              schwarze Farbe, und kann auch farblos, so wie grünlich, röthlich, gelblich, als
                              Diamant erscheinen? Phosphor kann schwarz aussehen, und wieder blaßgelb werden,
                              Schwefel gelb und braun; Zinnober roth und schwarz; Eisenoxyd deßgleichen u.s.w. Wer
                              erinnert sich nicht des Einflusses verschieden diker Schichten durchsichtiger oder
                              durchscheinender Substanzen auf das Gefärbtseyn? Wer kennt nicht die Ursache des
                              merkwürdigen Farbenspiels der Seifenblasen, der Luftschichten in den Newton'schen Ringen, der Metalle und Metalloxyde bei der
                              Nobili'schen Metallochromie? Bei leztern rührt die
                              verschiedene Farbe von den verschieden diken Schichten des Bleiüberoxyds auf der
                              vergoldeten oder versilberten Fläche her. Auf gleiche Weise entstehen die
                              Anlauffarben auf Stahl und Eisen.
                           Schließlich kann ich nicht umhin, die chamäleonähnliche Veränderung der Farbe, die
                              das metallische Gold je nach seiner Zertheilung zeigt, an einem andern Beispiele zu
                              erläutern. Das Selen erscheint nach vorgängigem Schmelzen erkaltet von dunkler ins
                              Rothbraune fallenden Farbe, metallglänzend; aus einer verdünnten Lösung kalt gefällt
                              zinnoberroth, gekocht wird der Niederschlag schwarz. Am Tageslichte erscheint der
                              Niederschlag selbst goldgelb, metallglänzend. Selen zu Pulver gerieben ist
                              dunkelroth, erhizt man es an der Luft, so sezt es sich als ein zinnoberrothes Pulver
                              ab.
                           Obschon nun durch diese Beispiele nichts Positives für die Goldfrage erlangt wird, so
                              ist doch durch die Analogie so viel gewonnen, daß eine und dieselbe Substanz, ohne
                              alle Aenderung der chemischen Beschaffenheit, wohl im Stande ist, in verschiedenen
                              Farben aufzutreten. Eben so gut, glaube ich, kann auch Gold, je nach der Feinheit
                              der Zertheilung desselben, gelb metallglänzend, und roth, blau, grün im
                              durchgehenden, und braun, oder fast schwarz im reflectirten Lichte und ohne allen
                              Metallglanz erscheinen. Aendert sich diese bei einem schnelleren Wechsel der
                              Temperatur, so zeigt sich dann auch eine Aenderung in der Färbung. Wie kann aber
                              Gold enthaltendes Glas farblos seyn? wenn es, in der feinsten Zertheilung mit der
                              Glassubstanz aufs innigste vermischt, in ihm gleichsam aufgelöst ist.
                           III. Ueber durch Kupferoxyd blau gefärbtes Glas.
                           Es ist bekannt, daß Kupferoxydsalze im wasserhaltenden Zustande sch blau oder grün gefärbt sind. Merkwürdigerweise kann Kupferoxyd
                              Glas in beiden Farben grün und blau färben; man kann schön smaragdgrün und auch
                              hellblau, türkis- und himmelblau mit demselben Kupferoxyd hervorbringen.
                           Neri theilt verschiedene Recepte mit Kupferoxyd
                              darzustellen, theils aus Kupferhammerschlag durch längeres Calciniren, theils aus
                              Kupfervitriol durchs Glühen, theils durch Verbrennen von Knistergold (Messing), auch
                              aus Grünspan. Zur Verfertigung eines schönen Grün schreibt derselbe vor, Kupferoxyd
                              mit Eisenoxyd dem Krystallglassaze zuzusezen; um Meergrün (Aqua marin-Farbe) zu erzeugen, Kupferoxyd und Zaffer (Kobaltoxyd).
                              Ein einziges Recept kommt vor, Glas kornblumen- und türkisblau zu färben. Man
                              soll zu Krystallglas, welches meergrün gefärbt worden ist, geglühtes Seesalz
                              zumischen, dadurch werde die durchsichtige Meerwasserfarbe dik und dunkel,
                              undurchsichtig und blau. So wie das Salz durch die Hize sich verflüchtigt habe,
                              werde das Glas wieder durchsichtig; ein neuer Zusaz von Salz mache die Farbe
                              wiederkehren. Offenbar bezwekte man durch den Zusaz von Seesalz, welches sich mit
                              dem Glase nicht direct verbindet, ein Trübwerden des Glases, eine Störung der
                              Continuität der Molecüle. Kunckel sagt darüber, die
                              Angabe sey wahr, aber das Verfahren habe viele Beschwerlichkeiten. Er beschreibt
                              dann (S. 68) ein Verfahren, Türkis- und Kornblumenblau zu erzeugen. Man solle
                              die Asche von verbrannten Häusern und Scheunen (!) sammeln, und damit Glas machen;
                              dasselbe sey anfangs hell und klar, werde aber beim Einwärmen ganz weiß; man nenne
                              es Beinweiß. Mit diesem erlange man schönsten Türkis.
                           Aus diesen Notizen geht hervor: daß nur ein trübes, durchscheinendes Glas, es sey nun
                              durch besondere Zusäze, als durch Knochenasche, in diesen Zustand versezt, oder
                              durch einen sonstigen Kunstgriff beim Schmelzen trübe gemacht, durch Kupferoxyd blau
                              gefärbt wird. Und so wird auch noch jezt verfahren.
                           Seit einigen Jahren verfertigt man in Böhmen und Schlesien unter dem Namen Alabasterglas ein wenig durchscheinendes weißes Glas. Zur
                              Darstellung desselben wird derselbe Glassaz verwendet, als zu dem Krystallglas,
                              welches klar und farblos ist. Beim Schmelzen desselben verfährt man jedoch also. So
                              wie der Saz soeben geschmolzen ist, wird das Glas ausgeschöpft und abgeschrekt. Ist
                              dann eine neue Portion geschmolzen, so wird das kalte, abgeschrekte Glas darauf
                              gegeben, dadurch die Masse abgekühlt, und das niedergeschmolzene Glas bei möglichst
                              geringer Hize verarbeitet. Das Glas bleibt während der ganzen Zeit des Verarbeitens
                              trübe und weiß, würde man aber die Hize bedeutend erhöhen, so würde es klar und
                              farblos werden. Ich
                              möchte die Ursache in einer Discontinuität der Materie suchen, eben so wie z.B.
                              Schnee gegen klares, durchsichtiges Eis, wie zu Schnee geschlagenes Eiweiß gegen das
                              klare, Glaspulver gegen Glas in Stüken, Wasserschaum gegen Wasser sich
                              verhalten.
                           Sezt man nun Kupferoxyd oder Kupfervitriol zu einem Glassaz zu, welcher seiner
                              Zusammensezung nach ein klares und helles Glas gibt, oder wo die Schmelzung so
                              geleitet wird, daß das Glas klar werden muß, so erhält man ein blaugrünes, doch entschieden grünes Glas. Im
                              entgegengesezten Falle wird ein Glas, welches auf die vorstehend angeführte Weise
                              behandelt wird, d.h. trübe bleibt, stets durch dasselbe Kupferoxyd türkisblau. Legt man auch solches Glas wiederholt ein, so
                              daß es zu einem klaren durchsichtigen Glase schmilzt, es bleibt dennoch blau, und
                              gibt dann das Aqua marin-Glas.