| Titel: | Beobachtungen über die Cultur und Zubereitung des Krapps, auf einer Reise in Zeeland gemacht von Hrn. Decaisne. | 
| Fundstelle: | Band 104, Jahrgang 1847, Nr. LXXXIV., S. 389 | 
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                        LXXXIV.
                        Beobachtungen über die Cultur und Zubereitung des
                           Krapps, auf einer Reise in Zeeland gemacht von Hrn. Decaisne.
                        Aus den Comptes rendus, März 1847, Nr.
                              11.
                        Decaisne's Beobachtungen über die Cultur des Krapps.
                        
                     
                        
                           Mein früheres Studium der Cultur des Krapps und der Entwickelung seines Farbstoffs
                              veranlaßt mich, die seit Herausgabe meines Werks im Krappbau eingetretenen
                              Veränderungen, deren mehrere sich von diesen Untersuchungen herschreiben, aufmerksam
                              zu verfolgen. Die neue Bewegung im Anbau sowohl als im Handel mit diesem Artikel in
                              Zeeland datirt sich nämlich genau ein Jahr nach der Herausgabe meines Werkes, wie
                              dieß die von der holländischen Regierung über die Krappcultur, die Fabrikzeichen,
                              die Ernennung geschworner Probirer etc. erlassenen Verordnungen beweisen.
                           Die Cultur und Fabrication des Krapps in Zeeland hatten daher für mich ein doppeltes
                              Interesse; ich war begierig, die holländischen Verfahrungsweisen mit denjenigen in
                              der Grafschaft Avignon zu vergleichen.
                           Die drei Zeeland'schen Inseln, welche ich besuchte, sind Schouwen, Walcheren und
                              Zuyd-Beveland; die schönen Krapp-Culturen befinden sich auf der ersten
                              und letzten derselben. Das ihren Polder ausmachende Erdreich ist ungemein kalkhaltig
                              und nähert sich in seinen physischen und chemischen Eigenschaften jenem, in welchem
                              der Avignoner Krapp gewonnen wird. Die übereinander liegenden Erdschichten der Insel
                              Zuyd-Beveland sind im Ganzen genommen beinahe identisch mit jenen des Bodens
                              des eigentlichen Hollands (nach Elie de
                                 Beaumont's Leçons de géologie
                                 pratique, p. 262). Das Torfmoor, wovon ich viel gehört hatte, und auf
                              welchem am berühmten Wilhelmina-Polder der Krappboden liegt, gehört einer
                              Süßwasser-Formation an; die große Menge Laubs von Sphagnum, welches einen Bestandtheil dieses Torfs ausmacht, läßt hierüber
                              keinen Zweifel übrig. Die Lage dieser Torfschicht unterhalb des Niveau's der Ebbe
                              ist wahrscheinlich einem Einsinken oder Setzen des Bodens zuzuschreiben, welcher mit
                              den Gewächsen auf dem Meeresgrunde nichts gemein hat.
                           Die auf Zeeland lange vernachlässigte Krappcultur erhielt von Seite der Regierung
                              seit dem Jahr 1837 einen neuen Impuls, und die Krappfabrikanten hoffen, daß ihr
                              Product bald wieder so in Aufnahme kommen werde, wie es mehrere Jahrhunderte fort der Fall war. Ich
                              hatte die Genugthuung zu bemerken, daß die neuen Verfahrungsweisen, sowohl des
                              Anbaues als der Verfertigung des Pulvers, gegenwärtig nach der in meiner Abhandlung
                              enthaltenen wissenschaftlichen Anleitung betrieben werden.
                           Ich glaube nachgewiesen zu haben, daß die Masse der Wurzeln und ihr Gehalt an
                              Farbstoff um so größer sind, je weiter der Krapp im Alter vorgerückt ist; was für
                              meine Behauptung ferner spricht ist, daß gegenwärtig, wo immer die Eintheilung in
                              Schläge es gestattet, die Zeeländischen Landleute die zweijährige Cultur verlassen,
                              um die dreijährige Bewirthschaftung einzuführen. Ein ausgezeichneter Landwirth,
                              Eigentümer eines Theils des Wilhelmina-Polders in der Gegend von Goes,
                              berechnete im verflossenen Jahr das mittlere Erträgniß der Hektare seiner 60
                              Hektaren dreijährigen Krapps zu 6096 Kilogr. Dieses Erträgniß nähert sich dem von
                              Hrn. v. Gasparin für die
                              Färberröthe der Grafschaft Avignon angenommen (50 bis 55 metrische Centner).
                           Ich hatte beobachtet, daß daß Rindenparenchym, welches die eigenthümliche Substanz
                              enthält, in den unter dem Boden gewachsenen Stengeln sich sehr stark entwickelt;
                              dieß veranlaßte mich, das Anhäufen der Erde um die Pflanzen als das wirksamste
                              Mittel zu empfehlen, um die Entwickelung des Farbstoffs in den unterirdischen
                              Stengeln zu befördern, und diese früher nur zu oft vernachlässigte Operation ist
                              gegenwärtig eine regelmäßig befolgte; es wurden zu diesem Zweck zweierlei Pflüge
                              construirt, einer mit beweglichen Streichbrettern.
                           Ich glaube behaupten zu können, daß das Klima keinen Einfluß auf den Grad der Färbung
                              des Krapps hat. Wirklich besteht der auf den kalkigen Poldern cultivirte Krapp die
                              Concurrenz mit dem Avignoner Krapp auf den Märkten der vorzüglichsten Fabrikstädte
                              Europa's und der Vereinigten Staaten; er erfordert keinen Zusatz von kohlensaurem
                              Kalk beim Färben und liefert unmittelbar dauerhafte Farben. Wollte man einwerfen,
                              daß nicht aller Zeeland'sche Krapp die angegebenen Eigenschaften besitzt, so muß ich
                              darauf erwiedern, daß diese Ausnahmen, wenn sie stattfinden, ihren Grund nur in der
                              chemischen Zusammensetzung des Erdreichs haben. Endlich haben die Zeeland'schen
                              Fabrikanten in Folge meiner Beobachtungen über den Einfluß welchen das Sonnenlicht
                              und feuchte Luft auf das Pulver haben, auch die Nothwendigkeit eingesehen, die
                              Wurzeln in durch künstliches Licht erleuchteten und durch eine gleichmäßige
                              Temperatur trocken erhaltenen Sälen zu pulvern. Das Erdreich einiger Polder enthält
                              wirklich nach Hrn. Elie de
                                 Beaumont's Beobachtung 75 Proc. Kieselerde und besitzt folglich die
                              für die Färberröthe erforderliche Menge Kalks nicht.