| Titel: | Ueber Girard's neues Schleußensystem mit Schwimmer für die Canalschifffahrt; von Poncelet. | 
| Fundstelle: | Band 99, Jahrgang 1846, Nr. XXXVIII., S. 164 | 
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                        XXXVIII.
                        Ueber Girard's neues Schleußensystem mit Schwimmer
                           								für die Canalschifffahrt; von Poncelet.
                        Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement, Oct.
                              									1845, S. 421.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									III.
                        Poncelet, über Girard's neues Schleußensystem.
                        
                     
                        
                           Hr. Girard brachte an seinem Schleußensystem mit
                              									schwimmendem Bassin (welches im polytechnischen Journal Bd. XCVIII S. 74
                              									beschrieben ist) Vereinfachungen an, wodurch dieses System den Bedürfnissen der
                              									Schifffahrt bei weitem besser entspricht. So verzichtete er z. B. auf die Idee,
                              									Heber anzuwenden, welche beständig bloß mit Wasser gefüllt zu erhalten eine
                              									schwierige Aufgabe ist, und auf die Anwendung von Cisternen in welche der Schwimmer
                              									taucht, die ihrer Tiefe und Absonderung wegen nicht weniger Schwierigkeiten
                              									darbieten. Er wandte deßhalb als Schwimmer ein Gefäß von derselben Form und
                              									denselben Dimensionen an, die das obere Bassin hat, welches dazu bestimmt ist, das
                              									Wasser der unteren Canalhaltung aufzunehmen, und zwar durch einen umgekehrten Heber,
                              									der vollkommen fest ist, und dessen correspondirender, verticaler Arm zugleich durch
                              									den Boden der Cisterne und den Boden des unteren Bassins geht, welcher letztere
                              									deßhalb mit einem Lederstulpen versehen ist. Aehnliche Heber wandte Hr. Girard auch für das obere Bassin an, und er läßt den
                              									correspondirenden verticalen Heberarm, welcher Wasser aus der oberen Canalhaltung
                              									einleitet, durch eine cylindrische Röhre gehen, die zugleich die Böden des Bassins
                              									mit einander verbindet, und in derselben befindet sich eine Liederung, welche das
                              									Eindringen des Wassers aus der Cisterne oder der Canalhaltung verhindert, ohne
                              									jedoch dem schwimmenden Bassin seine freie Bewegung zu benehmen.
                           Der ganze Schwimmerapparat besteht demnach aus einem prismatischen Gefäße von
                              									Eisenblech, das durch gußeiserne Winkelstücke, Stützen etc. verstärkt und durch
                              									einen zweiten Boden in zwei besondere  Abtheilungen getheilt ist, welche mit der äußeren Luft
                              									entweder direct oder durch eine Röhre, die durch den Boden der höher gelegenen
                              									Abtheilung geht, communiciren.
                           Ein Schwimmer, welcher auf der Oberfläche des Wassers in der unteren Abtheilung
                              									liegt, zeigt beständig den Wasserstand in dieser Abtheilung an. Die Heber, deren
                              									Anzahl zwei ist, sind mit Klappen versehen, welche den Zweck haben, die Verbindung
                              									zwischen den Abtheilungen und den dazu gehörigen Canalhaltungen herzustellen oder zu
                              									unterbrechen, und zwar wird die Bewegung der Klappen durch eine Auslösung
                              									hervorgebracht, welche durch das Steigen oder Sinken des schwimmenden Bassins am
                              									Ende einer jeden Oscillation bewegt wird.
                           Da die Höhen der Wasserspiegel unverändert bleiben, wenn man annimmt, daß man einer
                              									jeden Schwimmabtheilung eine Höhe gibt, die gleich ist dem Höhenunterschied zwischen
                              									dem oberen und unteren Wasserspiegel der Canalhaltungen — was nichts anders
                              									ist, als die Höhe um welche ein Schiff gehoben oder gesenkt werden soll, und dabei
                              									einen horizontalen Querschnitt voraussetzt, welcher dem der Schleußenkammer und dem
                              									in der Cisterne freibleibendem Raum gleichkommt — so hat man alle nöthigen
                              									Daten, um. das Spiel der neuen Schleußenanordnung verstehen zu können.
                           Sind die oberen Schleußenthore geschlossen, die unteren dagegen offen, um ein Schiff
                              									in die Schleußenkammer einzuführen, so schwimmt das leere Bassin frei auf der
                              									Wasseroberfläche der Cisterne, in welcher die Wasserhöhe die nämliche ist, wie
                              									diejenige in der Schleußenkammer. Das Gewicht des schwimmenden Bassins drückt
                              									dasselbe aber um eine gewisse Tiefe unter diese Wasseroberfläche, und auf diese
                              									Weise werden also die Böden der Bassinsabtheilungen um ebenso viel tiefer liegen,
                              									als die Wasseroberflächen der Canalhaltungen, so daß aus diesen Canalhaltungen
                              									Wasser in die entsprechenden Bassinabtheilungen dringen wird, nachdem man die
                              									unteren Schleußenthore geschlossen und die Klappen auf den Hebern geöffnet hat.
                           Das schwimmende Bassin wirkt nun sowohl beim Sinken, als beim Emporsteigen unter den
                              									nämlichen Bedingungen wie bei dem ersten System des Hrn. Girard. Da der Schwimmer aber hier zugleich ein doppeltes Volumen Wasser
                              									von den beiden Canalhaltungen erhält, so geht daraus eine schnellere Wirkung
                              									desselben, eine kleinere Bewegung, eine geringere Tiefe der Cisterne und endlich
                              									eine bedeutend geringere Höhe des ganzen Schwimmerapparats hervor. Die Dauer einer
                              									Operation ist, unter sonst gleichen Umständen, von der Geschwindigkeit des Wassers
                              									abhängig, mit welcher es sich in die Bassinabtheilungen  entweder ergießt oder aus
                              									denselben ausfließt. Die Zeit des Füllens und Entleerens des Bassins ist demnach von
                              									der Größe der Schleußenkammer und des Bassins, also vom Wasserverbrauch
                              									abhängig.
                           Der Vortheil des Systems von Girard, welches den jetzt
                              									gebräuchlichen Einrichtungen nur zu Hülfe kommt, ohne dieselben abzuändern, besteht
                              									darin, daß der ungeheure Wasser-also auch Kraftverlust, welcher bei den
                              									gegenwärtigen Einrichtungen stattfindet, vermieden, und nur 1/10 des bisher
                              									verbrauchten Wassers nothwendig wird.
                           Die Vortheile, welche aus der Anwendung dieses Systems an den gewöhnlichen Schleußen
                              									hervorgehen, werden besonders da recht deutlich hervortreten, wo sehr große Gefälle
                              									sind, die durch Schleußen und Canalstücke von unbeträchtlicher Länge in
                              									Unterabtheilungen getheilt sind.
                           Die von Hrn. Girard erdachte Anordnung, bei welcher von
                              									zwei durch eine gewöhnliche Schleußenkammer getrennten Canalhaltungen das zum
                              									Durchschleußen eines Schiffs nöthige Wasser entlehnt, und nachher denselben beinahe
                              									vollständig wieder zurückgegeben wird, ist unstreitig eine der glücklichsten
                              									mechanischen Ideen, auf welche man in neuerer Zeit kam, und es ist zu hoffen, daß
                              									sie bald für die Bedürfnisse und die Vervollkommnung der Canalschifffahrt eine der
                              									nützlichsten werden wird.
                           Erklärung der Abbildungen.— Die Fig. 13, 14 etc. geben eine
                              									Vorstellung von der Hauptanordnung des Schwimmerapparats, sowohl für einfache als
                              									mit einander vereinigte Schleußenkammern.
                           Fig. 13 ist
                              									das schwimmende Bassin mit seinen zwei Abtheilungen im Grundriß gesehen, und in
                              									Verbindung mit einer einfachen Schleußenkammer, welche zwischen zwei beliebigen
                              									Canalhaltungen liegt.
                           Fig. 14
                              									verticaler Durchschnitt nach der gebrochenen Linie A B C D E
                                 										F des Grundrisses Fig. 13. Das schwimmende
                              									Bassin ist dabei leer oder beinahe leer vorausgesetzt, so daß es seine anfängliche
                              									oder höchste Lage hat.
                           Fig. 15
                              									verticaler Durchschnitt nach der Linie G H des
                              									Grundrisses, wobei der Schwimmer leer oder in seiner anfänglichen Lage dargestellt
                              									ist.
                           Fig. 16
                              									Grundriß und verticaler Durchschnitt der Anordnung für doppelte oder vereinigte
                              									Schleußenkammern, wobei der doppelte Schwimmer in der Durchschnittsebene gedacht
                              									ist.
                           Fig. 17
                              									Grundriß desselben Schwimmers für drei vereinigte Schleußenkammern.
                           
                           Fig. 18
                              									unterscheidet sich von der vorhergehenden nur dadurch, daß die Haupt- oder
                              									mittlere Schleußenkammer vergrößert ist, damit die Boote, welche sich beim
                              									Auf- und Abschleußen begegnen, sich ausweichen können.
                           Fig. 19
                              									Grundriß und verticaler Durchschnitt eines Schwimmersystems mit drei Abtheilungen
                              									für drei vereinigte Schleußenkammern, und für den Fall, daß auf der erforderlichen
                              									Höhe ein Hülfsbassin angebracht ist.
                           In allen Ansichten bezeichnen dieselben Buchstaben denselben Gegenstand.
                           A Hauptschleußenkammer, welche durch einen unterirdischen
                              									Canal mit der Cisterne, worin sich der Schwimmer befindet, in Verbindung ist, wie
                              									dieß aus Fig.
                                 										13 ersehen werden kann.
                           B untere Canalhaltung, welche durch einen umgekehrten
                              									Heber mit der unteren Abtheilung des Schwimmers vereinigt ist.
                           C obere Canalhaltung, welche mit der oberen
                              									Schwimmerabtheilung in Verbindung ist.
                           D schwimmendes Bassin, oder Schwimmer.
                           E untere Schwimmerabtheilung.
                           F obere Schwimmerabtheilung.
                           G, G Apparat mit Leitrollen
                              									für Gegengewichte, die das Gewicht des Schwimmers zum Theil im Gleichgewicht
                              									erhalten sollen.
                           H, H′
                              									Auslösvorrichtungen, welche die Klappen auf den Hebern plötzlich schließen
                              									sollen.
                           K leere Röhre, welche der Luft in die untere
                              									Schwimmerabtheilung den Zutritt gestattet.
                           L Röhre, welche die beiden Schwimmerböden mit einander
                              									verbindet und in welcher sich der verticale Heberarm, der das Wasser in die obere
                              									Abtheilung leitet, verschieben kann.
                           M Cisterne, worin sich der Schwimmer befindet, und welche
                              									mit der Schleußenkammer A in Verbindung ist.
                           N, N#x2032; umgekehrte Heber, welche die Verbindung
                              									zwischen den Canalhaltungen und den zugehörigen Schwimmerabtheilungen E, F herstellen.
                           O, O#x2032; Canäle, welche
                              									den Hebern das Wasser zuführen.
                           P, P#x2032; cylindrische
                              									Klappen auf den Hebern, welche dazu dienen, dieselben zu verschließen oder zu
                              									öffnen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
