| Titel: | Ueber die Construction hölzerner Gemäße mit Rüksicht auf die Veränderungen durch den Einfluß des Feuchtigkeitszustands der Luft; von K. Karmarsch. | 
| Fundstelle: | Band 98, Jahrgang 1845, Nr. VII., S. 15 | 
| Download: | XML | 
                     
                        VII.
                        Ueber die Construction hoͤlzerner
                           								Gemaͤße mit Ruͤksicht auf die Veraͤnderungen durch den Einfluß des
                           								Feuchtigkeitszustands der Luft; von K. Karmarsch.
                        Aus dem Gewerbeblatt fuͤr Hannover. 1845, 4. Heft.
                              									S. 281.
                        Karmarsch, über die Construction hölzerner Gemäße etc.
                        
                     
                        
                           Die hölzernen Gemäße für Mehl, Getreide, Obst, Kartoffeln, Steinkohlen etc. sind
                              									bekanntlich cylindrische Gefäße, bei welchen ein bestimmtes Verhältniß zwischen Höhe
                              									und Durchmesser gesezlich vorgeschrieben zu seyn pflegt, weil ganz besonders beim
                              										gehäuften Messen die Weite der Oeffnung von großem
                              									Einfluß ist, aber auch außerdem durch Nebenumstände veranlaßt wird, daß Gemäße von
                              									gleichem kubischen Inhalt aber verschiedener Weite und Tiefe leicht abweichende
                              									Resultate geben.
                           In Hinsicht auf die Darstellung der Zarge oder cylindrischen Umfassungswand bestehen
                              									zwei wesentlich verschiedene Methoden.
                           Nach der ersten, einfachern Art bildet man sie durch
                              									Rundbiegen eines dünnen Bretts von Eichenholz, dessen abgeschärfte Enden
                              									übereinander gelegt und durch eiserne Nägel zusammengehalten werden. Nicht selten
                              									bringt man außen herum einen eisernen Beschlag an,
                              									welcher aus einem Reifen oben, einem Reifen unten, und mehreren geraden, die Reifen
                              									mit einander verbindenden Schienen besteht, von denen zwei im Ganzen unter dem Boden
                              									durchgehende auf dem leztern ein Kreuz bilden. Gemäße dieser Art, sowohl beschlagen
                              									als unbeschlagen, sind die im Königreich Hannover allgemein üblichen. Bei ihnen ist,
                              									wie man aus dem Obigen ersieht, die Breitenrichtung des
                              									Holzes zur Höhe genommen, da die Faser rund herum läuft,
                              									gerade wie bei Sieb- und Schachtelrändern. Die Einfachheit der Herstellung
                              									ist es ohne Zweifel, welche dieser Methode bisher das Wort geredet hat.
                              									Berüksichtigt man aber, wie die Holzgattungen sämmtlich, wenn sie einer feuchten
                              									oder einer trokenen Atmosphäre  ausgesezt sind, in der Breitenrichtung weit mehr quellen
                              									oder (beziehungsweise) schwinden, als in der Längenrichtung, so entsteht natürlich
                              									die Befürchtung, daß diese Veränderungen sehr merkliche Ungenauigkeiten der Gemäße
                              									zur Folge haben möchten. Nach Versuchen des Oberhofbauraths Laves dehnt sich ganz trokenes Eichenholz, wenn es 24–30 Stunden
                              									lang sehr feuchter Kellerluft ausgesezt wird, in seiner Breitenrichtung (d. h. quer gegen den Fasernlauf) um 1⅔–6
                              									9/10 Proc. aus; im Mittel aus allen Beobachtungen um nahe 4 Proc. Dagegen ist die
                              									Ausdehnung in der Längenrichtung (nach dem Lauf der
                              									Fasern) unter gleichen Umständen so unbedeutend, daß sie füglich außer Acht gelassen
                              									werden kann, nämlich nicht größer als 1/5 Procent, öfters aber merklich
                              									geringer.
                           Nimmt man nach diesen Erfahrungen an, daß ein nach obiger Art construirter und vorher
                              									ganz trokener Himten auch nur einen Tag lang in feuchter Kellerluft sich befindet,
                              									und dabei seine Höhe um 4 Proc. vergrößert, während sein Umfang so gut wie
                              									unverändert bleibt: so folgt von selbst, daß der Rauminhalt sich hiebei um 4 Proc.
                              									oder 1/25 vermehrt. Wie groß unter diesen Umständen die Abweichung von dem
                              									gesezmäßigen Rauminhalt sich darstellen kann, hängt von dem Grad der Trokenheit ab,
                              									welchen das Holz des Gemäßes zur Zeit der Aichungs-Operation gehabt hat. Wäre
                              									der Himten z. B. im Zustand vollkommener Trokenheit geaicht worden, so würde er nach
                              									dem gedachten Verweilen im feuchten Keller um 4 Proc. zu groß sich offenbaren. Hätte
                              									dagegen das Gemäß zur Zeit der Aichung einen mittlern Grad von Trokenheit besessen,
                              									so könnte sein Kubikinhalt sich durch Verweilen in feuchter Luft um 2 Proc. über das richtige Maaß vergrößern, und umgekehrt durch Aufbewahrung an einem trokenen warmen Ort
                              									etwa um 2 Proc. unter das richtige Maaß verkleinern.
                           Es versteht sich von selbst, daß die hier angenommenen 4 Proc. nur als ein Beispiel
                              									dienen sollen, um die mögliche bedeutende Größe der Fehler recht anschaulich zu
                              									machen. In der gewöhnlichen Praxis werden die Veränderungen nicht leicht diesen
                              									hohen Betrag erreichen, ohne jedoch deßhalb alle Wichtigkeit zu verlieren.
                           Jedenfalls würde die eben zur Sprache gebrachte Veränderlichkeit des Inhalts in sehr
                              									ansehnlichem Grad vermindert werden, wenn man die Quelle derselben beseitigte, indem
                              									man nicht die Breiten-, sondern die Längenrichtung des Holzes zur Höhe des Gemäßes nähme, und zugleich dafür sorgte, daß durch das nun im
                              										Umkreise desselben stattfindende Anquellen oder
                              									Schwinden keine bemerkbare Veränderung des Durchmessers (also der Querschnittfläche)
                              									eintreten  könnte. Hiemit
                              									sind die Grundzüge der zweiten Constructionsart hölzerner
                              									Gemäße ausgesprochen, welche z. B. in Oesterreich
                              									allgemein üblich ist, und darin besteht, daß man
                           1) die Gemäße nach Art der Eimer und sonstiger Böttcherwaare aus Stäben oder Dauben von
                              									Eichenholz zusammensezt, und
                           2) dieselben oben sowohl als unten mit einem eisernen Reif
                              									umgäbe, an welche zwei Reife alle Dauben mittelst durch und durch gehender eiserner
                              									Nieten befestigt sind.
                           Durch die unter 2) genannte Veranstaltung wird nicht nur die Weite des Gemäßes stets beinahe unverändert
                              									erhalten, sondern auch das Zerfallen des Gemäßes beim
                              									Austroknen mit höchster Sicherheit verhindert. Die einzige Folge von dem Schwinden
                              									bei eintretender Trokniß kann nämlich alsdann nur darin bestehen, daß zwischen den
                              									Stäben oder Dauben schmale Fugen sich öffnen, welche gar keinen erheblichen
                              									Nachtheil mit sich führen, und bei feuchterem Luftzustande wieder verschwinden. In
                              									Betreff der Nieten ist anzumerken, daß die zur Verbindung mit dem obern Reifen
                              									dienenden am zwekmäßigsten nicht in der Mitte der Dauben, sondern auf den Fugen
                              									zwischen denselben angebracht werden, was den Vortheil gewährt, daß ihre sehr
                              									breiten, flachen (nicht vorspringenden) Köpfe über beide benachbarte Ränder greifen,
                              									und also jede Daube oben an zwei Punkten gehalten wird,
                              									während die Nieten des unteren Reifs unterhalb des Bodens durch die Mitte der Dauben
                              									gehen.
                           Bei den größten österreichischen Gemäßen, nämlich dem ganzen und halben Mezen, sind
                              									(sofern dieselben für Getreide und Mehl, nicht aber für Obst, Kartoffeln etc.
                              									angewendet werden) zu dem Beschlage noch zwei Bestandtheile hinzugefügt, nämlich bei
                              									dem Mezen (der nahezu gleich zwei hannover'schen Himten ist) ein eisernes Kreuz an
                              									der Mündung, und ein von dem Mittelpunkt dieses Kreuzes nach dem Mittelpunkt des
                              									Bodens hinabgehendes Eisenstäbchen; bei dem halben Mezen (welcher unserem Himten
                              									entspricht) statt des Kreuzes eine mitten über die Mündung gehende gerade Stange
                              									nebst dem schon erwähnten Stäbchen. Diese Anordnung befördert nicht nur die
                              									Dauerhaftigkeit, sondern sichert auch mehr das richtige Abstreichen.
                           Die Veränderlichkeit des Inhalts der auf die zuerst angegebene Art gefertigten Gefäße
                              									hat sich bei gerichtlich veranlaßten Proben thatsächlich nachgewiesen, so daß bei
                              									Versuchen mit einem Himten die Differenz zwischen dem größten und kleinsten Inhalt
                              									bei feuchter und trokner Luft bis über 1½ Proc. sich ergab, und die größte
                              									Abweichung von dem gesezlich vorgeschriebenen Rauminhalt zu 1,464 Proc. gefunden
                              									wurde.
                           
                           Bei Himten nach der zweiten Constructionsart ergab sich theils gar keine Differenz
                              									des Inhalts bei feuchter und trokener Luft, theils nur 1/10–3/10 Proc.
                           Bei anderen vergleichenden Versuchen mit Gemäßen der angegebenen verschiedenen
                              									Constructionsart von verschiedener Größe, welche der Verfasser so anstellte, daß
                              									dieselben erst 8 Tage lang in ein geheiztes Zimmer nahe an den Ofen und dann 8 Tage
                              									lang in einen feuchten Keller gestellt wurden, fand sich bei der ersten
                              									Constructionsart eine kleinste Abweichung von 1, 7 Proc., eine durchschnittliche von
                              									2,01 Proc. und eine größte von 2,22 Proc.; bei der zweiten Constructionsart eine
                              									kleinste Abweichung von 0,051 Proc., eine mittlere von 0,352 und eine größte von
                              									0,653 Proc. Hienach ist die durchschnittliche Unrichtigkeit, welche man bei der
                              									ersten Constructionsart zu erwarten hat, 5¾mal so groß, als bei der zweiten
                              									Constructionsart.