| Titel: | Neue Anwendungen der Elektrochemie zur Zersetzung von Mineralsubstanzen, insbesondere der Silbererze; von Becquerel. | 
| Fundstelle: | Band 101, Jahrgang 1846, Nr. LVIII., S. 267 | 
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                        LVIII.
                        Neue Anwendungen der
                           								Elektrochemie zur Zersetzung von Mineralsubstanzen, insbesondere der
                           								Silbererze; von Becquerel.
                        Aus dem Comptes rendus, Mai 1846, No. 20.
                        Becquerel, über Anwendung der Elektrochemie zur
                           								Zersetzung von Mineralsubstanzen.
                        
                     
                        
                           Wir wissen, daß die elektrischen Ströme auf die Elemente eines
                              									Körpers in der Regel nur dann einwirken, wenn sich dieser Körper
                              									im Zustand einer wässerigen oder schmelzenden Flüssigkeit
                              									befindet, welcher Zustand sich für ihre Trennung oder vielmehr
                              									für die Uebertragung jedes Molecüls zum andern vorzüglich
                              									eignet.
                           Davy hat jedoch gezeigt, daß wenn man
                              									in einem nicht metallischen Gefäß enthaltenes Wasser
                              									elektrochemisch mittelst zweier Platinbleche zersetzt, auch die
                              									Elemente der Substanz des Gefäßes zu gleicher Zeit mit der
                              									Zersetzung des Wassers durch die Einwirkung des Stroms von
                              									einander getrennt werden. So wird man, wenn man sich eines
                              									Glases bedient, am positiven Pol bald Salzsäure, und am
                              									negativen Pol Natron vorfinden, in Folge der Zersetzung des bei
                              									der Verfertigung des Glases als Flußmittel zugesetzten
                              									Kochsalzes, welche nur durch die Berührung fester und flüssiger
                              									Körper eintretende elektrochemische Action erklärt werden kann.
                              									Beim Zusammenkommen dieser Körper findet nämlich eine
                              									Molecular-Anziehung statt, welche ihre Auflösung zur
                              									Folge haben würde, wenn nicht eine Kraft des Zusammenhangs
                              									(Aggregationskraft) vorhanden wäre. Doch ist es möglich, daß die
                              									Unauflöslichkeit des Glases, oder wenigstens einiger seiner
                              									Bestandtheile, keine so absolute ist, wie man annimmt oder
                              									vielmehr mittelst der empfindlichsten Reagentien, welche die
                              									Chemie besitzt, nachzuweisen vermeint; überdieß kann die
                              									Elektricität vermöge ihrer Geschwindigkeit und stetigen Wirkung
                              									auch mehr ausrichten als die Reagentien. Nehmen wir nämlich an,
                              									daß das Wasser bei seiner Berührung mit dem Glase das kleinste
                              									Minimum des darin enthaltenen Salzes oder irgend einer
                              									Verbindung, die einen Bestandtheil desselben ausmacht, auflöse,
                              									so wird dieses Minimum durch den Strom sogleich zersetzt und so
                              									fort, so daß nach einigen Augenblicken das Quantum der
                              									ausgeströmten Elektricität, welches bedeutend groß ist, eine
                              									namhafte chemische Wirkung hervorgebracht haben wird, weil
                              									letztere die Summa einer beinahe unendlichen Anzahl
                              									außerordentlich schwacher chemischer Actionen ist. Will man auch
                              									die Auflöslichkeit eines der Bestandtheile des Glases im Wasser,
                              									jedoch innerhalb sehr enger Gränzen, nicht annehmen, so muß
                              									doch nothwendig die beim Contact fester und flüssiger Körper
                              									stattfindende Molecular-Anziehung die Zusammenhangskraft
                              									der Molecüle an der Glasoberfläche in der Art modificiren, daß
                              									diese Molecüle alsdann das Vermögen erlangen, der Wirkung des
                              									Stroms zu gehorchen. Diese Betrachtungen, welche den Basalt, den
                              									Marmor und andere Körper, deren man sich wie des Glases bedient,
                              									ebenso angehen, waren unerläßlich zum Verständniß des
                              									Folgenden.
                           In eine Röhre, welche am einen Ende auf 3 Centimeter ihrer Länge
                              									mit Thon, der mit Salzwasser befeuchtet war, angefüllt war,
                              									wurde eine gesättigte Chlornatrium- (Kochsalz-)
                              									Lösung gebracht, und die Röhre mit diesem Ende in ein mit
                              									derselben Lösung gefülltes Glasgefäß getaucht, worin sich eine
                              									Zinkplatte befand. Hierauf wurde in die Röhre ein Stück
                              									Silbererz gebracht, welches mit Chlorsilber überzogen und um das
                              									ein Silberdraht gewickelt war, den man mit der Zinkplatte in
                              									Verbindung brachte, um die Kette zu schließen. Die Oxydation des
                              									Zinks veranlaßte die Entstehung eines elektrischen Stroms,
                              									dessen Wirkung hinreichend war, um das Chlorsilber auf der
                              									Oberfläche zu zersetzen; das Chlor ging davon, verband sich mit
                              									dem durch Zersetzung des Chlornatriums freigewordenen Natrium,
                              									und das Silber blieb zurück. Die Wirkung setzte sich immer
                              									weiter, bis in das Innere der Chlorsilbermasse fort. Das Silber
                              									verlor einigermaßen feinen Zusammenhang, weil der Strom zu
                              									intensiv war, als daß seine Molecüle sich hätten regelmäßig
                              									anordnen können.
                           In einen andern Apparat, der auf dieselbe Weise vorgerichtet war,
                              									nur daß statt der Röhre ein Trichter genommen wurde, dessen mit
                              									Thon versehene Spitze in das Gefäß tauchte, wurde ein viel
                              									größeres Stück Silbererz als das vorige gelegt, auf dessen
                              									Oberfläche das Chlorsilber ungleich vertheilt war. Die
                              									Zersetzung des Chlorsilbers fand auf gleiche Weise statt; aber
                              									das reducirte Metall war gedreht und ästig, wie wenn es durch
                              									die Löcher eines Zieheisens getrieben worden wäre.
                           In einen dritten Apparat endlich, wobei der Trichter durch eine
                              									tubulirte Glocke ersetzt wurde, brachte man ein großes Stück
                              									Kalkspath, der hie und da mit Chlorsilber bedeckt war und dessen
                              									Spalten mit demselben Körper überzogen waren. Die Reduction des
                              									Silbers erfolgte nicht nur auf der Oberfläche, sondern auch in
                              									den Spalten, wo das Silber die Gestalt von Zähnchen (dentriles) annahm. Das reducirte
                              									Silber enthielt Kupfer, welches von der Zersetzung eines mit dem
                              									Silbererz vermengten Kupfererzes herrührte.
                           
                           Statt der Salzlösung in der Röhre oder dem Trichter wurde hierauf
                              									Wasser genommen, welches bekanntlich nicht im geringsten auf das
                              									Chlorsilber wirkt. Die Zersetzung dieses letztern ging ebenfalls
                              									von statten, nur viel langsamer. Das Silber behielt die Gestalt
                              									des Chlorsilbers bei; seine Molecüle hatten solchen
                              									Zusammenhang, daß die Masse mit einem Messer nur schwer
                              									zerschnitten werden konnte; die bloßgelegten Oberflächen hatten
                              									Metallglanz.
                           Brachte man verdünnte Chlornatriumlösung in das Glasgefäß, um
                              									eine langsamere chemische Einwirkung zu veranlassen, so war der
                              									Zusammenhang des reducirten Silbers noch stärker. Hätte man nur
                              									Wasser genommen, so wäre die elektrochemische Wirkung eine noch
                              									langsamere gewesen, der Zusammenhang folglich noch stärker, so
                              									daß das Silber wahrscheinlich unter dem Hammer hätte bearbeitet
                              									werden können. Dieser Versuch hätte aber viel Zeit erfordert,
                              									während derjenige mit verdünnter Kochsalzlösung nur einige
                              									Wochen dauerte.
                           Wir haben hier also mittelst der Elektricität und bei
                              									gewöhnlicher Temperatur eine wahre Cementation hervorgebracht.
                              									Diese Wirkung kann nicht stattfinden, wenn die Poren der
                              									zusammenhängenden Metallmasse nicht so groß sind, daß das
                              									gasförmige Chlor durch sie von innen nach außen gelangen kann.
                              									Gleichzeitig krystallisirten die Silbermolecüle. (Hr. Becquerel legte der französischen
                              									Akademie der Wissenschaften ein auf diese Weise aus einer
                              									kleinen Masse Chlorsilber reducirtes Stück Silber von der Größe
                              									einer wälschen Nuß vor.)
                           Endlich wollte ich sehen was vorgeht, wenn ein Cylinder von
                              									Chlorsilber genommen wird, wie man ihn durch Schmelzenlassen
                              									dieser Substanz in einer Glasröhre von einigen Millimetern
                              									Durchmesser erhält. Das Resultat war dasselbe, wie im
                              									vorhergehenden Versuch; es fand nämlich Cementation statt.
                           Diese elektrochemische Cementation ist derjenigen analog, welche
                              									Hr. d'Arcet vor mehreren Jahren in
                              									der Münze unter ziemlich ähnlichen Umständen beobachtete, sich
                              									aber nicht zu erklären vermochte. Eine Stahlstange befand sich
                              									in einem Schrank in geringer Entfernung von einer Flasche,
                              									welche eine Auflösung von schwefelsaurem Silber enthielt und
                              									einen Sprung hatte, durch welchen die Auflösung allmählich
                              									hindurchsickerte. Als letztere hiedurch an die Stahlstange
                              									gelangte, reagirte sie (mittelst einer langsamen volta'schen
                              									Action) nach und nach auf dieselbe, und nach einigen Jahren war
                              									das Silber dergestalt an die Stelle des Eisens getreten, daß man
                              									am Platz der Stahlstange nur noch eine Stange hämmerbaren
                              									Silbers fand. Hr. d'Arcet, von
                              									welchem ich diese Details habe, hob dieses Stück lange in seinem
                              									Laboratorium als eine Merkwürdigkeit auf. Es fand in
                              									diesem Fall eine elektrochemische Cementation statt, wie in den
                              									obigen Fällen, und zwar in Folge der Berührung des Eisens und
                              									des Silbers. Die Auflösung des schwefelsauren Silbers mußte die
                              									Poren des auf der Oberfläche abgelagerten Silbers durchdringest,
                              									um auf die innern Theilchen der Stahlstange einwirken zu können,
                              									während das Eisen durch eine Wirkung in umgekehrter Richtung
                              									weggeführt wurde; ähnliche Vorgänge, wie sie bei der Cementation
                              									des Eisens während seiner Umbildung in Stahl stattfinden.
                           Auf folgende Weise können die Resultate obiger Versuche erklärt
                              									werden. Der durch Einwirkung der mehr oder weniger gesättigten
                              									Chlornatriumlösung auf das Zink erzeugte galvanische Strom
                              									veranlaßt die Zersetzung des Chlornatriums und das Uebergehen
                              									des Natrons und des Wasserstoffs, oder vielmehr des Natriums an
                              									das Chlorsilber, welches letztere, obgleich ein schlechter
                              									Leiter und im Wasser, so wie in einer verdünnten
                              									Chlornatriumlösung unlöslich, doch nicht als aller
                              									Leitungsfähigkeit und Auflöslichkeit bei der Berührung
                              									ermangelnd betrachtet werden darf. Das Natrium in statu nascente wirkt auf das
                              									Chlor des an der Oberfläche befindlichen Chlorsilbers ein; es
                              									bildet sich Chlornatrium und das freigewordene Silber bleibt an
                              									seiner Stelle in Folge des negativen Zustandes des Chlorürs. Das
                              									immer nachfolgende Natrium geht durch die Zwischenräume der
                              									ersten Schicht, um sich des Chlors der darunter liegenden
                              									Chlorsilberschichten zu bemächtigen; vielleicht verläßt sogar
                              									das Chlor das Molecül, mit welchem es verbunden ist, um sich mit
                              									dem zunächst daran liegenden zu vereinigen und fährt so immer
                              									fort, bis an die Oberfläche, wo es sich dann mit dem Natrium
                              									verbindet; eine, ich wiederhole es, der Cementation des Eisens
                              									ähnliche Erscheinung.
                           Da die Gegenwart des Natrons in statu
                                 										nascente auf das Resultat von großem Einfluß seyn
                              									mußte, wegen der großen Verwandtschaft des Natriums zum Chlor,
                              									so wiederholte ich den Versuch mit gewöhnlichem Wasser (sowohl
                              									im Glasgefäß, als in der Röhre), indem ich mich eines
                              									galvanischen Elements mehr bediente. Das Resultat war aber
                              									dasselbe; der Wasserstoff wirkte auf das Chlor ein, Salzsäure
                              									bildend, wie oben das Natrium auf das Chlor wirkte; nur war die
                              									Wirkung keine so rasche.
                           Außer dem Chlorsilber werden noch mehrere andere im Mineralreich
                              									vorkommende unauflösliche Verbindungen des Silbers, z.B. die mit
                              									Schwefel, Schwefelantimon, Schwefelarsenik etc. zersetzt, und
                              									das Silber daraus reducirt.
                           
                           Beim Schwefelsilber (Silberglanz, Glaserz) geht die Zersetzung
                              									rasch von statten; das Silber wird zu Metall reducirt; allein es
                              									ist hiezu eine sehr langsame Einwirkung und eine beständige
                              									Erneuerung der Flüssigkeit erforderlich, damit die Molecüle in
                              									Zusammenhang treten, weil das bei diesem Proceß sich bildende
                              									Schwefelnatrium das Silber unaufhörlich wieder zu schwefeln
                              									strebt.
                           Beim Schwefelantimonsilber (dunklen Rothgültigerz) werden das
                              									Silber und das Antimon reducirt; die beiden Metalle
                              									krystallisiren in kleinen Warzen. Der Versuch wurde sowohl mit
                              									einem Stück Erz von der Größe einer Wallnuß, als auch mit 30
                              									Grammen des gepulverten Erzes angestellt.
                           Beim Schwefelarseniksilber (lichten Rothgültigerz) wurden nicht
                              									nur Silber und Arsenik reducirt, sondern es setzte sich außerdem
                              									noch auf dem Silberdraht gelber Schwefelarsenik ab.
                           Wenn man eine Anzahl Apparate zu einer galvanischen Batterie
                              									vereinigt, um die Intensität der elektrochemischen Wirkung zu
                              									erhöhen, so erhält man eine Kette mit constantem Strom, wie ich
                              									deren vor 15 Jahren construirte, die als Typus dienten bei
                              									allen, wie sie heutzutage in Gebrauch sind.
                           Erze von complicirterer Zusammensetzung als die obigen, wie das
                              									Fahlerz, die mehrfach zusammengesetzten Schwefelverbindungen,
                              									oder vielmehr die Gemenge von Zink-, Kupfer-,
                              									Blei- und Silber-Sulfuriden, welche die Grundlage
                              									der Erze von San-Clemente, von Fresnillo etc. bilden,
                              									wurden ebenfalls durch einen einfachen Strom zersetzt, jedoch
                              									viel langsamer. Ich bin mit diesen Versuchen nicht zu Ende und
                              									kann daher die Resultate derselben noch nicht mittheilen.
                           Das sehr schwefelkiesreiche Erz von Guanaruato widersteht
                              									ebensowenig der Einwirkung des Stroms; das Kupfer und das Silber
                              									werden bald um den Draht herum sichtbar.
                           Endlich wird auch der gepulverte Bleiglanz, gleichviel ob
                              									silberhaltig oder nicht, jedoch sehr langsam, durch den Strom
                              									zersetzt. Das Blei erscheint als ein höchst feiner Staub,
                              									welcher sich jedoch durch die Einwirkung des Schwefelnatriums
                              									sehr bald wieder schwefelt.
                           Ehe ich mich zur Untersuchung der in einigen Metalllagern
                              									vorkommenden ähnlichen Erscheinungen wende, werde ich mich bei
                              									der elektrochemischen Cementation aufhalten, die in der Natur
                              									eine große Rolle spielen muß.
                           Es wurde oben gezeigt, daß bei der elektrochemischen Zersetzung
                              									des Chlorsilbers in Masse, das gasförmige Chlor durch die
                              									Molecular-Zwischenräume tritt, welche groß genug seyn
                              									müssen, um die durch den elektrischen Strom fortgeführten
                              									Elementarbestandtheile hindurchzulassen. Diese Eigenschaft wurde
                              									auch durch Fusinieri's Versuche
                              									nachgewiesen; derselbe hat gezeigt, daß wenn man die Entladung
                              									einer elektrischen Batterie zwischen einer goldenen Kugel und
                              									einer Kugel von irgend einem andern Metall vornimmt, letztere
                              									nicht nur auf die der goldenen Kugel gegenüber befindliche
                              									Oberfläche, sondern auch auf die entgegengesetzte transportirt
                              									wird, so daß das Metall durch die goldene Kugel, so wie auch das
                              									Gold durch die andere Metallkugel hindurchgeführt wird. Die
                              									bisher beobachteten Thatsachen beweisen sonach, daß die
                              									Elementarbestandtheile der Körper unter dem Einfluß elektrischer
                              									Kräfte von großer oder geringer Spannung das Vermögen erlangen
                              									können, Metallmassen zu durchdringen.
                           Andererseits ist in der Erde kein Zink und Eisen im metallischen
                              									Zustand zu finden, welche durch ihre Oxydation elektrische
                              									Ströme hervorbringen, die chemisch reagiren könnten; wollen wir
                              									daher gewissen Erscheinungen in der Natur einen elektrischen
                              									Ursprung zuschreiben, so müssen andere Körper gesucht werden,
                              									die in den Formationen unseres Erdballs häufig vorkommen und
                              									deren Veränderung unter den Einflüssen der Atmosphäre und des
                              									Wassers ähnliche elektrische Wirkungen hervorbringt wie das
                              									Zink. Unter diesen Körpern wähle ich einen der am häufigsten
                              									vorkommenden, den gewöhnlichen Schwefelkies oder das
                              									Doppelt-Schwefeleisen, welches sich in Berührung mit Luft
                              									und Wasser allmählich in Eisenvitriol umändert.
                           Um zu zeigen, daß die Berührung von Schwefelkies mit einem an der
                              									Luft nicht veränderlichen Körper den oben beschriebenen ähnliche
                              									elektrochemische Wirkungen hervorbringt, brachte ich in ein
                              									Glasgefäß eine gesättigte Auflösung von schwefelsaurem Kupfer,
                              									mit einem Platinblech oder einem Stück gut ausgeglühter
                              									Kohks- oder Anthracitkohle; tauchte in die Lösung, die
                              									mit Thon verstopfte Spitze eines Trichters, welcher eine sehr
                              									verdünnte Auflösung von kohlensaurem Natron und Chlornatrium
                              									enthielt, worin sich ein Stück Schwefelkies befand, welcher
                              									mittelst eines Platindrahts mit dem Platin oder dem Anthracit in
                              									Verbindung gesetzt wurde. Die langsame Zersetzung des
                              									Schwefelkieses war hinreichend, um einen Strom zu erzeugen, der
                              									die Zersetzung des schwefelsauren Kupfers bewerkstelligen
                              									konnte. Man erhält dasselbe Resultat, wenn man ein Stück
                              									Schwefelkies mit einem Kohksstück, oder andern nicht
                              									auflöslichen, aber leitenden Substanzen in Contact setzt, den
                              									Kies in schwach gesalzenes Wasser, den andern Körper aber in
                              									eine Auflösung von schwefelsaurem Kupfer taucht und dann die
                              									beiden Flüssigkeiten mit schwach
                              									angefeuchtetem Thon trennt, in welchen der Schwefelkies und der
                              									andere Körper gesteckt werden.
                           Verschiedene Apparate wurden behufs der Zersetzung zerstoßener
                              									Silbererze mit quarzigem Ganggestein construirt; während die
                              									Silberverbindung durch die Einwirkung des Stroms zersetzt wurde,
                              									setzte sich auch eine gallertartige Masse, die nichts anders war
                              									als Kieselerde, im Verlauf einiger Wochen auf das Erz ab. Nehmen
                              									wir nun statt Wochen Jahre oder Jahrhunderte und eine viel
                              									langsamere Einwirkung an, als sie bei diesen Apparaten
                              									stattfindet, so werden sie bedeutende Wirkungen und
                              									wahrscheinlich die Bildung von Kieselerdekrystallen zur Folge
                              									haben.
                           Um durch das Zusammenwirken von Körpern, denen ähnlich, wie man
                              									sie in der Erde findet, einen Strom zu erzeugen, benutzte man
                              									feste und flüssige Substanzen; den festen Körpern aber kann man
                              									Auflösungen substituiren; in diesem Fall wird dann der Strom
                              									durch die gegenseitige Reaction der beiden durch Thon oder
                              									andere poröse Körper getrennten, und mit einem andern festen,
                              									die Elektricität leitenden Körper verbundenen Auflösungen
                              									hervorgebracht. Die daraus hervorgehenden chemischen Wirkungen
                              									werden von der Intensität des Stroms abhängen, immer aber werden
                              									die, abgesehen von der Massenanziehung, durch die schwächsten
                              									Verwandtschaften verbundenen Elemente die ersten seyn, welche
                              									die Einwirkung des Stroms erfahren.
                           Ich werde nun einige Erscheinungen in der Natur in Betrachtung
                              									ziehen, welche mit den oben erörterten Thatsachen unmittelbar in
                              									Beziehung stehen. Am obern Theil gewisser silberführender Gänge
                              									findet sich ein Erz (in Peru), Pacos
                              									genannt, in steinigen Massen von thonkalkiger, zuweilen
                              									quarziger Beschaffenheit und mehr oder weniger brauner Farbe,
                              									welches Silber, entweder als Chlorsilber, oder in metallischem
                              									Zustand enthält. Dieses Erz trägt offenbar das Gepräge
                              									bedeutender Veränderungen an sich. Manchmal bildet das Silber
                              									krystallinische Zähnchen oder Knötchen, deren Theilchen wenig
                              									Zusammenhang besitzen; vergleicht man solche Proben mit den mit
                              									Chlorsilber bedeckten, womit man die elektrochemische Zersetzung
                              									vornahm, so findet man eine auffallende Ähnlichkeit
                              									hinsichtlich des Molecularzustandes und des Aussehens, so daß
                              									man einen gleichen Ursprung hinsichtlich der Bildung der
                              									Silberablagerung anzunehmen veranlaßt wird. Ebenso verhält es
                              									sich mit den Silberplättchen in den vor einigen Jahren in
                              									Amerika entdeckten Thonlagern und mit zersetzten Felsarten
                              									anhangenden kleinen Silbermassen, welche Plättchen und kleine
                              									Massen als das Resultat einer elektrochemischen Zersetzung
                              									angesehen werden können. Was war nun erforderlich, um diese Erze
                              									in den Zustand zu versetzen, in welchem
                              									man sie findet? Zersetzbare Kiese, Wasser mit oder ohne
                              									Kochsalzgehalt und Chlorsilber oder Schwefelsilber.
                           Ein anderes Beispiel: in den Kupferminen in Chili findet sich
                              									kohlensaures Kupfer in Begleitung von Kupferoxydul und
                              									metallischem Kupfer. Aus grünem walzenförmigen kohlensauren
                              									Kupfer von ebendaher erhält man durch einen langsamen chemischen
                              									Proceß beide letztere Körper.
                           Im wesentlichen hatte diese Abhandlung den Zweck, dreierlei
                              									Thatsachen zu erweisen, die uns zeigen, welche Rolle in der
                              									Natur die als chemische Kraft wirkende Elektricität spielen
                              									kann:
                           1) die Zersetzung von Silbererzen, selbst von der complicirtesten
                              									Zusammensetzung, ohne vorherige Vorbereitung;
                           2) die elektrochemische Cementation, welche zeigt, daß die
                              									Elementarbestandtheile der Körper, durch elektrische Ströme
                              									fortgeführt, unter gewissen Umständen durch feste Massen dringen
                              									können;
                           3) um in der Erde einen elektrochemischen Apparat zu bilden,
                              									braucht nur ein an der Luft zersetzbarer Schwefelkies mit irgend
                              									einem leitenden Körper und Wasser in Berührung zu seyn.