| Titel: | Verbesserungen im Füllen der Zündhütchen; von den HHrn. Gaupilat, Illig, Guindorff und Masse. | 
| Fundstelle: | Band 101, Jahrgang 1846, Nr. LXXXIX., S. 434 | 
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                        LXXXIX.
                        Verbesserungen im Füllen der
                           								Zündhütchen; von den HHrn. Gaupilat, Illig,
                           									Guindorff und Masse.
                        Aus dem Moniteur industriel, 1846 Nr. 1051.
                        Verbesserungen im Füllen der
                           								Zündhütchen.
                        
                     
                        
                           Einbringen des Knallpulvers in die
                                 										kupfernen Hütchen.
                           (Altes Verfahren.)
                           Das bisher allgemein befolgte Verfahren erfordert zwei Werkzeuge
                              									oder Vorrichtungen, wovon eine die Hand (la main), die andere
                              									der zusammengesetzte Trichter (raccord-trémie)
                              									genannt wird.
                           
                           Die Hand ist eine durchlöcherte
                              									Metallplatte, bei welcher die Anzahl und Größe der Löcher nach
                              									Belieben verschieden seyn können, sich aber nach der Größe der
                              									zu verfertigenden Kapseln richten müssen; diese Löcher dienen
                              									zum Aufnehmen der kupfernen Hütchen oder Kapseln (alvéoles, culots) vor dem
                              									Einbringen des Knallpulvers.
                           Der zusammengesetzte Trichter besteht
                              									aus vier übereinandergesetzten und vereinigten Stücken.
                           Die oberste Abtheilung ist ein, gegenwärtig von Leder
                              									verfertigtes Köfferchen (coffret)
                              									ohne Boden, zur Aufnahme von 150–200 Grammen
                              									Knallpulvers.
                           Die zweite Abtheilung besteht aus einer durchlöcherten
                              									Kupferplatte, deren Löcher jenen der die Hütchen enthaltenden
                              									Hand entsprechen.
                           Die dritte Abtheilung heißt die Schieblade (tiroir); sie
                              									ist eben so durchlöchert wie die zweite Abtheilung.
                           Die vierte Abtheilung besteht aus einer viel dickeren
                              									Kupferplatte, in welche man den Grundriß der Schieblade so
                              									einschneidet, daß an den beiden Seiten ein Längengang (portée) bleibt, auf welchem
                              									die Schieblade bei ihrer Hin- und Herbewegung gleitet;
                              									diese vierte Abtheilung ist mit Löchern versehen, welche jenen
                              									der Hand genau entsprechen.
                           Man gebe immer auf den gewünschten Abstand acht, damit die
                              									Schieblade, deren Löcher mit dem obern Stück communiciren und
                              									die sich daher mit Pulver anfüllen, die Löcher der vierten
                              									Abtheilung verschließt; wenn dieß der Fall ist, so macht eine
                              									Bewegung von hinten nach vorn die Schieblade an einen Aufhalter
                              									stoßen, woraus die Arbeiterin ersieht, daß das Pulver in die
                              									Kapseln gefallen ist.
                           Wir glaubten die Construction dieses Trichters ausführlich
                              									angeben zu müssen, denn er ist die Hauptvorrichtung und
                              									gefährlich; nun gehen wir zur Beschreibung des ältern
                              									Verfahrens, die Hütchen zu füllen, über.
                           
                        
                           Füllen der Hütchen.
                           Dieser Theil der Fabrication zerfällt in drei verschiedene
                              									Verrichtungen: 1) Einbringen der Hütchen in die Hände; 2)
                              									Einfüllen des Pulvers in die Hütchen; 3) Befestigung des Pulvers
                              									in den Hütchen mittelst Drucks.
                           Das Einbringen der Hütchen in die Hände wird von zwei an einem
                              									Tisch einander gegenübersitzenden Frauen verrichtet; ihre
                              									Stellung setzt sie keiner großen Gefahr aus. Eine dritte Frau
                              									sitzt allein vor einem andern Tisch und vertheilt
                              									mittelst des Trichters das Pulver in die Kapseln.
                           Wie wir sahen correspondiren die Löcher der Schieblade, wenn sie
                              									zurückgestoßen ist, mit jenen der zweiten Abtheilung, welche den
                              									Boden des Köfferchens bildet; wenn die Schieblade hingegen
                              									herausgezogen ist, so correspondiren ihre Löcher mit der vierten
                              									Abtheilung und ihr voller Theil verschließt die Löcher der
                              									zweiten Abtheilung. Daraus folgt, daß wenn die Schieblade
                              									zurückgestoßen ist, ihre Löcher sich mit Pulver füllen und
                              									dasselbe in diejenigen der vierten Abtheilung fallen lassen,
                              									wenn die Schieblade ausgezogen wird.
                           Diese vierte Abtheilung hat über jedem Loch in das Metall
                              									eingeschnittene Schnauzen, um die Einführung des Pulvers in die
                              									Hütchen zu leiten.
                           Die Arbeiterin, welche die Kupferhütchen zu füllen hat, schiebt
                              									die Schieblade vor und hinter und füllt auf diese Weise die mit
                              									Hütchen vollgesteckten Hände, welche nachher durch mit leeren
                              									Hütchen angefüllte Hände ersetzt werden, womit man fortfährt,
                              									bis alle Hände angefüllt sind.
                           Ein Mann, welcher in der rechten Hand einen Hebel hält, ist damit
                              									beschäftigt, durch den Druck einer Walze und eines Kegel (quille) benannten Kreissegmentes das
                              									Pulver zu befestigen.
                           Endlich befindet sich auf einem Tisch hinter dem Arbeiter ein
                              									Sieb, um die gefüllten Hütchen aufzunehmen.
                           
                        
                           Gefahren dieses Verfahrens und Ursachen
                                 										derselben.
                           Sonst vor dem Verfahren schon, welches wir das alte benennen,
                              									bestund das Personal einer Füllwerkstätte nur aus drei Personen,
                              									einer Manns- und zwei Frauenspersonen; der Mann preßte
                              									die Kapseln, wie auch jetzt noch; die zwei Frauen saßen
                              									nebeneinander, hatten den Trichter zwischen sich, füllten die
                              									Hütchen an und bedienten sich hiezu eines und desselben
                              									Trichters. Allein die Arbeiter waren auf diese Weise zu nahe
                              									aneinander und wenn das Pulver in der Vorrichtung sich
                              									entstammte, so hatte dieß oft den Tod derjenigen, die eben den
                              									Trichter in der Hand hatte, zur Folge, und überdieß wurden die
                              									andern Personen noch verwundet oder gefährlich beschädigt.
                           An allem dem war die Reibung der Schieblade Schuld. Statt des
                              									Köfferchens, welches damals von Holz und mit Deckel versehen war
                              									und durch größern Widerstand auch eine stärkere Explosion gab,
                              									construirten wir nun ein aus Kupfer zusammengefügtes niederes,
                              									ohne Deckel. Aber auch diese Verbesserung war noch nicht
                              									ausreichend, und ein Trichter dieser Art beschädigte
                              									uns beim Explodiren eine Person. Wir errichteten nun zwölf durch
                              									Verschläge getrennte Locale zum Füllen der Hütchen nach diesem
                              									Verfahren und nahmen eine Frauensperson mehr dazu, deren
                              									specielle Beschäftigung war, das Pulver in die Kapseln zu
                              									bringen; dann setzten wir die mit dem Füllen der Hände
                              									beschäftigten Arbeiterin ganz hintenhin, um sie so wenig als
                              									möglich der Gefahr auszusetzen, und zwei geneigte Flächen
                              									führten die Werkzeuge von den einen zu den anderen. Auch das
                              									oben erwähnte Sieb gab zu Unglücksfällen Veranlassung. Es fing
                              									Feuer, setzte auch den Trichter in Flammen und verursachte so
                              									den Tod oder die Verstümmelung von Personen. Um diesen
                              									Uebelständen abzuhelfen, stellten wir zahlreiche Versuche an;
                              									wir ließen einen an beiden Enden offenen viereckigen Kasten von
                              									Gußeisen machen, in welchem der Trichter durch äußere
                              									Vorrichtungen in Bewegung gesetzt wurde, und legten im Trichter
                              									mittelst Schwamm Feuer; allein der eiserne Kasten zerbrach bei
                              									der Explosion und hätte also die Arbeiterinnen tödten oder doch
                              									sehr beschädigen können. Wir sahen ein, daß die Explosion durch
                              									nichts behindert seyn dürfe, nahmen nun statt des Gußeisens
                              									einen Centimeter dickes Eisenblech und construirten die
                              									Vorrichtung, wie unten angegeben ist.
                           
                        
                           Vom Schild und einem daran angebrachten
                                 										Mechanismus.
                           (Neues Verfahren.)
                           Der Trichter und der ihn in Bewegung setzende Mechanismus werden
                              									hinter einem Schild von Eisenblech von der Gestalt eines
                              									Kreissegments angebracht; in diesem Eisenblech befinden sich
                              									drei Löcher, welche zur Communication mit der Außenseite dienen.
                              									Durch diese Löcher gehen zwei Hebel, welche den innen
                              									befindlichen Trichter in Bewegung setzen; ferner ein Falz von
                              									Eisenblech, welcher die mit Hütchen gefüllte Hand aufzunehmen
                              									hat und eingeschoben wird, bis er auf einen Aufhalter stößt, was
                              									das Zeichen ist, daß die Hütchen sich genau unter den Schnauzen
                              									befinden, welche das Knallpulver in die Hütchen hinunterfallen
                              									lassen.
                           Um dieses zu bewerkstelligen, wenn der die Hand tragende Falz an
                              									der gehörigen Stelle angekommen ist, muß man auf den Hebel
                              									drücken, welcher selbst wieder denjenigen drückt, der das
                              									Gewicht trägt, welches den Trichter in der Höhe zu erhalten hat,
                              									damit die die Hütchen enthaltende Hand unten durchgehen kann;
                              									alsdann geht der Rahmen, worauf der Trichter befestigt ist, auf
                              									die Hand herab, wodurch die Löcher beider in Communication
                              									kommen; man zieht nun den zweiten Hebel und stößt
                              									ihn zurück; derselbe communicirt mit der Schieblade des
                              									Trichters, und das Pulver fällt in die Hütchen hinab. Hierauf
                              									macht man den Hebel, welcher während der Operation den Trichter
                              									auf die Hütchen niederhielt, wieder frei; man zieht den Falz
                              									zurück, der die Hand trägt und wiederholt diese Bewegungen zu
                              									tausendmalen täglich ohne alle Gefahr für die Arbeiter.
                           
                        
                           Vom Innern des Kapselfülllocals mit dem
                                 										Schilde.
                           (Neues Verfahren.)
                           Wie man sah, sind nun die Arbeiter beim Füllen der Zündhütchen
                              									keiner Gefahr mehr ausgesetzt. Das Sieb welches die gefüllten
                              									Hütchen aufnimmt, bekam ebenfalls eine andere Form. Es wird auf
                              									einen Dreifuß gesetzt, an welchem ein lederner Kegel hängt, der
                              									alles nach dem Füllen der Kapseln abfallende Mehlpulver
                              									aufnimmt, von wo es in einen Zuber mit Wasser fällt. Das Sieb
                              									kann also nicht mehr in Brand gerathen.
                           Mehrere Sachverständige haben sich durch den Augenschein
                              									überzeugt, daß dieser Schild, sowohl hinsichtlich der leichten
                              									Ausführung der Arbeit, als hinsichtlich des Schutzes, welchen er
                              									den Arbeitern gewährt, seinen Zweck vollkommen erfüllt.