| Titel: | Ueber die saccharometrische Bierprobe. | 
| Autor: | Dr. Prof. Karl August Steinheil [GND] | 
| Fundstelle: | Band 101, Jahrgang 1846, Nr. X., S. 34 | 
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                        X.
                        Ueber die saccharometrische
                           								Bierprobe.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. I.
                        Steinheil, über die saccharometrische
                           								Bierprobe.
                        
                     
                        
                           Das bayerische Kunst- und Gewerbeblatt, Maiheft 1846,
                              									enthält S. 275–286 eine Abhandlung von Hrn. Professor Steinheil in München, worin er die
                              									sogenannte saccharometrische Bierprobe des Hrn. Prof. Balling in Prag beleuchtet, folgenden
                              									wesentlichen Inhalts:
                           
                              „Hr. Prof. Balling in Prag
                                 										empfiehlt unter dem Namen der saccharometrischen Bierprobe
                                 										seine Methode und seine Vorschriften zur Untersuchung der
                                 										Biere in dessen Buch „die Bierbrauerei
                                    											1845“ auf das nachdrücklichste, indem er S.
                                 										439 als erwiesen betrachtet, daß alle
                                    											bisher erfundenen Bierprüfungsmethoden ungenügend
                                    											sind, und daß nur die saccharometrische Probe
                                 										wirklich ganz entspreche. Dieselbe beruht auf zwei
                                 										Beobachtungen des specifischen Gewichts des Biers mit dem
                                 										Aräometer, 1) im ungeänderten Zustande desselben, 2) nach
                                 										Entfernen des Alkohols durch Einsieden, worauf das
                                 										ursprüngliche Gewicht durch Wasser wieder ersetzt wird. Da
                                 										nun das Aräometer bei der zweiten Beobachtung nur die
                                 										wässerige Lösung des Extracts zu messen hat und dieser wohl
                                 										als Zucker betrachtet werden kann, so hat der Erfinder diese
                                 										Probe die saccharometrische genannt.
                              
                           
                              Ich muß gestehen daß ich nicht einsehe, was Hr. Balling durch diese seine Methode
                                 										eigentlich gewinnen will im Verhältniß zu der längst
                                 										bekannten chemischen Trennung von Zucker und Alkohol. Denn
                                 										der größte Zeitaufwand wird erfordert, um den Alkohol völlig
                                 										zu entfernen. Ist aber dieß einmal geschehen, so brauchen
                                 										wir doch wohl keine besondere Methode, um zu finden, wie
                                 										viel Zucker in einer bloß zuckerhaltigen Lösung und wie viel
                                 										Alkohol in einem Weingeist enthalten ist. Für beides haben
                                 										wir sehr genaue Tabellen und Vorschriften in jedem Lehrbuche
                                 										der Chemie. Kennt man aber einmal den Zucker- und den
                                 										Alkoholgehalt nach Procenten einer Biersorte, so läßt sich
                                 										daraus berechnen, wie viel Extract in der Würze enthalten
                                 										war, wie viel Eimer Bier vom Scheffel Malz bei bestimmten
                                 										Annahmen gewonnen worden sind,Siehe meine Abhandlung „über quantitative
                                          												Analyse durch physikalische Beobachtungen im
                                          												polytechn. Journal Bd. LXXXVIII S. 285.
                                       											 kurz alles, was vom Zucker- und Alkoholgehalt
                                 										einer Flüssigkeit abhängt. Da aber nun Hr. Balling von dieser Methode
                                 										abgeht, die er selbst die allerbeste nennt (S. 428), so muß
                                 										er doch wohl seine guten Gründe dazu haben. Gewinnt er an
                                 										Zeit, die für den Versuch erforderlich ist? Ja, denn er
                                 										braucht den Alkohol nicht in einer Vorlage aufzufangen...
                                 										deren Inhalt nicht erst wieder auf das ursprüngliche Gewicht
                                 										mit Wasser zu ergänzen, sondern er berechnet den Alkohol aus
                                 										der zweiten Beobachtung aus dem bloß zuckerhaltigen
                                 										ergänzten Rückstand. Wäre die Rechnung daher leicht und
                                 										einfach, so könnte von dieser Seite wenigstens ein kleiner
                                 										Zeitgewinn zu erwarten seyn. Das ist sie aber durchaus
                                 										nicht; denn sie fordert, daß man
                              
                           
                              1) mit den zwei Beobachtungen aus der Tafel I. nehme m und n;
                              
                           
                              2) findet sich d = n – m, dieß gibt
                              
                           
                              3) den genäherten Werth von A =
                                 											(n – m) c, wo mit c multiplicirt
                                 										werden muß;
                              
                           
                              4) 2 A + n ist ein genäherter Werth von p;
                              
                           
                              5) mit e wird q und b aus Tafeln genommen. Damit rechnet man
                              
                           
                              6) p = (nq
                                    											– m)/(q –
                                 										1). Nun ist endlich
                              
                           
                              7) das wahre A = (p – n) b
                                 										zu berechnen.
                              
                           
                              Alle diese Rechnung wendet Hr. Balling nur an, um den Alkohol und den Extract der
                                 										Würze zu finden. Kann dieß einfach genannt werden?
                              
                           
                              Uebrigens muß hier bemerkt werden, daß diese Weitläufigkeit
                                 										nicht etwa in der Aufgabe liegt, welche sich Hr. Balling gestellt hat. Man hätte
                                 										die Tafel so einrichten können, daß man aus den zwei Angaben
                                 										der Saccharometer unmittelbar den
                                 										Alkohol und Extract der Würze
                                 										gefunden hätte. Statt dessen bringt Hr. B. für nichts und
                                 										wieder nichts 7 Größen unnöthig in die Rechnung.
                              
                           
                              Da nun von dieser Seite nichts gewonnen ist, wollen wir
                                 										sehen, ob vielleicht die Methode, den Alkohol aus seinem
                                 										Verschwinden zu bestimmen, größere Genauigkeit gibt, als
                                 										wenn er in der Vorlage aus dem zum ursprünglichen Gewicht
                                 										ergänzten Weingeist bestimmt worden wäre.
                              
                           
                              Es ist klar, daß eine Alkoholspindel in diesem Weingeiste
                                 										direct den Procentgehalt angibt (wenn die Temperatur die
                                 										normale), daß also ein Fehler in der Ablesung der Spindel
                                 										von 1/10 Proc. oder Grad einen eben so großen Fehler in dem
                                 										Erkennen des Alkoholgehalts hervorbringen würde. Wenn man
                                 										aber nun untersucht, wie groß der Fehler ist, der in dem
                                 										Auffinden des Procentgehalts des Alkohols begangen wird nach der saccharometrischen Probe unter der Annahme,
                                 										daß auch an dem Saccharometer 1/10 Grad in der Ablesung
                                 										gefehlt sey, so findet man 1/4 Proc. des Alkohols. D.h. wenn
                                 										der ganze Alkoholgehalt des Biers 2 Gewichts-Procente
                                 										betrug, so ist der Fehler in der Bestimmung des Alkohols 1/8
                                 										der ganzen Quantität! Da nun aber sehr nahe die doppelte
                                 										Menge des Alkohols Extract war, aus welchem er sich gebildet
                                 										hat, so ist seine Bestimmung des ursprünglichen Würzgehalts
                                 										eines Biers um das Doppelte unsicher, d.h. unsicher auf 1/2
                                 										Proc. Malzzucker, wenn in der Ablesung des Saccharometers
                                 										1/10 Grad gefehlt wurde. Diese Unsicherheit liegt in der
                                 										Natur der Aufgabe. Aber Hr. B. hat eine zweite Unsicherheit
                                 										bloß durch die Form seiner Rechnung wahrhaft künstlich
                                 										hineingebracht.
                              
                           
                              Er dividirt nämlich zur Bestimmung des Werths von p mit q – 1; q ist
                                 										aber circa 1.25, also q –
                                 										1 nur 1/4, wodurch nun der Fehler in m circa 4mal, der Fehler in n 5mal vergrößert wird. Um dieß ganz anschaulich
                                 										zu machen, werde ich das Beispiel aufgreifen, welches Hr.
                                 											Balling in seinem Werke S.
                                 										443 beginnt und auch in seiner Brochüre: Saccharometer etc.
                                 										S. 69 wieder abdruckt.
                              
                           
                              Dort ist m = 4.250, n = 5.550 angenommen, was gibt
                                 											p = 11. 177.
                              
                           
                              Allein S. 12 und 84 der Brochüre ist ausdrücklich gesagt, daß
                                 										die Ablesung von 1/10 Grad am Saccharometer ausreichend sey
                                 										für alle die in Praxi vorkommenden Fälle. 1/10 Grad ist
                                 										daher als ein statuirter Fehler betrachtet.
                              
                           
                              Eben so ist S. 60 der Brochüre bemerkt, daß q bis auf 0 . 003 fehlerhaft
                                 										seyn könne.
                              
                           
                              Demgemäß nehmen wir nun einen Fehler in m und n von 1/10 Grad, in q
                                 										von 0.0027 an und setzen m =
                                 										4.350; n = 5.450, so wird q = 1.2327 und nach den Tafeln
                                 										des Hrn. Balling
                                 									
                              
                           
                              p = 10.177; früher fanden
                                 										wir
                              
                           
                              p = 11.177.
                              
                           
                              Hier beträgt also der Fehler in der Bestimmung des
                                 										Gesammtgehalts sogar ein Procent,
                                 										d.h. 1/11 des Gesammtgehalts, wenn bei der Beobachtung der
                                 										Saccharometer nur 1/10 Grad irrig
                                 										abgelesen worden, was Hr. Balling
                                 										selbst als ausreichend bezeichnet.
                              
                           
                              Um keinen Zweifel über die Richtigkeit dieser allerdings sehr
                                 										überraschenden Angabe zu lassen, wollen wir zur Controle der
                                 										Rechnung nach der Tafel den Ausdruck von p in Bezug auf m, n und q differenciren. Dieß gibt
                              
                           
                           
                              dp = dn.
                                    											q/(q – 1)
                                 										– dm./(q – 1) – (n – m)/(q – 1)² dq.
                              
                           
                              
                                 
                                    Setzen wir wie oben
                                       												=
                                       											
                                    dm = + 0.1
                                    
                                 
                                    
                                    dn
                                          												=  – 0.1
                                    
                                 
                                    
                                    dq = + 0.0027
                                    
                                 
                              
                           
                              wobei wie im durchgeführten Beispiele
                              
                           
                              m =
                                 											4.250;    n =
                                 											5.550;    q = 1.230
                              
                           
                              so ergibt sich
                              
                           
                              
                                 
                                    
                                       dp =
                                       
                                    – 0.432 ... (dn q/(q – 1))
                                    
                                 
                                    
                                    – 0.511 ... (–
                                       												dm/(p – 1))
                                    
                                 
                                    
                                    – 0.057 ... (–
                                       												dq (n – m)/(q –
                                       												1)²)
                                    
                                 
                                    –––––––––––––––
                                    
                                 
                                    also dp =
                                       											
                                    – 1.000
                                    
                                 
                              
                           
                              übereinstimmend mit der directen Rechnung nach der Tafel.
                              
                           
                              Ein Procent ist bei 11 Procent Gesammtgehalt also der
                                 										mögliche Fehler nach der Methode des Hrn. Balling. Der mittlere Fehler
                                 										einer Bestimmung wird jedoch kleiner seyn. Aber nehmen wir
                                 										selbst an, er betrage nicht mehr als 0.025 eines Grads am
                                 										Saccharometer, was jedenfalls die äußerste Gränze ist, so
                                 										wird doch der Extractgehalt der Würze nur auf 1/4 Proc. oder
                                 										etwa 1/40 des Ganzen bestimmt. Derselbe Fehler von 1/40 wird
                                 										erzeugt nicht bloß durch unvermeidliche Unsicherheit in der
                                 										Ablesung der Aräometer, sondern auch dadurch, daß die
                                 										Temperatur nur 3/4⁰ von der normalen abweicht. Solche
                                 										Abweichungen sind aber gar nicht zu vermeiden, wenn die
                                 										Lufttemperatur weit abliegt von der normalen. Aber diese
                                 										Quelle von Fehlern wird ihren vollen Einfluß üben eben so
                                 										auf das 1000 Gran Fläschchen, wie auf die Aräometer. Durch
                                 										Anwendung des Fläschchens, was Hr. Balling in neuester Zeit eingeführt, wird also ein
                                 										Fehler dieser Größe auch nicht zu entfernen seyn.
                              
                           
                              Um so auffallender muß es erscheinen, wenn Hr. Balling S. 438
                                 										seines Werks aus Zahlen nachweisen will, daß die
                                 										hallymetrische Probe unzureichend sey, weil durch die
                                 										Annahme von Prof. Kaiser sich der
                                 										Gehalt eines Biers 12.2 finden würde, während er 12.0 ist.
                                 										Hier beträgt der Fehler nach der Kaiser'schen Annahme 1/60 des Ganzen. Deßhalb also
                                 										verwirft Hr. Balling die
                                 										hallymetrische Probe, weil sie 1/60 fehlt, und nennt dagegen
                                 										seine saccharometrische die einzig brauchbare, während
                                 										Fehler von 1/40, wie ich gezeigt habe, bei ihr ganz
                                 										unvermeidlich sind.
                              
                           
                           
                              Wir sehen also, daß die saccharometrische Probe nicht nur
                                 										durch ungeeignete Anordnung der Rechnung und Tafeln sehr
                                 										weitläufig und unbequem, sondern auch viel ungenauer ist,
                                 										als die directe Bestimmung des Alkohols. Ein Theil dieser
                                 										bedeutenden Unsicherheit liegt darin, daß Hr. Balling einen ungünstigeren Fall
                                 										der Trennung von Zucker und Alkohol aus Beobachtungen zur
                                 										Grundlage seiner Methode gemacht hat, als wenn er bei der
                                 										bekannten chemischen Ausscheidung geblieben wäre. Ein
                                 										anderer Theil der Unsicherheit ist aber rein ohne alle Noth
                                 										von ihm in die Lösung der Aufgabe hineingebracht worden, wie
                                 										wir schon umständlich nachgewiesen haben. Um dieß noch
                                 										anschaulicher zu machen, sogar für solche, die gar nichts
                                 										von Rechnung verstehen, habe ich die Aufgabe des Hrn. Balling geometrisch
                                 										construirt.
                              
                           
                              Fig.
                                    											40 zeigt den Zusammenhang der Ablesungen beider
                                 										Aräometer vor und nach dem Sieden mit den Gehalten an
                                 										Alkohol und Extract der Würze. Die Linien, auf welchen
                                 										Alkohol und Extract der Würze constante Werthe haben, führen
                                 										zu den Scalen, welche den entsprechenden Procentgehalt
                                 										angeben. Hier ist nun gleich ersichtlich, daß die Ablesung
                                 										des Aräometers vor dem Sieden
                                 										einen sehr großen Einfluß auf die Bestimmung des Alkohols
                                 										ausübt und 4 3/4mal genauer seyn müßte, als die Angabe des
                                 										Saccharometers nach dem Sieden, um den Alkohol ebenso genau
                                 										erkennen zu lassen als den Zucker. Man betrachte nur, unter
                                 										welchen spitzen Winkeln sich die Alkohol- und
                                 										Würzgehaltscurven schneiden, und man wird sich überzeugen,
                                 										wie ungünstig der Fall gewählt ist zu ihrer Bestimmung. Die
                                 										durch die Tafeln von Hrn. Balling
                                 										hineingebrachte Unsicherheit ist hier in der Construction
                                 										verschwunden. Die Construction ist also doch gewiß besser
                                 										als die Tafel, denn sie zeigt, daß die Aufgabe ungeschickt
                                 										gewählt ist, und nie, auch abgesehen von dem großen
                                 										Zeitaufwand, praktisch brauchbar gelöst werden kann.
                              
                           
                              Allein Hr. Balling ist sogar der
                                 										Meinung, daß die saccharometrische Probe mehr leiste, als
                                 										jede andere, und daß nur sie alles das beantworte, was man
                                 										von dem untersuchten Bier zu wissen wünscht. Er verlangt,
                                 										daß eine Bierprobe beantworte:
                              
                           
                              1) Wie viel absoluter Alkohol und Zucker sind in 100 Gran des
                                 										Biers?
                              
                           
                              2) Wie groß war der Extractgehalt der Würze in
                                 										Gewichtsprocenten, woraus das Bier erzeugt wurde?
                              
                           
                              3) Welche Schüttung an Gerstendarrmalz wurde zur Erzeugung
                                 										dieser Würze angewendet?
                              
                           
                              4) Welches ist der Vergährungsgrad dieses Biers?
                              
                           
                           
                              Darin sieht nun Hr. Balling den
                                 										wesentlichen Vortheil seiner saccharometrischen Probe vor
                                 										der hallymetrischen (S. 437) und vor der
                                 										optisch-aräometrischen (S. 439), daß durch die
                                 										letztern aus zwei Beobachtungen nur etwa der Zucker-
                                 										und Alkoholgehalt bestimmt werden kann, nach seiner Probe
                                 										aber die vier oben gestellten Fragen beantwortet werden.
                              
                           
                              Offenbar ist Hr. Balling hier
                                 										wieder im Irrthum begriffen. Jede der benannten Bierproben
                                 										bestimmt nur zwei Unbekannte. Aber wenn diese bekannt
                                 										geworden sind, dann lassen sich aus ihnen noch anderweitige
                                 										Functionen mit Zuziehung weiterer Betrachtungen ableiten.
                                 										Aus keiner jedoch mehr und keiner weniger, als aus der
                                 										andern. So leicht dieß zu begreifen scheint, so muß es doch
                                 										Hrn. Balling entgangen seyn. Es
                                 										ist dieß um so auffallender, als Hr. Balling auch aus meiner Abhandlung über
                                 										quantitative Analyse hätte ersehen können, daß ich schon
                                 										1843 diese Fragen beantwortet habe. Denn dort ist nicht nur
                                 										aus dem Zucker und Alkohol sämmtlicher Münchener Winterbiere
                                 										der Extractgehalt der ursprünglichen Würze in
                                 										Gewichtsprocenten berechnet, sondern auch die Gußführung mit
                                 										den von Prechtl gegebenen
                                 										Constanten angeführt. Auch der Zusammenhang zwischen
                                 										Malzzuckergehalt in der Würze und der Anzahl Eimer Bier per Scheffel Malz findet sich
                                 										verglichen mit dem Biertarif von 1811. Endlich ist das
                                 										Fortschreiten der Alkoholbildung auf Kosten des Zuckers
                                 										erörtert. Sind daher die vier obigen Fragen erst jetzt von
                                 										Hrn. Balling beantwortet?
                              
                           
                              Man sieht also doch wohl hieraus, daß die Einwendungen,
                                 										welche Hr. Balling gegen die
                                 										andern Bierproben macht, eben so wenig begründet sind, als
                                 										die Vortheile, welche er seiner Probe zueignen möchte.
                              
                           
                              Denn der mittlere Fehler einer Ablesung der optischen Probe
                                 										abgeleitet aus 92 Beobachtungen verschiedener Beobachter
                                 										beträgt
                              
                           
                              ± 0.315 Trommeltheile.
                              
                           
                              Ebenso der mittlere Fehler einer Senkspindelablesung
                              
                           
                              + 0.03 Grade.
                              
                           
                              Hieraus findet sich nun durch Anwendung einer Reductionstafel
                                 										ähnlich construirt, wie die von mir im polytechnisches
                                 										Journal Bd. XCIX S. 363 beschriebene, in welcher der
                                 										ursprüngliche Malzzuckergehalt der Würze und der Grad der
                                 										Alkoholbildung als Curven eingetragen sind, die unmittelbar
                                 										mit den zwei Ablesungen der Instrumente zusammenhängen, der
                                 										mittlere Fehler der einmaligen Bestimmung
                              
                           
                           
                              
                                 
                                    
                                       
                                       für
                                       
                                    Optisch
                                    Aräometrisch
                                    Summe der
                                       												Fehler    in
                                       												Procenten
                                    Mittlere Fehler
                                    
                                 
                                    
                                           in
                                       												Procenten
                                    
                                    
                                    
                                 
                                    Zucker
                                      0,30
                                        0,03
                                            0,06
                                          0,04
                                    
                                 
                                    Alkohol
                                      0,043
                                        0,043
                                            0,09
                                          0,058
                                    
                                 
                                    Würze
                                      0,10
                                        0,027
                                            0,13
                                          0,04
                                    
                                 
                                    Alkoholbildung
                                      0,002
                                        0,003
                                            0,005
                                          0,0036
                                    
                                 
                              
                           
                              Bei Anwendung der saccharometrischen Probe ist der mittlere
                                 										Fehler circa 3mal größer als
                                 										hier.
                              
                           
                              Wenn aber auch die saccharometrische Probe eben so genau wäre
                                 										als die optisch-aräometrische, wenn es auch eben so
                                 										bequem wäre, alle Rechnungen nach Hrn. Balling's Angaben und Tafeln zu führen, als ohne
                                 										alle Rechnung nur das Resultat an der Schubtafel abzulesen,
                                 										wie es bei der optisch-aräometrischen der Fall ist,
                                 										so scheint doch der optisch-aräometrischen Probe noch
                                 										dadurch ein kleiner Vorzug zuzukommen, daß die vollständige
                                 										Untersuchung einer Biersorte mit Ableitung aller Resultate
                                 										nicht ganz 3 Minuten Zeit fordert,Im Mittel aus 92 untersuchten Vieren, wobei alle
                                       												Ablesungen doppelt und zwar von zwei Beobachtern
                                       												gemacht sind. während bloß die Experimente nach der
                                 										saccharometrischen Probe, wie Hr. Balling selbst anführt, 2 Stunden Zeit
                                 										erfordern!
                              
                           
                              Fassen wir nochmals das Gesagte kurz zusammen, so haben wir
                                 										nachgewiesen:
                              
                           
                              daß die Alkoholbestimmung aus der specifischen
                                 										Gewichtsabnahme nach Entfernen des Alkohols eine
                                 										Unsicherheit von 1/4 Proc., also in der Extractbestimmung
                                 										der Würze von 1/2 Proc. läßt; daß diese Unsicherheit durch
                                 										die Einrichtung der Tafeln unnöthig vergrößert wird bis zu 1
                                 										Proc. im Würzegehalt oder 1/10 des Ganzen; daß auch mit
                                 										allen möglichen Cautelen der mittlere Fehler nicht unter
                                 										1/4, Proc. zu bringen ist, daher die Probe nicht die von der
                                 										Praxis verlangte Genauigkeit besitzt; daß dieses Resultat
                                 										nur durch eine sehr weitläufige Rechnung gewonnen wird,
                                 										während es bloß durch Addition von 2 Zahlen, wie bei der
                                 										optisch-aräometrischen Probe, hätte erlangt werden
                                 										können, oder auch ganz ohne Rechnung gegeben werden kann,
                                 										wie die Figur nachweiset; daß der Vorwurf, es
                                 										gebe die hallymetrische Probe unrichtige Resultate, nur
                                 										darauf gegründet ist, daß sie 1/60 fehlt, während die
                                 										saccharometrische 1/10 fehlen kann; daß aus der
                                 										saccharometrischen Probe nicht mehr gefolgert und abgeleitet
                                 										werden kann, als aus jeder andern Bierprobe, die Zucker und
                                 										Alkohol bestimmt; daß bei der optisch-aräometrischen
                                 										Probe alle diese Bestimmungen ganz ohne Rechnung gemacht
                                 										werden und direct durch die Ablesungen beider Instrumente
                                 										gegeben sind; daß der mittlere Fehler in der
                                 										Würzextractbestimmung hier kein Zehntel Proc., d. i. kein
                                 										Hundertstel des Gehalts beträgt, während er bei dem
                                 										Saccharometer aber circa 4mal
                                 										größer ist; daß die Saccharometerprobe immer unpraktisch
                                 										bleiben wird, auch abgesehen von ihrer Ungenauigkeit,
                                 										dadurch, daß 2 Stunden Zeit bloß zu den Experimenten
                                 										erforderlich sind, während bei der
                                 										optisch-aräometrischen Probe zur ganzen Analyse 3
                                 										Minuten genügen; daß daher diese zwei Proben gar nicht mit
                                 										einander verglichen werden können, weil die eine, die
                                 										optisch-aräometrische, allen billigen Anforderungen,
                                 										die andere keiner entspricht.“
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
