| Titel: | Ueber einen Apparat zum Ausziehen der Farbstoffe aus den Farbhölzern; von Iwan Schlumberger. | 
| Fundstelle: | Band 99, Jahrgang 1846, Nr. LXXI., S. 277 | 
| Download: | XML | 
                     
                        LXXI.
                        Ueber einen Apparat zum Ausziehen der Farbstoffe
                           								aus den Farbhölzern; von Iwan
                              									Schlumberger.
                        Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
                                 										Mulhouse, 1845, Nr. 91.
                        Schlumberger, über einen Apparat zum Ausziehen der Farbstoffe
                           								etc.
                        
                     
                        
                           Um Absüde von Campecheholz zu machen verfährt man in den Kattundruckereien gewöhnlich
                              									folgendermaßen: man bringt in einen über freiem Feuer stehenden Kessel eine
                              									Quantität des geschnittenen Holzes und so viel Wasser, daß nach einigen Stunden
                              									andauerndem Kochen das Holz noch davon bedeckt ist; dann zieht man die Flüssigkeit
                              									ab und wiederholt diese Operation noch zweimal; alle drei Absüde werden endlich
                              									zusammengegossen und auf den gewünschten Grad eingedampft.
                           Diese Operation hat mehrere Uebelstände. Man kann nur geschnittenes Holz dabei
                              									anwenden, denn das in Pulver verwandelte saugt so sehr Wasser ein, daß man viel
                              									Flüssigkeit verliert. Da ferner bei dem geschnittenen Holz die Späne noch ziemlich
                              									dick sind, so kann das Wasser dasselbe erst nach einer gewissen Zeit durchdringen,
                              									daher man das Absieden ziemlich lange fortsetzen muß. Wenn aber auch das lange
                              									dauernde Auskochen dreimal wiederholt worden ist, so erhält man dennoch, wenn man
                              									dasselbe Holz zum viertenmal absiedet, eine noch sehr gefärbte Flüssigkeit, woraus
                              									man schließen muß, daß nicht aller Farbstoff ausgezogen wurde. Falls man zeitweise
                              									große Quantitäten von Campecheholzbrühe braucht, muß man daher sehr große Kessel und
                              									mehrere Oefen haben um genug davon bereiten zu können, denn ein halber Centner
                              									geschnittenes Holz nimmt schon einen bedeutenden Raum ein.
                           Für Kattundruckereien, wo man nicht viele Oefen, hingegen ein Dampfrohr zur Verfügung
                              									hat, will ich hier eine Methode angeben, welche ich lange Zeit angewandt habe um
                              									große Quantitäten von Absüden zu machen.
                           
                           Man bringt in der Nähe eines Dampfrohrs eine große enge aber hohe Kufe an, welche
                              									50–75 Kilogr. geschnittenes Holz faßt. Dieselbe steht auf einem Bock und ist
                              									unten mit einem Hahn versehen, so daß man nach Belieben die Flüssigkeit daraus
                              									abziehen kann. Innen, beiläufig 2 Decimeter (7½ Zoll) vom Hahn muß sie mit
                              									einem zweiten durchlöcherten Boden versehen seyn, dessen Löcher von 1 Centimeter (4
                              									4/10 Par. Linien) Durchmesser sich sehr nahe an einander befinden; da also unten ein
                              									leerer Raum bleibt, so kann das Holz die Oeffnung des Hahns nicht verstopfen und die
                              									Flüssigkeit leichter ablaufen. Man läßt ein Dampfrohr von 2–3 Centimeter (1
                              									Zoll) Durchmesser bis auf den untersten Boden der Kufe hinabgehen und füllt dieselbe
                              									mit geschnittenem Farbholz an. Man bedeckt sie dann mit doppeltem Packtuch und einem
                              									Deckel, der sich bloß auf den Rand der Kufe stützt und den man mit einem Gewicht
                              									beschwert, damit nicht zu viel Dampf austreten kann. Das geschnittene Holz wird
                              									nicht stärker eingedrückt als in den über freiem Feuer stehenden Kesseln. Hierauf
                              									läßt man wenigstens eine Stunde lang Dampf in der Art einströmen, daß er nur mäßig
                              									an den Rändern des Deckels austritt. Während dieser Zeit bläht sich das Holz auf und
                              									wird von Dampf durchdrungen. Wenn man nun die Kufe mit Wasser füllt, braucht man
                              									dasselbe bloß zum Kochen zu bringen, um zum erstenmal eine ziemlich concentrirte
                              									Flüssigkeit abziehen zu können. Man füllt dann die Kufe noch zweimal mit frischem
                              									Wasser und läßt es wie in den über freiem Feuer befindlichen Kesseln kochen; so
                              									erhält man in derselben Zeit mit weniger Handarbeit viel größere Quantitäten von
                              									Brühen, ohne vielmehr Farbmaterial zu verlieren.
                           Bei den zwei beschriebenen Verfahrungsarten ist jedesmal viel Zeit erforderlich und
                              									man erschöpft das Holz doch nicht gänzlich. Viel vortheilhaftere Resultate erhält
                              									man mit dem Apparat des Hrn. Meissonnier durch die
                              									Ersparung an Handarbeit und besonders an Brennmaterial. Derselbe besteht aus einem
                              									kupfernen Kessel von 55 Centimetern (1 Fuß 8 Zoll) Durchmesser und 70 Cent. (2 Fuß)
                              									Tiefe. 15 Cent. (4 Zoll 9 Linien) vom Boden entfernt hat dieser Kessel einen zweiten
                              									Boden, welcher wie ein Schaumlöffel mit vielen Löchern versehen ist, folglich das
                              									Holz verhindert auf den Boden zu fallen und einen leeren Raum bildet, in welchen das
                              									kochende Wasser gelangt. Man füllt den Kessel mit pulverförmigem Holz, bedeckt
                              									dasselbe zuerst mit starker Zwillichleinwand und darüber mit einer Kupferplatte
                              									welche mit vielen kleinen Löchern versehen ist. Diese Platte bildet den Deckel und
                              									wird auf den Kesselrand durch einen Riegel und fest eingeschlagene hölzerne  Keile dicht
                              									aufgedrückt. Neben dem Kessel befindet sich eine kleine sehr einfache Saug-
                              									und Druckpumpe, welche das Wasser aus irgend einem Gefäß pumpt und es durch eine
                              									Röhre von 2 Centim. (9 Linien) Durchmesser in den leer gelassenen unteren Raum des
                              									Kessels preßt. Nachdem dann das Wasser das Holz von unten nach oben durchdrungen hat
                              									und durch den Deckel ausgetreten ist, begibt es sich durch eine Oeffnung in irgend
                              									ein Gefäß.
                           In unserer Fabrik ließ ich zur Erleichterung der Arbeit neben der Pumpe einen Kessel
                              									anbringen, welcher mittelst Steinkohlen geheizt wird und 450 Liter Wasser faßt; in
                              									demselben bringt man das für jede Operation erforderliche Wasser zum Kochen. Man
                              									beginnt damit daß man denselben mit Wasser füllt und das Feuer anzündet. Dann
                              									beschickt man den Extractions-Kessel mit gemahlenem Campecheholz, welches man
                              									so gleichförmig als möglich eindrückt, so daß 42 bis 45 Kilogr. Campecheholz
                              									hineinkommen. Man verschließt den Deckel sorgfältig und während der Nebenarbeiten
                              									kommt das Wasser ins Kochen. Man pumpt dieses Wasser dann in den leeren Raum unten
                              									im Extractions-Kessel und zwingt es auf diese Art das Holz von unten nach
                              									oben zu durchdringen. Diese Operation geht so leicht von statten, daß in zwei
                              									Stunden Zeit die 450 Liter Wasser hindurchgezogen sind und dem Campecheholz allen
                              									seinen Farbstoff entzogen haben.
                           Die Flüssigkeit, welche das Holz durchzog, muß man in drei besonderen Portionen
                              									absondern; so erhält man eine erste Portion Decoct welche an Baumés Aräometer
                              									3½ Grad zeigt; eine zweite, welche 1½ Grad, eine dritte welche
                              									½ Grad zeigt und endlich eine vierte Portion schwach gefärbter Flüssigkeit,
                              									die man dem bei einer neuen Operation anzuwendenden Wasser beimischt. Auf diese
                              									Weist zieht man den größten Vortheil von dem Apparat, weil man durch eine einzige
                              									Passage und ohne abdampfen zu müssen, 3 Decocte von verschiedenen Graden erhält.
                           Wenn man nicht sogleich wieder eine zweite Operation beginnt, so gießt man in den
                              									Kessel worin man das Wasser zum Kochen brachte, um dessen übriges Feuer zu benutzen,
                              									die concentrirteste Flüssigkeit, welche über Nacht durch die sonst verloren gehende
                              									Wärme des Ofens beinahe um einen Grad eindampft.
                           Um den Vortheil welchen dieser Apparat gewährt in Zahlen auszudrücken, will ich seine
                              									Leistung mit der Arbeit vergleichen, welche wir in unserer Fabrik vor dessen
                              									Anwendung auszuführen hatten.
                           Man brachte nämlich in einen über freiem Feuer befindlichen Kessel 20 Kilogr.
                              									geschnittenes Campecheholz mit 80 Liter (Kilogr.) Wasser.  Man ließ vier Stunden lang
                              									kochen und wiederholte diese Operation dreimal. Für 20 Kilogr. Campecheholz mußte
                              									man also 240 Liter Wasser 12 Stunden lang kochen.
                           Ich verdopple diese Zahlen, damit man sie mit der Leistung des neuen Apparats besser
                              									vergleichen kann. So mußte man nach der früheren Methode für
                           
                              
                                 40
                                 Kilogr. Holz im Ganzen
                                 
                              
                                 480
                                 Liter Wasser
                                 
                              
                                 24
                                 Stunden lang kochen lassen.
                                 
                              
                           Dagegen bringt man in Meissonnier's Kessel 42–45
                              									Kilogr. Holz; man braucht zwei Stunden um die 450 Liter Wasser zum Kochen zu bringen
                              									und zwei Stunden um sie durch das Holz zu pumpen. Man hat also für
                           
                              
                                 42
                                 Kilogr. Holz
                                 
                              
                                 450
                                 Liter Wasser bloß
                                 
                              
                                 4
                                 Stunden lang zu erhitzen, so daß man
                                 
                              
                                 20
                                 Stunden ununterbrochener Feuerung erspart.
                                 
                              
                           Dazu kommt noch daß der Farbstoff besser aus dem Holz ausgezogen wird und man viel
                              									Handarbeit erspart, weil ein einziger Arbeiter täglich zwei Operationen machen
                              									kann.
                           Wenn übrigens die Operation gut gelingen soll, so müssen mehrere Vorsichtsmaaßregeln
                              									nothwendig befolgt werden. So muß das Holz ganz gleichförmig im Kessel vertheilt und
                              									eingedrückt werden, damit es dem durch die Pumpe hindurchzupressenden Wasser überall
                              									gleichen Widerstand entgegensetzt und letzteres sich nicht auf irgend einer Seite
                              									einen Weg bahnt. Man darf daher nicht sehr viel Holz auf einmal in den Kessel werfen
                              									und das Ganze zusammendrücken, sondern muß das Holz in fünf oder sechs Portionen
                              									hineinbringen und es jedesmal gleichförmig ausbreiten und eindrücken. Eine
                              									Hauptsache ist es, daß man gemahlenes oder geraspeltes Holz von einer gewissen Größe
                              									und ohne Staub hat; denn wenn man pulverförmiges Campecheholz anwendet wie es
                              									gewöhnlich im Handel vorkommt, welches eine bedeutende Menge staubartigen Pulvers
                              									enthält, so drückt sich letzteres vielmehr als das gemahlene Holz zusammen und setzt
                              									dadurch dem Wasser einen größeren Widerstand entgegen, welches sich also an einer
                              									anderen Stelle einen Weg bahnt, und am Ende der Operation hat man Theile, die vom
                              									Wasser nicht durchdrungen worden sind. In der That erhält man bei Anwendung
                              									derartigen Holzes bisweilen viel schwächere Decocte, und wenn man nach der Operation
                              									das Holz herausnimmt und in  einem Kessel mit frischem Wasser kocht, so zieht dieses
                              									noch viel Farbstoff aus.
                           Um zu sehen ob das Campecheholz, welches wir in unserer Fabrik anwenden, denselben
                              									Uebelstand verursacht, ließ ich solches Holz wie es aus dem Extractionskessel kam,
                              									sechs Stunden lang mit frischem Wasser kochen, welches dadurch aber gar nicht
                              									gefärbt wurde. Ich schließe hieraus daß der Farbstoff nach der neuen Methode besser
                              									ausgezogen wird als bei dem früheren Verfahren.
                           Ich habe gefunden daß sich das gleichförmige Eindrücken des Holzes in den
                              									Extractionskessel noch verbessern läßt, und zwar auf folgende Weise: man befeuchtet
                              									das Holz für die Decocte im voraus, wie es in den englischen Färbereien gebräuchlich
                              									ist. Es vertheilt sich dann vollkommen gleichförmig in dem Kessel und man findet es
                              									nach der Operation gerade so wie man es hineingebracht hatte. Man kann dann
                              									überzeugt seyn, daß die Operation jedesmal gelingt. Das feuchte Holz wiegt beiläufig
                              									70 Kilogr., welche also 42–45 Kilogr. trockenen Holzes für jede Operation
                              									entsprechen.
                           Das Lima- oder Fernambukholz gibt seinen Farbstoff nicht so leicht ab wie das
                              									Campecheholz; man braucht für 42–45 Kilogr. solchen Holzes beiläufig 600
                              									Liter kochenden Wassers anstatt 450 Litern und die Operation dauert daher auch
                              									länger.
                           Mit der Quercitronrinde gelingt die Operation nicht, weil sie eine sehr große Menge
                              									staubförmigen Pulvers enthält.
                           Die Kreuzbeeren (Gelbbeeren) kann man ebenfalls in diesem Apparat nicht extrahiren,
                              									weil eine zu lange Zeit und viel zu viel Wasser dazu erforderlich wären; würde man
                              									sie aber zerstoßen, so erhielte man ein staubförmiges Pulver oder ein trübes Decoct,
                              									was jedem Praktiker bekannt ist.
                           Die Cochenille kann ebenfalls in dem neuen Apparat nicht extrahirt werden, weil sie
                              									sich in Berührung mit kochendem Wasser so aufbläht, daß sie fast den Kessel
                              									zersprengt.
                           Für die oben angegebenen Hölzer ist dagegen der neue Apparat sehr vortheilhaft, und
                              									wer die von mir empfohlenen Vorsichtsmaaßregeln beobachtet, kann eines guten Erfolgs
                              									gewiß seyn.