| Titel: | Ueber das Brennen des ächten Porzellans mit Steinkohlen; von Vital-Roux, Porzellanfabrikant zu Noirlac bei St. Amand (Dpt. Cher). | 
| Fundstelle: | Band 104, Jahrgang 1847, Nr. XCV., S. 437 | 
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                        XCV.
                        Ueber das Brennen des ächten Porzellans mit
                           Steinkohlen; von Vital-Roux, Porzellanfabrikant zu Noirlac bei St. Amand (Dpt. Cher).
                        Aus dem Technologiste, Mai 1847, S.
                              346.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        Vital-Roux, über das Brennen des ächten Porzellans mit
                           Steinkohlen.
                        
                     
                        
                           Bisher hielt man es fast für unmöglich oder wenigstens für sehr schwierig, die
                              Steinkohle zum Brennen des ächten Porzellans anzuwenden. Hr. Brongniart spricht in seinem vortrefflichen Traité des arts céramiques von derartigen
                              Versuchen, welche ehemals zu Lille angestellt wurden und von Anwendungen dieses
                              Brennmaterials welche die Porzellanfabrikanten in Deutschland machten. Zu Lille
                              wurden diese Versuche längst aufgegeben und das Brennverfahren in Deutschland finde
                              ich unvollkommen und ziemlich unsicher.
                           Da ich entschlossen war die Lösung dieses Problems mit Ausdauer zu verfolgen, mußte
                              ich zuerst über die wesentlichen Bedingungen zum Brennen des ächten Porzellans im
                              Reinen seyn. Dann war die Aufgabe die Steinkohlen so anzuwenden, daß dabei nicht nur
                              an Brennmaterial erspart wird, sondern die Methode sich auch für die jetzt
                              gebräuchlichen Porzellanöfen eignet, d.h. daß die Fabrikanten ihre gegenwärtigen
                              Oefen von jeder Größe und Form bloß mittelst einer wenig kostspieligen Abänderung
                              der Feuerungen benutzen können.
                           Die Erfahrung hat mich gelehrt, daß eine lange und reichliche Flamme, welche den
                              ganzen Hohlraum des Ofens ausfüllen kann, eine unumgängliche Nothwendigkeit für
                              diese Art von Fabrication ist, Denn einerseits erfordert die unschmelzbare Masse des
                              Porzellans, um gebrannt zu werden, und andererseits die harte Glasur desselben, um
                              in Fluß zu kommen, eine beträchtliche Hitze und folglich viel Flamme. Gerade die
                              Schwerschmelzbarkeit und Undurchscheinenheit des Products sind nach meiner Meinung
                              die Ursache, daß das Porzellan so sehr geneigt ist sich im Ofen zu färben und es muß
                              daher die Flamme in solchem Ueberschuß vorhanden seyn, daß der Ofen beständig damit
                              angefüllt ist und überdieß diese Flamme mit solcher Geschwindigkeit abgezogen
                              werden, daß der Rauch nicht verweilen kann. In der That habe ich mich auch überzeugt, daß wenn in
                              Folge einer schlechten Anordnung des Zugs oder beim Einsetzen der Kapseln, die
                              Flamme in einem Theil des (mit Holz oder Steinkohlen geheizten) Ofens fehlt, die
                              Producte dieses Theils immer gefärbt (nach dem technischen Ausdruck gelb) sind.
                           Man betrachtete daher die Steinkohle als ein Brennmaterial welches sehr schwierig
                              oder gar nicht angewandt werden kann. Ihr Rauch kann schädlich seyn, weil er fette
                              und schweflige Substanzen enthält. Außerdem nahm man an, daß die Steinkohle bei
                              ihrer Verbrennung nicht so viel Flamme erzeugen kann als zum Brennen des Porzellans
                              erforderlich ist.
                           Ich mußte also einen neuen Weg einschlagen und stellte meine ersten Versuche mit
                              Kohks an, wobei ich folgendermaßen verfuhr. Ich brachte den Rost unter der Ofensohle
                              an und nachdem ich einige Zeit Kohks zum Vorfeuern gebrannt hatte, verschloß ich die
                              Luftfänge der Feuerungen genau; hierauf hoffte ich mittelst eines Ventilators
                              welcher durch verschiedene Leitungen comprimirte Luft unter den Rost führte, eine
                              hinreichende Menge brennbares Gas entwickeln zu können. In der That wurde auch
                              beträchtlich viel Hitze und Flamme erzeugt; nach Verlauf weniger Stunden hatten
                              dieselben aber alles zerstört, die Gewölbe der Feuerungen, die Backsteine und
                              Kapseln; doch erhielt ich nach siebenstündigem Feuern gut gebranntes und weißes
                              Porzellan.
                           Dessenungeachtet gab ich dieses Verfahren als unanwendbar auf; da die comprimirte
                              Luft so sehr viel Flamme entwickelte, so folgerte ich daß es möglich seyn dürfte die
                              Flamme der Steinkohlen dadurch hinreichend zu verlängern, daß man ihr eine
                              beträchtliche Menge Luft von gewöhnlichem Druck zuführt. Um einen Versuch hierüber
                              anstellen zu können, erbaute ich einen Ofen von 2,66 Meter Durchmesser und brachte
                              den Rost in einer Höhe von 0,5 Meter über der Aschenraumsohle an. Ich erhielt
                              bessere aber doch noch unvollkommene Resultate; die Flamme war noch nicht reichlich
                              genug. Ich bekam in gewissen Theilen des Ofens ein sehr weißes Porzellan; aber
                              zwischen jeder Feuerung, da wo die Flamme unzureichend war, färbte sich das
                              Porzellan.
                           Nun unterstützte mich Hr. Merkens mit seinem Rath und wir wandten ein System, nämlich Oefen
                              mit doppeltem Luftzug an, welches zu einem vollständigen Erfolg führte. Ich ließ nun
                              meine Aschenräume von 1,50 Meter herstellen und mittelst eines Gewölbes äußere Luft
                              einziehen. Meine Röste wurden einerseits durch den Luftfang gespeist, welcher von
                              der Ofensohle bis zum Rost 0,5 Meter hoch war und andererseits durch den sogenannten
                              Luftfang welcher unter dem Verbindungsgewölbe nach den Rösten zog.
                           
                           Drei nach einander vorgenommene Brände lieferten uns vollkommene Resultate; wir
                              hatten nicht ein einziges gefärbtes Stück; das Glattbrennen ließ nichts zu wünschen
                              übrig und das Verglühen war vollkommen; kurz, es verhielt sich alles wie in einem
                              mit Holz geheizten Ofen; die zum Brennen verwendete Zeit war beiläufig dieselbe wie
                              mit Holz, auch die Flamme der Feuercanäle und des Schornsteins eben so reichlich wie
                              mit letzterm.
                           Ich wandte hierauf diese Versuche im Großen an und habe nun in täglichem
                              Gebrauch:
                           1) Einen Ofen von 4,66 Meter Durchmesser, 3 Meter Höhe am Viereck des Gewölbes und
                              4,33 Meter am Schlüssel (Schieber) des Gewölbes (oder Schornstein) des oberen Raums.
                              Dieser Ofen ist mit acht Feuerzügen versehen; das Gewölbe des oberen Raums ist mit
                              acht Feuercanälen (Oeffnungen) zwischen jedem Feuerzug versehen und in der Mitte
                              dieses Gewölbes ist der Schornstein angebracht.
                           2) Einen andern Ofen von 5,66 Met. Durchmesser, 3 Met. Höhe am Viereck des Gewölbes,
                              4,33 Met. Höhe am Schlüssel des Gewölbes des oberen Raums. Dieser Ofen ist mit zehn
                              Feuerzügen versehen; durch das Gewölbe des oberen Raums gehen zehn Feuercanäle
                              zwischen jedem Feuerzug und in der Mitte des Gewölbes ist der Schornstein
                              angebracht.
                           Die Dimensionen der Röste beider Oefen sind dieselben, nämlich 0,84 Meter Länge auf
                              0,48 Meter Breite; der Zwischenraum der Stangen beträgt 18 Millimeter.
                           Außer den Abänderungen an den Feuerungen und Luftfängen wurde also an den
                              Verhältnissen und Dimensionen der gewöhnlichen Oefen nichts geändert.
                           Als der Ofen von 4,66 Meter Durchmesser mit Holz geheizt wurde, hatte er fünf
                              Feuerzüge; mit Steinkohlen hat er deren acht; der Ofen von 5,66 Met. Durchmesser
                              hatte bei der Holzfeuerung sechs Feuerzüge, mit Steinkohlen hat er deren zehn.
                           Seit der Anwendung der Steinkohlen statt des Holzes in den Oefen zu Noirlac, welche
                              seit mehr als drei Monaten in Gebrauch ist, stellt sich die Ersparniß an den Kosten
                              des Brennmaterials folgendermaßen heraus:
                           
                              
                                       Der Ofen von 4,66 Meter
                                    Durchmesser verbrauchte im Mittel per
                                    Brand 96 Sters Eichen- oder Buchenholz, wovon im Bezirk von
                                    St.Amand der Ster gespalten und an den Ofen transportirt auf 7 Frcs.
                                    zustehen kommt, also für
                                 672 Fr.
                                 
                              
                                       Er verzehrt jetzt stündlich
                                    150 Hektoliter Steinkohlen vonCommentry, à 1 Fr. 80 Cent. der Hektoliter
                                 270  „
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                                                                                         
                                    Differenz
                                 402 Fr.
                                 
                              
                                       Der Ofen von 5,66
                                    Meter Durchmesser verbrauchte per Brand
                                    120Sters Holz à 7 Frcs.
                                 840 Fr.
                                 
                              
                                       Er verzehrt jetzt stündlich
                                    220 Hektoliter Steinkohlen à 1 Fr.
                                    80Cent.
                                 396  „
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                                                                                           Differenz
                                 444 Fr.
                                 
                              
                           Außer dieser Ersparniß an Brennmaterial hat man aber noch andere Vortheile:
                           1) Ein vollkommeneres Brennen, indem die Artikel ganz gleichförmig gebrannt werden,
                              in der Mitte wie an den Seiten, oben wie unten.
                           2) Die Kapseln, deßgleichen die Ofenwände und Gewölbe werden viel weniger beschädigt.
                              Bei Anwendung von Holz verbindet sich die Asche desselben mit der Kieselerde der
                              Kapselmasse und der Backsteine an den Wänden der Oefen und verglast sie an der
                              Oberfläche; in Folge dieser Verglasung zerbrachen bisher die Kapseln beim Erkalten
                              leicht.
                           Beim Brennen mit Steinkohlen findet hingegen keine Verglasung statt; die Wände der
                              Oefen bleiben wie vor dem Heizen und die Kapseln bleiben ohne alle Veränderung so
                              wie man sie stellte.Einem Auszug dieser Abhandlung in den Comptes
                                       rendus (welcher bereits im polytechn. Journal mitgetheilt wurde)
                                    fügte Hr. Alex.
                                       Brongniart die Bemerkung bei, daß Hr. Renard zu St. Gond bei Etoges (Dpt. Marne) Versuche anstellt um ächtes
                                    Porzellan mit den aus Torf erzeugten Gasen zu brennen und daß dieselben bis
                                    jetzt günstige Resultate lieferten.
                              
                           
                        
                           Erklärung der Abbildungen.
                           Fig. 18 ist
                              der Durchschnitt auf der Linie CD des
                              Grundrisses.
                           Fig. 19 ist
                              zur Hälfte der Durchschnitt auf der Linie AB des
                              Grundrisses Fig.
                                 18, und zur Hälfte die äußere Ansicht auf der Linie EF
                              Fig. 18.
                           1 innerer Theil des Ofens (Gutofen oder Glattbrennofen).
                           2 oberer Theil, sogenannter gewölbter Raum.
                           3 oberer Schornstein.
                           4 Schornstein des inneren Theils (Gutofens), welcher in den gewölbten Raum
                              hineinreicht.
                           5 Thüre des inneren Theils des Ofens.
                           6 Thüre des oberen gewölbten Raums.
                           7 Ausmündung der Feuerungen in den Ofen.
                           8 kleine Oeffnung um den Rost zu wechseln, wenn der innere Theil des Feuerraums
                              verstopft seyn sollte.
                           9 Aschenraum und Lüftungsgallerie.
                           
                           10 Feuercanäle im Gewölbe des oberen Raums.
                           11 Sohle des oberen Raums.
                           12 Sohle des Ofens.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
