| Titel: | Ueber die Erzeugung weißen oder neutralen Lichts mittelst des gewöhnlichen künstlichen Lichts; von G. Tait, Vice-Präsident der schottischen Gesellschaft für Künste. | 
| Fundstelle: | Band 104, Jahrgang 1847, Nr. VIII., S. 21 | 
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                        VIII.
                        Ueber die Erzeugung weißen oder neutralen Lichts
                           mittelst des gewöhnlichen künstlichen Lichts; von G. Tait, Vice-Präsident der schottischen
                           Gesellschaft für Künste.
                        Aus dem Edinburgh new philosophical Journal, Jan. 1847, S.
                              172.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. I.
                        Tait, über die Erzeugung weißen oder neutralen Lichts.
                        
                     
                        
                           Bekanntlich bringt das gewöhnliche künstliche Licht, wie wir es durch die Verbrennung
                              von Wachs, Talg, Oel oder Kohlenwasserstoffgas aus Steinkohlen erhalten, eine von
                              derjenigen des weißen Sonnenlichts sehr verschiedene Färbung hervor. Diese Färbung
                              ist ein orangegelber Ton, der so außerordentlich stark ist, daß er zu einer
                              Orangefarbe wird, die nur ein wenig durch Blau modificirt ist, wie wir sogleich
                              näher sehen werden. Die beiden Lichter können, auf gewöhnlichem Wege dadurch
                              verglichen werden, daß man die Farben verschiedener durch sie beleuchteter
                              Gegenstände zu gleicher Zeit getrennt beobachtet, indem man z.B. aneinander
                              gränzende Schatten eines undurchsichtigen Körpers von jedem derselben auf eine weiße
                              Fläche fallen läßt und die Farben der Schatten vergleicht, wobei der Schatten jedes
                              Lichts die Farbe des andern, allein darauf fallenden Lichts zeigt; das weiße Licht
                              aber, wenn es nicht in großer Menge vorhanden ist, einen bläulichen Schein annimmt
                              durch den Contrast mit dem ringsum befindlichen Orangegelb, von welchem Blau die
                              Ergänzungsfarbe ist. Dieser orangegelbe Ton hat nothwendig auf die Farbenerscheinung
                              der dem künstlichen Licht ausgesetzten Gegenstände einen bedeutenden Einfluß. Es
                              wäre daher für einige nützliche Künste, wobei man Farben unterscheiden muß (unter
                              den schönen Künsten für die Malerei, sowohl zur Ausführung als zum Beschauen von
                              Gemälden) und auch zu verschiedenen andern Zwecken, von Nutzen, wenn farbenloses
                              Licht von hinreichender Stärke durch zum täglichen Gebrauch geeignete Mittel erzeugt
                              werden könnte. Es wurde daher dieser Gegenstand, auf meine Anregung, von der königl.
                              schottischen Gesellschaft der Künste unter die der Beachtung zu empfehlenden
                              aufgenommen.
                           Am Vortheilhaftesten könnte dieser Zweck vielleicht durch eine weiße Flamme erreicht
                              werden, wenn eine solche durch zweckmäßige und nicht zu kostspielige Mittel erzeugt
                              werden kann und ohne andere schädliche Einwirkung auf die Luft als welche
                              nothwendige Folge der Verbrennung ist.Das Bude-Licht, welches durch einen Strom von Sauerstoffgas in eine
                                    Flamme von Kohlenwasserstoff, wie z.B. Steinkohlengas, erzeugt wird und sehr
                                    glänzend ist, hat noch eine so starke orange Färbung, daß es, ohne
                                    Modification, zum Gebrauch als weißes Licht nicht tauglich ist; wenn
                                    dasselbe aber auch weiß wäre, so ist seine Darstellung doch noch immer mit
                                    viel mehr Umständen und Kosten verknüpft, als das hier vorzuschlagende
                                    Verfahren weißes Licht zu erzeugen. In Ermangelung eines solchen aber kann man, obgleich nicht mit gleicher
                              Befriedigung, den Zweck durch eine blaue Flamme erreichen, wenn eine solche unter
                              den so eben erwähnten Bedingungen erzeugt werden kann, deren man sich in Verbindung
                              mit der gewöhnlichen orangegelben Flamme und in solchem Mengenverhältniß bedient,
                              daß sie letztere neutralisirt. Unterdessen lege ich hiemit einige Bemerkungen über
                              ein einfaches Verfahren vor, durch welches derselbe Zweck erreicht wird mittelst
                              Anwendung eines der gewöhnlichen künstlichen Lichter und Absorption des
                              überflüssigen Orange durch Dazwischensetzung eines durchsichtigen Mediums von
                              geeigneter Farbe. Die schlimme Wirkung des gewöhnlichen künstlichen Lichts auf
                              Gemälde wurde mir beim Gebrauch tragbarer Dioramen recht fühlbar. Das Mittel, diesem
                              Uebelstande vollkommen zu begegnen, fand ich in der Anwendung dieses Princips in der
                              nun zu erklärenden Weise.
                           Man erhält das künstliche Licht am zweckmäßigsten durch Anwendung aus Kannelkohle
                              gehörig bereiteten Kohlenwasserstoffgases; man erhält so leicht ein kräftiges Licht.
                              Das Gas aus der gemeinen Steinkohle ist weit geringer. Oel ist nicht so zweckmäßig
                              und nicht so rein als Gas. Kerzen sind nicht anwendbar wegen der Veränderung ihrer
                              Höhe, wodurch zu vielen Zwecken ein häufiges Zurechtstellen nothwendig wird; ferner
                              können die wenigst schmelzbaren derselben, wenn sie auf die in der Regel
                              erforderliche Weise eingeschlossen werden, doch noch leicht schmelzen, obwohl man so
                              viel kühle Luft zutreten läßt, als es angeht; es sey denn, daß man nur wenige solche
                              Kerzen benutzt, wo dann aber das Licht sehr schwach wird.
                           Das künstliche Licht wird in ein Gefäß oder eine Laterne von passender Größe und
                              Gestalt in der Art eingeschlossen, daß nichts davon durch die Oeffnungen für den
                              Zutritt und Austritt der Luft entweichen kann, außer dem durch den Durchgang durch
                              ein farbiges Medium modificirten Licht. Des modificirten Lichts kann man sich so
                              bedienen, daß man es direct auf die zu beleuchtenden Gegenstände strahlen, oder wie
                              bei durchsichtigen Gemälden u. dergl., es durch sie fallen läßt.
                           Wie bekannt, wird die Empfindung der Farben durch Gegenstände hervorgebracht, welche
                              die von den Lichtstrahlen, welchen sie ausgesetzt sind, hervorgebrachten Farben
                              zurückwerfen (reflectiren) oder hindurchlassen. Es gibt drei primäre (oder
                              Grund-) Farben, Gelb, Roth und Blau; alle andern sind aus zwei von ihnen,
                              oder allen dreien, in verschiedenen Verhältnissen zusammengesetzt. Das Licht ist,
                              mit sehr wenigen Ausnahmen zusammengesetzt oder hat heterogene Bestandtheile, und
                              erzeugt sonach zwei oder alle drei primären Farben. Das reine Sonnenlicht erzeugt
                              sie in solchem Verhältniß, daß wenn sie ganz oder im gehörigen Verhältniß reflectirt
                              werden oder durchfallen, sie einander neutralisiren und Weiß oder ein neutrales Grau
                              hervorbringen (welches letztere nur eine Nüance von Weiß ist, worin keine Farbe
                              vorherrscht); das sie in solchem Verhältniß erzeugende Licht wird gewöhnlich weißes oder neutrales Licht
                              genannt. In 100 Theilen Weiß sind etwa 18 Theile Gelb, 32 Roth und 50 Blau, alle von
                              gleicher Intensität, oder sie verhalten sich nahezu wie 3 : 5 : 8. Wenn nur zwei
                              primäre Farben zusammentreten, wie Gelb und Roth, Gelb und Blau, oder Roth und Blau,
                              so bilden sie drei secundäre Farben, Orange, Grün und Purpur (Violett); und wenn sie
                              in dem Verhältniß zusammentreten, in welchem sie vom weißen Licht erzeugt werden, so
                              bilden sie diese Secundärfarben im vollkommenen oder normalen Zustande. Die Farben
                              jener Gegenstände, welche man gefärbt nennt, rühren von ihrer Eigenschaft her, in
                              Folge ihrer besondern Structur etc. gewisse Theile der das zusammengesetzte Licht,
                              welchem sie ausgesetzt sind, bildenden Strahlen zu reflectiren oder durchzulassen,
                              während die übrigen absorbirt werden und erlöschen. Wenn nun Licht aus Strahlen
                              zusammengesetzt ist, welche in einem andern Verhältniß, als wobei sie sich einander
                              neutralisiren, Farben erzeugen, so wird die Farbe der überschüssigen Strahlen auf
                              einer weißen Fläche producirt und das Aussehen gefärbter Gegenstände wird modificirt
                              je nach dem Ueberschuß oder Mangel solcher Strahlen, welche gewisse Farben erzeugen.
                              So erscheint z.B. ein intensiv blauer Gegenstand, einem vollkommen orangegelben
                              Licht ausgesetzt, schwarz, weil keine blauen Strahlen vorhanden sind, welche reflectirenwelche erreflectiren oder durchlassen könnte und die rothen und gelben von ihm absorbirt
                              werden. Sind etwelche Blau erzeugende Strahlen mit dem orangegelben Licht verbunden,
                              so wird diese Wirkung ihrer Menge entsprechend modificirt.
                           In dem gewöhnlichen künstlichen Licht scheinen die Roth und Gelb erzeugenden Strahlen
                              nahezu in demselben Verhältniß vorhanden zu seyn in welchem sie sich im weißen Licht
                              befinden. Und da sie im Ueberschuß vorhanden sind über die Blau erzeugenden
                              Strahlen, so ist, um weißes Licht zu erzeugen, nichts nothwendig, als ein
                              durchsichtiges Medium von
                              so tiefem Blau dazwischenzusetzen, daß dieser Ueberschuß absorbirt wird und nur so
                              viele von den rothen und gelben Strahlen hindurchgehen, als zur Neutralisation der
                              blauen Strahlen, welche sämmtlich hindurchgelassen werden, erforderlich sind.
                           Dieser Ueberschuß wird am besten durch Dazwischenbringen blau gefärbten Glases
                              absorbirt, dessen Dunkelblau dem Verhältniß des Orange der Flamme entspricht.
                              Dasselbe muß in der Masse gefärbt seyn, d.h. seine Farbe
                              im Schmelzhafen erhalten haben. Blau bemaltes Glas, durch
                              Auftragen der blauen Farbe auf die Oberfläche desselben, oder theilweise gefärbtes
                              Glas, durch Erhitzen bis zum Erweichen, aber nicht zum Schmelzen, ist nicht
                              durchsichtig. In dieser Hinsicht unterscheidet sich das Blau in der Regel von andern
                              aufgetragenen Farben. Es ist sehr schwer, in der Masse gefärbtes Glas von einem
                              bestimmten Ton zu erhalten. Vielleicht könnte der gewünschte Ton dadurch
                              hervorgebracht werden, daß man das Glas anfangs etwas zu dunkel macht, indem man es
                              etwas dicker verfertigt als erforderlich ist, und nachher durch Abschleifen dünner
                              macht und nöthigenfalls noch polirt.
                           Wenn man kein in der Masse gefärbtes Glas von gehörig tiefem Blau haben kann, nimmt
                              man solches Glas von lichterer Farbe oder ertheilt farblosem Glas die erforderliche
                              Farbe mittelst eines durchsichtigen Anstrichs. Ich fand daß der künstliche
                              Ultramarin sich hiezu sehr gut eignet; er ist sehr durchsichtig, hat aber zuweilen
                              einen schwachen Nebenton von Roth. Der aus dem kostbaren Lasurstein bereitete ächte
                              Ultramarin, wovon der beste hoch zu stehen kömmt, ist, obschon zur gewöhnlichen
                              Malerei bei weitem vorzuziehen, viel weniger durchsichtig und hat bei durchfallendem
                              Licht eine düstere schieferblaue Farbe. Kobalt hat in beiden Beziehungen noch mehr
                              gegen sich. Berlinerblau ist zwar durchsichtig, gibt aber einen bedeutenden Nebenton
                              von Grün, welcher erst mit Roth neutralisirt werden müßte, was einen beträchtlichen
                              Stich in Grau zur Folge hat.
                           Der künstliche Ultramarin hat den Nachtheil daß, in so lange nicht das Oel und der
                              Firniß, die zum Auftragen desselben dienten, vollkommen ausgetrocknet sind (was bei
                              Oel sehr lange hergeht), eine sehr bedeutende Brechung und Zerstreuung eines großen
                              Theils der rothen Strahlen stattfindet; man kann dieß sehr leicht beobachten, wenn
                              man das Glas nahe an eine Flamme hält. Die Folge davon ist, daß wenn ein begränzter
                              Lichtstrahl auf einen perpendiculären Gegenstand fällt, ein widerlicher grüner Ton
                              in der directen Linie des Lichts ist, welcher von dem Blau und Gelb verursacht wird,
                              die von jenem Theil des Roth, welcher Brechung erfuhr, nicht neutralisirt werden. Diese Folge tritt nicht
                              ein, wo man sich des Lichts in zerstreutem Zustand bedient, z.B. einer mit blauem
                              Glas umgebenen Flamme, weil dann alle Bestandtheile des durchgehenden Lichts jeden
                              Gegenstand erreichen, entweder direct von der Flamme aus, durch den intervenirenden
                              Theil des Glases, oder mittelst Refraction (Brechung) von andern Theilen desselben
                              aus. Die Refraction des Roth findet auch mit Berlinerblau statt, dessen grüner
                              Nebenton durch Cochenillelack neutralisirt wurde. Bei ächtem Ultramarin oder bei
                              Kobaltblau findet sie nicht statt; allein deren Mangel an Durchsichtigkeit und ihre
                              trübe Farbe bei durchfallendem Lichte machen sie hiezu untauglich. In der Masse
                              gefärbtes Glas hat den Fehler nicht das Roth zu brechen.
                           Der Anstrich muß so durchsichtig als möglich aufgetragen werden, wenn er nicht matt
                              beabsichtigt wird um das Licht zu zerstreuen.
                           Am besten wird derselbe mit Oel aufgetragen, welches möglichst farblos seyn und gut
                              trocknend gemacht werden muß. Wenn dasselbe langsam trocknet und daher sparsam
                              angewandt werden muß, kann Mastix- oder ein anderer Firniß zugleich mit ihm,
                              behufs der Verdünnung der Farbe, aufgetragen werden. Das Terpenthinöl oder der
                              Alkohol des Firnisses verflüchtigen sich jedoch so schnell, daß der flüssige Zustand
                              des Anstrichs sehr veränderlich und derselbe schwer glatt und gleichförmig im
                              geeigneten Ton aufzutragen ist. Man kann auch ohne Firniß zu nehmen, Mastix im Oel
                              bei einer so hohen Temperatur auflösen, als sich beim Anstreichen des Glases
                              anwenden läßt, etwa 17 bis 21° R., wo dann weit weniger Oel erforderlich ist
                              als bei niederer Temperatur. Wenn man die Farbe in mehreren Schichten aufträgt, und
                              jede vor dem Auftragen einer neuen gut trocknen läßt, statt eine dicke Schicht
                              aufzutragen, so kann man die verlangte Farbe leichter genau erreichen und das Oel
                              trocknet leichter. Sollte die Farbe, nachdem sie aufgetragen und trocken ist, nicht
                              hinlänglich durchsichtig seyn, so kann man sie noch mit einer Schicht Mastix-
                              oder anderm Firniß überziehen, aber vorsichtig, so daß die Farbe sich weder ablöst
                              noch getrübt wird.
                           Ein anderes Verfahren besteht darin, daß man, ohne Oel oder Firniß anzuwenden, die
                              Farbe im Pulverzustand mit geschmolzenem Mastix vermischt, wozu dieser über den
                              Siedepunkt des Wassers erhitzt und die erforderliche Temperatur während des
                              Auftragens der Farbe unterhalten werden muß. Bei diesem Verfahren hat die Farbe
                              dieselbe Durchsichtigkeit wie bei dem andern, wird beim Abkühlen sogleich hart und
                              refractirt nicht roth.
                           
                           Um die Tiefe des Tons von in der Masse oder oberflächlich gefärbtem Glase richtig zu
                              stellen, kann man das weiße Licht der Sonne auf ein in geringer Entfernung hinter
                              einem Fenster angebrachtes Stück weißen Papiers fallen lassen, welches als Norm
                              weißen Lichts dient. Das Papier muß möglichst rein weiß seyn und namentlich ein
                              blauer Ton desselben vermieden werden. Das Licht erhält man zweckmäßig auf die Art,
                              daß man das äußere Licht von der Stube ausschließt und nur eine Oeffnung von
                              geeigneter Größe am untern Theil des Fensters frei läßt, die man mit rein weißem
                              Seidenpapier bedeckt, welches das äußere Licht empfängt und den größten Theil
                              desselben so hindurchläßt, daß ein Theil davon auf das Normalpapier fällt. Das auf
                              das Seidenpapier fallende Licht kann aus directen Sonnenstrahlen oder zerstreutem
                              Licht von weißen oder neutral grauen Wolken bestehen oder auch während eines Regens
                              oder Nebels aufgefangen werden; aber nicht vom blauen Himmel. In keinem Fall darf
                              die Beobachtung gemacht werden, wenn die Sonne niedrig steht, wegen des warmen Tones
                              welchen das Licht zu dieser Zeit gewöhnlich hat. Das Seidenpapier kann auch
                              weggelassen und zerstreutes Licht direct von außen von dem Normalpapier aufgenommen
                              werden; doch ist jenes Verfahren im allgemeinen vorzuziehen.
                           Ein anderes Stück desselben Papiers wird nun dem durch das Glas fallenden künstlichen
                              Licht ausgesetzt, wobei man es vollkommen vor dem Tageslicht verwahrt. Nimmt man
                              hiezu in der Masse gefärbtes Glas, so muß es von einer solchen Tiefe des Blau seyn,
                              daß das letztere Papier so weiß wie das Normalpapier erscheint; wird auf der
                              Oberfläche gefärbtes Glas genommen, so muß dieses zu derselben Wirkung gebracht
                              werben mit Berücksichtigung des erwähnten temporären grünen Tons. Je genauer dieses
                              Papier mit dem Normalpapier in Uebereinstimmung gebracht wird, desto besser. Ein
                              höherer Grad von Bläue ist insbesondere zu vermeiden. Die beiden Papiere sind
                              leichter zu vergleichen wenn man bewirkt daß sie beide dieselbe Quantität Licht
                              aufnehmen.
                           Wenn die Flamme und die angewandte Farbe nicht genau einander neutralisiren, und
                              deßhalb oder aus einem anderen Grund etwas von einem permanenten grünen Ton bleibt,
                              so kann dieser durch Zusatz von etwas durchsichtigem Roth neutralisirt werden; bei
                              Purpurroth geschieht dieß mittelst durchsichtigen Gelbs. Dieselben Regeln gelten für
                              das Zurechtbringen des gehörigen Tons von in der Masse gefärbtem Glase.
                           Wenn das Licht schräg durch das Glas oder einen Theil desselben fällt, ist auch
                              weniger Farbe erforderlich.
                           
                           Nachdem die aufgetragene Farbe vollkommen trocken ist, muß das durchfallende Licht
                              noch einmal mit weißem Licht verglichen und jede kleine Abweichung corrigirt
                              werden.
                           Wenn ein Glas adjustirt ist, können andere, in der Masse oder auf der Oberfläche
                              gefärbte, durch Vergleichung ihrer Wirkungen mit seiner Wirkung bei künstlichem
                              Licht adjustirt werden.
                           Wenn ein Papier, für welches ein Glas adjustirt wurde, einen schwachen Ton einer
                              Farbe hat, so muß mit diesem Glas, wenn es mit dem gleichen Lichte angewandt wird,
                              auch immer Papier von demselben Ton in Anwendung gebracht werden.
                           Das Orange ist um so vorherrschender, je weniger glänzend die Flamme ist, z.B. bei
                              einer Schwalbenschwanzflamme von Kannelkohlegas größer, als bei der Flamme einer gut
                              construirten Argand'schen Lampe mit solchem Gas oder feinem Oel; größer bei der
                              Flamme einer Wachs- oder Compositionskerze, und noch größer bei einer dunkeln
                              Flamme, z.B. der von gemeinem Talg und Oel, wie man durch Vergleichung der Farben
                              aneinander gränzenden Schatten zweier Lichter auf einer weißen Fläche sich leicht
                              überzeugen kann; so daß ein für eine glänzende Flamme justirtes Glas für eine minder
                              glänzende nicht genau paßt. Uebrigens ist das Vorwalten des Orange, welches auf
                              diese Weise hindurchfiele, wenn die Flammen an Glanz nicht sehr von einander
                              abweichen, verhältnißmäßig so gering, daß es für viele Zwecke vernachlässigt werden
                              darf; doch ist es nicht rathsam, ein für eine weniger glänzende Flamme gerichtetes
                              Glas zu benutzen, weil es mehr als nöthig ist von dem von der angewandten Flamme
                              erzeugten Orange absorbiren und einen unangenehmen blauen Ton hervorbringen
                              würde.
                           Ein sehr großer Theil des künstlichen Lichts wird von dem Blau des Mediums absorbirt.
                              Bei wiederholten Beobachtungen, die nicht bedeutend von einander abweichen, nämlich
                              durch (auf gewöhnliche Weise mittelst der Schatten vorgenommene) Vergleichung des
                              Lichts einer glänzenden Schwalbenschwanzflamme von Kannelkohlegas, welches durch
                              blaubemaltes ziemlich durchsichtiges Glas fiel – mit demselben Licht, welches
                              durch Glas derselben Art fiel, das ohne Farbe auf denselben Grad von
                              Durchsichtigkeit gebracht war – fand ich, daß ersteres, das durch das blaue
                              Medium gedrungene Licht, nur ein Fünftel des letztern betrug. Da nun das erstere
                              weiße Licht aus gleichen Theilen Orange und Blau und der absorbirte Theil gänzlich
                              aus dem Ueberschuß von Orange besteht, so geht daraus hervor, daß (wenn dieser
                              Antheil vier Fünftheile beträgt) das Verhältniß des Orange zum Blau in einer solchen
                              Flamme neunmal so groß ist als im weißen Licht. Der hier als absorbirt bezeichnete Theil
                              ist bloß approximativ angegeben. Genauer ließe er sich bestimmen durch Vergleichung
                              des künstlichen Lichts, welches man durch ein in der Masse gefärbtes Glas fallen
                              läßt, mit dem durch ein farbloses durchsichtiges Glas derselben Qualität fallenden.
                              Ein noch größerer Antheil wird bei einer dunklern Flamme absorbirt, wie ich eben
                              erst bemerkte. Das so bedeutende Vorherrschen von Orange im künstlichen Lichte
                              erklärt den großen Unterschied zwischen seiner Wirkung und derjenigen des weißen
                              Lichts auf das Aussehen der Farben von Gegenständen und kann jenen, welche dieselben
                              nicht im Contrast mit einander gesehen haben, einen Begriff von der Größe dieses
                              Unterschieds geben.
                           Um weißes oder neutrales Licht und gewöhnliches künstliches Licht mit einander zu
                              vergleichen, kann man auf verschiedene Weise verfahren; am zweckmäßigsten und
                              augenfälligsten geschieht es dadurch, daß man beide Lichter durch Papier oder eine
                              andere durchsichtige Substanz mittelst des folgenden im Durchschnitt abgebildeten
                              Apparats fallen läßt. Es versteht sich, daß man mit demselben in einem dunkeln
                              Zimmer operiren muß.
                           A, B, C, D, Fig. 31, Büchse von
                              Zinnblech von beliebiger Größe, innen glänzendgläzend, offen an der Vorderseite A, B und an der
                              Hinterseite C, D.
                           E Horizontallinie von Flammen, der Mitte von A, B parallel, und in der halben Höhe von A, B, hinter ihm, um das Licht zu zerstreuen. Es wurde
                              schon bemerkt, daß Gas das geeignetste Licht ist, Kerzen aber das am wenigsten
                              geeignete.
                           F, G, sind Oeffnungen der Büchse, um Luft ein-
                              und auszulassen, innen schwarz bestrichen und von solcher Gestalt daß kein Licht
                              entweichen kann.
                           H, I blaues Glas durch die obere Hälfte der Büchse und
                              etwas hinter der Vorderseite, so daß die Ungleichheiten der Malerei (Farbe) auf dem
                              Glase auf dem vorn befindlichen Papier nicht sichtbar werden.
                           I, K Blätter von Seiden- oder anderm weißen
                              Papier, unmittelbar unterhalb des Glases, um das Licht hier auf dieselbe Intensität
                              wie das durch das Glas gegangene zu reduciren.
                           I, L dünne horizontale Scheidewand, das Papier an der
                              Vorderseite beinahe berührend, um die beiden Lichter getrennt zu halten.
                           Weiße, bewegliche Papiere werden über die Vorderseite A,
                                 B ausgespannt, auf welchen Farben oder Umrisse gemacht sind, um den
                              Contrast der beiden Lichter zu zeigen, indem die obere Hälfte der Papiere weißes
                              Licht, die untere Hälfte gewöhnliches künstliches Licht zeigt. Die Papiere sollen nicht dünner
                              als dünnes Briefpapier seyn, eher dicker, wenn das Licht stark genug ist.
                           Ein Papier (welches der Verf. in der Gesellschaft vorzeigte), hat verticale Streifen
                              von Weiß und den primären und secundären Farben, welche ich bei Tageslicht mit
                              durchsichtigen Wasserfarben in der Art malte, daß jeder Streifen auf einer Seite
                              hell ist und bis zur andern Seite allmählich immer dunkler wird.
                           Wenn man diese Streifen besichtigt und dabei im Auge hat, daß weißes Licht die Farben
                              natürlich erscheinen läßt, wie beim reinen Tageslicht, so wird man beobachten, daß
                              beim gewöhnlichem künstlichen Licht alles in dem oben beschriebenen, außerordentlich
                              starken orangegelben Ton eingehüllt und die Erscheinung der Farben folglich eine
                              andere ist; so werden z.B. Weiß und Gelb kaum von einander zu unterscheiden seyn. Ein blasses Orange ist nicht mehr unterscheidbar von Gelb; ist es
                              intensiver, so wird es etwas wärmer. Das Roth, wenn es
                              blaß ist, wird von Gelb schwer zu unterscheiden; wenn es intensiver ist, wird es
                              mehr oder weniger orange und neigt sich zuletzt erst dem Roth zu. Blau, von gewisser Intensität, wird ein reines neutrales
                              Grau, indem es vom Orange des Lichts neutralisirt wird; wenn es weniger intensiv
                              ist, wird es ein mattes Orange, indem der Ueberschuß des Orange vom Licht sich mit
                              dem neutralen Grau verbindet, welches aus der Verbindung des übrigen Orange mit dem
                              Blau hervorgeht; ist es hingegen intensiver, so wird es zu einem sehr dunkeln Grau,
                              welches von dem überschüssigen Blau eine schwache Färbung hat. Grün, wenn es blaß ist, wird matt Orange, mit einem mehr oder weniger
                              grauen Ton; wenn es intensiver ist, so daß das Orange des Lichts von dem Blau des
                              Grüns neutralisirt werden kann, so erhält es einen dunkeln schmutzigen Ton von mehr
                              oder weniger gelblicher Nüance. Purpurroth, wenn es blaß
                              ist, läßt sich vom Orange kaum unterscheiden; wenn es intensiver ist, so daß das
                              Orange des Lichts von dem Blau des Purpurs neutralisirt werden kann, so erhält es
                              einen dunkeln schmutzigen Ton von mehr oder weniger röthlicher Nüance. Die
                              Erscheinung aller zusammengesetzteren Farben erfährt in derselben Weise
                              Veränderungen; Weiß bildet schwach ins Orange stechende Nüancen; das Blau geht in
                              die verschiedenen Verbindungen von Grün ein und das Purpurroth ist durch den Mangel
                              an Blau im Lichte beinahe verloren; das in Verbindungen eingehende Roth und Gelb
                              werden sehr erhöht.
                           Der Unterschied und die Wirkung der beiden Lichter werden vielleicht besser in die
                              Augen fallen, wenn ich nun an die Vorderseite der Büchse ein anderes Papier
                              bringe, auf dessen obere und untere Hälften ich bei Tageslicht mit durchsichtigen
                              Wasserfarben zwei ganz gleiche Skizzen zeichnete. Insbesondere wird man bemerken,
                              wie sehr die blauen Töne und die Verbindungen von Blau zerstört sind.
                           Es wird auf diese Weise einleuchten, wie viel schlechter das gewöhnliche künstliche
                              Licht gegen das weiße Licht ist, oder wie wenig es sich zum Gebrauche eignet, wo es
                              darauf ankommt die Farben der Gegenstände zu unterscheiden oder wo man sie in ihrer
                              natürlichen angenehmen und harmonischen Erscheinung wahrzunehmen wünscht.
                           Wenn man weißes oder neutrales Licht auf die beschriebene Weise erzeugt, geht
                              natürlich ein großer Theil des künstlichen Lichtes verloren. Dieser Verlust besteht
                              zum Theil aus demjenigen Lichte, welches durch Reflexion und Erlöschen bei seinem
                              Durchgang durch farbloses, durchsichtiges Glas verloren ginge, mit der Ausnahme, daß
                              hier keine Reflexion vom Glase an der bemalten Seite stattfindet, während sie
                              gewöhnlich auf beiden Seiten stattfindet; dieser Verlust ist nach Will. Herschel's Beobachtungen wandelbar von 1/30 bis zu 1/3,
                              je nach der Beschaffenheit des Glases, vom reinen farblosen Spiegelglas oder weißen
                              Flintglas abwärts.Man sehe die Tabelle von Wilh. Herschel in Rees Encyclopädie, Artikel Light. Reducirt sich aber der Einfallswinkel auf 60°, so findet ein merklich
                              größerer Verlust statt, welcher bei fernerer Abnahme dieses Winkels rasch
                              zunimmt;Man sehe Bouguer's Tabelle ebendas. ein so schiefer Einfallswinkel ist daher zu vermeiden. Dieser Verlust
                              besteht ferner bei gemaltem Glase in dem aus Mangel an Durchsichtigkeit verloren
                              gehenden Licht; hauptsächlich aber besteht er in dem großen Ueberschuß von Orange in
                              dem Licht, welches durch die beiden vorhergehenden Ursachen nicht aufgehalten wurde,
                              indem dieses Orange wie erwähnt, von dem Blau des Medium absorbirt wird. Der
                              Gesammtverlust läßt sich in jedem Fall vermittelst der Schatten auf die gewöhnliche
                              Weise leicht ermitteln. Doch wird bei Anwendung einer hellen Flamme und gutem, in
                              der Masse oder auf der Oberfläche gefärbtem Glase der Verlust 5/6, oder höchstens
                              6/7 nicht übersteigen; er kann weniger betragen.
                           Der Verlust an Licht hat natürlich auch eine entsprechende Vermehrung des Aufwands
                              zur Folge; doch scheint der hierauf beruhende Einwurf nicht so erheblich zu seyn,
                              als man glauben möchte.
                           Der Mangel an Intensität bei dem durch das blaue Medium
                              modificirten Licht ist allerdings hinsichtlich einiger besondern Zwecke ein Fehler; zum gewöhnlichen
                              Gebrauch wird aber in der Regel die Intensität des künstlichen Lichts durch
                              mattgeschliffenes Glas oder andere zu diesem Behufe absichtlich angewandte Mittel
                              oft unterdrückt und zerstreut. Uebrigens kann ja durch Anwendung einer
                              verhältnißmäßig größern Flamme jede beliebige Menge neutralen Lichts erhalten und
                              nöthigenfalls mittelst Linsen concentrirt werden oder man kann zweckmäßig
                              construirte metallene Reflectoren anwenden, welche eine bedeutende Vergrößerung der
                              Flamme überflüssig machen. Mir ist kein anderes ebenso zweckmäßiges und wenig
                              kostendes Mittel zur Erzeugung eines gleichförmigen neutralen Lichts oder
                              künstlichen Tageslichts bekannt, wie es zu vielen Zwecken so wünschenswerth ist.
                           Nur mit schwacher Zuversicht lege ich diese Winke vor; hoffe jedoch, daß sie
                              wenigstens den Nutzen gewähren werden, daß sie die Aufmerksamkeit competenterer
                              Männer auf die Erzeugung weißen oder neutralen Lichtes hinlenken.
                           Nachschrift. – Seitdem ich diese Beobachtungen
                              niederschrieb, wurde ich auf eine kurze populäre Abhandlung „on the influence of artificial Light in causing impaired
                                    vision etc.“ von Dr. James Hunter, Edinburg 1840Polytechn. Journal Bd. LXXX S.
                                       119. aufmerksam. Eines der vom Verfasser angewandten Mittel, um den nachtheiligen
                              Wirkungen des künstlichen Lichtes zu begegnen, gründet sich auf das richtige
                              Princip, das Vorwalten des Orange in demselben zu corrigiren, um weißes oder diesem
                              nahekommendes Licht zu erzeugen. Obgleich aber die von ihm vorgeschlagenen Mittel
                              als Palliative für medicinische Zwecke hinreichen mögen, so scheinen sie doch nicht
                              für Kunstzwecke anwendbar zu seyn. Eines dieser Mittel besteht darin, über einer
                              Argand'schen oder einer flachen Flamme einen conischen Reflector anzubringen, dessen
                              Innenseite ohne Glanz und in einer blauen Nüance angestrichen ist, um das Orange zu
                              absorbiren und blaue Strahlen niederzuwerfen, wodurch das unten befindliche
                              orangegelbe Licht verbessert wird. Allein als ich dieß über einer Argand'schen
                              Flamme mit der vorgeschriebenen, so wie auch mit einem dunklern blauen Nüance
                              versuchte, fand ich, daß der orangegelbe Ton nicht wesentlich unterdrückt wurde. Der
                              Verfasser empfiehlt auch die Absorption des Ueberschusses an Orange dadurch zu
                              bewirken, daß man das künstliche Licht durch ein blaues Medium dringen läßt. Eine
                              der zu diesem Behufe vorgeschlagenen Methoden besteht darin, der Argand'schen Lampe
                              einen Glasschlot von sehr blaßblauer Farbe zu geben und das hindurchdringende Licht durch einen
                              glänzenden conischen metallenen Reflector herunterzuwerfen; aber der dabei
                              anzuwendende blaue Ton ist sehr unbestimmt angegeben. Ein anderes Verfahren besteht
                              darin, das Licht einer Argand'schen oder flachen Flamme mittelst eines ähnlichen
                              Reflectors durch eine unter der Flamme angebrachte Glasscheibe fallen zu lassen,
                              welche in einem so tiefen Ton blau gefärbt ist, daß ein beim Tageslicht
                              hindurchgesehenes Stück weißen Papiers beinahe himmelblau erscheint oder (Behufs des
                              Holzschneidens u. dergl.) das mit einem gewöhnlichen weißen Reflector über der
                              Flamme versehene Licht durch eine große kugelförmige Glasstasche fallen zu lassen,
                              die nach derselben Norm gefärbtes Wasser enthält. Allein die Intensität der Bläue
                              des Himmels wechselt durch alle Töne, von dem dunkelsten bis zum blassesten, nach
                              der geographischen Breite des Orts, dem Zustand der Atmosphäre, oder dem
                              beobachteten Theil des Himmels, indem das Blau gegen den Zenith in der Regel um
                              vieles dunkler ist als das gegen den Horizont. Auch ist zu bemerken, daß bei dieser
                              Art von Absorption mehr oder weniger von dem künstlichen Licht unverändert
                              entweicht, was bei meinem Verfahren verhindert wird. Durch Adjustiren der Farbe im
                              Einklang mit weißem natürlichem Licht erhalte ich eine genaue, richtige und
                              unwandelbare Norm, welche die Erzeugung eines, zu jedem Gebrauch in den Künsten
                              geeigneten, reinen, weißen Lichts sichert.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
