| Titel: | Ueber einige Eigenschaften des Jods, des Phosphors, der Salpetersäure etc., welche sie zur Reproduction von Kupferstichen etc. anwendbar machen; und über Photographie auf Glas, von Niepce de Saint-Victor. | 
| Fundstelle: | Band 107, Jahrgang 1848, Nr. XIV., S. 58 | 
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                        XIV.
                        Ueber einige Eigenschaften
                           								des Jods, des Phosphors, der Salpetersäure etc., welche sie zur
                           								Reproduction von Kupferstichen etc. anwendbar machen; und über
                           								Photographie auf Glas, von Niepce de
                              									Saint-Victor.
                        Aus den Comptes rendus, Octbr. 1847, Nr. 17.
                        Niepce, über die Eigenschaften des Jods, des
                           								Phosphors etc., welche sie zur Reproduction von Kupferstichen etc.
                           								anwendbar machen.
                        
                     
                        
                           Erster Theil. Vom Jod und seinen
                                 										Wirkungen.
                           Ich glaube der Erste gewesen zu seyn, der eine Eigenschaft des
                              									Jods entdeckte, die man zu vermuthen weit entfernt war, die
                              									Eigenschaft, sich an den dunkeln Stellen eines Kupferstichs,
                              									einer Schrift etc. anzulegen und die weißen Stellen frei zu
                              									lassen. Man setzt einen Kupferstich fünf Minuten lang bei einer
                              									Temperatur von 12 bis 16° R. dem Joddampf aus; man
                              									verwendet dazu 15 Gramme Jod auf den Quadrat-Decimeter
                              									(bei niedrigerer Temperatur wäre längere Zeit erforderlich); man
                              									legt hierauf den Kupferstich auf mit Stärke getränktes Papier,
                              									welches man vorher mit Wasser befeuchtete, das vorher mit
                              									Schwefelsäure angesäuert wurde so daß es 1° Baumé
                              									zeigt. Es ist dieß bis jetzt die einzige bekannte Flüssigkeit,
                              									welche den Zeichnungen einige Haltbarkeit ertheilt;
                              									nichtsdestoweniger verschwinden sie endlich an der Luft und am
                              									Lichte; doch kann man sie durch Anpappen unter eine Glasscheibe
                              									lange Zeit erhalten. Die Abzüge bieten, nachdem man mit einem
                              									Linnenbausch darauf drückte, eine Zeichnung von
                              									bewunderungswürdiger Reinheit dar, werden aber beim Trocknen
                              									nebelig. Auffallend ist es, daß von einem Kupferstich mehrere
                              									Exemplare abgezogen werden können, ohne daß er frisch präparirt
                              									zu werden braucht und die letzten Abzüge sind immer die
                              									saubersten; denn wenn man den Kupferstich dem Joddampf sehr
                              									lange ausgesetzt läßt, nehmen die Lichtstellen, wenn das Papier
                              									mit Stärke getränkt ist, endlich Jod an; doch herrschen die
                              									dunkeln Stellen, so lange die Operation auch dauern mag, immer
                              									vor.
                           Es versteht sich, daß der Kupferstich durchaus keinen Schaden
                              									leidet und unzähligemal vervielfältigt werden kann.
                           Ich habe ein Mittel gefunden, durch dasselbe Verfahren jede Art
                              									von Zeichnung wiederzugeben, gleichviel ob sie mit fetter oder
                              									wässeriger Schwärze (sofern diese nur kein Gummi enthält), mit
                              									Tusch oder mit Bleistift angefertigt ist, kurz, was Striche hat,
                              									kann wieder erzeugt werden, nur müssen diese Zeichnungen wie
                              									folgt präparirt werden: man legt sie einige Minuten lang in
                              									schwach ammoniakalisches Wasser, zieht sie dann durch Wasser,
                              									welches mit Schwefelsäure, Salpetersäure oder Salzsäure
                              									angesäuert ist und läßt sie trocknen; hierauf setzt man sie dem
                              									Joddampf aus und wiederholt das oben beschriebene Verfahren. Auf
                              									diese Weise kann man Copien oder Abdrücke von Zeichnungen
                              									machen, von welchen man bisher keine zu machen vermochte; sogar
                              									wenn sie im Papierzeug seyn sollten. Auch kann man von zwei
                              									Bildern, auf der Vorder- und der Rückseite eines und
                              									desselben Blattes Papier, nach Belieben nur ein einziges
                              									wiedererzeugen.
                           Ich habe als nothwendig angegeben, daß das Papier, welches die
                              									Zeichnung eines Kupferstichs aufnehmen soll, mit Stärke getränkt
                              									worden sey, weil in der That der Färbestoff der Zeichnung das
                              									Jodamylum ist. Demzufolge kam ich auf den Gedanken, die
                              									Oberfläche von Porzellan-, Opalglas-,
                              									Alabaster- und Elfenbeinplatten mit Stärkekleister zu
                              									überziehen und dann zu verfahren wie beim Papier. Dem Resultat
                              									war, wie ich erwartet hatte, unstreitig der Vorzug einzuräumen
                              									gegen die bloß auf gestärktem Papier erhaltenen Zeichnungen.
                           Wenn die so erhaltene Zeichnung vollkommen trocken ist, überzieht
                              									man sie mit Gemäldefirniß; und wenn man sie unter Glas setzen
                              									kann, so wird sie so fix, daß ich manche über acht Monate ohne
                              									alle merkliche Veränderung aufbewahren konnte.
                           Um einen Kupferstich zu copiren, bediene ich mich am liebsten des
                              									Opalglases, hinter welches ich ein Blatt Papier pappe, um es
                              									minder durchsichtig zu machen; man erhält auf dieser Platte eine
                              									verkehrte Copie; nimmt man aber eine Scheibe von gewöhnlichem
                              									Glas, die man dann umkehrt, so wird die Copie wieder eine
                              									richtige und man braucht nur ein Blatt Papier dahinter zu legen,
                              									um die Zeichnung hervortreten zu machen. Man kann eine solche
                              									Copie auch als Glasgemälde aufbewahren; dann muß aber die
                              									Zeichnung zwischen zwei Glasscheiben gebracht werden, um sie
                              									gegen jede Berührung zu schützen und damit ihre Haltbarkeit
                              									nicht leidet.
                           Letztere Anwendung eignet sich vorzüglich zur Darstellung von
                              									Geistererscheinungen.
                           Man kann Zeichnungen von verschiedenen Farben, z.B. blaue,
                              									violette, rothe hervorbringen, je nachdem die Stärke mehr oder
                              									weniger gekocht wurde; im erstern Fall ziehen sie mehr in
                              									Roth.
                           Ein mehr oder weniger dunkles Bister erhält man, wenn man ein
                              									solches Bild dem Ammoniakdampfe aussetzt; es würde aber seine
                              									erste Farbe wieder annehmen, wenn man es nachher firnissen
                              									wollte. Eine auf diese Weise durch Ammoniak
                              									modificirte Copie darf man folglich nicht firnissen.
                           Ich gehe nun zu den Bildern auf verschiedenen Metallen über.
                              									Setzt man einen Kupferstich dem Joddampf aus (jedoch nur etliche
                              									Minuten, damit die Lichtstellen keinen Joddampf aufnehmen) und
                              									legt ihn hierauf, ohne ihn zu befeuchten, auf eine Silberplatte,
                              									die man unter die Presse bringt, so hat man nach Verlauf von
                              									5–6 Minuten einen ganz treuen Abdruck des Kupferstichs;
                              									setzt man die Platte alsdann dem Quecksilberdampf aus, so erhält
                              									man ein dem Daguerreschen ähnliches Bild.
                           Bei Kupfer verfährt man wie eben für Silber angegeben wurde und
                              									setzt hierauf die Platte dem Dunste von Ammoniakflüssigkeit aus,
                              									die man etwas erwärmt, damit sich der Dampf besser entwickelt;
                              									die Kupferplatte darf aber dem Ammoniak erst ausgesetzt werden,
                              									nachdem die ersten Dämpfe desselben aus dem Kasten entwichen
                              									sind, dessen man zu dieser Operation in derselben Art bedarf,
                              									wie zum Quecksilber. Man reinigt hierauf die Platte mit Wasser
                              									und etwas Tripel. Das Bild erscheint nun schwarz, wie das
                              									vorhergehende; die durch Berührung mit dem Ammoniak
                              									hervorgebrachte Veränderung dringt sogar so tief in die Platte
                              									ein, daß sie nicht anders zum Verschwinden gebracht werden kann,
                              									als durch merkliches Abwetzen des Metalles selbst.
                           Letzteres Verfahren könnte die Arbeit des Kupferstechens mit dem
                              									Grabstichel erleichtern.
                           Auch auf Eisen, Blei, Zinn und Messing lassen sich solche Abzüge
                              									machen, doch ist mir noch kein Mittel bekannt, das Bild darauf
                              									zu fixiren.
                           Von den vielen Versuchen, die ich mit dem Jod anstellte, werde
                              									ich hier nur diejenigen anführen, deren Resultat ein sicheres
                              									ist. So machte ich von einem Kupferstich Abdrücke mit fetter
                              									Schwärze und setzte sie, nachdem sie trocken waren, dem Joddampf
                              									aus. Die Copien waren den obigen ähnlich, nur war die Zeichnung
                              									weniger deutlich. Hierauf machte ich mit Spindelbaumkohle,
                              									wässeriger Tinte (ohne Gummi) und mit Graphit Zeichnungen auf
                              									weißes (gestärktes) Papier, und alle diese gaben Copien, und
                              									liefern noch schönere, wenn man die Zeichnungen auf Papier macht
                              									welches zum Oelmalen präparirt ist. Ich nahm hierauf ein
                              									(ungefirnißtes) Oelgemälde und reproducirte dasselbe ebenfalls,
                              									mit Ausnahme einiger Farben, welche aus Substanzen bestehen, die
                              									kein Jod annehmen. Dasselbe kann mit colorirten Kupferstichen
                              									geschehen. Es wird dieß einleuchten, wenn ich sage, daß ein dem
                              									Quecksilber- oder Schwefeldampf ausgesetzter Kupferstich
                              									kein Jod mehr annimmt; eben so wenn man ihn in mit Wasser
                              									verdünntes salpetersaures Quecksilber, salpetersaures Silber,
                              									schwefelsaures Kupfer, schwefelsaures Zink etc. taucht;
                              									Kupferoxyd, Mennig, Ultramarin, Zinnober, Operment, Bleiweiß,
                              									Leim, Eiweißstoff und Gummi haben dieselbe Wirkung. Doch lassen
                              									sich die mit diesen Substanzen gemachten Zeichnungen
                              									reproduciren, wenn man die oben angegebene Zubereitung mit
                              									einigen Modificationen damit vornimmt; überhaupt, kann ich
                              									sagen, fand ich keine Zeichnung, die ich nicht hätte
                              									reproduciren können, außer den mit Jodstärkmehl gemachten.
                           Ich komme jetzt an eine zweite Eigenschaft, welche ich am Jod
                              									entdeckte, die zur erstem in gar keiner Beziehung steht; daß es
                              									sich nämlich auf Reliefzeichnungen und allen Körpern anlegt,
                              									welche einen Schnitt (einen erhabenen Rand) haben, gleichviel
                              									von welcher Farbe sie sind und aus was sie bestehen.
                           So reproduciren sich alle trockenen Stempel auf weißem Papier auf
                              									das Vollkommenste.
                           Dasselbe Resultat erhält man auch mit andern elastischen
                              									Flüssigkeiten, Gasen oder Dämpfen, wie z.B. dem Rauch des der
                              									Luft ausgesetzten Phosphors und dem Dampf der Salpetersäure.
                              									Aber das Jod hat überdieß die anfangs erwähnte Eigenschaft; denn
                              									ich erhielt folgende Resultate. Ich vereinigte ein Stück weißes
                              									Holz und ein Stück Ebenholz; nachdem sie geleimt waren, hobelte
                              									ich sie miteinander, wodurch ich ein ganz ebenes weiß und
                              									schwarzes Täfelchen erhielt; hierauf setzte ich dasselbe dem
                              									Joddampf aus und legte es alsdann auf die Kupferplatte, wo sich
                              									dann nur der schwarze Streifen reproducirte. So fügte ich Kreide
                              									und einen schwarzen Stein, weiße und schwarze Seide zusammen und
                              									erhielt immer dieselben Resultate.
                           Alle diese Erscheinungen finden in der größtmöglichen Finsterniß,
                              									sowie auch im luftleeren Raume statt.
                           Ich wiederhole, daß wenn man die Gegenstände dem Joddampf zu
                              									lange ausgesetzt läßt, die weißen Stellen zuletzt sich damit
                              									imprägniren; doch stechen stets die dunkeln Stellen auf der
                              									Metallplatte stark davon ab.
                           Auch mit Chlor und Brom stellte ich Versuche an; ersteres
                              									lieferte dieselben Resultate wie das Jod; aber die Copie ist so
                              									schwach, daß man das Metall anhauchen muß, um ihrer gewahr zu
                              									werden, oder daß man die Kupferplatte dem Ammoniakdampfe und die
                              									Silberplatte dem Quecksilberdampfe aussetzen muß, damit sie
                              									deutlich zum Vorschein kommt.
                           
                           Mit Brom konnte ich nichts erhalten; alle Versuche hierüber
                              									stellte ich mit Silber- oder Kupferplatten an.
                           Eines Versuches glaube ich hinsichtlich der Theorie erwähnen zu
                              									müssen. Nachdem ich nämlich eine Schicht Stärkekleister auf eine
                              									silberplattirte Platte, wie man sie zur Daguerreotypie benutzt,
                              									und auf Kupfer aufgetragen hatte, setzte sich die Zeichnung
                              									eines Kupferstichs, welche ich auf der Kleisterschicht
                              									hervorzubringen beabsichtigte, auf das Metall fest, ohne auf der
                              									Kleisterschicht eine merkliche Spur zurückzulassen; es geht
                              									daraus klar hervor, daß das Jod in Folge einer größern
                              									Verwandtschaft als derjenigen zur Stärke, auf das Metall
                              									überging.
                           
                        
                           Zweiter Theil. Vom Phosphor.
                           Das Product der langsamen Verbrennung des Phosphors an freier
                              									Luft besitzt dieselbe Eigenschaft wie das Jod, sich auf die
                              									schwarzen Stellen aller Arten von Zeichnungen, von welcher
                              									chemischen Beschaffenheit sie auch seyn mögen, anzulegen.
                           Setzt man demnach einen Kupferstich dem Dampfe an der Luft
                              									langsam verbrennenden Phosphors aus, legt ihn hierauf auf eine
                              									Kupferplatte, die man dann einige Minuten unter die Presse
                              									bringt und setzt ihn hierauf dem Dampfe von Ammoniak aus, so
                              									erhält man eine ganz saubere und recht gut fixirte Zeichnung;
                              									beim Abheben des Kupferstichs von der Kupferplatte ist die
                              									Zeichnung noch ganz unsichtbar und es ist absolut Ammoniak
                              									erforderlich, um sie sichtbar zu machen, gerade so, wie wenn man
                              									sie auf einer Silberplatte erzeugen will, diese dem
                              									Quecksilberdampf ausgesetzt werden muß.
                           Ich zog schwarze und weiße Linien mit Oelfarbe auf Malerleinwand
                              									und setzte sie den Phosphordämpfen aus; nur die schwarzen
                              									Streifen erzeugten sich auf der Metallplatte wieder, also nur
                              									die schwarzen hatten sich mit Dampf imprägnirt, und, mit dem
                              									Kupfer in Berührung gebracht, wirkte die Dampfsubstanz auf das
                              									Metall, während die weißen Streifen, die sie nicht angenommen
                              									hatten, das Kupfer blank ließen. Als diese Platte dem
                              									Ammoniakdampf ausgesetzt wurde, trat das Bild recht sichtbar
                              									hervor.
                           Wie lange man auch einen Kupferstich dem Phosphordampf aussetzen
                              									mag, so imprägniren sich immer nur die schwarzen Stellen damit;
                              									wenn er aber lange ausgesetzt war, so erhält die Zeichnung auf
                              									der Platte den Anschein, als hätte man mit einem Stück Phosphor
                              									gezeichnet; und wenn man sie dem Ammoniakdampf aussetzt, so
                              									erscheint die Zeichnung gleichsam in Relief.
                           
                           Eine Silber- oder Kupferplatte, demselben Dampf
                              									ausgesetzt, reproducirt durch Berührung jede Art Zeichnung und
                              									zwar in positiven Abzügen. Es versteht sich, daß sie, um die
                              									Zeichnungen zum Vorschein zu bringen, dem Quecksilber-
                              									oder Ammoniakdampf ausgesetzt werden müssen.
                           Der Dampf des gelben an der Luft erhitzten Schwefelarseniks
                              									(Operments) ertheilt nach ungefähr 5 Minuten einem Kupferstich
                              									die Eigenschaft, sein eigenes Bild einer polirten Kupfer-
                              									oder Silberplatte, auf welche man ihn ohne alle weitere
                              									Behandlung aufdruckt, mitzutheilen. Diese Operation ist sehr
                              									leicht auszuführen und kann eben dadurch dem Kupferstecher mit
                              									Grabstichel sehr nützlich werden.
                           
                        
                           Dritter Theil. Von der
                                 									Salpetersäure.
                           Salpetersäure gab mir folgende Resultate:
                           Wenn man einen Stich (gleichviel von welcher Zusammensetzung der
                              									Druckschwärze) dem aus reiner Salpetersäure sich entwickelnden
                              									Dampf aussetzt, ihn dann auf eine Silber- oder
                              									Kupferplatte legt und einige Minuten darauf liegen läßt, so
                              									erhält man eine sehr sichtbare negative Copie. Die weißen
                              									Stellen sind mit einem weißen Dampfe überzogen und die schwarzen
                              									Stellen sind das reine Kupfer.
                           Ein geölter Stich und mit Kohle auf weißes Papier gemachte Züge
                              									gaben dieselben Resultate. Ich setzte nun ein aus weißem Holz
                              									und Ebenholz zusammengesetztes Täfelchen demselben Dampfe aus
                              									und es reproducirte sich nur der weiße Streifen.
                           Ich muß bemerken, daß wenn man einen Kupferstich dem Dampfe
                              									dieser Säure lange ausgesetzt läßt, zuletzt die schwarzen
                              									Stellen imprägnirt werden wie die weißen, und die Metallplatte,
                              									auf welche man dann den Stich legt, sich mit einer
                              									gleichförmigen Schicht überzieht, welche keine Spur einer
                              									Zeichnung darbietet.
                           Ein Kupferstich kann zur Verfertigung nur eines einzigen,
                              									höchstens zweier Copien dienen; hierauf muß man ihn 24 Stunden
                              									an der Luft liegen lassen, ehe man sich desselben wieder
                              									bedient; oft reproducirt er sein Bild gar nicht mehr. Man
                              									ersieht hieraus, daß die Wirkung keine so entschiedene ist, wie
                              									beim Jod und Phosphor.
                           Dieser Dampf legt sich auch an Reliefs und erhabenen Rändern an;
                              									daher können Oelgemälde und trockene Stempel durch dieses Mittel
                              									sehr gut reproducirt werden.
                           Dieselben Wirkungen zeigt trockener Chlorkalk; nur muß derselbe
                              									etwas erwärmt werden, ehe man den Kupferstich dem sich
                              									entwickelnden Dampfe aussetzt, welcher, wie die
                              									Salpetersäure, ein negatives Bild gibt.
                           
                        
                           Nachtrag.
                           Ich nahm Vogelfedern mit Schwarz und Weiß (aus dem Flügel der
                              									Elster oder dem Schwanze des Kibitzes) und setzte dieselben dem
                              									Joddampf aus; die schwarzen Stellen unterschieden sich von den
                              									weißen auf merkliche Weise; mit derselben Feder machte ich
                              									8–10 Abdrücke auf Kupfer, die alle eine sehr deutliche
                              									Gränzlinie zwischen Schwarz und Weiß gaben.
                           Ich tauchte nun einen Kupferstich in Jodtinctur und erhielt
                              									zuletzt, nachdem ich mehrere Abzüge nacheinander auf gestärktes
                              									Papier gemacht hatte, eine ganz reine positive Copie, wie wenn
                              									ich mit Joddampf operirt hätte; dasselbe Resultat erhält man,
                              									wenn man den Kupferstich in Jodwasser taucht.
                           Ich muß bemerken, daß bei der Reproduction eines Kupferstichs
                              									alle schwarzen oder farbigen Punkte, deren es beinahe immer im
                              									Papierzeug gibt, sich wie die Striche des Kupferstichs
                              									wiedergeben; man muß sie in diesem Fall durch Betupfen mit
                              									Ammoniak oder sonst ein Mittel aus dem Abzug vertilgen.
                           Ehe ich die positiven Abzüge verlasse, um auf die negativen
                              									überzugehen, habe ich noch zu bemerken, daß mir Schwefelkies
                              									(Schwefeleisen) dieselben Resultate gab, wie Schwefelarsenik;
                              									doch ist letzteres vorzuziehen wegen der leichtern
                              									Ausführbarkeit des Verfahrens und weil es auf dem Kupferstich
                              									nicht die geringste Spur zurückläßt. Diese Zeichnungen
                              									widerstehen dem Scheidewasser.
                           Auch mit Quecksilberchlorid (Aetzsublimat) erhielt ich eine
                              									positive Copie; wenn man die Zeichnung mittelst Ammoniakdampf
                              									auf Kupfer überträgt, so tritt sie viel deutlicher hervor und
                              									ist sehr gut fixirt.
                           Ich komme jetzt auf die negativen Copien, die ich mit Körpern
                              									erhielt, welche die Eigenschaft besitzen, sich an den weißen
                              									Stellen eines Kupferstichs lieber anzulegen als an den
                              									schwarzen, wie z.B. die Salpetersäure. Folgende neuere
                              									Erfahrungen machte ich mit dieser. Ich tauchte
                              									Buchdruckerlettern in reine Salpetersäure (zog sie aber sogleich
                              									wieder heraus), brachte dieselben auf eine Kupferplatte und als
                              									ich sie nach einer gewissen Zeit wieder weghob, fand ich
                              									erhabene Schriftzeichen, die einer typographischen Platte
                              									ähnlich sahen.
                           Wenn man einen Kupferstich in Wasser taucht, welches mit
                              									Salpetersäure angesäuert ist, ihn dann so weit trocknen läßt,
                              									daß er nur noch etwas feucht ist, und ihn dann auf eine
                              									Metallplatte legt, so erhält man einen
                              									gewöhnlich sehr deutlichen Abzug; sollte derselbe aber nicht
                              									deutlich seyn, so braucht man die Platte nur anzuhauchen, um die ZeichnungZeichuung zum Vorschein zu bringen. Eine schwarz und weiße
                              									Feder, auf gleiche Weise behandelt, gab mir ebenfalls einen
                              									Abdruck, an welchem nur das Weiß hervorkam, das umgekehrte
                              									Resultat von demjenigen, wenn man die dem Joddampf ausgesetzt
                              									gewesene Feder auf dem Metall abdruckt.
                           Salzsäure hat ziemlich dieselbe Wirkung wie Salpetersäure; doch
                              									verdient letztere sehr den Vorzug.
                           Ich sagte, daß der Chlorkalk (unterchlorigsaurer Kalk), wenn man
                              									einen Kupferstich dem sich davon entwickelnden Dampf aussetzt,
                              									eine negative Copie gibt; es ist dieß das entgegengesetzte
                              									Resultat von demjenigen mit Chlor. Der Abzug fällt auch negativ
                              									aus, wenn man einen Kupferstich in Chlorkalklösung taucht,
                              									während er beim Einweichen desselben in reines Chlor positiv
                              									ausfällt.
                           Wenn man einen Kupferstich mit in Wasser aufgelöstem Chlorkalk in
                              									Berührung bringt oder mit dem Dampf, den derselbe erwärmt von
                              									sich gibt, so werden, wenn man diesen Kupferstich auf blaues
                              									Lackmuspapier legt, die weißen Stellen desselben weiß
                              									reproducirt, während, wenn der Kupferstich dem Chlorwasser oder
                              									dem Dampfe desselben ausgesetzt wurde, die schwarzen Stellen
                              									roth hervorkommen. Doch muß, um diese Resultate zu erhalten,
                              									namentlich beim Chlorkalk, die Temperatur auf ungefähr
                              									32° R. erhöht werden. Dieselben Wirkungen finden auf
                              									Silber und auf Kupfer statt.
                           
                        
                           Ueber die Photographie auf
                                 									Glas.
                           Ich theile meine bisherigen Erfahrungen hierüber mit, zweifle
                              									aber nicht, daß Versuche, welche durch geübtere Hände unter
                              									günstigern Umständen angestellt werden, zu raschen Fortschritten
                              									Veranlassung geben werden.
                           Die von mir eingeschlagenen Verfahrungsweisen lieferten
                              									befriedigende, wenn auch nicht vollkommene Resultate; da alles
                              									von der Zubereitung der Platte abhängt, glaube ich das beste
                              									Verfahren zur Bereitung des Kleisters vorausschicken zu
                              									müssen.
                           Ich nehme 5 Gramme Stärkmehl, die ich mit 5 Grammen Wasser
                              									anrühre, welchen ich dann noch weitere 95 Gramme zusetze;
                              									hierauf mische ich 35 Centigr. Jodkalium, in 5 Grammen Wasser
                              									aufgelöst, hinzu. Ich setze das Ganze auf das Feuer; lasse,
                              									nachdem die Stärke gekocht ist, erkalten; passire es dann durch
                              									ein Leinentuch und gieße es auf Glasplatten, deren Oberfläche
                              									ich möglichst gleich damit überziehe. Nachdem
                              									dieselben unten abgetrocknet sind, lege ich sie auf eine
                              									vollkommen horizontale Fläche, um sie darauf an der Sonne oder
                              									in einem geheizten Zimmer recht schnell trocknen zu lassen und
                              									einen Ueberzug ohne Riffe zu erhalten, d.h. damit das Glas sich
                              									nicht mit Kreisen überzieht, welche minder dick sind als andere
                              									Stellen (was meines Dafürhaltens durch das Jodkalium bewirkt
                              									wird). Ich bemerke, daß das Stärkmehl immer in einem
                              									Porzellangefäße gekocht werden muß und daß die Quantität von 5
                              									Grammen zum Ueberziehen von 10 Stücken sogenannter
                              									Quart-Platten hinreicht. Man ersieht hieraus, daß man
                              									leicht eine große Menge Platten auf einmal Präpariren kann. Es
                              									muß auch darauf geachtet werden, daß keine Luftbläschen im
                              									Ueberzug bleiben, welche eben so viele kleine Löchlein im
                              									Lichtbild hervorbringen würden.
                           Ist die Platte so hergerichtet, so braucht man nur essigsalpetersaures Silber mittelst
                              									eines in diese Flüssigkeit öfters eingetauchten Papiers, auf
                              									dieselbe aufzutragen; hierauf nimmt man ein zweites, mit
                              									destillirtem Wasser getränktes Papier und fährt damit über die
                              									Platte. Ein anderes Verfahren besteht darin, die Stärkeschicht
                              									vorher mit destillirtem Wasser zu tränken, ehe man das
                              									essigsalpetersaure Silber aufträgt; im letztem Fall fällt das
                              									Bild wohl viel schwärzer aus, muß aber dem Lichte etwas länger
                              									ausgesetzt werden als beim ersten Verfahren.
                           Man bringt hierauf die Platte in die Camera obscura und läßt sie
                              									etwas länger darin, als wenn man es mit nach dem Blanquart'schen Verfahren bereiteten
                              										PapierMan vergl. polytechn. Journal Bd. CVI S. 365. zu thun hätte. Doch erhielt ich an der Sonne in
                              									20–25 Secunden, und im Schatten in 1 Minute recht
                              									schwarze Bilder. Wenn man die Platte etwas erwärmt, braucht man
                              									noch weniger Zeit. Die Operation geht dann fort wie bei Papier,
                              									d.h. man bedient sich der Gallussäure, um die Zeichnung zum
                              									Vorschein zu bringen, und des Bromkaliums um sie zu fixiren.
                           Dieses ist das erste Verfahren, welches ich anwandte; als ich
                              									aber auf den Gedanken kam, mich des Albumins (des Eiweißes) zu
                              									bedienen, fiel die Operation in jeder Hinsicht besser aus und
                              									ich glaube daher, daß letzterm der Vorzug zu geben ist.
                           Meine Platten präparirte ich wie folgt: ich nahm von dem Eiweiß
                              									(das je frischer, desto klebriger ist) das klarste (das
                              									eiweißhaltige Wasser), brachte in dasselbe Jodkalium, goß es auf
                              									die Platten aus und ließ es bei gewöhnlicher Temperatur trocknen
                              									(wäre die Temperatur zu hoch, so würde die Eiweißschicht Risse
                              									bekommen). Soll operirt werden, so wird das essigsalpetersaure
                              									Silber aufgetragen, indem man es so über die Platte gießt, daß
                              									ihre ganze Oberfläche auf einmal davon überzogen wird; noch
                              									besser ist es, sie in diese Flüssigkeit zu tauchen, um einen
                              									recht gleichförmigen Ueberzug zu erhalten.
                           Das essigsalpetersaure Silber macht das Albumin im Wasser
                              									unauflöslich und ertheilt ihm eine starke Adhäsion zum Glase.
                              									Mit dem Eiweiß muß es dem Licht etwas länger ausgesetzt werden
                              									als mit Stärke; auch die Einwirkung der Gallussäure muß hier
                              									länger dauern; hingegen wird auf diese Weise eine merkwürdige
                              									Reinheit und Feinheit der Züge erreicht, welche dereinst die
                              									Vollkommenheit eines Bildes auf der Silberplatte noch erreichen
                              									dürften.
                           Ich machte auch den Versuch mit Thierleim; derselbe gab ebenfalls
                              									sehr reine Zeichnungen (namentlich wenn er filtrirt wurde, was
                              									bei allen Gallerten nothwendig ist); dieselben lösen sich aber
                              									zu leicht im Wasser auf. Will man Stärke anwenden, so muß die
                              									feinste ausgewählt werden.
                           Nach den eben angegebenen Verfahrungsweisen erhielt ich negative
                              									Bilder. Positive machte ich keine; kann also auch nicht davon
                              									sprechen; ich vermuthe aber, daß man dabei verfahren kann wie
                              									beim Papier, oder indem man die Substanzen in das Stärkmehl
                              									bringt, aber nicht in das Eiweiß, welches sogar nicht durch die
                              									Kochsalzlösung Passiren darf. Bei Anwendung von Eiweiß muß die
                              									Platte in das Silberbad getaucht werden.
                           Um für Lichtbilder das Papier beibehalten zu können, rathe ich,
                              									dasselbe mit einer oder zwei Schichten Kleister oder Eiweiß zu
                              									überziehen; man erhält dann dieselbe Reinheit der Zeichnung wie
                              									bei den Copien, die ich mit Jod machte; doch glaube ich wird
                              									letzteres behufs der Photographie nie einen harten und glatten,
                              									mit einer merklichen Schicht überzogenen Körper ersetzen
                              									können.
                           Ich muß noch bemerken, daß man auf Opalglas sehr schöne positive
                              									Bilder erhalten kann.
                           Ist nicht zu hoffen, daß man durch dieses Verfahren dahin käme,
                              									auch Bilder von dem Lithographirsteine abzuziehen, wäre es auch
                              									nur durch Behandlung der reproducirten Zeichnung mit dem Crayon,
                              									wenn die andere Schwärzung sich nicht machen ließe? Ich erhielt
                              									sehr schöne Bilder auf einem mit einer Eiweißschicht überzogenen
                              										Schieferstein
                              									
                              									(Oelstein). Auf diese Weise könnten die Graveurs in Kupfer und
                              									in Holz Bilder erhalten, die sehr leicht zu reproduciren
                              										wären.Hr. Chevreul hat der franz.
                                    											Akademie der Wissenschaften bereits eine Abhandlung über
                                    											die Theorie der Reproduction von gravirten, gezeichneten
                                    											oder gedruckten Bildern nach Niepce's Verfahren eingereicht, welche wir aus
                                    											den Comptes rendus im
                                    											folgenden Hefte nachtragen. A. d. R.