| Titel: | Ueber den Kaffee; von Payen. | 
| Fundstelle: | Band 101, Jahrgang 1846, Nr. LXI., S. 280 | 
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                        LXI.
                        Ueber den Kaffee; von Payen.
                        Aus den Comptes rendus, Mai 1846, Nr. 18.
                        Payen, über den Kaffee.
                        
                     
                        
                           Payssé, Chenevix, Cadet de
                                 										Vaux und Cadet de Gassicourt
                              									untersuchten die Zusammensetzung des Kaffees, ohne einen
                              									unmittelbaren Grundstoff aus demselben zu isoliren. Erst Runge entdeckte das Caffeïn
                              									und Robiquet unterzog diese
                              									stickstoffhaltige, krystallisirbare Substanz, welche sich in der
                              									Hitze in weißen glänzenden Nadeln sublimirt, einer nähern
                              									Untersuchung. Das Caffeïn ist identisch mit dem seitdem
                              									in den Theeblättern entdeckten Theïn; nach Wöhler's und Liebig's Analysen enthält es 28 Proc. Stickstoff. Robiquet wies das Vorkommen zweier
                              									Fettsubstanzen im Kaffee nach, deren eine ihm von harzartiger
                              									Beschaffenheit zu seyn schien und scharfen Geschmack besaß, so
                              									wie auch eine zuckerartige Substanz mit balsamischem Geruch.
                           Ein geschickter deutscher Chemiker, Hr. Rochleder, untersuchte im Jahre 1844 die
                              									Fettsubstanzen des Kaffees, aus welchen er durch Verseifung
                              									Palmitinsäure und Oelsäure erhielt; er zeigte ferner, daß der
                              									Kaffee kein Harz enthält, dagegen eine stickstoffhaltige
                              									Substanz, das Legumin; das der Auflösung widerstehende Gewebe
                              									schien ihm gänzlich aus einer der von mir beschriebenen
                              									Holzfasersubstanzen gebildet zu seyn.
                           Ungeachtet der Bemühungen der genannten Chemiker, waren die
                              									chemischen Kenntnisse über diesen wichtigen Körper noch nicht
                              									abgeschlossen; sie waren vielmehr unzureichend, um
                              									die hauswirthschaftlichen Fragen über die Zusammensetzung des
                              									Kaffeeaufgusses und seine ernährenden Eigenschaften sowohl für
                              									sich als in seiner Verbindung mit Zucker und Milch zu
                              									beantworten.
                           Man nahm mit Liebig sogar an, daß
                              									dieser Aufguß aller ernährenden Eigenschaft ermangle, weil er
                              									die stickstoffhaltige Substanz, das dem Alloran oder Taurin
                              									ähnlich zusammengesetzte Caffeïn in äußerst geringer
                              									Menge enthält.
                           Wenn ich mich nicht täusche, so blieb die durch ihr
                              									Mengenverhältniß, ihre Eigenschaften und die Schwierigkeit ihrer
                              									Gewinnung höchst interessante auflösliche Verbindung im Kaffee
                              									noch zu entdecken übrig; ihr Vorhandenseyn that sich mir durch
                              									die vielen Irrthümer kund, welche ihre so leicht eintretenden
                              									Veränderungen bei meinen Analysen veranlaßten; die
                              									hauptsächlichste Veränderung bestund in einer reichlich grünen
                              									Färbung, deren Bedingungen und Ursache ich nachforschte und die
                              									mir seitdem zum sichern Leitfaden bei der Ausscheidung der sie
                              									veranlassenden Substanz diente. Es wird dieß wohl einleuchten,
                              									wenn man steht, wie diese krystallinische Substanz, welche in
                              									ihrem natürlichen Zustande im Eiweißkörper des Kaffees weiß ist,
                              									einem 5000mal so großen Gewicht einer wässerigen oder
                              									alkoholischen Flüssigkeit eine grüne Farbe ertheilt.
                           Durch einen einfachen Versuch kann man sich hievon überzeugen:
                              									setzt man einer schwachen, beinahe ungefärbten Auflösung
                              									normalen Kaffees einige Tropfen Ammoniak zu, so nimmt sie
                              									augenblicklich eine gelbe Färbung an, die allmählich in ein
                              									immer intensiveres, ins Blaue stechendes Grün übergeht; zuerst
                              									geschieht dieß an der der Luft ausgesetzten Oberfläche und dann
                              									setzt es sich immer weiter bis zum Boden des Gefäßes fort. Diese
                              									merkwürdige Eigenschaft läßt sich vielleicht vortheilhaft zum
                              									Färben von Flüssigkeiten und Eßwaaren anwenden, wodurch alle
                              									Gefahren gewisser Farbstoffe beseitigt wären.
                           Ich werde in der zweiten (später erscheinenden) Abtheilung dieser
                              									Abhandlung mehrere andere Färbungen dieser neuen Verbindung
                              									unter dem Einfluß verschiedener Agentien beschreiben und ein
                              									Verfahren zur directen Abscheidung des Caffeïns in
                              									wenigstens eben so reinem Zustande als es je dargestellt wurde,
                              									wobei es einen Stickstoffgehalt von 30 Proc. hat,
                              									mittheilen.
                           Eine vorläufige Untersuchung unter dem Mikroskop gab folgendes zu
                              									erkennen:
                           Die (der Auflösung) widerstehende Masse von hornartigem Ansehen,
                              									welche den Eiweißkörper (périsperme, endosperme) dieser ihrer
                              									Fruchthülle beraubten Samen bildet, bietet ein Gewebe
                              									nebeneinanderliegender Zellen mit dichten Wandungen dar, in
                              									welchem unter sich verbundene unregelmäßige Räume ausgehöhlt
                              									sind, wodurch sich die Möglichkeit der Erschöpfung des bloß
                              									zerstoßenen Kaffees und der Verlust erklären läßt, welchen ein
                              									zufälliges Unterwasserkommen der Körner veranlassen kann.
                           Die aus ihrem Zusammenhang gebrachten dichten Wände nehmen durch
                              									Jod jene, die Zellensubstanz bezeichnende, indigblaue Färbung an
                              									und liefern sodann eine Dextrin enthaltende gummiartige
                              									Auflösung. Die aneinander haftenden organischen
                              									stickstoffhaltigen Körperchen, welche durch Jod orangeroth
                              									gefärbt werden, enthalten 1) ein peripherisches Häutchen,
                              									welches in allen ihren Falten die Oberflächen des Eiweißkörpers
                              										(périsperme) bedeckt; 2)
                              									schwammige Membranen, welche alle epidermischen Zellen ausfüllen
                              									und ölige, gefärbte Stoffe enthalten; 3) in den mehr nach innen
                              									gelegenen Zellen ähnliche körnige Körperchen, welche
                              									Fettsubstanz enthalten; 4) endlich blättrige Membranen in den
                              									Zellenzwischenräumen (méats
                                 										intercellulaires). Vor der Aufhebung des Zusammenhangs
                              									der dichten Wandungen, der Zellen des Eiweißkörpers, gibt eine
                              									eigenthümliche gelbe Farbe die Gegenwart einer das Zellgewebe
                              									ausfüllenden (injectant)
                              									stickstoffhaltigen Materie kund.
                           Um mich zu überzeugen, ob sich wirklich keine andere
                              									stickstoffhaltige Substanz als das Caffeïn im
                              									Kaffeedecoct befinde, versuchte ich die Mengenverhältnisse und
                              									elementare Zusammensetzung der aus dem Kaffee im Normalzustande,
                              									sowie nach einem mehr oder weniger weit vorangeschrittenen
                              									Rösten (Brennen) desselben, mittelst kalten und siedenden
                              									Wassers ausgezogenen Substanzen zu bestimmen.
                           Durch Austrocknen, Erschöpfen mit kaltem und dann mit siedendem
                              									Wasser, lieferte mittelst der Feile zertheilter, normaler
                              									Martinique-Kaffee 40 Proc. aufgelöste Substanzen, ll 1/2
                              									Proc. hygroskopisches Wasser und 48 1/2 Proc. unlösliche
                              									Materie.
                           Da die unaufgelöste Materie nichts enthält, als 4 Proc. farblosen
                              									fetten Oeles, stickstoffhaltige organische Körper, ferner Spuren
                              									von Cafeïn, Legumin und mineralischer Verbindungen, so
                              									ist daraus zu ersehen, daß der größte Theil der in dem Gewebe
                              									enthaltenen Substanzen in die Auflösung übergegangen war.
                           Um zu erfahren, ob sich die durch Filtriren siedenden Wassers
                              									über gehörig gerösteten Kaffee erhaltene Flüssigkeit eben so
                              									verhält, untersuchte ich den Einfluß des Röstens auf das Volum
                              									und Gewicht des Kaffees, dann die
                              									Elementar-Zusammensetzung der vom Wasser ausgezogenen
                              									Theile im Vergleich mit jener der Decoct-Extracte.
                           Der bis zu einer schwach rothen Färbung geröstete Kaffee behält
                              									am meisten Aroma und das größte Gewicht, entwickelt aber weniger
                              										Farbstoff; 100 Gewichtstheile verlieren durch ein solches
                              									Rösten 15, reduciren sich also auf 85; 100 Volumtheile erlangen
                              									bei derselben Operation ein Volum = 130.
                           Ein weiter fortgesetztes Rösten erzeugt eine kastanienbraune
                              									Farbe, nähert sich am meisten dem gewöhnlichen Grade der Röstung
                              									und entspricht einem Gewichtsverlust von 20 Proc. – Die
                              									Volumzunahme verhält sich dann wie 100 : 153. Diese bedeutende
                              									Aufschwellung erklärt sich durch die Eigenschaft der zwischen
                              									dem Gewebe eingeschlossenen stickstoffhaltigen Materien, sich in
                              									der Hitze aufzublähen.
                           Wird der Kaffee noch weiter erhitzt, so daß er eine braune Farbe
                              									und einen firnißartigen Ueberzug der Körner annimmt, so steigt
                              									der Gewichtsverlust bis auf 25 Proc.
                           Der Einfluß dieses Gewichtsverlustes auf die Mengenverhältnisse
                              									der stickstoffhaltigen Materien ist aus folgender Tabelle
                              									ersichtlich:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 101, S. 282
                              Wasser;
                                 										Procente Asche, trocken;
                                 										Stickstoff in 100 Theilen; natürl. Zustand; ausgetrocknet;
                                 										organ. Materien; Stickstoff in 75 Theilen gerösteten
                                 										Kaffees. Kaffee; A. Bourbon; B. Martinique; C. Mokka; Gerösteter Kaffee
                                 										(welcher 25 Proc. verloren hatte).
                              
                           Es ist aus dieser Tabelle zu ersehen daß, da 100 Theile normalen
                              									Kaffees, welche 2,45 Stickstoff enthalten, 75 Theile braun
                              									gerösteten Kaffees gaben, welcher nur 1,77 Stickstoff enthielt,
                              									der Verlust an Stickstoff oder äquivalenten organischen Stoffen
                              									= 0,68 ist.
                           Dieser Verlust an stickstoffhaltigen Substanzen beträgt also mehr
                              									als ein Viertheil der ganzen Quantität. Um aber den wirklichen
                              									Werth desselben zu ermitteln, mußte das Mengenverhältniß der im
                              									siedenden Wasser bei jedem Grad der Röstung auflöslichen Theile
                              									ermittelt werden.
                           100 Theile des braunen Kaffees ließen auflösen 39,25; 100 Theile
                              									des kastanienbraunen 37,10; 100 Theile des rothen Kaffees
                              									37,00.
                           Der Vorzug gebührte sonach dem Producte der schwächsten Röstung
                              									indem der Verlust an auflöslicher Substanz so ziemlich gleich
                              									seyn würde dem Gewichtsverlust = 25 : 15.
                           
                           Doch erschien es zweckmäßig, die Vergleichung noch auf einem
                              									andern Weg anzustellen. Gewöhnlich erschöpft man den Kaffee
                              									nicht, um keine zu schwache Auflösung zu erhalten. Sonach wie
                              									bei der gewöhnlichen Kaffee-Bereitung verfahrend,
                              									filtrirte ich über 100 Gramme einer jeden gemahlenen Kaffeesorte
                              									1 Liter siedenden Wassers und erhielt folgende Resultate.
                           Brauner Kaffee 16,15; kastanienbrauner 19; rother Kaffee 25.
                           Eine einzige Filtration extrahirt also aus dem rothen Kaffee um
                              									die Hälfte mehr als aus dem braunen, und um ein Viertheil mehr
                              									als der kastanienbraune auflösen läßt.
                           Die Unterschiede hinsichtlich des Mengenverhältnisses des
                              									ätherischen Oels oder des Aromas verhalten sich eben so;
                              									überdieß entwickelt das Rösten bis zur braunen Farbe, indem die
                              									stickstoffhaltigen organischen Materien eine zu große
                              									Veränderung dabei erleiden, empyreumatische, unangenehm
                              									riechende Oele.
                           Es sind nun noch der wässerige Aufguß und die gebräuchlichen
                              									Gemische hinsichtlich ihrer nährenden Eigenschaften zu
                              									betrachten.
                           Folgendes sind die Resultate dieser Untersuchungen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 101, S. 283
                              Art des
                                 										gerösteten Kaffees; Aequivalente der Extracte an Stickstoff
                                 										oder stickstoffhaltigen Substanzen; In 100 Th. trockenem
                                 										Extr.; mineralische Substz.; Stickstoff; stickstoffhaltige
                                 										Substanz.; Extract; Im Lit. d. Aufgusses; Stickstoff;
                                 										stickstoffhaltige Substanz; Brauner Kaffe; Kastanienbrauner
                                 										Kaffee
                              
                           Man wird bemerken, daß die Extracte im Mittel ein Viertheil ihres
                              									Gewichtes an stickstoffhaltigen Substanzen enthalten und das
                              									Uebrige aus zur Ernährung nützlichen Salzen, zuckerartigen
                              									Stoffen, Fettsubstanzen, einem bittern Princip und einem
                              									aromatischen ätherischen Oel besteht; eine solche
                              									Zusammensetzung kann unstreitig als nahrhaft betrachtet
                              									werden.
                           Da das Mengenverhältniß mehrerer Bestandtheile im Aufguß des
                              									mindest stark gerösteten Kaffees größer ist, so ist daraus zu
                              									ersehen, daß sowohl in dieser Hinsicht, als in der noch
                              									wichtigern des Aromas, der schwächern Röstung der Vorzug zu
                              									geben ist.
                           
                        
                           
                           Vergleichung der nährenden
                                 										Eigenschaften.Bei der Angabe der Eigenschaften einer der vorzüglichsten
                                    											im Aufguß vollkommen löslichen quaternären Verbindungen
                                    											werden wir deren wahrscheinliche Wirkungen erörtern.
                           Wenn der aus 100 Grammen Kaffee auf 1 Liter Wasser bereitete
                              									Aufguß 20 Gramme nahrhafte Substanzen enthält, so entspräche er
                              									dreimal so viel fester Substanz als ein Liter Flüssigkeit,
                              									welche durch Infusion von 20 Grammen Thee (nach Peligot) erhalten wurde und mehr als
                              									zweimal so viel stickstoffhaltiger Substanz. Es ist folglich
                              									einleuchtend, daß der mit Wasser bereitete sogenannte schwarze Kaffee, welcher in Italien
                              									und Aegypten so häufig genossen wird, von nährender Wirkung ist,
                              									bei welcher noch die ausnehmend stimulirende Eigenschaft dieses
                              									angenehmen Getränkes mithilft.
                           Stellen wir den Vergleich mit Berücksichtigung des Einflusses der
                              									Milch an, welche man fast allgemein bei der Morgenmahlzeit dem
                              									Kaffee zusetzt, gleiche Raumtheile Kaffee und Milch
                              									vorausgesetzt, so erhalten wir.
                           
                              
                                 
                                 Feste Substanz
                                 Stickstoffhaltige    
                                    											Substanz
                                   Salzige
                                    											undFettsubstanzen  und
                                    											Zucker
                                 
                              
                                 In 1/2 Liter
                                    											Kaffee
                                       
                                    											9,5
                                         4,53
                                       
                                    											4,97
                                 
                              
                                 In 1/2 Liter
                                    											Milch
                                     
                                    											70,0
                                       45,00
                                     
                                    											25,00
                                 
                              
                                 Zucker im Mittel
                                     
                                    											75,0
                                         
                                    											–
                                     
                                    											75,00
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                    154,5
                                       49,53
                                    104,97
                                 
                              
                           Diese nahrhafte Flüssigkeit würde sechsmal so viel feste und
                              									dreimal so viel stickstoffhaltige Substanz repräsentiren als
                              									Fleischbrühe.
                           Das Verhältniß würde sich hinsichtlich des Zuckers, wie man ihn
                              									zum schwächern Kaffeeaufguß nimmt, nicht merklich ändern. Die
                              									Einfuhr jedes Centners Kaffees in Frankreich hat demnach
                              									wahrscheinlich die Consumtion von 150 Pfd. Zucker zur Folge.
                           Man kann ohne Zweifel annehmen, daß der Kaffee nährende
                              									Eigenschaften besitzt; sein vorzüglichster Werth aber beruht auf
                              									dem Geschmack, dem angenehmen Aroma und der stimulirenden
                              									(reizenden) Kraft, welche er in seinem zwanzigfachen Gewicht
                              									Flüssigkeit entwickeln und auf ein eben so
                              									großes Volum fester nahrhafter, aber nicht sehr schmackhafter
                              									Substanz übertragen kann.
                           Cichorien-Kaffee. – Die Cichorie, welche
                              									anfangs angewandt wurde, weil man den Preis des ächten Kaffees
                              									nicht zu zahlen vermochte und an welche sich die Consumenten nun
                              									gewöhnt haben, steigerte die Ansprüche vieler Leute auf die
                              									Intensität der Farbe des Kaffee-Aufgusses und veranlaßte
                              									die üble Gewohnheit, den ächten Kaffee zu stark zu brennen und
                              									ihn so zu erhitzen, daß er den größten Theil seines Aromas
                              									verliert. Ein anderer, auf derselben Ursache beruhender Gebrauch
                              									besteht im Zusetzen von Cichorie zum Kaffee, um die Farbe des
                              									letztern dunkler zu machen; diese Beimengung hat nun aber
                              									wirklich zur Folge, daß der Geschmack, um dessentwillen das
                              									exotische Product ursprünglich so beliebt wurde, sehr darunter
                              									leidet.
                           Wir wollten jedoch sehen, was sowohl das Extract, welches das
                              									Wasser aus der gepulverten Cichorie erster und zweiter Qualität
                              									aufnehmen kann, als auch das bloß hinsichtlich der Farbe mit dem
                              									Kaffee vergleichbare Decoct an fester Substanz und
                              									stickstoffhaltiger Substanz repräsentirt.
                           
                              
                                 
                                 Hygroskopisches      Wasser.
                                 Rückstand der
                                    											Einäscherung.
                                 Extract mittelstheißen
                                    											Wassers.
                                 
                              
                                 100 Theile gemahlener
                                    											Cichorie in Pakets,   1ster Qualität,
                                    											geben...
                                       
                                    											10,11
                                 
                                    											        8,9
                                       
                                    											72,3
                                 
                              
                                 100 Theile gemahlener
                                    											Cichorie in Pakets,   2ter Qualität,
                                    											geben...
                                       
                                    											10,00
                                       36,8
                                       
                                    											48,5
                                 
                              
                           Die Verschiedenheit der Aschen beider Sorten beruht auf dem
                              									starken Zusatz erdiger Substanzen zur ersten Sorte, um die
                              									zweite daraus zu machen.Die zu diesen Gemengen verwendeten Rückstände sind sehr
                                    											verschieden; bald sind es die erdigen Abfälle beim
                                    											Mundiren der Wurzeln, bald ist es gepulverter Torf, oft
                                    											auch erschöpfter Sah vom ächten Kaffee.
                              								
                           Beide Sorten enthalten mehr auflösliches Extract als der Kaffee,
                              									was den scharfen Geschmack und die Intensität der Farbe des
                              									braunen Cichorien-Decocts erhöht.
                           
                           Obwohl man die Cichorie ihrer auflöslichen Theile ganz erschöpfen
                              									könnte (indem man hiebei nicht zu befürchten hätte, ihr Aroma zu
                              									verlieren), glaubten wir doch wie gewöhnlich verfahren, und die
                              									von 1 Liter siedenden Wassers, welches man durch 100 Gramme
                              									Cichorie laufen ließ, aufgelösten Quantitäten bestimmen zu
                              									müssen.
                           
                              
                                 
                                   Extractin 1
                                    											Liter.
                                   Stickstoff
                                    											indiesem Extract.
                                 
                                    											Aequivalentestickstoffhaltige  
                                    											Substanz.
                                 
                              
                                 100 Gramme Cichorie
                                    											1ster Qualität
                                     35
                                       0,571
                                       3,55
                                 
                              
                           Das Decoct wurde hierauf hinsichtlich seiner Dichtigkeit und der
                              									Intensität seiner Farbe mit den verschiedenen, ebenfalls
                              									mittelst Hindurchfiltrirens eines Liters Wasser erhaltenen
                              									Kaffee-Aufgüssen verglichen.
                           
                              
                                 
                                 Grade nach  
                                    											Baumé.
                                 Intensität am
                                    											Colorimeter.
                                 
                              
                                 100 Gr.
                                    											Martinique-Kaffee (von brauner Farbe,
                                    											   bei 25 Proc. Verlust)
                                      1,25
                                       108
                                 
                              
                                 100 Gr.
                                    											Martinique-Kaffee (von kastanienbrauner
                                    											   Farbe, bei 20 Proc. Verlust)
                                      1,50
                                       100
                                 
                              
                                 100 Gr.
                                    											Martinique-Kaffe (von rother Farbe, bei
                                    											   15 Proc. Verlust)
                                      1,55
                                 
                                    											        60
                                 
                              
                                 100 Gr. Cichorie 1ster
                                    											Sorte
                                     
                                    											2,50
                                       150
                                 
                              
                           Die Dichtigkeit und Färbung des letztern Decocts waren zu groß;
                              									werden sie auf den Mittlern Betrag des kastanienbraun gerösteten
                              									Kaffees reducirt, so erhält man folgende Zahlen.
                           
                              
                                 
                                 Aräometer-  
                                    											Grad.
                                 Intensität
                                    											am  Colorimet.
                                       
                                    											In 1 Literaufgelöste Substanz
                                 Stickstoff
                                   Aequivalentestickstoffhaltige    Substanz
                                 
                              
                                 Cichorien-Decoct
                                    											von 1 Liter   Wasser auf 66
                                    											Gramme
                                     1,60
                                       100
                                         23,34
                                    0,382
                                         2,36
                                 
                              
                           
                           Bei gleicher Farbe und Dichtigkeit also würde die Auflösung von
                              									Cichorie weniger stickstoffhaltige Substanz enthalten als der
                              									Kaffee-Aufguß; zu diesem Umstand kommt aber noch der
                              									bedeutende Unterschied, welcher zwischen dieser alles angenehmen
                              									Geruchs und Geschmacks ermangelnden Flüssigkeit und dem
                              									Kaffee-Aufguß obwaltet, dessen stimulirende
                              									Eigenschaften, köstlicher Geschmack und Wohlgeruch seinen Werth
                              									so sehr erhöhen; gerade das Aroma, welches in der Regel den
                              									Instinct der Thiere der ihnen zuträglichen Nahrung zuführt,
                              									behauptet nach meiner Ansicht einen der ersten Plätze unter den
                              									Bedingungen eines angenehmen und gesunden Nahrungsmittels.
                           Da sich nun diese Vergleichung für unser inländisches Product so
                              									ungünstig herausstellt, so muß sich jedem die Frage aufdrängen,
                              									ob nicht das Interesse unserer Landwirthschaft hiefür einige
                              									Ausgleichung darböte. Ich glaube aber nicht; denn der
                              									Cichorien-Anbau gewährt kaum mehr Nutzen als der Ertrag
                              									unter guten Umständen angebauter Luzerne oder Klees; denn weit
                              									entfernt einen dem Werth ihrer Wurzeln gleichkommenden Dünger im
                              									Boden zurückzulassen, wie diese, nehmen sie denselben vielmehr
                              									offenbar mit fort. Unsere Landwirthe im Norden haben hieß ohne
                              									Zweifel wohl eingesehen, indem sie den Belgiern und Deutschen
                              									unsern innern Markt hinsichtlich dieses Artikels nicht streitig
                              									zu machen suchen, wovon bei einem Eingangszoll von ungefähr 6
                              									Proc. im Jahr 1844 nicht weniger als 786,000 Kilogr. eingeführt
                              									wurden. Wahrscheinlich theilen sie unsere Ansicht, daß mit einem
                              									ausgedehnten Gebrauch des Kaffees ein größerer Nutzen für sie
                              									verknüpft ist, indem die Consumtion dieses Products nicht
                              									zunehmen kann, ohne daß dadurch auch unsere Zuckerfabriken,
                              									sowohl die des Mutterlandes als der Colonien, zu größerer
                              									Entwickelung kommen.