| Titel: | Ueber einige Farben-Extracte, welche in der Reichsgräflich Lippe'schen Extractfabrik zu Wittingau in Böhmen verfertigt werden, und deren vortheilhafte Verwendung in der Druck- und Färbekunst; von Dr. W. H. v. Kurrer. | 
| Autor: | Dr. Wilhelm Heinrich Kurrer [GND] | 
| Fundstelle: | Band 101, Jahrgang 1846, Nr. LXIV., S. 301 | 
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                        LXIV.
                        Ueber einige
                           								Farben-Extracte, welche in der Reichsgräflich Lippe'schen
                           								Extractfabrik zu Wittingau in Böhmen verfertigt werden, und deren
                           								vortheilhafte Verwendung in der Druck- und Färbekunst; von
                           								Dr. W. H. v. Kurrer.
                        v. Kurrer, über einige
                           								Farben-Extracte.
                        
                     
                        
                           A. Von dem
                                 										Rhamnin-Extract.
                           Unter der Benennung Rhamnin-Extract wird ein gelbfärbendes
                              									Pigment dargeboten, welches als Ersatzmittel für die theuren
                              									orientalischen Gelb- oder Kreuzbeeren in den
                              									Druck- und Färbereien mit großem Vortheil
                              									verwendet werden kann. Dieser Extract ist das Product einiger
                              									einheimischen gelbfärbenden Pflanzen und erscheint in dicker
                              									syrupartiger Consistenz mit beiläufig nur 20 Proc.
                              									Wassergehalt.
                           Um die fremdartigen Beimengungen, welche der Darstellung einer
                              									reinen gelben Farbe hinderlich sind, zu beseitigen, habe ich die
                              									Schwefelsäure als das beste Mittel gefunden. Fällungen mit
                              									thierischem Leim, mit Eiweiß, mit Aetzkalk oder Behandeln mit
                              									Weizenkleie lieferten mir weniger befriedigende Resultate, so
                              									daß ich die Schwefelsäure als dasjenige Agens erkenne, welches
                              									am geeignetsten seyn dürfte mit dem Rhamninpigment, wenn
                              									dasselbe in Gesellschaft mit mehr oder weniger Gelbbeerenpigment
                              									verwendet wird, die besten und dauerhaftesten, gelben und
                              									grünen, Dampffarben für den Baumwollen-,
                              									Halbwollen- und Mousselin de
                                 										laine-Druck zu liefern, weil ohne einen
                              									verhältnißmäßigen Zusatz von Gelbbeerenpigment nie ein ganz
                              									genügendes Resultat zu erzielen ist.
                           Nach mancherlei Versuchen habe ich ein Verfahren ermittelt, mit
                              									Rhamnin-Extract in verhältnißmäßiger Verbindung mit
                              									Gelbbeerenabsud Dampf- und Applicationsdruckfarben
                              									darzustellen, die in Beziehung auf Solidität und Lebhaftigkeit
                              									nicht hinter solchen stehen, welche bis jetzt mit dem gelben
                              									Farbstoff der Gelbbeeren meist allein, öfters auch in
                              									Gesellschaft von Gelbholz und Quercitronextract erzeugt werden.
                              									Mein Verfahren dergleichen Farben darzustellen, besteht in
                              									folgendem:
                           
                              Fällung der fremdartigen Bestandtheile
                                    											aus dem Rhamnin-Extract durch
                                    										Schwefelsäure.
                              
                                 
                                      4
                                       												1/4
                                    Pfd. Rhamnin-Extract
                                       												werden in einem kupfernen Kessel überdem Feuer
                                       												in
                                    
                                 
                                    20 3/4
                                    Pfd. Wasser gelöst; nach der
                                       												Auflösung bei 55° R. Wärme
                                    
                                 
                                    16
                                    Loth weiße, nicht rauchende
                                       												Schwefelsäure mit
                                    
                                 
                                    16
                                    Loth Wasser verschwächt, die
                                       												verdünnte Säure unter beständigemUmrühren nach
                                       												und nach in die Extractauflösung eingerührt,
                                       												inhölzerne oder steinerne Gefäße ausgegossen,
                                       												erkaltet, über Nachtstehen gelassen, wonach den
                                       												andern Tag die obenstehendeFlüssigkeit, mit
                                       												Wasser bis auf 6° Baumé verschwächt,
                                       												für denGebrauch der Farben verwendet
                                       												wird.
                                    
                                 
                              Bei dieser Operation verbindet sich die Schwefelsäure mit den
                                 										fremdartigen Bestandtheilen, schlägt sich damit zu Boden,
                                 										und es bleibt in der überstehenden Flüssigkeit das reinere
                                 										Pigment aufgelöst zurück. Durch die Verbindung der
                                 										Schwefelsäure mit den fremdartigen Bestandtheilen wird erstere so vollkommen gebunden, daß jede nachtheilige
                                 										Wirkung auf die Faser der baumwollenen Gewebe aufgehoben
                                 										wird.
                              
                           
                              Verwendung des durch Schwefelsäure
                                    											gereinigten Rhamnin-Extracts für Dampfgelb,
                                    											Dampfgrün und Aetz- oder Beizgelb für
                                    											Baumwollgewebe.
                              Im Dampffarbendruck bedient man sich bald einer goldgelben,
                                 										bald einer mehr ins Orange übergehenden Farbe. Diese beiden
                                 										Farben werden auf folgende Weise zusammengesetzt.
                              Goldgelb.
                              
                                 
                                      1
                                    Maaß
                                       												Rhamnin-Extract-Brühe, 6°
                                       												Baumé,
                                    
                                 
                                      1/4
                                    Maaß Gelbbeerenbrühe, 4°
                                       												B. mit
                                    
                                 
                                    10
                                    Loth Weizenstärke
                                       												angerührt.
                                    
                                 
                                      8
                                    Loth gepulverter eisenfreier
                                       												Alaun in 1/8 Maaß heißem Wasser gelöst,
                                       												diefreie Säure des Alauns mit 1 Loth
                                       												essigsaurem Natron neutralisirt in dieFarbe
                                       												gegeben, dann verkocht, kalt gerührt,
                                    
                                 
                                      2
                                    Loth reines Zinnsalz in wenig
                                       												Wasser gelöst, dann die freie Säure mit1/2 Loth
                                       												essigsaurem Natron abgestumpft und die gelbe Farbe
                                       												damitgeschärft.
                                    
                                 
                              Statt dem Alaun kann man auch 3/8 Maaß essigsaure Thonerde
                                 										von 10° B. nehmen und nach dem Erkalten die Farbe mit
                                 										1 1/2 Loth abgestumpftem Zinnsalz schärfen. Flüssiges
                                 										Zinnchlorür mit essigsaurem Natron neutralisirt, läßt sich
                                 										ebenfalls statt krystallisirtem Zinnsalz verwenden.
                              Dampfgelb mehr in Orangefarbe
                                    											übergehend.
                              
                                 
                                    1
                                    Maaß Rhamninbrühe, 6°
                                       												B.,
                                    
                                 
                                    1/2
                                    Maaß Gelbbeerenbrühe, 4°
                                       												B., mit
                                    
                                 
                                    12
                                    Loth Weizenstärke angerührt,
                                       												dann
                                    
                                 
                                    8
                                    Loth Alaun wie vorhin
                                       												abgestumpft und die Farbe nach dem Erkalten
                                       												mit
                                    
                                 
                                    1 1/2
                                    Loth Zinnsalz in wenig Wasser
                                       												gelöst, mit 1/2 Loth essigsaurem
                                       												Natronneutralisirt, geschärft. Statt Alaun kann
                                       												man auch 3/8 Maaß essigsaureThonerde nehmen und
                                       												1 1/2 Loth abgestumpftes Zinnsalz
                                       												beibehalten.Abgestumpftes, flüssiges
                                       												Zinnchlorür läßt sich ebenfalls statt
                                       												Zinnsalzverwenden, wenn 2 Loth desselben in
                                       												Anwendung gebracht werden
                                    
                                 
                              Für dampfgrüne Farben ist die Zusammensetzung folgende:
                              Dampfgrasgrün.
                              
                                 
                                    1/2
                                    Maaß Rhamninbrühe, 6°
                                       												B.,
                                    
                                 
                                    1/2
                                    Maaß Gelbbeerenbrühe, 4°
                                       												B.,
                                    
                                 
                                    1/8
                                    Maaß Wasser,
                                    
                                 
                                    1/4
                                    Maaß essigsaure Thonerde,
                                       												10° B.,
                                    
                                 
                                    10
                                    Loth gepulvertes blausaures
                                       												Kali,
                                    
                                 
                              
                              
                                 
                                      3
                                    Loth gepulvertes Kleesalz,
                                       												werden über dem Feuer warm gemacht, wenn
                                       												dieSalze aufgelöst, mit 28 Loth fein
                                       												gepulvertem Gummi verdickt, kalt mit2 Loth der
                                       												untenstehenden Zinnauflösung geschärft.
                                    
                                 
                              Dampfgrün mit einem Stich ins
                                    											Bläuliche.
                              
                                 
                                    1/2
                                    Maaß Rhamninbrühe, 6°
                                       												B.,
                                    
                                 
                                    1/4
                                    Maaß Gelbbeerenbrühe, 4°
                                       												B.,
                                    
                                 
                                    1/8
                                    Maaß Wasser,
                                    
                                 
                                    1/4
                                    Maaß essigsaure Thonerde,
                                       												10° B.,
                                    
                                 
                                     8
                                    Loth gepulvertes blausaures
                                       												Kali,
                                    
                                 
                                     3
                                    Loth gepulvertes Kleesalz
                                       												werden über dem Feuer warm gemacht, wenn
                                       												dieSalze aufgelöst, mit 24 Loth fein
                                       												gepulvertem Gummi verdickt, dann ganzerkaltet
                                       												mit 2 Loth der nachstehenden Zinnauflösung
                                       												geschärft.
                                    
                                 
                              Zinnauflösung für dampfgrüne
                                    											Farben.
                              
                                 
                                    In
                                      3
                                    Pfd. Salpetersäure, 34°
                                       												B., mit
                                    
                                 
                                    
                                    16
                                    Loth Wasser verdünnt,
                                       												wird
                                    
                                 
                                    
                                      4
                                    Pfd. krystallisirtes reines
                                       												Zinnsalz aufgelöst.
                                    
                                 
                              Manipulation.
                              Die bereiteten Dampffarben läßt man zur innigen Vereinigung
                                 										des Pigments mit den Salzen über Nacht stehen, druckt sie
                                 										den andern Tag, hängt die gedruckte Waare 24 bis 36 Stunden
                                 										auf, dämpft 25 Minuten lang, hängt wieder über Nacht auf,
                                 										wonach die gedruckte Waare eine halbe Stunde im Fluß
                                 										eingehangen, geschweift, leicht überdroschen, wieder
                                 										geschweift, ausgewunden und im Schatten abgetrocknet
                                 										wird.
                              Die mit Rhamnin-Extract dargestellten gelben und
                                 										grünen Farben zeichnen sich durch eine viel größere Dauerhaftigkeit aus, als die mit
                                 										Gelbbeeren allein, oder mit Gelbbeeren und Gelbholz oder
                                 										Quercitronextract erzeugten.
                              Für mit Zinnbasis vorbereitete weiße baumwollene Gewebe, wo
                                 										alle Farben für die Bildung des Musters bloß eingedämpft und
                                 										nicht gefärbt werden, kann man sich ebenfalls der gelben und
                                 										grünen Dampffarben, wie für den Eindruck zuvor in Krapp
                                 										gefärbter Waare bedienen.
                              Aetz- oder Beizgelb um
                                 										Oliven- und andere Böden gelb zu ätzen
                              
                                 
                                    1 1/2
                                    Maaß Rhamninbrühe, 6°
                                       												B.,
                                    
                                 
                                      1/2
                                    Maaß Gelbbeerenbrühe, 4°
                                       												B., mit
                                    
                                 
                                      16
                                    Loth Weizenstärke verkocht,
                                       												kalt gerührt und mit 16 bis 24 Loth Zinnsalz,je
                                       												nach der Tiefe der Grundfarbe, die zu ätzen ist,
                                       												geschärft.
                                    
                                 
                              
                           
                              
                              Verwendung des mit Schwefelsäure
                                    											behandelten Rhamnin-Extracts im Chaine
                                    											Coton- und Mousseline de
                                    										laine-Druck.
                              Für Chaine Coton-Waare, in welcher die Kette aus
                                 										Baumwolle und der Schuß aus Schafwolle besteht, können die
                                 										gelben Dampffarben, welche im Baumwollendruck dienen,
                                 										ebenfalls verwendet werden, wogegen die grüne Farbe der
                                 										Baumwoll- und Wollenfaser zugleich entsprechend mit
                                 										blausaurem Kali und Indigo-Carmin (Bleu soluble) auf folgende Art
                                 										dargestellt wird.
                              Es wird eine Mischung von
                              
                                 
                                     1/2
                                    Maaß Rhamninbrühe, 6°
                                       												B., mit
                                    
                                 
                                     1/2
                                    Maaß Gelbbeerenbrühe, 4°
                                       												B. gemacht, in welcher
                                    
                                 
                                      4
                                    Loth Indigo-Carmin
                                       												gleichförmig zertheilt werden. In der einen
                                       												Hälftedieser Auflösung werden
                                    
                                 
                                      8
                                    Loth gepulvertes blausaures
                                       												Kali gelöst und mit
                                    
                                 
                                    24
                                    Loth fein gepulvertem Gummi
                                       												verdickt. In der andern Hälfte werden
                                    
                                 
                                      8
                                    Loth gepulverter eisenfreier
                                       												Alaun gelöst, alsdann beide
                                       												Auflösungenzusammengebracht, und nach
                                       												gänzlichem Erkalten die Farbe mit
                                    
                                 
                                    1 1/2
                                    Loth Schwefelsäure und zuletzt
                                       												mit
                                    
                                 
                                     1/2
                                    Loth salzsaurem Zinnoxyd
                                       												(Zinnchlorid) geschärft.
                                    
                                 
                              Je mehr Indigo-Carmin hinzugegeben wird, um so dunkler
                                 										erscheint die grüne Farbe. Die gedruckte halbwollene Waare
                                 										wird 30 Minuten lang gedämpft.
                              
                           
                              Dampffarben für ganz schafwollene
                                    											Stoffe.
                              Für ganz schafwollene Stoffe (Mousseline de laine) werden die Druckfarben auf
                                 										folgende Weise dargestellt.
                              Schönes reines Dampfgelb.
                              
                                 
                                      3/4
                                    Maaß Rhamninbrühe, 6°
                                       												B.,
                                    
                                 
                                      1/4
                                    Maaß Gelbbeerenbrühe, 4°
                                       												B., mit
                                    
                                 
                                      8
                                    Loth Weizenstärke verkocht, vom
                                       												Feuer genommen und noch lauwarm
                                    
                                 
                                    12
                                    Loth gepulverter eisenfreier
                                       												Alaun eingerührt. Noch lebhafter und
                                       												intensivererscheint die gelbe Farbe, wenn
                                       												derselben nur 8 Loth Alaun undnach gänzlichem
                                       												Erkalten 2 Loth mit essigsaurem Natron
                                       												neutralisirtesZinnsalz zugesetzt wird.
                                    
                                 
                              Dampfgrün.
                              
                                 
                                    5/8
                                    Maaß Rhamninbrühe, 6°
                                       												B.,
                                    
                                 
                                    3/8
                                    Maaß Gelbbeerenbrühe, 4°
                                       												B.,
                                    
                                 
                                    1/8
                                    Maaß Wasser,
                                    
                                 
                                    6
                                    Loth Alaun,
                                    
                                 
                                    
                                       
                                       
                                    
                                 
                                    1 1/2
                                    bis 2 Loth Indigo-Carmin
                                       												werden über dem Feuer mit 20 Loth
                                       												feingepulvertem Gummi verdickt, dann ganz
                                       												erkaltet, mit
                                    
                                 
                                    1
                                    Loth Zinnchlorid
                                       												geschärft.
                                    
                                 
                              Je mehr der grünen Farbe im Verhältniß Indigo-Carmin
                                 										zugesetzt wird, um so dunkler e scheint sie.
                              Die gedruckte Mousseline de laine-Waare wird 30
                                 										Minuten lang gedämpft.
                              Der Inhalt einer Maaß Flüssigkeit ist bei der Zusammensetzung
                                 										aller vorstehenden Druckfarben zu 2 Pfd. 28 Loth Wiener
                                 										Gewicht Wasser angenommen. Das Gewicht ist gleichfalls
                                 										Wiener.
                              Schließlich habe ich noch zu bemerken, daß bei Verwendung
                                 										dieses Extracts gegen persische Gelbbeeren bei der
                                 										Darstellung der verschiedenen Druckfarben ein reiner
                                 										Gelbgewinn von 35 bis 50 Proc. resultirt.
                              
                           
                              Anwendung in der Schafwoll- und
                                    											Tuchfärberei.
                              Mit Alaun, Weinstein und Zinnauflösung, oder auch mit
                                 										Scharlach-Composition für sich allein angesottene
                                 										Schafwolle oder Wollentuch nimmt mit dem Rhamninpigment ein
                                 										schönes überaus lebhaftes und dauerhaftes Gelb an, daher es
                                 										für Scharlach, gelbe und grüne Tücher, sowie für alle solche
                                 										Farben zu empfehlen ist, wobei ein Pflanzengelb erforderlich
                                 										wird. Das Rhamningelb fixirt sich mit der Schafwolle viel
                                 										fester als Gelbholz- oder Quercitronpigment und gibt
                                 										daher weit dauerhaftere Farben. Mit Alaun und Weinstein
                                 										allein angesotten, wird hingegen nur eine Nankinfarbe
                                 										erzeugt.
                              Von dem Rhamnin-Extract kosten die 100 Pfd. Wiener
                                 										Gewicht 90 Gulden Conventionsmünze und kann derselbe unter
                                 										der Adresse Hrn. Fabrikdirector Schöne aus der Fabrik in Wittingau direct bezogen
                                 										werden.
                              
                           
                        
                           B. Von dem
                                 										Neu-Catechu.
                           Das sogenannte Neu-Catechu, welches in der Fabrik zu
                              									Wittingau in trockener Gestalt bereitet wird, ist ein
                              									Pflanzenpigment, welches in den Fichten, Tannen und Kieferbäumen
                              									in flüssigem Zustande präexistirt. Als Handelsproduct erscheint
                              									es in Stücken von glänzend schwarzer Farbe, löst sich in heißem
                              									Wasser leicht auf ohne einen Rückstand zu hinterlassen, schmeckt
                              									süßlich-bitter, zusammenziehend, und besteht nach einer in der polytechnischen Anstalt zu Dresden angestellten
                              									Analyse in 100 Theilen aus:
                           
                              
                                 Eisengrünendem
                                    											Gerbstoff
                                 32,2
                                 
                              
                                 Gallussäure
                                 35,0
                                 
                              
                                 Färb- und
                                    											Extractivstoff
                                 18,8
                                 
                              
                                 Rückstand an ungelöster
                                    											Pflanzenfaser
                                 12,0
                                 
                              
                           In der böhmischen encyclopädischen Zeitschrift (daraus im
                              									polytechn. Journal Bd. XCVIII S. 335) befindet sich eine
                              									Abhandlung von Hrn. Professor Balling
                              									über Neu-Catechu und die Verwendung desselben in der
                              									Druck- und Färbekunst, an welche ich hier als Fortsetzung
                              									über diesen Gegenstand meine eigenen darüber kürzlich
                              									unternommenen Versuche im Baumwollendruck anreihe.
                           Das Verfahren, dessen man sich bisher bediente, das
                              									Neu-Catechu in den Kattundruckereien analog dem
                              									ostindischen mit Kupfersalzen und Salmiak versetzt, aufzudrucken
                              									und zur Befestigung der Farbe die gedruckte Waare in einem
                              									sauren chromsauren Kalibade durchzunehmen, hat der gehegten
                              									Erwartung durchaus nicht entsprochen. Durch vergleichende
                              									Versuche habe ich gefunden, daß die mit Kupfersalzen und Salmiak
                              										geschärften
                              									Neu-Catechuaufdruckfarben, wenn sie in einem 45°
                              									R. warmen doppelt-chromsauren Kalibade durchgenommen
                              									werden, viel weniger als die ungeschärften sich in der Farbe dem ostindischen
                              									Catechu nähern und stets nur ein Braun mit einem starken Stich
                              									ins Graue erscheint.
                           Mit ungeschärfter
                              									Neu-Catechubrühe von 8 bis 1 Grad Baumé herab und
                              									mit Gummi oder auch hellgebrannter Stärke Verdikt, lassen sich
                              									hingegen nach meiner Beobachtung von der dunkelsten bis zur
                              									hellsten Abstufung solide braune Farben erzeugen, wenn die damit
                              									bedruckten baumwollenen Gewebe in einem 45° R. warmen
                              									doppelt-chromsauren Kalibade passirt, nachher gleich rein
                              									gewaschen und abgetrocknet werden.
                           Die Farbentöne mit ungeschärftem Neu-Catechu kommen denen
                              									des ostindischen Catechu am nächsten; sie eignen sich ganz
                              									vorzüglich für flache Bandstreifen, Deckmuster und für den so
                              									beliebten irisirten Druck, weil durch dieselben ganz weich
                              									anzufühlende gleichförmige Böden und breite Streifen erhalten
                              									werden, wenn die gedruckte Waare nach 24 Stunden bei 45°
                              									R. Wärme im doppelt-chromsauren Kalibade passirt wird.
                              									Nach der Entwicklung und Befestigung der Farben in diesem Bade
                              									wird sogleich gut gewaschen und abgetrocknet. In solchen
                              									Druckfabricaten lassen sich alsdann Dampfgrün, Dampfblau,
                              									Dampfgelb und Dampfoliven, so wie auch andere Dampf- und
                              									Waschfärben anbringen.
                           
                           Neu-Catechu kosten die 100 Pfd. Wiener Gewicht 14 Gulden
                              									Conventions-Münze. Ein Pfund desselben in 8 Pfd. heißem
                              									Wasser gelöst, liefert 9 Pfd. Flüssigkeit zu 4°
                              									Baumé.
                           Anlangend die Verwendung des Neu-Catechu in der
                              									Schafwollen- und Seidenfärberei sind in einigen
                              									Werkstätten ebenfalls günstige damit unternommen worden, und
                              									zwar in der Schafwollenfärberei zur
                              									Hervorbringung der Drap-, braunen und Olivenfarben; für
                              									helle Drapfarbe grundirt man das Tuch mit Weinstein und färbt
                              									eine Stunde kochend im Neu-Catechubade. Um dunkle
                              									Drapfarben zu erhalten, wird die helle Drapfarbe gelüftet,
                              									nachher in einem Wasserbade, welchem auf 40 Maaß Wasser 2 Loth
                              									Grünspan zugesetzt werden, eine halbe Stunde lang gesotten. Für
                              									Dunkelbraun wird das Tuch mit Weinstein vorbereitet, dann 2
                              									Stunden im Neu-Catechubade gekocht, hernach gerösteter
                              									Eisenvitriol hinzugesetzt, noch eine Stunde gekocht, die
                              									Farbflotte etwas abgekühlt, auf 40 Maaß derselben 1 Loth Soda
                              									zugegeben und abermals eine halbe Stunde lang gekocht. Wenn
                              									statt der Soda Potasche verwendet wird, erhält man eine dunkle
                              									Olivenfarbe.
                           In der Seidenfärberei werden mit dem
                              									Neu-Catechu ins Gelbliche sich neigende silbergraue
                              									Nüancen bis ins Falbgraue übergehend erzielt, wenn auf ein Pfund
                              									Seide 2 Loth Farbmaterial in Anwendung gebracht, die Seide in
                              									der wässerigen Auflösung gebadet und nachher in einem kalten
                              									Wasserbade, dem einige Tropfen Essigsäure zugesetzt,
                              									durchgespült wird. Für steingraue Farbenabstufungen werden auf 1
                              									Pfd. Seide 3 Loth Neu-Catechu genommen, die Seide in der
                              									wässerigen Flüssigkeit gebadet, dann gewaschen und zuletzt in
                              									einem essigsauren Eisenbade gegrünt. Braunschwarz wird erhalten,
                              									wenn dem mit 3 Loth Neu-Catechu bereiteten Bade ein
                              									Zusatz von 3 Loth Alaun, 2 Loth Indigoauflösung und der Decoct
                              									von 2 Loth. Campecheholz zugesetzt wird.
                           
                        
                           C. Von dem
                                 										schwarzen Seidengrund.
                           Der unter dem Namen schwarzer Seidengrund zu Wittingau bereitete
                              									Extract erscheint in trockener Form, ist spröde, leicht brüchig,
                              									von dunkelbräunlich schwarzer Farbe, bitter zusammenziehendem
                              									Geschmack, und in heißem Wasser leicht löslich. Er besteht nach
                              									einem im Laboratorium der polytechnischen Anstalt zu Dresden
                              									angestellten Versuche in 100 Theilen aus:
                           
                              
                                 Eisenbläuendem
                                    											Gerbstoff
                                 45,7
                                 
                              
                                 Gallussäure
                                 15,0
                                 
                              
                                 Färb- und
                                    											Extractivstoff nebst Verlust
                                   8,3
                                 
                              
                                 Rückstand an ungelöster
                                    											Pflanzenfaser
                                 31,3
                                 
                              
                           
                           Der schwarze Seidengrund ist das in concrete Gestalt gebrachte
                              									Product unseres einheimischen Eichensaftes; er wurde wie das
                              									Neu-Catechu durch den fürstlich
                              									Oettingen-Wallerstein'schen technischen Rath Hrn. Rietsch zuerst fabrikmäßig
                              									dargestellt, und bietet ein ganz vorzügliches Ersatzmittel für
                              									die theuern Galläpfel in der Färbekunst, hauptsächlich zum
                              									Schwarzfärben der Seide, so wie auch verschiedener Modefarben
                              									dar.
                           In der Seidenfärberei nimmt er, wie
                              									die Resultate erweisen, welche die ausgezeichnetsten
                              									Seidenfärber in Wien, Leipzig und Dresden damit erhielten, eine
                              									wichtige Rolle besonders beim Schwarzfärben ein, für welches die
                              									geeignetste Basis das holzsaure Eisen ist, womit das schönste
                              									sogenannte Hamburger Schwarz in
                              									ausgezeichnetem Glanz und tiefer dauerhafter Farbe dargestellt
                              									werden kann, wobei die schätzenswerthe Eigenschaft nicht zu
                              									verkennen ist, daß die Gewichtsvermehrung der Seide durchs
                              									Färben gegen Campecheholz 40, gegen Knoppern 6 bis 10 Proc.
                              									beträgt, und wenn zwei Theile schwarzer Seidengrund auf ein
                              									Pfund Seide beim Färben verwendet werden, die Gewichtsvermehrung
                              									noch viel höher gestellt werden kann.
                           Es lassen sich damit in der Seidenfärberei auch schöne Modefarben
                              									von Silberfarb, Isabelle, von Canel bis Lohbraun, dann von
                              									Kastanienbraun bis in dunkel Weichselbraun übergehend
                              									darstellen, wenn 1 Pfd. Seide mit zwei und mehreren Loth
                              									schwarzem Seidengrund kürzere oder längere Zeit gebadet, dann in
                              									einem Wasser durchgenommen werden, dem einige Tropfen Essigsäure
                              									zugesetzt sind. Graue Farben-Abstufungen bis ins tiefste
                              									Schwarz übergehend, erreicht man, wenn 1 Pfd. Seide in einem
                              									Bade mit 5 Loth schwarzem Seidengrund gekocht und nachher mit
                              									holzsaurem Eisen gebeizt wird. Je tiefer man den Ton wünscht, um
                              									so länger muß das Bad und um so concentrirter das Beizbad
                              									angewendet werden.
                           Dieses Farbmaterial zeichnet sich noch dadurch in der
                              									Seidenfärberei vortheilhaft aus, daß damit die sämmtlichen
                              									Modefarben durch schwächere oder stärkere Bäder dargestellt und
                              									mit den hiefür geeigneten Agentien in den Nüancen viel leichter
                              									nach vorgelegten Musterproben zu erreichen sind, als dieses
                              									durch Mischungen anderer Pigmente, z.B. Gelbholz, Fisetholz,
                              									Campecheholz etc. für selbe Farbentöne der Fall ist.
                           Auch in der Schafwollenfärberei wurden
                              									statt der Galläpfel, dem Sumach und den Knoppern glückliche
                              									Versuche gemacht, ein dauerhaftes Schwarz mit dem schwarzen
                              									Seidengrund darzustellen. Ein Schönfärber zu Budweis in Böhmen
                              									färbt in Mitwirkung desselben ein schönes tiefes Schwarz auf
                              									folgende Art: Ein Stück gut gereinigtes Wollentuch
                              									von 36 Wiener Ellen Länge, wird ohne alle Vorbeize in dem Absude
                              									von 5 Pfd. Campecheholz eine Stunde lang angesotten,
                              									herausgenommen, in demselben Bade 2 1/2 Pfd. schwarzer
                              									Seidengrund gelöst, das Tuch wieder hineingebracht, 1 1/2 bis 2
                              									Stunden darin gekocht, und durch Zusatz von 2 Pfd. Eisenvitriol
                              									das Tuch in einem und demselben Bade ausgefärbt.
                           Im Kattundruck habe ich mit dem
                              									schwarzen Seidengrund die nachfolgenden Resultate erhalten:
                           Wenn dieses Farbmaterial mit Wasser auf 4° B. gestellt und
                              									mit Gummi, Salep oder hellgebrannter Stärke Verdikt aufgedruckt,
                              									nachher 24 Stunden lang aufgehangen, alsdann in einem 55°
                              									R. warmen Bade von gleichen Theilen doppelt-chromsaurem
                              									Kali und Kochsalz durchgenommen wird, erhält man eine schöne,
                              									dauerhafte Pamina-Modefarbe.
                           Mit 3, 2 bis 1 Grad starker schwarzer Seidengrundbrühe werden in
                              									dem benannten Bade schöne Abstufungen von Fleischfarbentönen
                              									erhalten, die auf dieselbe Weise wie Neu-Catechu ohne
                              									Schärfung mit Vortheil verwendet werden können, weil die Farben
                              									sich ebenfalls durch große Weichheit und besondere Lüster
                              									auszeichnen, und wie bei Neu-Catechu nachher
                              									Dampf- und Waschfarben angebracht werden können.
                           Ein Pfund trockener schwarzer Seidengrund in 7 Pfd. heißem Wasser
                              									aufgelöst, liefert 8 Pfd. Flüssigkeit von 4° B.
                           Wenn dem Krapp- oder Garancinbade im Verhältniß etwas
                              									schwarzer Seidengrund in Wasser gelöst zugesetzt wird, so
                              									erscheint die schwarze Aufdruckfarbe (essig- oder
                              									holzsaures Eisen) tiefer als ohne Zusatz, ohne daß das Roth
                              									(essigsaure Thonerde) alterirt wird. Das Pigment des Krapps oder
                              									des Garancin schlägt sich dadurch weniger in den weißen Grund
                              									ein, daher beim Färben solcher Fabricate der schwarze
                              									Seidengrund ein Agens darbietet, ein intensives Schwarz zu
                              									erzeugen, ohne einem lebhaften Roth hinderlich zu seyn und der
                              									weiße Grund reiner erhalten bleibt.
                           Schwarzer Seidengrund kosten die 100 Pfd. Wiener Gewicht 24
                              									Gulden Conventionsmünze.