| Titel: | Beschreibung eines chemischen Lampen-Ofens; von Eduard Solly. | 
| Fundstelle: | Band 96, Jahrgang 1845, Nr. LXXV., S. 289 | 
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                        LXXV.
                        Beschreibung eines chemischen
                           Lampen-Ofens; von Eduard
                              Solly.
                        Aus dem Philosophical Magazine, März 1845, S.
                              190.
                        Solly's chemischer Lampen-Ofen.
                        
                     
                        
                           Bei der Versammlung der British Association zu York im
                              September v. J. zeigte Hr. Vernon Harcourt einen
                              Lampen-Ofen, mittelst dessen ein Platintiegel auf die zum Schmelzen
                              verglasbarer Substanzen erforderliche Temperatur erhizt und leztere gleichförmig
                              unterhalten werden konnte.Polytechn. Journal Bd. XCV S.
                                       156. Der Ofen bestand aus einer Anzahl einfacher Strahlbrenner, welche um den
                              Tiegel herum angebracht waren; um die Gleichförmigkeit der Temperatur zu sichern,
                              hing der Tiegel in drei Platindrähten, die mit einem Uhrwerk in Verbindung waren,
                              welches ihn langsam um seine senkrechte Achse drehte; das angewandte Brennmaterial
                              war Wasserstoffgas, welches in einem starken eisernen Behälter erzeugt und unter
                              einem Druk von 10 bis 30 Atmosphären verbrannt wurde. Die mechanische Ausführung
                              dieses Lampen-Ofens war sehr schön und die Hize, welche durch Verbrennung der
                              gegen den Boden und die Seiten des sich drehenden Tiegels gerichteten Strahlen
                              comprimirten Wasserstoffgases erzeugt wurde, war stetig und intensiv; allein der
                              Apparat war sehr kostspielig und erheischte viele Sorgfalt bei seiner Anwendung.
                           Dadurch wurde ich veranlaßt zu versuchen, ob es nicht möglich sey eine viel
                              wohlfeilere, einfache Lampe für den gewöhnlichen Gebrauch in Laboratorien zu
                              construiren; dieß ist mir auch vollkommen gelungen und ich will sie nun kurz
                              beschreiben.
                           Wenn das Steinkohlengas mit Luft in einem gewissen Verhältniß vermischt ist, brennt
                              es bekanntlich mit einer blassen blauen Flamme, welche keinen festen Kohlenstoff
                              enthält und daher nur ein ganz schwaches Licht gibt, aber eine sehr hohe Temperatur
                              hat, so zwar, daß man
                              die große blasse Flamme von mit Luft vermischtem Gas, welches über einer Scheibe von
                              Drahttuch verbrannt wird, öfters in Laboratorien anwendet, wenn eine höhere
                              Temperatur erforderlich ist, als sie mittelst der Argand'schen Lampe hervorgebracht werden kann. Nachdem ich Harcourt's Lampe gesehen hatte, vermuthete ich, daß sich
                              eine sehr hohe Temperatur dadurch erzielen lassen dürfte, daß man anstatt
                              Wasserstoffgas eine Mischung von Luft und Steinkohlengas mittelst einer gehörigen
                              Anordnung von Strahlbrennern verbrennt. Die Lampenform welche ich nach einigen
                              Versuchen als die zwekmäßigste hiezu fand, besteht aus zwei Kreisen von Strahlen,
                              einem senkrechten und einem horizontalen, welcher leztere fast zwei Zoll höher als
                              der erstere ist. Der senkrechte Kreis besteht aus einem metallenen Ring von
                              beiläufig einem Zoll im Durchmesser, welcher auf seiner oberen Seite mit sechs
                              kleinen Löchern (Strahlbrennern) durchbohrt ist; der horizontale Kreis besteht aus
                              einem hohlen metallenen Ring von stark drei Zoll innerem Durchmesser, auf dessen
                              innerer Seite zwölf Löcher gebohrt sind, so daß sie mit einander eine Reihe von
                              achtzehn kleinen Strahlflammen, sechs senkrechten und zwölf horizontalen bilden, die
                              sich alle in einem gemeinschaftlichen Centrum vereinigen, welches also die Stelle
                              der größten Hize ist. Die Mischung von Steinkohlengas und Luft für diese Lampe
                              verschafft man sich dadurch, daß man eine hinreichende Menge Luft in eine Gasröhre
                              einströmen läßt. Zu diesem Zwek bringt man an dem Ende eines gewöhnlichen mit der
                              Gasleitung verbundenen Gashahns eine beiläufig vier Zoll lange kupferne Röhre von
                              einem Viertelszoll Durchmesser an; dieselbe wird mit einer anderen kupfernen Röhre
                              von beträchtlich größerem Durchmesser umgeben, welche sechs Zoll länger als die
                              innere Röhre ist. Die Luft, welche sich mit dem Gas vermischen soll, läßt man in
                              diese längere äußere Röhre eintreten und regulirt ihre Menge durch Hähne. So wird
                              die Vermischung von Luft und Steinkohlengas unter den günstigsten Umständen bewirkt;
                              mischt man sie anders, denn als zwei in derselben Richtung fließende Ströme, so
                              entsteht eine Verminderung des Druks; während, wenn man ihre Vermischung auf die
                              angegebene Weise bewirkt, der Druk des ganzen Stroms eher zunimmt.
                           Der Druk des gewöhnlichen Straßengases dürfte wohl in der Regel nicht über zwei Zoll
                              betragen; wenn man die Luft durch eine Röhre zuließ, welche unter rechten Winkeln in
                              die Gasröhre gestekt war und der Druk der Luft einigermaßen denjenigen des Gases
                              übertraf, wurde der Gasstrom fast immer gänzlich zurükgehalten, indem die Luft das
                              Gas in die Röhre zurükdrängte; dieß wurde durch Anwendung der obigen doppelten Röhre vermieden und
                              man konnte dabei den Luftdruk sogar etwas stärker als den Gasdruk machen, ohne den
                              Gasstrom zu beeinträchtigen. Anfangs benuzte ich als Luftquelle einen Gasometer,
                              nach einigen Versuchen aber fand ich, daß ein gewöhnlicher doppelter Blasebalg
                              bequemer ist. Wenn man die Lampe anwendet, stellt man den zu erhizenden Tiegel
                              mittelst eines Triangels von Platindraht auf den horizontalen Strahlenkreis, so daß
                              er sich im Centrum der größten Hize befindet; ist bloß das Gas angezündet, so brennt
                              es mit einer großen und sehr rußigen Flamme, indem es eine Menge festen Kohlenstoff
                              absezt; in dem Augenblik aber, wo man die Luft zuläßt, nimmt die Flamme an Größe und
                              Glanz ab; nachdem das Gas mit einer hinreichenden Menge Luft vermischt ist, brennt
                              es mit blasser blauer Farbe und ist dann gänzlich frei von festem Kohlenstoff. Der
                              Tiegel wird in der That durch achtzehn kleine Löthrohre erhizt, daher er in wenigen
                              Secunden stark glüht; die Hize nimmt dann immer mehr zu, weil das glühende Platin
                              die vollständige Verbrennung des mit Luft gemischten Gases erleichtert und bewirkt,
                              daß sie die blaue Flamme jedes Strahls mit Blaßgelb einfaßt und sie bedeutend an
                              Größe zunehmen; endlich wird der Ofen durch einen dünnen Cylinder von Eisenblech
                              vervollständigt, welcher drei Zoll im Durchmesser hat und zwei Zoll hoch ist; man
                              stellt denselben über den horizontalen Kreis, um die Flammen gegen den Luftzug zu
                              schüzen, und legt auf den Cylinder eine kreisförmige Scheibe von Eisenblech, welche
                              in ihrer Mitte ein Loch von einem Zoll im Durchmesser hat; dadurch zwingt man die
                              erhizte Luft um den oberen Rand und über den Dekel des Tiegels zu streichen, so daß
                              das Ganze auf gleiche Temperatur gebracht wird.
                           Mittelst dieser Anordnung ist es leicht, einen Platintiegel von zwei Zoll Höhe und
                              anderthalb Zoll Durchmesser beliebig lange auf der Hellroth- oder der
                              Gelbglühhize zu erhalten; man hat überdieß die Hize ganz in der Gewalt, weil man das
                              Gas jeden Augenblik absperren und eben so schnell wieder anzünden kann. Die Hize,
                              auf welche ein Tiegel von der angegebenen Größe gebracht wird, liegt über dem
                              Schmelzpunkt des Silbers, denn ein Stükchen dieses Metalls schmilzt leicht in einem
                              Porzellantiegel, welchen man in den Platintiegel stellt. 3 bis 400 Gran eines
                              Gemenges von einem Silicat mit kohlensaurem Natron sind in acht Minuten vollkommen
                              in Fluß gebracht, und man ist jeden Augenblik im Stande die Hize zu mäßigen, wenn
                              sich die Kohlensäure zu rasch entwikeln sollte und sie zu unterbrechen, sobald die
                              Operation beendigt ist.
                           
                           Bei der Construction dieser Lampe war es meine Absicht ein wohlfeiles, einfaches und
                              wirksames Mittel zu haben, um einen Platintiegel auf die Hellroth-Glühhize zu
                              bringen, ohne daß er mit festem Brennmaterial in Berührung kommt und dieß ist mir
                              auch vollkommen geglükt. Die Zersezung erdiger Silicate läßt sich zwar in einem
                              gewöhnlichen Ofen sehr leicht bewirken, indem man den Tiegel, damit er mit dem
                              Brennmaterial nicht in Berührung kommt, entweder in einen irdenen Tiegel stellt oder
                              ihn in ein dünnes Platinblech einhüllt; der beschriebene Lampen-Ofen ist aber
                              dazu bei weitem vorzuziehen.
                           Da eine solche Lampe nur in Gebrauch kommen kann, wenn sie einfach ist, so war ich
                              bemüht sie nicht complicirter zu machen, als unumgänglich nöthig war; ich zweifle
                              auch nicht, daß ihre Wirksamkeit noch sehr erhöht werden könnte; schon in ihrem
                              gegenwärtigen Zustande ist sie aber auch noch zu anderen Zweken anwendbar, z.B. zum
                              Glasblasen und Biegen weiter und diker Röhren, kurz in allen Fällen, wo eine
                              Hellroth- oder Gelbglühhize erforderlich und ein gewöhnlicher Ofen nicht
                              anwendbar ist.