| Titel: | Bericht des Hrn. Vauvilliers über die verdeckten Meubelscharniere des Hrn. Guillemot. | 
| Fundstelle: | Band 107, Jahrgang 1848, Nr. XXIII., S. 103 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XXIII.
                        Bericht des Hrn. Vauvilliers über die verdeckten
                           								Meubelscharniere des Hrn. Guillemot.
                        Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement,
                              								Sept. 1847, S. 335.
                        Mit Abbildungen auf Tab. II.
                        Bauvilliers, über Guillemot's verdeckte
                           								Meubelscharniere.
                        
                     
                        
                           Die gewöhnlich gebräuchlichen Meubelscharniere zum Verbinden der
                              									Deckel mit Koffern, Schatullen etc. stehen nothwendig mit ihrem
                              									cylindrischen Theile über die Flächen der Körper vor, an welchen
                              									sie angewandt wurden. Dieß entstellt nun einentheils,
                              									anderntheils bleibt man leicht an diesen Vorsprüngen hängen, und
                              									Stoffe, welche mit denselben in Berührung kommen, nützen sich
                              									durch Reibung ab.
                           Hr. Guillemot (boulevard du Temple No. 12 in Paris) erfand nun eine
                              									Vorrichtung, bei welcher alle vorstehenden Scharniertheile
                              									vermieden werden.
                           Um sich einen Begriff von seiner Vorrichtung machen zu können,
                              									muß man sich in einer Ebene liegend vorstellen: 1) ein
                              									Parallelogramm, welches aus vier Geraden besteht, die beweglich
                              									mit einander verbunden sind; 2) ein anderes ganz ähnliches
                              									Parallelogramm; 3) die Lage der Parallelogramme so, daß eine
                              									kurze Seite des einen auf eine lange Seite des anderen
                              									Parallelogramms zu liegen kommt und umgekehrt. In beiden
                              									Parallelogrammen werden alsdann eine kurze und eine lange Seite
                              									einen gemeinschaftlichen Winkel einschließen. Diese beiden sich
                              									zum Theil deckenden Parallelogramme bilden eine Figur, welche
                              									aus drei Parallelogrammen zusammengesetzt ist, wovon zwei
                              									einander gleich sind, das dritte aber noch in der Fläche der
                              									beiden ersten liegt. Die Linien, aus welchen die beiden
                              									Parallelogramme zusammengesetzt sind, bilden drei Rechtecke,
                              									wenn die zwei ersten Parallelogramme rechtwinkelig zu einander
                              									liegen, eine einzige gerade Linie aber, wenn der Winkel zwischen
                              									den zwei Parallelogrammen Null wird, und beliebig verschobene
                              									Parallelogramme, je nach dem Winkel, welchen die zwei
                              									aneinanderstoßenden langen Seiten der beiden
                              									Parallelogramme einschließen. Befestigt man nun auf der Fläche
                              									eines Deckels, und zwar in einer zur Drehungsachse desselben
                              									senkrecht stehenden Ebene, die äußere längere Seite eines
                              									Parallelogramms, und zwar so, daß 1) der von dem Scheitel des
                              									gemeinschaftlichen Winkels entfernteste Punkt auf ein und
                              									derselben Stelle des Deckels bleibt, und 2) auch der Punkt, wo
                              									die zweite Seite des zweiten Parallelogramms die an dem Deckel
                              									befestigte Seite trifft, und befestigt man dann die
                              									entsprechende Seite des zweiten Parallelogramms eben so an den
                              									Körper, zu welchem der Deckel gehört, so hat man beide so
                              									verbunden, daß sie nur den Bewegungen der drei
                              									Scharnierparallelogramme folgen können. Der Drehungsmittelpunkt
                              									beider Meubeltheile fällt immer mit dem Scheitel des beiden
                              									Systemen gemeinschaftlichen Winkels zusammen. Man hat auf diese
                              									Weise eine Scharnierbewegung ohne irgend einen über die
                              									Drehungsachse vorspringenden Punkt. Natürlich kann man nun,
                              									statt die beiden äußern Seiten der zwei Parallelogramme, welche
                              									den gemeinschaftlichen Winkel haben, am Scheitel desselben durch
                              									ein Scharnier zu verbinden, die beiden inneren längeren Seiten,
                              									da wo sie sich kreuzen, drehbar sich vereinigt denken. Allgemein
                              									betrachtet, ist die Vorrichtung von Guillemot ein Mittel, einen Körper um eine ideale
                              									Achse, d.h. eine immaterielle ohne Dimensionen, drehen zu
                              									lassen.
                           
                        
                           Erklärung der Abbildungen.
                           Fig. 1 Ansicht eines Scharniers für Kästchen und
                              									Deckel;
                           Fig. 2 dasselbe Scharnier bei zum Theil geöffnetem
                              									Deckel;
                           Fig. 3 Grundriß desselben;
                           Fig. 4 Scharnier für Tische und zwar in geschlossenem
                              									Zustande;
                           Fig. 5 dasselbe geöffnet, d.h. wenn die Klappen auf
                              									den Tisch gelegt sind;
                           Fig. 6 Grundriß desselben;
                           Fig. 7, 8,
                              										9,
                              										12,
                              										13
                              									Scharniere für Klaviere, und zwar geöffnet, geschlossen, von
                              									oben und von der Seite gesehen. Sie haben eine ähnliche Bewegung
                              									wie Fig. 4
                              									und 5 und
                              									unterscheiden sich davon in ihrer Construction nur durch die
                              									Theile, womit sie angeschraubt werden.
                           Fig. 12 zwei Ansichten eines abgenommenen Scharniers
                              									nach dem System Fig.
                                 									1.
                           Fig. 13 eben solche Ansichten eines Scharniers nach
                              									dem System Fig.
                                 									7. Die Scharniere bestehen aus zwei Stücken a, a und zwei Körpern b, b, welche durch Glieder
                              									miteinander vereinigt sind. Diese Stücke sind wechselseitig,
                              									indem sie sich kreuzen, an dem Körper des Meubels c
                              									 und
                              									an dem Deckel d mittelst metallener
                              									Gehäuse befestigt, von denen jedes durch zwei Schrauben
                              									angeschraubt wird.
                           Die beiden verbundenen Holztheile bekommen Ausschnitte, in welche
                              									sich die Scharniere legen, wenn der Deckel geschlossen ist.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
