| Titel: | Neue Theorie des amerikanischen Amalgamationsprocesses. | 
| Fundstelle: | Band 96, Jahrgang 1845, Nr. XII., S. 52 | 
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                        XII.
                        Neue Theorie des amerikanischen
                           Amalgamationsprocesses.
                        Aus den Annales de Chimie et de Physique, Febr. 1845,
                              S. 250.
                        Neue Theorie des amerikanischen Amalgamationsprocesses.
                        
                     
                        
                           Seit einigen Jahren hat man sich viel mit der Amalgamation beschäftigt, ohne
                              hinsichtlich deren Theorie ganz ins Reine zu kommen. Folgendes Schreiben über diesen
                              Gegenstand verdanke ich Hrn. Bowring, welcher mehrere
                              Jahre als Bergwerks-Ingenieur in Mexico angestellt war:
                           
                              „Ich habe einige merkwürdige Versuche über die Amalgamation angestellt,
                                 deren Resultate die alte Theorie derselben ganz umstoßen; ihre Anwendung, welche
                                 ich jezt mit verschiedenen Erzen in großem Maßstabe versuche, scheint die
                                 Reductionskosten um 30 bis 40 Proc. bei den armen Erzen und um mehr als 50 Proc.
                                 bei den reichen zu vermindern. Um Ihnen dieses System zu erklären, beginne ich
                                 mit der Theorie, auf welche ich vor beiläufig einem Jahre verfiel und
                                 derentwegen ich Versuche in großem Maaßstabe angestellt habe.
                              
                           
                              Das Kupferchlorid, welches sich bei der Behandlung des Erzmehls mit Salz und
                                 Kupfervitriol bildet, erzeugt durch die Berührung mit dem Queksilber,
                                 Kupferchlorür und Queksilberchlorür. Erstens zieht Sauerstoff aus der Luft an
                                 und verwandelt sich in Kupferoxydul-Chlorür. Da ich jedoch fand, daß man
                                 bei directer Anwendung von Kupferoxydul-Chlorür nur die Arbeitskosten
                                 vermindert, ohne an Queksilber zu ersparen, so vermuthete ich, daß sich bei der
                                 Operation irgend ein unbekanntes Kupfersalz bilden dürfte, in welcher Hinsicht
                                 ich folgenden Versuch anstellte.
                              
                           
                              Man nimmt 125 Theile Kupferoxyd, welche mit beiläufig 27 1/2 Theilen
                                 Kupfervitriol und 27 1/2 Theilen Kochsalz gekocht worden sind. Wenn man kein
                                 Kupferoxyd in der Flüssigkeit mehr bemerkt, sezt man 100 Theile auf nassem Wege
                                 reducirtes metallisches Kupfer zu und kocht das Ganze, bis der Saz eine
                                 ziegelrothe Farbe annimmt. Derselbe scheint eine Verbindung von Kupferchlorür
                                 und Kupferoxydul zu seyn. Kocht man Schwefelsilber damit, so wird es in wenigen
                                 Minuten zu Metall reducirt, während sich Schwefelsäure bildet. Ich vermuthe, daß
                                 sich bei der Behandlung des Erzschliechs nach dem Verfahren in Mexico
                                 Kupferoxydul-Chlorür oder eine analoge Verbindung bildet, besonders wenn
                                 man einen Theil des Queksilbers durch Kupfer-Amalgam ersezt, welche
                                 Methode in den lezten vier Jahren mit gutem Erfolg angewandt wurde.
                                 Begreiflicherweise muß es sehr vortheilhaft seyn, die wirksamen Ingredienzien
                                 vorher darzustellen und direct anzuwenden, anstatt sie erst in dem Erzhaufen zu
                                 erzeugen. Uebrigens wird man sich nicht mehr wundern, daß die Reactionen
                                 schwierig zu bemeistern sind, wenn man weiß, welche ungeheure Masse Erzschliech
                                 auf einmal behandelt wird und daß derselbe meistens kaum 1/4, oft nicht einmal
                                 1/8 Proc. Silber enthält.“
                              
                           Hr. Bowring, welcher später nach Paris kam, hat daselbst
                              seine Versuche wiederholt und gezeigt, daß sie stets vollkommen gelingen. Seine
                              Theorie des amerikanischen Amalgamationsprocesses besteht im Wesentlichen darin, daß
                              das schwefelsaure Kupfer sich in Kupferchlorid und lezteres in Berührung mit dem
                              Queksilber sich in Kupferchlorür verwandelt. Dieses absorbirt Sauerstoff und geht
                              das durch in Kupferoxydul-Chlorür über, welches seinen Sauerstoff an den
                              Schwefel des Schwefelsilbers abgibt. Die so gebildete Schwefelsäure zersezt das
                              Kochsalz. Die dadurch frei gewordene Salzsäure macht das Kupferchlorür auflöslich
                              und ohne Zweifel verwandelt sich lezteres in Berührung mit der Luft in
                              Kupferchlorid, welches die Operation wieder beginnt. Das überschüssige Queksilber
                              bemächtigt sich natürlich des Silbers.
                           So viel ist gewiß, daß bei Anwendung des Kupferoxydul-Chlorürs als Magistrat
                              die Amalgamation sehr rasch, vollständig und wohlfeiler durchgeführt wird. Daß sich
                              Schwefelsäure in Menge bildet, leidet keinen Zweifel.
                           
                              J. D.