| Titel: | Ueber einige in den Guanolagern und deren Nähe aufgefundene Substanzen; von E. F. Teschemacher. | 
| Fundstelle: | Band 101, Jahrgang 1846, Nr. L., S. 237 | 
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                        L.
                        Ueber einige in den
                           								Guanolagern und deren Nähe aufgefundene Substanzen; von E. F. Teschemacher.
                        Aus dem Philosophical Magazine, Supplement, Jun. 1846, S.
                              								546.
                        Teschemacher, über einige in den Guanolagern
                           								vorgefundene Substanzen.
                        
                     
                        
                           Es hatte sich das Gerücht verbreitet, daß große Mengen Salpeters
                              									(salpetersauren Kalis und Natrons) von ganz guter Qualität in
                              									der Nähe der Guanolager an der afrikanischen Küste vorkommen und
                              									es wurden deßhalb von London und Liverpool aus viele Schiffe
                              									abgeschickt, um diese werthvollen Salze aufzusuchen. Bis jetzt
                              									aber lauten die Nachrichten über den Erfolg dieses Unternehmens
                              									nicht günstig. Es ist noch nicht einmal ausgemacht, daß diese
                              									Lager überhaupt existiren; der Umstand, auf welchem das Gerücht
                              									größtentheils beruhte, war das Vorkommen großer Lager von
                              									salpetersaurem Natron in der Nähe der südamerikanischen Küste
                              									und großer, in vielen Beziehungen jenen an der afrikanischen
                              									Küste ähnlicher Guanolager; allerdings waren thierische Materie
                              									und ammoniakalische Salze in hinreichender Menge vorhanden, um
                              									Salpetersäure bilden zu können, so wie auch die Temperatur hoch
                              									genug, um die Zersetzung zu bewerkstelligen; aber die Quelle,
                              									welche die alkalischen Basen, das Kali und Natron, liefern
                              									sollte, war nicht wohl abzusehen. Die Hauptquelle des Salpeters
                              									in Ostindien ist die in vielen Bezirken auf der Oberfläche des
                              									Bodens vorkommende Salpetererde, die aus
                              									Verbindungen von Kalk und Talkerde mit Salpetersäure besteht,
                              									welche ausgelaugt werden und aus denen der Salpeter dann durch
                              									Zersetzung dieser salpetersauren Salze mittelst Kalisalzen
                              									gewonnen wird. Die Salpeterlager von salpetersaurem Natron in
                              									der Provinz Tarapaca in der Nähe von Iquiqua an der Küste von
                              									Südamerika sind das einzige bekannte Beispiel des Vorkommens von
                              									fertig gebildetem Salpeter in ausgedehnten Lagern; aber auch
                              									diese Lager enthalten das Salz in sehr unreinem Zustande.
                           Diese Nachforschungen an der afrikanischen Küste hatten jedoch
                              									zur Folge, daß man einige andere Substanzen auffand, deren
                              									nähere Beschreibung den Gegenstand dieser Mittheilung
                              									ausmacht.
                           Diese Substanzen werden in den Guanolagern oder deren Nähe
                              									entweder in kristallinischem Zustande oder in abgesonderten
                              									Massen gefunden. Die erste dieser Substanzen ist ein
                              									krystallinisches Salz, vollkommen durchsichtig und bloß in einer
                              									einzigen Richtung spaltbar und mit glänzenden Flächen versehen;
                              									mit salpetersaurem Silber gibt es einen gelben Niederschlag, mit
                              									Aetzkali entwickelt es Ammoniak und zum Rothglühen erhitzt,
                              									verliert es 50 Proc. Wasser und Ammoniak; ich halte es daher für
                              										phosphorsaures Ammoniak. Die mir
                              									zugekommene Probe dieses Salzes bestund nur aus einigen Körnern,
                              									war folglich zu klein für eine genaue Analyse.
                           Die nächste Substanz war ebenfalls ein krystallinisches Salz, in
                              									seinen Höhlungen mit etwas Guano vermengt; dasselbe war in zwei
                              									Richtungen mit glänzenden Flächen spaltbar. Bei der Analyse fand
                              									ich es zusammengesetzt aus:
                           
                              
                                   21,0   Theilen
                                 Ammoniak,
                                 
                              
                                   55,50    
                                    											„
                                 Kohlensäure,
                                 
                              
                                   23,50    
                                    											„
                                 Wasser.
                                 
                              
                                 ––––––––––––
                                 
                                 
                              
                                 100,00
                                 
                                 
                              
                           was nahe entspricht 1 Atom Ammoniak, 2
                              									Atomen Kohlensäure und 2 Atomen Wasser. Formel: NH³ +
                              									2CO² + 2HO; es ist folglich doppelt-kohlensaures
                                 										Ammoniak.
                           Die dritte Substanz wurde zu Saldanha-Bay an der
                              									afrikanischen Küste, fleckweise in der Guanomasse eingebettet,
                              									gefunden. Sie kommt in deutlichen Krystallen mit zahlreichen
                              									Modificationen vor. Bei der Analyse fand ich diese Substanz
                              									zusammengesetzt aus:
                           
                              
                                 14,30 Theilen
                                 Ammoniak,
                                 
                              
                                 17,00     „
                                 Talkerde,
                                 
                              
                                 30,40     „
                                 Phosphorsäure,
                                 
                              
                                 38,10     „
                                 Wasser.
                                 
                              
                                 –––––––––––
                                 
                                 
                              
                                 99,80
                                 
                                 
                              
                           
                           was nahe entspricht 1 Atom Ammoniak, 1
                              									Atom Talkerde, 1 Atom Phosphorsäure und 5 Atomen Wassers;
                              									Formel: NH³, MgO, PO⁵ + 5HO; sie ist also phosphorsaure Ammoniak-Talkerde. Ihr spec. Gewicht ist 1,65,
                              									ihre Härte 2; vor dem Löthrohr zerfällt sie in Pulver, Wasser
                              									und Ammoniak entbindend.
                           Diese Substanz ist offenbar vom Guano abzuleiten; da sie aber im
                              									Wasser unauflöslich ist, mußte sie durch eine der im Guano
                              									enthaltenen organischen Säuren in demselben aufgelöst erhalten,
                              									und aus ihm in großen Krystallen, wie sie aufgefunden wurde,
                              									aber in verschiedenen Theilen der Lager zerstreut, abgesetzt
                              									worden seyn.
                           Da diese Substanz bisher im Mineralreich noch nie aufgefunden
                              									worden ist, muß sie als ein neuer Mineralkörper betrachtet
                              									werden; ich schlage daher für sie den von ihrer Entstehungsweise
                              									abgeleiteten Namen Guanit vor.
                           Die Quelle, von welcher die beiden ersten Substanzen, das
                              									phorphorsaure Ammoniak und doppelt-kohlensaure Ammoniak,
                              									abzuleiten sind, ist offenbar das Durchsikern von Wasser durch
                              									die Guanolager, wobei es diese Salze auflöst, und nach tiefern
                              									Lagern abfließend, in Lachen und Felsenhöhlungen aufgehalten
                              									werden kann, wo es durch die Hitze des Klima's verdampft wird
                              									und diese Salze im beschriebenen krystallinischen Zustand
                              									hinterläßt. Da der Guano diese Salze in großer Menge enthält, so
                              									ist es möglich, daß bedeutende Massen davon existiren.
                           Die Aussicht, Massen Guanits in krystallisirtem Zustand
                              									aufzufinden, ist nicht groß; da er aber einen Bestandtheil des
                              									Guano's ausmacht, so ist er ein Körper von einiger Wichtigkeit.
                              									Seine Anwendung als Dünger in Verbindung mit andern Substanzen
                              									verspricht sehr großen Nutzen, da er zwei wichtige Körper,
                              									Ammoniak und Phosphorsäure, in unauflöslichem Zustand enthält;
                              									letztere können die Pflanzen nach Bedarf aufsaugen, ohne daß sie
                              									aus dem Boden ausgewaschen oder, wie andere Ammoniaksalze,
                              									verflüchtigt werden.
                           Die letzte Substanz, welche ich zu beschreiben habe, wurde
                              									ebenfalls im Guano von Saldanha-Bay eingebettet gefunden;
                              									sie besteht aus kleinen kugelförmigen Theilchen, die aus schwach
                              									zusammenhängenden concentrischen Blättchen von gelblichweißer
                              									Farbe zusammengesetzt sind und an manchen Stellen Stückchen von
                              									ähnlicher Beschaffenheit enthalten, welche auf dem Bruch die
                              									Merkmale organischer Structur, den Knochen ähnlich zeigen, bei
                              									der Untersuchung unter dem Mikroskop aber sich als Stückchen von
                              									den Nummuliten ähnlichen Schalen erweisen.
                           
                           Bei der Analyse fand ich diese Substanz zusammengesetzt aus:
                           
                              
                                 37,50 Theilen
                                 kohlensaurem Kalk,
                                 
                              
                                 32,50     „
                                 kohlensaurer Talkerde,
                                 
                              
                                 12,00     „
                                 phosphorsaurem Kalk,
                                 
                              
                                 12,00     „
                                 Wasser mit etwas Ammoniak und
                                    											thierischer Materie,
                                 
                              
                                   3,00    
                                    											„
                                 Sand,
                                 
                              
                                   2,50    
                                    											„
                                 schwefelsauren und salzsauren
                                    											Alkalien.
                                 
                              
                                 –––––––––––
                                 
                                 
                              
                                 99,50
                                 
                                 
                              
                           Es scheint nicht, daß diese Substanz in großer Menge vorkommt.
                              									Wie sie sich gebildet haben mag, ist schwer zu sagen; ihre
                              									Zusammensetzung ist sehr verschieden von derjenigen der Knochen
                              									und der Muschelschalen, namentlich wegen der großen Menge
                              									kohlensaurer Talkerde, die sie enthält. Jedoch ist es möglich,
                              									daß sowohl Knochen als Schalen die Basis dieser Substanz bilden
                              									und nachdem eine theilweise Zersetzung statt fand, die Talkerde
                              									erst später mit dem kohlensauren und phosphorsauren Kalk in
                              									Verbindung trat.