| Titel: | Miscellen. | 
| Fundstelle: | Band 104, Jahrgang 1847, Nr. , S. 232 | 
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                        Miscellen.
                        Miscellen.
                        
                     
                        
                           Für einen Eisenbahnbetrieb sind selbst bei Anwendung
                              elektrischer Telegraphen die optischen Signale nie zu entbehren; von R. Treutler.
                           Einem Vortrag des Verf. in der Sitzung des Vereins für Eisenbahnkunde in Berlin am 9
                              März 1847 (als Manuscript gedruckt bei J. Sittenfeld in Berlin) entnehmen wir
                              folgendes:
                           Die Mittheilungen, die bei dem Betriebe einer Eisenbahn auf telegraphischem Wege zu
                              machen nothwendig oder wünschenswerth sind, zerfallen in zwei Haupttheile –
                              einmal, in eine gleichsam ausführlichere Correspondenz, diese wird nur durch
                              elektrische Telegraphen möglich werden, und zweitens, in solche, die bis jetzt bei
                              uns in Preußen durch optische Signalsysteme gegeben wurden und die das sogenannte
                              Signalwesen in sich einschließt. Die erste Art, die gewissermaßen ausführlichere
                              Correspondenz, wird für kurze Bahnen, sobald sie keine besonderen Verhältnisse durch
                              unregelmäßige Frequenz u. dgl. haben, weniger von Interesse seyn, als für längere;
                              die letztere Art aber ist eine Nothwendigkeit für alle
                              Bahnen, da auf ihr zum größten Theil die Sicherheit der fahrenden Züge, des
                              reisenden Publicums beruht. Sie zerfällt, wie bekannt, in durchgehende und locale Signale. Daß da, wo
                              elektrische Telegraphen angelegt sind, mittelst dieser die von Bahnhof zu Bahnhof
                              durchgehenden Signale eben so schnell und sicher wie jede andere Correspondenz
                              gegeben werden, liegt klar am Tage; auch ist es bereits gelungen durch Anbringen von
                              Glocken über den einzelnen Wärterbuden, z.B. bei dem elektrischen Zeichen
                              „der Zug kommt,“ durch ein sich auslösendes Gewicht und
                              somit entstehendes Tönen der Glocken ein Signal zu geben, dieß ist aber nur ein
                              Avertissementssignal für die Wärter allein, und kann nicht all' die Anforderungen
                              erfüllen, die an das Zeichen „der Zug kommt,“ gemacht werden
                              müssen. Die eigentlichen localen Signale kann eine solche Vorrichtung gar
                                 nicht ersetzen, indem diese eine Nachricht über den localen Zustand der Bahn geben sollen, und zwar einmal dem Nachbarwärter,
                              zweitens aber und ganz besonders dem sich in Bewegung befindenden Zuge. Dem
                              fahrenden Zuge muß wie bekannt, jeder Wärter schon aus der größtmöglichen Entfernung
                              sagen können ob die Bahn in völliger Ordnung sey, ob langsam gefahren, oder ob gehalten werden müsse. Daß diese Signale durch
                              den elektrischen Telegraphen nie zu geben seyn werden, liegt in der Natur der Sache,
                              eben so einleuchtend aber ist ihre Wichtigkeit, besonders wenn man bei einem
                              praktischen Bahnbetrieb Gelegenheit gehabt hat die Unsicherheit des Lokomotivführers
                              zu bemerken, sobald ihm positive Zeichen darüber fehlen,
                              oder diese nicht deutlich genug erscheinen. Für den Fall des „Halt“-Signals ist dieß auch dem
                              Nachbarwärter wahrzunehmen nothwendig, damit er möglichst vorher schon dasjenige zum
                              langsam Fahren geben kann.
                           Hiefür sind also entschieden stets andere als durch den elektrischen Strom erzeugte
                              Signale anzuwenden; aber auch außer diesen muß ich auf einige wesentliche Punkte
                              aufmerksam machen, für die es unerläßlich seyn wird bei Vorhandenseyn eines
                              elektrischen Telegraphen noch neben diesem über andere Signalvorrichtungen gebieten
                              zu können.
                           Höchst wesentlich nämlich ist es unter andern für das Signal „der Zug
                                 kommt,“ daß dieß für die ganze Dauer der
                              Fahrt, und zwar unabhängig vom elektrischen Telegraphen (durch den Wärter gegeben),
                              wahrnehmbar bleibt, damit
                           1) jeder Wärter seinen Nachbar controliren kann, daß er auch auf seinem Posten,
                              und
                           2) damit die die Bahn passirenden, namentlich anwohnenden Leute selbst eine Nachricht haben wenn die Bahn passirbar sey, oder wenn solches
                              unterbleiben müsse.
                           
                           Außer dem Beispiel, daß ein Wärter oft mehrere Uebergänge zu bewachen hat, erinnere
                              ich hier ganz besonders an die Fälle wo solche Anwohner selbst Schlüssel für die
                              Barrieren besitzen, diese sind also lediglich auf ein derartiges Zeichen angewiesen. Ein solches Zeichen aber durch Läuten von
                              Glocken zu geben ist deßhalb unzureichend, weil die Glockentöne einmal gegeben,
                              sogleich verschwunden sind, es also für die Zeit, bis der Zug wirklich vorbei, gänzlich unwahrnehmbar ist. Wollte man nun anstatt der
                              Glocken irgend ein sichtbares Zeichen mit dem elektrischen Strome in Verbindung bringen, das hieße eben nur geradezu meine
                              Behauptung, daß optische Signale bei dem Betrieb von Eisenbahnen auch für
                              durchgehende Signale nicht entbehrlich, bestätigen, und würde den Vortheil der von
                              jedem Wärter zu gebenden Zeichen nicht enthalten, daß jeder nächste Wärter den
                              Nachbar controliren kann, ob er auch auf seinem Posten. Ganz analog mit dem über das
                              Signal „der Zug kommt“ Gesagten, ist der Beweis für die
                              Wichtigkeit eines sichtbaren Zeichens für das Signal
                              „der Zug kömmt nicht.“ Für den Fall ferner, daß eine
                              Hülfslocomotive beordert werden muß, ist es sehr wesentlich, daß neben der
                              elektrischen Nachricht ein die ganze Linie entlang
                                 wahrnehmbares Zeichen dieselbe durchläuft, damit die Wärter gehörig auf
                              ihrem Posten, und auch etwa mit Auswechseln von Schwellen und Schienen beschäftigte
                              Leute davon unterrichtet werden, daß binnen kurzem die Stränge passirbar seyn
                              müssen.
                           Aber auch für den Führer der Hülfslocomotive ist es von größter Wichtigkeit, daß
                              jeder Wärter wisse, daß eine solche beordert ist, damit er überall ein Fahrzeichen
                              oder das Signal, daß die Bahn in Ordnung, oder wo er langsam fahren und halten
                              soll, vorhanden findet, um so schnell und sicher wie möglich zu Hülfe zu eilen, denn
                              da kann namentlich für die Dunkelheit selbst die genaueste elektrische Nachricht,
                              wo der hülfsbedürftige Zug liegen geblieben, nicht genügen, zumal in praxi
                              oft ein solcher sich nach Abgabe des Hülfssignals noch bewegt und dadurch also, oder durch nicht Erkennen der Oertlichkeit,
                              von Seiten des Führers der Hülfsmaschine, ein Zusammenrennen unvermeidlich wäre.
                           Es leiten aber auch endlich die Betrachtungen über die
                                 Einwirkung atmosphärischer Elektricität auf den elektrischen Telegraphen
                              auf das Bedürfniß hin, bei Eisenbahnen neben dieser Signalart über eine andere, von
                              dem elektrischen Telegraphen ganz unabhängige disponiren zu können. Die
                              atmosphärische Elektricität übt nämlich zuweilen auf den elektrischen Telegraphen
                              höchst störenden Einfluß aus, indem sie entweder die künstliche Elektricität
                              neutralisirt, und dadurch ein Zeichen geben mittelst des elektrischen Telegraphen
                              verhindert, oder aber selbst beliebige Zeichen erzeugt. – Wenn zwei oder
                              mehrere Gewitterwolken zusammen gerathen und sich gegenseitig ihrer Elektricität
                              entladen, oder aus der Erde das Fluidum aufnehmen und wieder abgeben, oder wenn die
                              Bodenelektricität überwiegend ist, so erfahren wir, wirkt das auf die
                              Telegraphendrähte in der Art, daß sie eine sonderbare, originelle Sprache reden
                              u.s.w. Bei einer wirklichen Correspondenz wird es sich sehr bald herausstellen, ob
                              es freiwillige oder unfreiwillige Zeichen sind, und würde ein Verzug durch momentane
                              Neutralisirung der künstlichen Elektricität auch nicht erheblich seyn. Anders
                              gestaltet sich dieß wohl aber für den Betrieb einer Eisenbahn und für deren isolirte Zeichen. Störend ist es da schon, z.B.
                              verhindert zu seyn in jedem Moment das Fahrsignal zu geben, unglückbringend muß es aber seyn, wenn atmosphärische Elektricität Zeichen
                              hervorbringt, wie z.B. wenn der Zug in Bewegung, das Hülfszeichen entstände, und
                              dergleichen mehr.
                           Darnach nun auch dürften neben den ausgezeichneten Eigenschaften des elektrischen
                              Telegraphen andere Signale für die Eisenbahnen immer einen gewissen wesentlichen
                              Werth behalten, ja sogar wie behauptet unentbehrlich
                              seyn, wenn man alles dasjenige zusammenfaßt, was vorher über die localen Signale und die Zeichen: der Zug kommt! der Zug
                              kommt nicht! Hülfslocomotive! etc. gesagt worden ist, zumal diese Zeichen alle Signale in sich enthalten, die bis jetzt bei dem
                              Betrieb von Eisenbahnen gebräuchlich.
                           Da die acustischen Signale, einmal gegeben, sogleich wieder verschwinden, in
                              mannichfacher Ausbildung schwer von einander zu unterscheiden sind und zu sehr durch herrschenden Wind oder Sturm gestört
                              werden, wurden sie bei uns durch den gewöhnlichen optischen, nach dem Princip des
                              sogenannten englischen Küstentelegraphen gebildeten, verdrängt, und da in dieser
                              Beziehung schon mehrere Bahnen den von meinem Vater erfundenen Spiegel-TelegraphenPolytechn. Journal Bd. XCIX S.
                                       84. eingeführt haben, möge es mir vergönnt seyn hieran einige Mittheilungen über
                              die gewonnene praktische Anwendung, desselben, den Kostenpunkt seiner Anschaffung
                              und Unterhaltung etc. zu knüpfen.
                           Wie bekannt, gewährt gedachter Spiegel-Telegraph namentlich die Vorzüge:
                           daß seine Zeichen bei Tag und Nacht vollkommen gleich sind, mithin sämmtliche bisher angewandten Signale auf
                              die Hälfte dadurch reducirt werden, daß ferner das
                              Licht der Nachtzeichen mehr atmosphärische Verhältnisse
                              überwindet als bisher angewandte, er auch durch die Form
                              seiner Zeichen des Nachts die Mängel einzelner Lichter, deren höhere oder niedere
                              Anbringung, die verschiedenen Farben derselben, beseitigt, sowie bei Constellation
                              von Lichtern deren schwerfällige Bedienung u.s.w.
                           Er wurde zuerst eingeführt:
                           
                              
                                 im Herbst 1843 auf der
                                    Breslau-Schweidnitz-Freyburger      Eisenbahn
                                 = circa 10 Meilen,
                                 demnach
                                 
                              
                                 im Herbst 1844 auf der
                                    Breslau-Liegnitzer Strecke
                                    der      Niederschlesisch-Märkischen
                                    Eisenbahn
                                 = circa   8 Meilen,
                                 
                                 
                              
                                 im Herbst 1845 auf der
                                    Liegnitz-Bunzlauer Strecke
                                    der      Niederschlesisch-Märkischen
                                    Eisenbahn
                                 = circa   6 Meilen,
                                 
                                 
                              
                                 im Sommer 1846 zwischen Berlin und
                                    Bunzlau
                                 = circa 32 Meilen,
                                 
                                 
                              
                                 und auf der Glogau-Saganer
                                    Bahn
                                 = circa   9
                                    Meilen,
                                 
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––
                                 
                                 
                              
                                                                             
                                    so daß von diesen im Ganzen
                                 über     65 Meilen,
                                 
                                 
                              
                           auf denen dieser Telegraph bei uns bis jetzt in Preußen in
                              Anwendung gekommen,
                           
                              
                                 er
                                 auf circa 41 Meilen schon
                                    über 1/2 Jahr,
                                 
                              
                                 
                                 auf circa   6
                                    Meilen schon über 1 volles Jahr,
                                 
                              
                                 
                                 auf circa   8
                                    Meilen aber schon über 2 volle Jahre,
                                 
                              
                                 
                                 auf circa 10 Meilen sogar
                                    schon über 3 volle Jahre
                                 
                              
                           in praktischem täglichen Dienste sich befindet, in einem
                              Dienst der ganz besonders in der schlesischen Gebirgsgegend durch Nebel und sehr
                              strenge, schneereiche Winter erschwert ist.
                           Günstige theoretische Begutachtungen waren bereits früher von anerkannten technischen
                              Autoritäten darüber ertheilt worden, deren Ansichten sich nun auch durch den
                              praktischen Gebrauch des Telegraphen ausreichend bestätigt haben.
                           Gegen Ende v. J. wünschte sowohl das sächsische Ministerium als auch die Bonn-Kölner Eisenbahn-Gesellschaft neuere
                              Gutachten über die praktische fernere Bewährung unserer Telegraphen zu haben. Hr.
                              Ober-Ingenieur Cochius
                              sandte folgendes Gutachten ein:
                           
                              „Dem Wunsch des Hrn. G. A.
                                    Treutler gemäß finde ich mich mit Bezug auf meine, bereits im
                                 Junius 1845 abgegebene Begutachtung seines Tag- und
                                 Nacht-Telegraphen, und in Betracht, daß ich demselben nunmehr seit länger
                                 denn 3 Jahren eine unausgesetzte Aufmerksamkeit gewidmet habe, veranlaßt, die in
                                 der gedachten Begutachtung aufgeführten Vorzüge desselben nicht allein aufs neue
                                 und in jeder Beziehung hiedurch vollkommen zu bestätigen, sondern noch
                                 insbesondere hervorzuheben wie auch beim Oelverbrauch ein äußerst günstiges
                                 Resultat erzielt worden ist.
                              
                           Auf der Freyburger Bahn sind 38
                              Doppel- und 46 einfache Telegraphen – mit
                              168 Stück Flammen versehen. Die Dauer der Brennzeit jeder Flamme belief sich im Jahr
                              1846 auf 388,6 Stunden und der Oelverbrauch auf überhaupt 2682 Pfd., so daß also die
                              Flamme in der Stunde 2782/(168 . 388,6) oder 1,36 Loth verzehrte.
                           Breslau, den 9. Januar 1847.
                           Der Ober-Ingenieur und Betriebs-Director
                           (L.
                                 S.)                    
                              Cochius.
                           
                           Dieß Document beweist namentlich auch einen geringen Oelverbrauch, die einzigen hier
                              in Betracht kommenden Unterhaltungskosten, zumal soweit mir bis jetzt bekannt
                              geworden, sich auf sämmtlichen 65 Meilen erst ein einziger Windbruch ereignete, was
                              bei Telegraphen anderer Construction weit häufiger und zum Theil sehr oft vorkommt.
                              Da jede Telegraphenstation zwei Laternen erfordert, so ist der Oelverbrauch dabei
                              also per Stunde noch nicht 2 3/4 Loth, also nach unsern
                              jetzigen Oelpreisen etwa 3 Pfg. Hr. Specialdirector Bock sagte mir sogar neulich, daß er noch günstigere
                              Resultate zu erzielen hoffe. Es wäre dieß möglich, da von Liegnitz bis Berlin neuere Laternen mit
                              verbesserter Construction angebracht sind, die bei ganz gleicher Lichtstärke (gegen
                              die älteren) weniger Oel consumiren müssen.
                           In ganz neuester Zeit ging endlich folgendes Gutachten der niederschlesischen Zweigbahn vom 18. Febr. d. J. ein:
                           Die von Euer Wohlgeboren für die niederschlesische Zweigbahn
                              gelieferten Signalvorrichtungen haben sich, was die von Ihnen hergestellten Arbeiten
                              betrifft, obgleich sie jetzt zum Theil bereits länger als ein halbes Jahr den
                              ungünstigsten Witterungseinflüssen ausgesetzt gewesen sind, als sorgfältig und
                              dauerhaft ausgeführt bewiesen, das Signalsystem selbst aber hat sich nicht minder
                              als sehr zweckmäßig bewährt. Namentlich hat es sich während des bisherigen Betriebs
                              auf unserer Bahn herausgestellt, daß die von Ihnen vorgeschlagene und von uns zur
                              Ausführung gebrachte Vereinfachung des Systems durch Fortlassung der für die
                              Localsignale bestimmten Körbe, nicht nur eine erhebliche Ersparniß begründet,
                              sondern auch die Sicherheit des Betriebs eher erhöht als vermindert, da die durch
                              die Telegraphenarme selbst zu gebenden Signale zum Langsamfahren und Halten niemals
                              der Aufmerksamkeit des Fahrpersonals entgangen sind. Der bereits anderweit
                              anerkannte Vorzug Ihres Systems, welcher sich auf die Gleichmäßigkeit der Signale
                              bei Tag und Nacht und die größere Intensivität bei starkem Nebel, Schneegestöber
                              etc. gründet, hat sich auch bei uns bewährt.
                           Wir nehmen mit Vergnügen die Gelegenheit wahr, Ihnen diese
                              Resultate unserer bisherigen Beobachtungen auf Ihren Wunsch zu berichten und
                              sprechen schließlich noch die Hoffnung aus, daß die Zuverlässigkeit, Einfachheit und
                              Ausbildungsfähigkeit des quasi Signalsystems demselben bald eine noch allgemeinere
                              Verbreitung bei den Eisenbahnen verschaffen werde.
                           Glogau, den 18. Februar 1847.
                           Die Direction der niederschlesischen Zweigbahn.
                              Bail.
                           Was nun den Kostenpunkt anbelangt, so hat sich durch die bisherige praktische
                              Anwendung reichlich ergeben, daß einschließlich des Patent-Honorars, sowie
                              überhaupt aller Kosten, und zwar hochgerechnet, ein
                              zweiarmiger Telegraph der geraden Linie mit circa 72
                              Thlr., ein dergleichen Curven-Telegraph mit circa 98 Thlr. herzustellen ist, mithin jede
                              Telegraphenstation im Durchschnitt mit 85 Thlr., das heißt die Meile (auf diese
                              durchschnittlich 10 Telegraphen gerechnet) mit 850 Thlr.
                           Betrachtet man ferner, daß bei Weglassung der Korbvorrichtung sogar noch über 5 Thlr.
                              per Telegraph davon abzurechnen ist, so wird unter
                              Zuschlag für Unvorhergesehenes eine Meile Eisenbahn mit diesen Telegraphen zu
                              versehen noch lange nicht 900 Thlr. kosten.
                           Sonach erfährt die Behauptung, daß selbst diejenigen Bahnen, welche den elektrischen
                              Telegraphen einführen, dennoch optische Signale, d.h. optische Telegraphen haben
                              müssen, bereits praktische Bestätigung, und da in den optischen Zeichen hauptsächlich diejenigen Signale enthalten sind, welche
                              dem fahrenden Zuge, dem reisenden Publicum Sicherheit gegen störende Zufälle geben
                              sollen, so wird allezeit, wo man aus irgend einem Grunde nur eine Telegraphenart
                              wählt, die optische entschieden am
                                 meisten diese Sicherheit begründen, wo man aber elektrische Telegraphen
                              einführt, da dürfen optische durchaus nicht nebensächlich behandelt werden, sondern
                              beide Signalarten müssen dann innig mit einander verbunden
                                 werden. (Nähere Auskünfte ertheilt auf schriftliche Anfragen Hr. G. A. Treutler in Hirschberg in
                              preuß. Schlesien.)
                           
                        
                           
                           Die Leistungen von Little's doppeltwirkender Schnellpresse.
                           Das Mechanics' Magazine enthält folgende Zusammenstellung
                              der Leistungen dieser Presse, deren Beschreibung im vorhergehenden Heft des
                              polytechn. Journals S. 86 mitgetheilt wurde.
                           
                              
                                 Cylinder.
                                 
                                         
                                    Größeder Verschiebung.
                                 Geschwindigkeit    p. Secunde.
                                 Anzahl der p.
                                    Stunde  gedruckten Bogen.
                                 
                              
                                      3
                                 2 einseitig wirkend
                                         5
                                    Fuß
                                        4
                                    Fuß
                                           
                                    5760
                                 
                              
                                 
                                 1
                                    doppelt       „
                                 
                                       
                                    5   „
                                           
                                    7200
                                 
                              
                                      4
                                 2
                                    einseitig      „
                                         6  
                                    „
                                       
                                    4   „
                                           
                                    8000
                                 
                              
                                 
                                 2
                                    doppelt       „
                                 
                                       
                                    5   „
                                           
                                    9000
                                 
                              
                                      6
                                 2
                                    einseitig      „
                                         7  
                                    „
                                       
                                    4   „
                                         
                                    10000
                                 
                              
                                 
                                 4
                                    doppelt       „
                                 
                                       
                                    5   „
                                         
                                    12000
                                 
                              
                                      8
                                 2
                                    einseitig      „
                                         8  
                                    „
                                       
                                    4   „
                                         
                                    12600
                                 
                              
                                 
                                 6
                                    doppelt       „
                                 
                                       
                                    5   „
                                         
                                    15750
                                 
                              
                           Vor 32 Jahren rühmten die Eigenthümer der Times, deren
                              Zeitung zuerst auf einer Schnellpresse von König und Bauer gedruckt wurde, daß von ihrem Journal nicht weniger
                              als 1100 Bogen per Stunde gedruckt würden, und sie
                              hatten keine Ahnung daß dieses Resultat jemals bedeutend überschritten werden
                              könnte; in wenigen Jahren kam es aber durch die Bemühungen Napier's, Cowper's, Dryden's etc. dahin, daß die Zahl der Druckbogen
                              auf das Vierfache stieg, und jetzt ist sie durch Little
                              fast auf das viermal Vierfache erhöht.
                           
                        
                           Ueber das Brennen des ächten Porzellans mit Steinkohlen; von
                              Vital-Roux.
                           Der Verf. setzt in einer der franz. Akademie der Wissenschaften übergebenen
                              Abhandlung zuerst die Schwierigkeiten auseinander, welche sich bisher der Anwendung
                              der Steinkohle zum Brennen des ächten Porzellans entgegenstellten, und beschreibt
                              dann die Versuche welche er gemeinschaftlich mit Hrn. Mertens anstellte, um dieselben zu beseitigen.
                              Es gelang ihnen endlich mittelst Oefen von eigenthümlicher Form, welche sie
                              „Oefen mit doppeltem Luftzug“ nennen, das Feuer so zu
                              reguliren, daß in einem ganzen Brand kein einziges gelbes Stück vorkommt. Die
                              Vortheile in Bezug auf Ersparniß, welche die Anwendung der Steinkohle statt Holz bei
                              den Oefen zu Noirlac herausstellte, gibt der Verf. folgendermaßen an:
                           
                              
                                 
                                    „Der Ofen von 4,66 Meter
                                       verbrauchte durchschnittlich per
                                       Brand      96 Sters
                                       Eichen- und Buchenholz, wovon der Ster im
                                       Bezirk      von St. Amand
                                       (Dpt du Cher) auf 7 Fr. zu stehen kommt;
                                       dieß      beträgt
                                    672 Fr.
                                    
                                 
                                    Der Ofen verbraucht jetzt 150
                                       Hektoliter Steinkohlen von
                                       Commentry,      wovon der
                                       Hektoliter 1 Fr. 80 Cent. kostet
                                    270  „
                                    
                                 
                                    
                                    ––––––
                                    
                                 
                                                                                                                      Differenz
                                    402 Fr.
                                    
                                 
                              
                           
                              Zu dieser Ersparniß an Brennmaterial kommen aber noch andere Vortheile:
                              
                           
                              1) ein vollkommeneres Brennen, indem die Artikel in allen Theilen gleichförmig
                                 gebrannt werden, im Centrum wie an den Seiten, oben wie unten;
                              
                           
                              2) eine viel geringere Abnutzung der Kapseln, sowie der Wände und des Gewölbes
                                 der Oefen. Die Holzasche verbindet sich mit der Kieselerde der Kapseln und der
                                 Backsteine an den Ofenwänden und bildet eine Verglasung; in Folge hievon
                                 zerbrechen die Kapseln beim Erkalten gern. Bei den Steinkohlen findet hingegen
                                 keine Verglasung statt: die Ofenwände bleiben wie vor dem Brennen und die
                                 Kapseln erleiden durchaus keine nachtheilige Veränderung.“
                              
                           Bei dieser Gelegenheit bemerkte Hr. Al.
                                 Brongniart, daß Hr. Renard zu St. Gond bei Etoges (Dpt. de la
                                 Marne) gegenwärtig mit Versuchen über das Brennen des ächten Porzellans
                              mittelst der aus Torf erzeugten Gase beschäftigt ist und daß diese
                              Versuche bisher günstige Resultate geliefert haben. (Comptes
                                 rendus, März 1847, Nr. 11.)
                           
                        
                           Bequemes Verfahren Eisenoxydulsalze ohne Veränderung in
                              trockenen oder krystallisirten Zustand zu versetzen.
                           Bekanntlich gelingt es nur dann die Eisenoxydulsalze ohne höhere Oxydation derselben
                              in trockenen oder krystallisirten Zustand zu versetzen, wenn man sie bei
                              ausgeschlossener Luft abdampft. Hr. Bailly, Apotheker zu Sombreffe, schlägt vor die Luft durch den
                              Wasserdampf abzuhalten, welchen die Auflösung des Eisensalzes beim Einengen
                              erzeugt.
                           Die Eisenauflösung wird heiß mittelst eines Trichters mit enger Oeffnung in
                              Arzneigläser filtrirt, die man zu drei Viertel voll werden läßt und welche in einem
                              vorher erhitzten Sandbad stecken, so daß die Flüssigkeit schnell zum Kochen kommt.
                              Diese Arzneigläser sind 4 1/2 Zoll hoch auf 1 1/2 Zoll innern Durchmesser; sie sind
                              cylindrisch bis gegen ihr oberes Ende, wo sie plötzlich in einen engen Hals
                              auslaufen. Die Flüssigkeit kommt bald ins Kochen und die Verdampfung geschieht so
                              schnell als möglich, vorausgesetzt daß man die Phiolen fast gänzlich mit heißem Sand
                              bedeckt hat, damit das in Dampf verwandelte Wasser sich nicht an den erkalteten
                              Wänden verdichten und wieder in das Gefäß zurückfallen kann. Die Operation ist
                              beendigt, wenn sich kein Wasserdampf mehr entwickelt; man zieht dann die Phiolen auf
                              die Oberfläche des Sandbads, verstopft sie, läßt sie erkalten, zerbricht sie hierauf
                              und bewahrt das Product in luftdicht verschlossenen Gefäßen auf. (Journal de Chimie médicale, April 1847 S.
                              236.)
                           
                        
                           Leichtes Verfahren Sauerstoffgas zu erhalten.
                           Man pulverisirt Braunstein und chlorsaures Kali, jedes besonders, und gibt sie in ein
                              Arzneiglas woran man eine gekrümmte Röhre anbringt; man schüttelt die Phiole, um die
                              Substanzen zu vermengen, und erhitzt sie gelinde über einer Kerzenflamme; der
                              Sauerstoff entwickelt sich augenblicklich und ist sehr rein. (Journal de Chimie médicale, April 1847 S. 236.)
                           
                        
                           Verfahren die Flecken verschwinden zu machen, welche
                              salpetersaures Silber auf der Haut hervorbrachte.
                           Man bringt auf die Haut eine Auflösung von Jodkalium; es bildet sich dann Jodsilber
                              von gelber Farbe, welches sich am Licht nicht reducirt und keine Spuren zurückläßt.
                              (Journal de Chimie médicale, März 1846 S.
                              128.)
                           
                        
                           Ueber die Eigenschaft der ätzenden Alkalien das Indigblau (auf
                              Zeugen) bei Gegenwart von rothem Blutlaugensalz zu zerstören.
                           Dr.Playfair theilte der chemischen Gesellschaft zu London
                              eine Entdeckung mit, welche Hr. Mercer (ein bekannter Colorist zu Oakenshaw in Lancashire) machte,
                              daß nämlich ätzendes Kali, Natron und Ammoniak das Indigblau bei Gegenwart von
                              rothem eisenblausaurem Kali wegzuätzen (zu zerstören) vermögen. Die einfachste
                              Erklärung der Reaction scheint die zu seyn, daß das rothe Blutlaugensalz, Fe²Cy⁶3K
                               eine große
                              Verwandtschaft für ein weiteres Atom Kalium hat, um in Fe²Cy⁶4K, oder gelbes Blutlaugensalz überzugehen, wobei der Sauerstoff im
                              Augenblick seines Freiwerdens den Farbstoff zerstört (durch Oxydation entmischt).
                              Das rothe Blutlaugensalz bildet also mit den ätzenden
                                 Alkalien ein kräftiges Oxydationsmittel. (Chemical
                                 Gazette, April 1847, Nr. 107.)
                           Man kann also in der kalten Küpe indigblau gefärbte Baumwollzeuge in zarten Mustern
                              weiß ätzen, indem man sie mit rothem Blutlaugensalz tränkt, dann trocknet und auf
                              der Walzendruckmaschine mit Aetzkali oder Aetznatron bedruckt.
                           
                        
                           Dr. Jackson's Goldschwamm zum Ausfüllen hohler Zähne.
                           Dr. Jackson in Boston, der
                              Entdecker der Schwefeläther-Narcose, hat wieder eine für die Zahnärzte
                              wichtige Erfindung gemacht, nämlich die Bereitungsart eines Goldschwamms zum
                              Ausfüllen hohler Zähne: man erhält ihn durch Einwirkung der krystallisirten
                              Kleesäure auf goldsaures Kali, dessen Auflösung so concentrirt ist daß sich die
                              Kleesäure-Krystalle in der kochenden Flüssigkeit nicht gänzlich auflösen.
                           Gold in solcher Form eignet sich auch zur Quecksilbervergoldung und ist wohlfeiler
                              als Blattgold. (Comptes rendus, März 1847, Nr. 12.)
                           
                        
                           Ueber die Brodbereitung ohne Sauerteig.
                           Hr. Apotheker Albert
                                 Frickhinger zu Nördlingen hat über die im vorhergehenden Heft des
                              polytechn. Journals S. 159 besprochene Brodbereitung aus Weizenmehl mit Anwendung
                              von doppelt-kohlensaurem Natron und Salzsäure anstatt Sauerteig, Versuche
                              angestellt. Sie wurden nach der erwähnten Vorschrift mit Weizen-,
                              Kern- (Dinkel-) und Roggenmehl wiederholt, theils mit der chemisch
                              äquivalenten Menge zwischen doppelt-kohlensaurem Natron und Salzsäure, theils
                              mit einem geringen Ueberschuß des einen und der andern. Gleichzeitig wurde eine
                              gleiche Quantität desselben Mehls auf die herkömmliche Weise (unter Zusatz von
                              Sauerteig oder Hefe und von Kochsalz) verbacken. Aus diesen Versuchen geht hervor:
                              1) daß die neue Methode in der That 1 1/2 Proc. mehr Brod liefert als die alte, die
                              Angabe der Medical Times von 8 bis 10 Proc. mithin
                              übertrieben ist; 2) daß dieser Ueberschuß einen geringeren Werth hat als die
                              Ausgaben für die Mittel betragen, denselben hervorzubringen; endlich 3) daß die
                              Qualität des nach der neuen Methode erzeugten Brodes weit zurückbleibt hinter der
                              Qualität des mit Ferment bereiteten. Weil der Zuckergehalt des Mehls unzersetzt
                              geblieben ist, riecht und schmeckt es unangenehm fade, süßlich, welcher Geschmack
                              selbst bei einem größeren Zusatz von Kochsalz noch vorsticht. Jene Person unter
                              fünfzehn andern, welcher allein der Genuß des Brodes zusagte, hat schwache
                              Verdauungswerkzeuge und eine Idiosynkrasie gegen Sauerteig – ein Fingerzeig,
                              daß die Angaben der Medical Times über die leichtere
                              Verdaulichkeit der neuen Art Brod begründet sind. (Auszug aus der Beilage zur Augsb.
                              Allg. Zeitg. vom 24. April 1847.)
                           
                        
                           Pollack's Surrogat zur
                              Brod- und Mehlspeise-Bereitung.
                           Hr. A. M. Pollack, k. k. priv.
                              Fabrikant in Wien, empfiehlt als solches die Repsöl-Kuchen, d.h. die Abfälle oder Rückstände beim Pressen des
                              Repsöls, wovon der Centner (welcher 40 bis 50 Kr. Conv.-M. kostet) nach
                              seinem Verfahren 200 Pfd. Brod gibt. Diese Repsöl-Kuchen werden entweder (zur
                              Brodbereitung im Großen) auf Mehlmühlen wie gewöhnliches Getreide gemahlen, 10 bis
                              15 Procent Kleie (die zum Viehfutter sehr gut dient) abgenommen oder im Haus-
                              und kleinern Gebrauch
                              der Küche auf gewöhnlichem Reibeisen gerieben und gesiebt. Um die Bitterkeit aus dem
                              so erhaltenen Mehle zu entfernen, wird auf folgende Art verfahren: Das Mehl wird in
                              ein reines Faß oder in einen Bottich gegeben, dann warmes Wasser darauf gegossen;
                              hierauf wird es umgerührt und sodann der Ruhe überlassen, bis sich das Mehl absetzt
                              und auf demselben eine lautere Flüssigkeit (welche das Bitter aufgelöst enthält)
                              erscheint; diese bittere Flüssigkeit wird abgegossen, das Mehl zum zweitenmal mit
                              lauem Wasser übergossen und wie das erstemal verfahren; hernach wird das Mehl in
                              Leinwandsäcke mit einer Schaufel gefüllt und durch Auspressen in gewöhnlichen
                              Pressen die Flüssigkeit vollends daraus entfernt; dieses feuchte Mehl wird sodann
                              mit etwas Getreidemehl und aufgegangener Hefe geknetet und wie gewöhnlicher Teig
                              behandelt.
                           Zur Bereitung im Kleinen wird ein gewöhnlicher Topf zur Hälfte mit dem Mehle
                              angefüllt, laues Wasser darüber gegossen, das Ganze umgerührt und nach
                              einhalb- bis einstündigem Weichen die bittere Flüssigkeit abgegossen, der
                              Satz durch Leinwand geseihet, das feuchte Mehl mit etwas gewöhnlichem Mehle geknetet
                              und Mehlspeise (mit etwas Fett und Salz) oder Brod daraus bereitet.
                           
                        
                           Stärke aus Reis.
                           Die Stärke, welche in England nach einem daselbst patentirten Verfahren (polytechn.
                              Journal Bd. LXXX S. 214) durch Maceriren des
                              Reises mit kaustischem Natron gewonnen wird, stellt kleine prismatische Nadeln von
                              ausgezeichneter Weiße dar. Durch das Mikroskop geprüft, erscheint sie nach Lassaigne (Journal de Chimie
                                 médicale, 1846 Nr. 4) in regelmäßigen kleinen durchsichtigen
                              Körnchen, mittelst Kalium auf Stickstoff geprüft, fand sich keine Spur davon in ihr.
                              Die stickstoffhaltige Substanz löst sich bei Bereitung dieser Stärke im Natron
                              gänzlich auf: durch Säuren daraus gefällt, erscheint sie in grauen, nicht
                              zusammenhängenden Flocken, welche mehr dem Eiweiß als dem Kleber gleichen. Man
                              könnte sie bei der Fabrication im Großen als Düngerzusatz benutzen.
                           
                        
                           Zur Theorie der Kartoffelkrankheit.
                           Wir haben im vorhergehenden Heft des polytechn. Journals S. 159 die Ansichten eines
                              Sachverständigen über die Ursache der herrschenden Kartoffelkrankheit mitgetheilt,
                              wonach dieselbe (trockene oder nasse Fäule) durch die Entstehung und Fortpflanzung
                              gewisser Pilze verursacht wird, die sich zuerst nur auf dem Kraut zeigen, bald aber
                              in rascher Verbreitung sämmtliche Theile der Pflanze ergreifen und sie der
                              allgemeinen Zerstörung zuführen.
                           Dieser Ansicht tritt der Verf. eines Artikels in der Beilage zur Augsb. Allg. Zeitg.
                              vom 20. April d. J. entgegen. Folgendes ist der wesentliche Inhalt seiner
                              Bemerkungen:
                           
                              „Es ist eine ganz allgemeine Erfahrung daß, unter übrigens gleichen
                                 Umständen, immer nur solche organisirte Individuen am ersten von den Parasiten
                                 heimgesucht werden, deren eigene Lebensstärke bereits in gewissem Grade sich
                                 vermindert zeigt, sey es nun überhaupt durch Alter oder im besondern durch
                                 Krankheit. Ein vollkommener, noch sehr kräftiger Pflanzenorganismus wird daher
                                 einen Parasiten nicht leicht aufkommen lassen, während ein geschwächter dessen
                                 Entwickelung bereits nicht mehr zu widerstehen vermag. In der Regel aber wird
                                 diese Schwächung seiner Lebensfähigkeit dem ersten Auftreten des Parasiten als
                                 unerläßliche Bedingung vorangehen, man mag nun dessen Entstehung aus Samen oder
                                 auf andere Weise ableiten. Wo nun die Parasiten zahlreich erscheinen und
                                 fortkommen, da befinden sich auch die Pflanzensäfte bereits im Moment der
                                 Selbstentmischung, oder stehen ihm doch ganz nahe, und die nächste Ursache davon
                                 ist zu suchen in einem Mangel an Wirksamkeit des Princips ihrer Lebenskraft,
                                 also des Sonnenlichts. Die Pilze aber gehören gerade denjenigen
                                 Pflanzen an, welche zu ihrem Wachsthum des wenigsten Lichtes bedürfen, da sie
                                 eine minder entwickelte Organisation besitzen; sie müssen also gerade unter
                                 Umständen am besten gedeihen, wo andere Gattungen aus Mangel an Lichtgenuß einen
                                 Nachlaß ihrer Lebensthätigkeit und folglich eine krankhafte Veränderung ihrer
                                 Säfte erleiden werden.
                              
                           
                              So gelangen wir zu dem Schluß: daß, in Rücksicht der Abwesenheit jeder andern
                                 zureichenden Veranlassung, die gegenwärtig verbreitete Krankheit der Kartoffel
                                 ihren letzten Grund in einer merklichen Abnahme ihrer Lebenskraft selbst haben
                                 müsse, herbeigeführt durch eine geringere Einwirkung des Lichtes auf ihre
                                 Organe, als es ihrer Individualität angemessen ist. Wir behaupten dann weiter:
                                 daß der nach Vorschrift der üblichen Cultur meist dicht gedrängte Stand der
                                 Kartoffelpflanzen in engen Reihen, wobei in späteren Perioden ein großer Theil
                                 des Bodens fortwährend beschattet bleibt, im Lauf der Jahre vornehmlich Ursache
                                 geworden ist zu einer langsamen Aenderung der qualitativen und quantitativen
                                 Zusammensetzung aller Pflanzensäfte, in deren Folge nun die chemischen
                                 Anziehungen ihrer Elemente nahe daran sind das bestehende und nothwendige
                                 Uebergewicht der ihnen widerstrebenden Lebensthätigkeit aufzuheben, und wodurch
                                 zugleich jene Säfte immer weniger geeignet wurden den störenden Eingriffen
                                 fremder Organismen denjenigen Widerstand entgegenzusetzen, auf welchem die
                                 Erhaltung und Fortdauer des eigenen Lebens der ganzen Pflanze so wesentlich
                                 beruht.
                              
                           
                              Wir hoffen und erwarten daher das baldige Heil der Besserung weniger von irgend
                                 welchen fäulnißwidrigen Düngerstoffen oder Beizmitteln, oder Samenwechsel und
                                 anderm, dessen Anwendung im Großen manchen Schwierigkeiten begegnen muß, als
                                 vielmehr von einer rationellen und der Eigenthümlichkeit der Kartoffelpflanze
                                 mehr angepaßten Culturmethode, die jedem Individuum den gehörigen Raum für seine
                                 freie Entwickelung gestatten, und sie nur in solche Nähe neben einander stellen
                                 wird, daß ihnen in jeder Lebensperiode der so höchst nöthige Zutritt von Licht
                                 und Luft unbedingt zu gute kommt.“
                              
                           
                        
                           Alaun als Düngmittel.
                           Die Erfahrung hat gelehrt, daß durch Begießen des Weinstocks mit gesättigter AlaunlösungAlaunlösuug der Wachsthum desselben unter gewissen Umständen und bei gehöriger
                              Beschneidung sehr befördert wird. Beim Beginn der guten Jahreszeit gießt man an den
                              Fuß des Stocks einige Liter Alaunwasser, dem man etwas Urin zusetzen kann. Dasselbe
                              Verfahren läßt sich mit Vortheil auch bei Küchengewächsen und vielen Zierpflanzen
                              anwenden, vorzüglich wenn ihre Wurzeln gern von Insecten angefressen werden, welche
                              den herben, zusammenziehenden Geschmack des Alauns durchaus nicht vertragen können.
                              Levkojen, Nelken etc. gedeihen deßhalb nur in alaunhaltigem Erdreich. Der Alaun, ein
                              aus Schwefelsäure, Thonerde und Kali, zuweilen auch Ammoniak bestehendes Salz, wirkt
                              nicht nur auf angegebene Weise als Schutzmittel, sondern auch durch die Zersetzung
                              in seine näheren Bestandtheile, welche im Boden stattfindet. Lebrun. (Moniteur industriel, 1847 Nr.
                              1107.)