| Titel: | Delamarre's neues Verfahren in Oehl zu malen. | 
| Fundstelle: | Band 96, Jahrgang 1845, Nr. LXXII., S. 278 | 
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                        LXXII.
                        Delamarre's neues
                           Verfahren in Oehl zu malen.
                        Aus dem Moniteur industriel 1845, No.
                              900.
                        Delamarre's Verfahren in Oehl zu malen.
                        
                     
                        
                           Dieser Künstler hatte sich zur Aufgabe gemacht, ein sicheres und einfaches Mittel
                              aufzufinden, so zu malen, daß die angewandten Farben, so lange man auch an einem
                              Werke malen mag, nicht eintroknen können und daß man sie, sobald das Bild fertig
                              ist, ohne allen Anstand und ohne daß sie Schaden leiden, troknen lassen kann.
                           Man konnte noch nie mit gutem Erfolge mit Baumöhl malen, weil die mit demselben
                              angemachten Farben nicht gehörig austroknen, um gefirnißt werden zu können. Eben
                              diese Eigenschaft des Olivenöhls ist es, welche Hrn. Delamarre nach vielen Versuchen auf den Gedanken brachte, es in der
                              Malerei zur Vorbereitung der Arbeit anzuwenden und es später durch ein troknendes
                              Oehl zu ersezen.
                           Man präparirt zuvörderst die Leinwand mit Bleiweiß, oder Englischroth, Leinöhl (einer
                              kleinen Menge) und Terpenthinöhl. Das Springen (le
                                 craquelage) der gewöhnlichen Malerleinwand ist fast immer Folge der zu
                              großen Masse Substanzen, welche darüber aus, gebreitet werden müssen, um ihre
                              Unebenheiten zu überdeken. Durch Niederdrüken der Knöpfe in der Leinwand mittelst
                              eines Glättwerkzeugs wird dieser Uebelstand vermieden und sie so glatt, daß die
                              Präparir-Mischung, mittelst Terpenthinöhls nur in einer sehr dünnen Schicht aufgetragen,
                              leicht hindurchdringt. Auf diese Weise erhält man eine dauerhafte und doch
                              geschmeidige, absorbirende Leinwand, auf welcher es sich zeichnet, wie auf jeder
                              andern. Will man nun malen, so breitet man auf der Rükseite der Leinwand genug
                              Olivenöhl aus, um sie damit zu sättigen und malt hierauf auf der Vorderseite mit
                              ebenfalls mit Olivenöhl angemachten Farben.
                           Die Farben werden auf diese Weise vollkommen frisch und klar erhalten. Es gewährt
                              dieß aber noch weitere Vortheile. Die Lakfarben bedeken die Leinwand wie der Ocher
                              und es arbeitet sich um so angenehmer, da die Leinwand die Farbe begierig aufnimmt
                              und man sich vor einer Unterbrechung der Arbeiten nicht mehr zu fürchten hat. Ohne
                              die angefangene Arbeit in irgend einer Weise zu beschädigen, kann man die Farbe
                              diker oder flüssiger machen durch Abtroknen der zu bedekenden Stelle auf der
                              Hinterseite mittelst eines Lümpchens oder durch frisches Auftragen von Baumöhl.
                           Soll hingegen getroknet werden, so trägt man auf der Rükseite der Leinwand eine
                              Schicht gepulverter Pfeifenerde oder safrangelben Ochers auf, welche als schnell
                              absorbirend bekannt sind. In ganz kurzer Zeit ist das Baumöhl gänzlich absorbirt und
                              die Farben befinden sich in vollkommenem Pastellzustand.
                           Man kann auf diese Weise ein Bild ganze Jahre hindurch stehen lassen und braucht,
                              wenn man wieder daran zu malen anfangen will, auf der Rükseite nur Baumöhl
                              auszubreiten; soll es endlich troknen, so bringt man Mohnöhl oder sonst ein
                              troknendes Oehl auf die Rükseite der Leinwand. Man kann sogar, wenn man will, dem
                              Oehl etwas Terpenthinöhl zusezen, denn es ist eine bekannte Thatsache, daß lezteres
                              das Springen der Farben verhindert, indem es die Verdunstung befördert.
                           Durch dieses Verfahren ist man in den Stand gesezt, nur so viel Oehl anzuwenden, als
                              für die Dauerhaftigkeit des Bildes erforderlich ist und der Unannehmlichkeit
                              überhoben, daß die Farben gelb werden (gilben). Die so gemalten Bilder haben auch
                              den Vorzug vor andern, auf beiden Seiten zu troknen und in der Dike (der Leinwand)
                              kein Oehl zu enthalten.