| Titel: | Ueber den Einfluß des Holzes der Fässer auf die Weine und ein Verfahren die Wirkung desselben aufzuheben; von Apotheker Mahier zu Château-Gontier (Mayenne). | 
| Fundstelle: | Band 96, Jahrgang 1845, Nr. CII., S. 405 | 
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                        CII.
                        Ueber den Einfluß des Holzes der Faͤsser
                           auf die Weine und ein Verfahren die Wirkung desselben aufzuheben; von Apotheker
                           Mahier zu
                           Château-Gontier (Mayenne).
                        Aus dem Journal de Chimie médicale, April 1845,
                              S. 177.
                        Mahier, über den Einfluß des Holzes der Fässer auf die
                           Weine.
                        
                     
                        
                           Die Erfahrung hat längst gelehrt, daß die verschiedenen Holzarten wegen der
                              Extractivstoffe, welche sie auch nach dem Auswaschen noch immer enthalten, einen
                              bestimmten Einfluß auf die Weine haben und man pflegt das Eichenholz dem
                              Kastanienbaum- und Tannenholz vorzuziehen, wegen der Porosität und größern
                              Einwirkung dieser leztern; man fand sogar, daß das Eichenholz aus dem nördlichen
                              Europa dem einheimischen (französischen) vorzuziehen ist und bedient sich desselben
                              auch allgemein in der Umgegend von Bordeaux und im ganzen mittäglichen
                              Frankreich.
                           Der Extractivstoff oder Saft ist in den genannten Holzarten je nach dem Boden und dem
                              Klima verschieden; so enthalten die nordische Eiche, der in einem feuchten Boden aufgewachsene
                              Kastanien- und Eichenbaum einen in Wasser löslichen, im Wein aber nicht sehr
                              löslichen wässerigen oder schleimigen (gummiartigen) Extractivstoff, während dieselben in unserm
                              (franz.) Klima, in dürrem, kieselhaltigen Erdreich erwachsenen Holzarten einen in
                              Wasser wenig löslichen, im Wein aber, je besser er ist, desto löslichen:, harzartigen oder gummiharzigen
                              Extractivstoff liefern. Darauf beruht der der nordischen Eiche mit Recht eingeräumte
                              Vorzug, obwohl unser, eine größere Dichtigkeit besizendes Eichenholz die Verdunstung
                              des Weines besser verhütet. Eben so verhält es sich mit dem aus dem Norden kommenden
                              weichen Holz, welches poröser und weniger harzig ist als unser einheimisches.
                           Die Pflanzenphysiologen haben die Verschiedenheit der extractiven Bestandtheile in
                              den verschiedenen Holzarten nachgewiesen und gezeigt, daß ihre Quantität in
                              umgekehrtem Verhältniß zur Dichtigkeit steht, so wie auch, daß die Verdunstung des
                              Weines in Fässern aus sehr dichtem Holz, z.B. eichenen, geringer seyn muß. Man
                              sollte sich daher nur eichener Fässer bedienen, weil sie am wenigsten porös sind,
                              dieselben aber so gut als möglich von ihren extractiven Bestandtheilen befreien,
                              welche der Qualität des Weins schaden, ihm einen andern Geschmak, und namentlich dem
                              weißen, auch eine andere Farbe verleihen.
                           Die chemische Analyse ergibt als extractive Bestandtheile
                           des Eichenholzes: Eiweiß, Gerbestoff, eine je nach dem
                              Boden in Wasser lösliche oder harzartige extractive
                              Substanz und etwas Farbstoff;
                           des Kastanienbaumholzes: Eiweißstoff, wenig Gerbestoff,
                              eine harzartige extractive Substanz und zwei Farbstoffe, einen rothen und einen gelben, von etwas bitterlichem
                              Geschmak;
                           des weichen (Tannen-)
                              Holzes: vorzüglich Harz und ein wesentliches
                              Oehl.
                           Alle diese Substanzen können auf den Wein eine Wirkung ausüben, je nachdem die Fässer
                              mehr oder weniger von ihnen enthalten. Das bloße Auswaschen der Fässer mit kochendem
                              reinem oder salzhaltigem Wasser ist nicht hinreichend; das Anfüllen derselben mit
                              frischem Kalkwasser, welches man darin verweilen ließe, würde mehr von den
                              extractiven Stoffen auflösen, vorzüglich wenn man diesem Kalkwasser per Faß 1/2 bis 1 Pfd. käufliche Potasche zusezt; da leztere durch den gebrannten Kalk äzend wird, so kann
                              sie auf das holz, selbst wenn dasselbe harzhaltig ist, viel stärker wirken. Man
                              könnte dasselbe Wasser bei mehreren Fässern nacheinander anwenden und brauchte ihm nur von Zeit zu
                              Zeit noch Kalk oder nöthigenfalls Potasche zuzusezen. Da die Erfahrung lehrte, daß
                              das Eindringen der verschiedenen zur Conservirung des Holzes dienenden chemischen
                              Agentien, beim bloßen Eintauchen in dieselben kein vollkommenes ist, so muß man das
                              zu Fässern bestimmte Holz in Kalkwasser mit Kali tauchen, welches sich in einem
                              verschlossenen Gefäße unter dem Einfluß eines nach dem Bréant'schen Verfahren angewandten DruksPolytechn. Journal Bd. XCIV S.
                                       443. befindet; oder dasselbe vor dem Eintauchen nach Moll's verfahren dämpfen.
                           Ein noch größerer Vortheil wäre es, sich des weichen Holzes zu den Fässern bedienen
                              zu können, troz seiner Porosität und seines Harzgeruchs, indem man es
                              undurchdringlich machte; das anzuwendende Verfahren müßte aber der Art seyn, daß es
                              dem Wein gar keinen Geschmak mittheilt.
                           Wenn man das zu Dauben bestimmte Tannenholz, ehe man Fässer daraus macht, nach dessen
                              Behandlung in obiger Weise mit Kalkwasser und Potasche und nachdem es gut
                              ausgewaschen wurde, in ein gesättigtes Alaunbad, und dann in eine Auflösung von
                              salzsaurem Kalk legte, so würden sich die Poren desselben mit schwefelsaurem Kalk
                              und Thonerdehydrat ausfüllen; dieses Holz würde dadurch dichter, härter und weniger
                              verbrennlich; würde man überdieß die Fässer äußerlich mit Theer, oder auch mit
                              Leinöhlfirniß (mit rothem Eisenoxyd versezt) bestreichen, so müßte dadurch jedem
                              Verlust an Wein oder Weingeist vorgebeugt und die Fässer und ihre Reife beinahe
                              unzerstörbar gemacht werden, besonders wenn man die leztern vorher mit einer
                              Auflösung von salzsaurem Kalk von 15° Baumé imprägnirte, wobei sie
                              ihre vollkommene Geschmeidigkeit behalten würden.
                           Ich glaube nicht, daß der schwefelsaure Kalk im Holze nachtheilig wäre, weil der
                              Alkohol sich seiner Auflösung widersezt; die Thonerde könnte auf den Farbstoff des
                              rothen Weins, da sie vom schwefelsauren Kalk eingehüllt ist, wohl kaum
                              einwirken.
                           Dieses Verfahren wäre auch bei dem zu Faßdauben bestimmten Eichen- und
                              Kastanienbaumholz anwendbar und würde deren Dichtigkeit und Dauerhaftigkeit
                              erhöhen.
                           Zur Verfertigung von Fässern sollte behufs ihrer Dauerhaftigkeit nur Spaltholz und
                              kein Schnittholz genommen werden, weil die größte Kraft des Holzes immer in der
                              Länge seiner Fasern besteht; wirklich begnügt man sich in Anjou, wo man sich nur
                              eichener Faßdauben bedient, mit drei Linien (6 Millimeter) Dike derselben, während man von
                              Schnittholz wenigstens die doppelte Dike brauchte.
                           In England fängt man jezt an, das zum Maschinenbau bestimmte Holz zu comprimiren, um
                              ihm mehr Kraft zu geben, bei Fässern müßte es vorher von den extractiven Stoffen
                              befreit werden.
                           Es wäre vielleicht einfacher und vortheilhafter, die von mir angegebenen
                              aufeinanderfolgenden Lösungen, nach Boucherie's
                              Verfahren, einsaugen zu lassen; bekanntlich macht er das Holz mittelst Alaunlösung
                              unverbrennlich und gibt ihm mittelst anderer Lösungen eine beliebige Farbe; allein
                              das Holz könnte dann nicht mehr gespalten werden und müßte auch den Werkzeugen,
                              wegen des Gypses und der Thonerde in seinen Poren, größern Widerstand leisten.
                           Die Kosten, um ein Faß nach diesem Verfahren herzurichten, belaufen sich nicht hoch,
                              namentlich wenn man sich mit der bloßen Befreiung des Holzes von den extractiven
                              Bestandtheilen mittelst Kalkwassers und Potasche und dann dem Anstrich begnügt.