| Titel: | Ueber die bei der Eisenbereitung verloren gehende Wärme; von Hrn. Rigaud. | 
| Fundstelle: | Band 98, Jahrgang 1845, Nr. XIV., S. 39 | 
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                        XIV.
                        Ueber die bei der Eisenbereitung verloren gehende
                           								Waͤrme; von Hrn. Rigaud.
                        Aus den Comptes rendus, Jul. 1845, Nr.
                              								3.
                        Rigaud, über die bei der Eisenbereitung verloren gehende
                           								Wärme.
                        
                     
                        
                           Bei dem gegenwärtigen Zustand der Eisenbereitung scheinen die verschiedenen
                              									Verfahrungsweisen keinem bekannten Geseze untergeordnet zu seyn. Beim Puddeln z. B.,
                              									der Hauptoperation, wird der Feuerraum mit Brennmaterial gespeist, das Roheisen auf
                              									den Herd des Ofens gebracht und nachdem es in teigartigen Zustand versezt ist,
                              									bearbeitet und zu Stabeisen umgebildet; welche Quantität Wärme aber zu diesem Behufe erzeugt wie viel
                              										benüzt werden soll und wie viel unbenüzt bleiben oder
                              										verloren gehen darf, welches die Geseze der Erzeugung
                              									und Entwikelung dieser Wärmemenge, diejenigen ihrer Anwendung, ihres Verlustes sind,
                              									worin die Ersparungsmittel bestehen, welche durch die Kenntniß dieser Geseze in
                              									diese Arbeit eingeführt werden könnten — dieß Alles wurde noch nicht
                              									bestimmt.
                           Daher die so zahlreichen falschen Anwendungen der Wärme, sowohl bei der Arbeit
                              									selbst, als bei Benuzung der aus dem Ofen entweichenden,
                              									sogenannten verlornen Wärme. Leztere anbelangend bedient
                              									man sich z. B., um eine unbekannte Wärmemenge unter eben so unbekannten Umständen zu
                              									benuzen, gewisser Kessel, deren Gestalt und Größe bisher noch keiner Regel
                              									unterworfen wurde.
                           Es wäre mithin für diesen Industriezweig von großer Wichtigkeit, wenn die dabei zu
                              									befolgenden Regeln genau ermittelt und die Geseze aufgestellt würden, welche die
                              									Erscheinungen seiner verschiedenen Operationen beherrschen.
                           Gegenwärtige Abhandlung hat zum Zwek:
                           1) die Geseze, welche für die Erscheinungen des Puddelns gelten, zu bestimmen;
                           2) die Gleichung der bei diesem Proceß verloren gehenden Wärme aufzustellen;
                           3) vermittelst dieser Gleichung die verschiedenen Veränderungen anzugeben, welche in
                              									die Praxis einzuführen wären, um genaue Resultate zu erhalten.
                           Es ist diese Abhandlung nur der zusammengefaßte Inhalt meiner sehr ausführlichen
                              									Arbeit über diesen Gegenstand.
                           Um zu besagten Resultaten zu gelangen, studirte ich die Geseze der Erscheinungen des
                              									Puddelprocesses, forschte nach den Ursachen der verlornen Wärme, bestimmte die
                              									verschiedenen Wärmegrade des Eisens, den Wärmegrad des Ofens, den Einfluß der
                              									Construction  desselben
                              									auf den Gang der Operation, den Luftzug und dessen Wärmegrad, Geschwindigkeit,
                              									Geseze, Wirkungen etc.
                           Ich entwarf eine Tabelle über die im Verlauf des Puddelprocesses erzeugte, benuzte
                              									und verloren gehende Wärmemenge und die verschiedenen Geseze, welche dabei
                              									stattfinden. Ihr Inhalt ist in Kurzem folgender:
                           
                              Puddeln des Roheisens mit Kohks.
                              
                           Geseze der Vertheilung der Waͤrme im
                                 										Ofen.
                           
                              
                                 I.
                                 Die mittlere Temperatur der Ofenmasse ist ungefähr
                                 1000°
                                 C.
                                 
                              
                                 II.
                                 Die Wärme-Capacität des Ofens ist
                                 0,400
                                 
                                 
                              
                                 III.
                                 Seine innere Wärme
                                 2600°
                                 
                                 
                              
                                 IV.
                                 Die Zahl der verlornen Wärme-Einheit ist
                                       												constant.
                                 
                                 
                                 
                              
                                 V.
                                 Das Verhältniß der Anzahl der angewandten Wärmegrade zu der Anzahl der
                                    											erzeugten ist
                                 0,11
                                 
                                 
                              
                                 VI.
                                 Die Geschwindigkeit des Zugs ist constant und zwar
                                 16,66
                                 Met.
                                 
                              
                                 VII.
                                 Der Ausfluß-Coefficient der heißen Luft bei 800 Graden ist
                                    											noch
                                 0,60
                                 
                                 
                              
                           Geseze der Anwendung der
                                 									Waͤrme.
                           
                              
                                 VIII.
                                 Das Roheisen absorbirt, um in Stabeisen verwandelt zu werden, von der
                                    											erzeugten Wärme nur
                                 5
                                 Proc.
                                 
                              
                                 IX.
                                 Die durch die Arbeitsöffnungen in den Ofen eingetretene äußere kalte Luft
                                    											nimmt auf
                                 18
                                 —
                                 
                              
                                 X.
                                 Die Ausstrahlung des Ofens absorbirt
                                 4
                                 —
                                 
                              
                                 XI.
                                 Der Verlust an Brennmaterial durch den Aschenraum
                                 2,78
                                 —
                                 
                              
                                 XII.
                                 Das Wasser
                                 1,65
                                 —
                                 
                              
                                 XIII.
                                 Im Ganzen wird vor dem Entweichen Wärme verwendet
                                 30
                                 —
                                 
                              
                                 XIV.
                                 Nachher geht verloren
                                 70
                                 —
                                 
                              
                           Geseze fuͤr die Benuzung der
                                 										verlornen Waͤrme.
                           
                              
                                 XV.
                                 Will man diese Wärme zur Dampferzeugung benuzen, indem man sie nach ihrem
                                    											Entweichen unter den Dampfkessel leitet, so beträgt der Wärmegrad unter dem
                                    											Kessel
                                 600°
                                 
                              
                                 XVI.
                                 Die dort ankommende Luftmasse verhält sich zu der zur Verbrennung
                                    											erforderlichen wie
                                 6 zu 5
                                 
                              
                                 XVII.
                                 Die Heizfläche muß mittelst Gleichungen berechnet werden und ist von den
                                    											Heizflächen der durch directes Feuer geheizten Dampfkessel sehr
                                    											verschieden.
                                 
                                 
                              
                              
                                 XVIII.
                                 Der Nuzeffect, welchen man aus dem Dampf ziehen kann, der durch die
                                    											Einwirkung der so bestimmten verlornen Wärme auf die Dampfkessel erzeugt
                                    											wurde, variirt von 12 bis 25 Pferdekraͤften.
                                 
                                 
                              
                           Nicht ohne Verwunderung wird man ersehen, daß die zum Schmelzen (Erweichen) und Bearbeiten des Roheisens verwendete Wärme nur
                              									0,05 von der im Feuerraum erzeugten Wärme beträgt,
                              									während die im Verlaufe des Processes durch die Arbeitsöffnungen in den Ofen
                              									tretende kalte Luft mehr als dreimal so viel Wärme oder
                              									0,18 der gesammten Wärme mit sich fortreißt.
                           Das Studium dieser Tabelle muß natürlich die Praktiker aufmuntern ein
                              									vortheilhafteres Puddelverfahren auszumitteln; sie enthält auch alle Daten für die
                              										Theorie und Praxis des
                              									sogenannten Puddelns mit Gas.
                           Da die von mir aufgestellten Geseze für das Puddeln nur durch das Studium eines
                              									besondern Falls, nämlich des Roheisen-Puddelns mit Kohks, ermittelt wurden,
                              									so können sie nicht als alle Fälle umfassend betrachtet werden. Da andererseits die
                              									durch die verschiedenen Ursachen absorbirten Wärmemengen, und zwar jede direct,
                              									erhalten wurden, so kennt man die zwischen ihnen möglichen Verhältnisse nicht.
                           Um nun die allgemeinen Geseze des Puddelns zu erhalten und
                              									die Verhältnisse zu bestimmen, welche zwischen den verschiedenen absorbirten
                              									Wärmequantitäten stattfinden, habe ich die algebraischen
                                 										Gleichungen aufgestellt:
                           1) für die verlorene Wärmemenge;
                           2) den Nuzeffect dieser verlorenen Wärme;
                           3) die erforderliche Heizfläche, damit der Dampfkessel den angegebenen Nuzeffect
                              									hervorbringt;
                           4) endlich die Gleichungen für die Höhe des Kamins, die Feuercanaͤle etc.
                           Diese verschiedenen Gleichungen, namentlich die erste, enthalten allen
                              									Umstaͤnden der Arbeit entsprechende Glieder, und in diesen Gliedern zweierlei
                              									Factoren. Die einen repraͤsentiren das Gewicht der Kohle, des Roheisens, die
                              									Oberflaͤche des Ofens, die Arbeitszeit, kurz Factoren, welche man direct
                              									bestimmen kann; die andern aber die Temperatur im Innern des Ofens, die der
                              									einziehenden Luft, deren Geschwindigkeit etc. — Factoren, welche durch
                              									Versuche und Berechnungen bestimmt wurden und wegen des schwierigen Verfahrens nicht
                              									von jedem Praktiker ermittelt werden können.
                           Die folgenden Untersuchungen haben zum Zwek, die Relationen zu bestimmen, welche
                              									diese lezteren Factoren unter sich verbinden, um  ihre Bestimmung leichter und
                              									die allgemeinen Geseze einfacher zu machen.
                           Vergleicht man zu diesem leztern Zweke die Gleichungen, welche ich erhielt, mit
                              									einander, so findet man, daß die oben ausgesprochenen verschiedenen Geseze sich zu einem einzigen verbinden, aus welchem ein jedes
                              									derselben nur eine besondere Ableitung ist und welches daher das bedingende Grundgesez der Erscheinungen des Puddelns ist,
                              									woraus jedes andere Gesez sich ableitet und welches heißt:
                           1) Bei der Puddelarbeit ist der Wärmegrad des Zugs im Kamin, multiplicirt mit der
                              									Dauer des Lufteintritts durch die Arbeitsöffnung in Secunden, und mit den
                              									Dimensionen dieser Oeffnung ein constantes Product.
                           2) Nach den von mir erhaltenen Resultaten gibt diese Constante, multiplicirt mit den
                              									erforderlichen in der Gleichung bezeichneten Coefficienten, um das Gewicht der Luft
                              									zu erhalten, ein der Wärme-Capacität der angewandten Kohle gleiches Product.
                              									Diese merkwürdigen Resultate stellen demnach die Erscheinungen beim
                              									gegenwaͤrtigen Puddelverfahren unter mathematische Geseze, und dienen
                              									überdieß dazu, auf alle diejenigen, welche sich daran knüpfen können,
                              									hinzuweisen.
                           Hiedurch werden obige Gleichungen sehr vereinfacht und ich gab, um ihre Anwendung zu
                              									erleichtern, Beispiele:
                           1) für Puddelöfen, welche mit Kohks und
                           2) solche, welche mit Holz betrieben werden.
                           Mit lezteren war ich nicht im Fall, Versuche zur Bestimmung der Werthe der
                              									Geschwindigkeiten und Temperaturen anstellen zu können. Ich bediente mich der schon
                              									erhaltenen Werthe und behielt mir vor, ihre Genauigkeit für diese Anwendung auf die
                              									Probe zu stellen.
                           Die durch diese Gleichungen in beiden Faͤllen erhaltenen Resultate stimmen mit
                              									denen der dermaligen Praxis durch aus nicht überein. Meine Gleichungen geben aber die Ursache dieser Differenz
                                 										an. So erhält man in dem einen Fall, beim Puddeln des Roheisens mit Kohks
                              									naͤmlich, nur die Haͤlfte des von den Formeln angegebenen Nuzeffects,
                              									weil die Heizfläche der Dampfkessel nur halb so groß ist, als sie seyn sollte; so
                              									müssen in einem andern Falle beim Puddeln des Roheisens mit Holz, um den möglich
                              									größten Nuzeffect zu erlangen, Hülfs-Feuerraͤume angelegt werden,
                              									welche die Geschwindigkeit des Zugs vermehren, weil der Kamin nur halb so hoch ist
                              									als er seyn sollte.
                           
                           Da die Formeln zu diesen Resultaten führen, so kann man von ihnen behaupten, daß sie
                              									richtig und von Nuzen sind.
                           Die Werthe der Geschwindigkeiten und Temperaturen, welche ich für das Puddeln des
                              									Roheisens mit Holz annahm, dieselben naͤmlich wie für das Puddeln mit Kohks,
                              									führten mich offenbar zu richtigen Resultaten. Diese Werthe der Geschwindigkeiten
                              									und Temperaturen sind demnach in beiden Fällen wirklich
                              										dieselben, und es kann sonach diesen Resultaten und
                              									Ergebnissen der Praxis zufolge weiters behauptet werden, daß beim Puddeln des
                              									Roheisens mit Holz und mit Kohks Verhältnisse stattfinden, wovon die einen mit den
                              									Umständen der Operation veränderlich sind, die andern aber unter allen praktischen
                              									Umständen constant bleiben.
                           Diese lezteren Verhältnisse bilden die allgemeinen Geseze des Puddelns; sie wurden
                              									durch die identischen Resultate bestimmt, welche man in den verschiedenen Versuchen
                              									nach den Gleichungen erhielt und so durch die Analyse
                              									gefunden. Für einige derselben werde ich dann direct und durch das Experiment
                              									darthun, daß sie nothwendig stattfinden mußten.
                           Nach diesen allgemeinen Gesezen gelangt man zu folgenden Resultaten:
                           Bei jedem Puddelverfahren, es sey mit Holz oder mit Kohks, ist:
                           Die Vertheilung der Wärme
                                 									betreffend:
                           1) der für den Zug erforderliche Theil derjenige, welcher sich zuerst herstellt.
                           2) Die Bearbeitung des Roheisens und Heizung der Oefen absorbiren die für sie
                              									erforderliche Wärme.
                           3) Die Dampfkessel verbrauchen das Uebrige.
                           Die verwendeten Wärmemengen
                                 										anbelangend:
                           4) Die für den Zug verwendete Wärme beträgt 0,20 jener des Feuerraums (foyer).
                           5) Die von dem Ofen durch die Bearbeitung des Roheisens und
                                 										Heizung der Dampfkessel verwendeten Wärmemengen sind, obgleich in den
                              									besagten zwei Faͤllen außerordentlich verschieden, im Gesammtbetrag doch
                              									gleich und betragen 0,80 der im Feuerraum entwikelten Wärme.
                           Wenn also die Oefen ihre sogenannte verlorene Wärme zunuze machen, so ist oder
                              									scheint der Nuzeffect 0,80 zu seyn; wenn sie dieselbe aber entweichen lassen, so ist
                              									die abziehende unverbrauchte Wärme 0,40 bis 0,50, je nachdem das Roheisen mit Holz
                              									oder mit Kohks gepuddelt wird. Bei der dermaligen Construction der Oefen  dienen diese unnüz erzeugten 40
                              									bis 5 Proc. zur Compensation der Kaminhöhe, welche nur 12 bis 15 Meter beträgt, aber
                              									36 Meter betragen sollte.
                           6) Die Geschwindigkeiten endlich und die Temperaturen des Zugs sind beim Puddeln des
                              									Roheisens sowohl mit Holz als mit Kohks dieselben.
                           Dieses leztere Resultat der Gleichungen erschließt sich direct aus den Ergebnissen
                              									der Arbeit. Man kann sonach in der Gleichung für die verlorene Wärme, die Reihe der
                              									den Geschwindigkeiten und Temperaturen entsprechenden Factoren durch ihren
                              									numerischen Werth ersezen, wo dann in dieser Gleichung nur noch solche Glieder
                              									bleiben, welche den wandelbaren Ergebnissen der Arbeit entsprechen, naͤmlich
                              									die praktischen Umstaͤnde des Puddelns, die Gewichte, Zeiten:etc.
                           Das Hauptergebniß ist also:
                           1) daß die verloren gehende Wärme eines Puddelofens durch eine Gleichung ausgedrükt
                              									werden kann, in welcher man nichts beibehält als die praktischen Ausdrüke für die
                              									Gewichte, die Zeit, die Flächen etc., nach den einzelnen Faͤllen wandelbare
                              									Werthe, welche durch den Proceß erst bestimmt werden;
                           2) daß sich diese Gleichung mit Vortheil benuzen läßt, um alle Irrthümer der Praxis
                              									zu verbessern;
                           3) daß die Puddelarbeit und die sie begleitenden verschiedenen Umstände allgemeinen
                              									Gesezen unterliegen, an deren Existenz man bisher noch nicht dachte.
                           Untersuchungen dieser Art wären für die Technik der Eisenbereitung überhaupt von
                              									großem Nuzen und doch scheint man sich damit noch nicht beschäftigt zu haben. Man
                              									kann nun für die Schweißöfen und sogar für die Hohöfen analoge Resultate finden, indem man sich
                              									derselben mehr oder weniger modificirten Gleichungen bedient. Zu bestimmen aber wäre
                              									z. B. noch, welche Kraft einer Maschine für eine gewisse Leistung, welche Drukgrade
                              									dem Eisen beim Walzen gegeben werden müssen; welche aufeinanderfolgende Gestalten
                              									man ihm verleihen soll; welches die Gleichungen für den Querschnitt einer jeden
                              									dieser Formen sind, so daß man sie in seiner Gewalt hat etc. Es sind dieß lauter
                              									Gegenstaͤnde, über welche die Technik noch gar keine Belehrung besizt. Ich
                              									werde der Akademie in dieser Beziehung noch mehrere Abhandlungen vorlegen.