| Titel: | Ueber das Transportiren von Schiffen auf Eisenbahnen; von Gustav Tasché, Architekt. | 
| Autor: | Gustav Tasché | 
| Fundstelle: | Band 99, Jahrgang 1846, Nr. LXII., S. 248 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        LXII.
                        Ueber das Transportiren von Schiffen auf
                           								Eisenbahnen; von Gustav
                              									Tasché, Architekt.
                        Tasché, über das Transportiren von Schiffen auf
                           								Eisenbahnen.
                        
                     
                        
                           Vor kurzem las ich in einem deutschen Blatte, daß ein Engländer mit dem Plane umgehe
                              									Eisenbahnen zu benutzen, um Schiffe von einem Hafen zum andern zu transportiren. Es
                              									ist mir unbekannt, ob diese Nachricht vielleicht nur in der Absicht mitgetheilt
                              									wurde, ein solches Unternehmen anzuregen, oder ob dieselbe durch eine in England
                              									wirklich beabsichtigte Unternehmung hervorgerufen wurde.Das Mechanics' Magazine, Decbr. 1845, enthält
                                    											hierüber folgende Notiz Ein Hr. Acland hielt zu
                                    											Manchester eine Vorlesung über seinen Plan um beladene Schiffe von 1000
                                    											Tonnen Gehalt mittelst einer Eisenbahn aus dem Mersey nach Manchester zu
                                    											schaffen. Dieß geschähe nach seinem Vorschlag ganz einfach mittelst einer
                                    											Schleuße, die einen Theil einer Eisenbahn bilden muß und am Boden einen
                                    											Schiffsschlitten hat, während ihr oberer Theil groß genug ist, um den
                                    											unteren Theil eines Schiffs von 1000 Tonnen Last zu fassen. Nachdem das
                                    											Schiff in die Schleuße gelangt ist, werden deren Thore geschlossen, worauf
                                    											man das Wasser durch Auspumpen oder auf sonstige Weise beseitigt und das
                                    											Schiff in ein Sandbett im Boden des Schlittens sinken läßt. Die einzige
                                    											Schwierigkeit von Bedeutung würde nach Hrn. Acland darin bestehen, daß man den Schiffskiel tief genug in den
                                    											Sand bekommt, um das Schiff fest zu erhalten, während es auf der Eisenbahn
                                    											fortgeführt wird; zu diesem Zweck wendet er einen eigenthümlichen Apparat
                                    											(rotirende Worfschaufeln) an, um dem Sand eine Bewegung aufwärts zu
                                    											ertheilen, ehe das Wasser ablief. Als ein Beispiel, daß es nicht unmöglich
                                    											ist ein so ungeheures Gewicht wie ein Schiff von 1000 Tonnen Gehalt, welches
                                    											mit seiner Ladung 2000 Tonnen wiegen würde, fortzuschaffen, führte er den
                                    											Sunderland Leuchtthurm an, welcher um 500 Fuß von seiner Stelle entfernt
                                    											wurde; die Höhe dieses Leuchtthurms ist 72 Fuß, er wiegt 320 Tonnen und
                                    											steht auf einem Postament von 29 Fuß im Quadrat. Hienach, bemerkte er, würde
                                    											es verhältnißmäßig leicht seyn, 2000 Tonnen auf einer Eisenbahn zu
                                    											verführen, wenn man dieses Gewicht auf einen Raum von 180 Fuß Länge und 50
                                    											Fuß Breite vertheilt; letztere Dimension wäre die Spurweite der Eisenbahn.
                                    											Die Kosten dieses Unternehmens veranschlagte er auf drei Millionen Pfd.
                                    											Sterl.A. d. R.
                           In letzterem Fall ist es mir nicht unwahrscheinlich, daß ich zu einem derartigen
                              									Plane die erste Veranlassung gegeben habe. Bereits im Winter 1842 hatte ich dem
                              									Minister des brittischen Reichs, Sir Robert Peel, in
                              									einem Schreiben eine Idee mitgetheilt, wie man sich der Eisenbahnen bedienen könne,
                              									um Schiffe aus einem Hafen in den andern zu bringen, und wie sonach das für den
                              									Weltverkehr so unendlich wichtige Problem der Verbindung des stillen Meers mit dem
                              									atlantischen Meere, und des mittelländischen Meeres mit dem rothen Meere auf eine
                              									einfache Weise zu bewerkstelligen sey. Ich hatte in meinem Schreiben
                              									auseinandergesetzt, auf welche Weise das Heben der Schiffe mittelst  Krahnen und balancirender
                              									Brücken ausgeführt werden könne. — Später kam mir der Gedanke, daß das Heben
                              									und Senken der Schiffe sich an Orten, wo genügender Wasserzufluß vorhanden, auf
                              									einfache Weise mittelst mehrerer Schleußen bewirken lasse. Ich theilte auch diese
                              									Idee im Frühjahr 1844 Sir Robert Peel mit.
                           Da es Ihren Lesern vielleicht nicht uninteressant seyn möchte, etwas Näheres über die
                              									Art und Weise zu erfahren, wie nach jener Idee der Transport der Schiffe auf die
                              									Eisenbahn bewerkstelligt wird, so will ich dieselbe in kurzen Worten beschreiben.
                              										„Jede der beiden Seitenmauern der obersten Schleußenkammer hat einen
                                 										mit einer eisernen Schiene belegten Mauerabsatz, der beim höchsten Stand des
                                 										Wassers einige Fuß unter dem Wasserspiegel bleibt. Jene Schienen bilden die
                                 										Fortsetzung einer Eisenbahn, werden jedoch von derselben durch ein gußeisernes
                                 										Schleußenthor so lange geschieden, als die Schleußenkammer mit Wasser gefüllt
                                 										ist. Die Verbindung der Schienen mit der Eisenbahn geschieht nach Oeffnung des
                                 										Schleußenthors (dessen Flügel sich ziemlich tief in die Schleußenmauern
                                 										einlegen) durch Umdrehung von um Scharniere beweglichen eisernen Bogenstücken.
                                 										Die horizontale Tangente dieser Bogenstücke bildet die Fortsetzung der Schienen.
                                 										Zur Aufnahme der Schiffe dient ein mit einer nach der Schwere der Schiffe
                                 										berechneten Anzahl Metallrollen, statt der Räder, versehener Wagen, aus einer
                                 										Verbindung von Guß- und Schmiedeisen, welcher stählerne Federn enthält,
                                 										die sich an die Schiffe anlegen. Nachdem dieser Wagen von der Eisenbahn über die
                                 										Verbindungsstücke in das Innere der Schleußenkammer geführt worden ist, werden
                                 										die Verbindungsstücke wieder umgelegt, das zur Eisenbahn führende Schleußenthor
                                 										verschlossen, hingegen das geöffnet, welches zu der Schleußenkammer führt, worin
                                 										das Schiff sich befindet. Wenn alsdann auf diese Weise das Schiff in die oberste
                                 										Schleußenkammer gelangt ist, wird das Schleußenthor hinter demselben
                                 										geschlossen, dagegen die Communication mit einem höher liegenden Wasserbehälter
                                 										hergestellt. Durch das eintretende Wasser wird das Schiff gehoben und kann nun
                                 										leicht in den Rollwagen eingelassen werden. Hierauf läßt man das Wasser ab,
                                 										befestigt das Schiff auf dem Wagen und stellt die Verbindung mit der Eisenbahn
                                 										durch jene Bogenstücke wieder her. Durch eine dem Schiffe vorgespannte
                                 										Locomotive gelangt dasselbe nun auf der Eisenbahn zu dem Hafen, wo eine ähnliche
                                 										Schleußeneinrichtung zu seinem Empfang bereit ist. Da die Schienen für größere
                                 										Schiffe eine sehr breite Spur haben müssen, und die bewegende Maschine nicht
                                 										nothwendig eine gleiche Spurweite verlangt, so kann das Geleise der letzteren
                                 										zwischen den für die Rollwagen bestimmten Schienen  liegen, und zu Zeiten wo
                                 										keine Schiffe transportirt werden, zum gewöhnlichen Güter- und
                                 										Personentransport benutzt werden.“
                           Es läßt sich diese Idee des Schifftransports eben so leicht auf das Transportiren von
                              									Booten aus einem Canal in den andern, das Ueberführen von Schiffen aus einem Fluß
                              									oder Hafen in den andern, wie auf das Bringen der Seeschiffe aus einem Meere in das
                              									andere anwenden.