| Titel: | Ueber das goldhaltige Glas; von Heinrich Rose. | 
| Fundstelle: | Band 107, Jahrgang 1848, Nr. XXXIII., S. 129 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XXXIII.
                        Ueber das goldhaltige Glas;
                           								von Heinrich Rose.
                        Aus Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie, 1847, Nr. 12.
                        Rose, über das goldhaltige Glas.
                        
                     
                        
                           Wir verdanken Splittgerber
                              									Polytech. Journal Bd. XCII S. 40. eine Reihe von interessanten Versuchen über die
                              									merkwürdige Eigenschaft des weißen goldhaltigen Glases, beim
                              									Anwärmen, oder bei der Temperatur des anfangenden schwachen
                              									Glühens schön rubinroth zu werden, ohne seine Durchsichtigkeit
                              									zu verlieren. Er fand, daß der Erfolg nicht nur beim Zutritt der
                              									Luft, sondern auch eben so gut in Sauerstoffgas wie in
                              									Wasserstoffgas vor sich geht, und selbst auch in verschlossenen
                              									Tiegeln in Sand, Kohlenstaub oder in Zinnoxyd gepackt
                              									stattfindet. Erhitzt man das rothe Goldglas stärker, so wird es
                              									leberbraun und undurchsichtig, oder wenigstens minder
                              									durchsichtig.
                           
                           Es gelang Splittgerber das rothe Glas
                              									nur auf die Weise wieder farblos zu erhalten, daß er es in
                              									kleinen Stückchen vor dem Sauerstoffgebläse schmolz. Dieses
                              									farblos gewordene Glas konnte er wiederum durch neues Anwärmen
                              									rubinroth färben.
                           Ich kann die Resultate dieser Versuche durch eigene bestätigen,
                              									welche ich mit einem farblosen Goldglase angestellt habe, das
                              									auf der dem Grafen Schaffgotsch
                              									gehörigen Josephinen-Hütte bei Warmbrunn in Schlesien
                              									bereitet worden war, und das ich der Gefälligkeit des Hrn. Pohl, des Directors dieser Hütte,
                              									verdanke. Es hatte eine nur etwas abweichende Zusammensetzung
                              									wie die des Glases, dessen sich Splittgerber bedient hatte. Es enthielt kein Zinnoxyd.
                              									Bei seiner Bereitung waren die Materialien in folgendem
                              									Verhältnisse angewandt worden:
                           
                              
                                 46 Pfund
                                 Quarz,
                                 
                              
                                 12    „
                                 Borax,
                                 
                              
                                 12    „
                                 Salpeter,
                                 
                              
                                   1    „
                                 Mennige,
                                 
                              
                                   1    „
                                 weißes Arsenik.
                                 
                              
                           Das Ganze war mit einer Auflösung von 8 Ducaten in Königswasser
                              									befeuchtet und darauf geschmolzen worden.
                           Das Glas wurde rubinroth nicht nur wenn es in der atmosphärischen
                              									Luft, sondern auch in einer Atmosphäre von Sauerstoffgas und
                              									Kohlensäuregas erhitzt wurde. Die Versuche wurden auf die Weise
                              									angestellt, daß das farblose Glas, in Röhren von schwer
                              									schmelzbarem Glase gelegt, zwischen Kohlen stark erwärmt wurde,
                              									während ich die genannten Gasarten darüber leitete. Wurde
                              									Wasserstoffgas angewandt, so wurde das Glas nur schwach röthlich
                              									und grau gefärbt, offenbar wohl dadurch, daß das Bleioxyd in
                              									demselben reducirt wurde.
                           Wurde das rothe Glas einer größeren Hitze ausgesetzt, bei welcher
                              									es anfing etwas weich zu werden, so wurde es an diesen Stellen
                              									leberfarben. Es gelang mir dieß auf die Weise am besten, daß ich
                              									das Glas einer Weingeiststamme aussetzte, durch welche ein Strom
                              									von Sauerstoffgas geleitet wurde.
                           Der Flamme des Knallgasgebläses ausgesetzt, schmolz das rothe
                              									Glas zu farblosen Tropfen, wie dieß auch schon Splittgerber bemerkt hat. Es gelang
                              									mir indessen nicht, wie ihm, diesem farblosen Glase durch
                              									Erwärmen die rubinrothe Farbe wieder mitzutheilen.
                           Splittgerber ist der Meinung, daß das
                              									farblose Goldglas ein Silicat des Goldoxyds enthält, das beim
                              									Erhitzen in Goldoxydul verwandelt wird, durch dessen stark
                              									tingirende Kraft, selbst bei einer geringen Menge, eine
                              									dunkle Farbe hervorgebracht werden kann. Er äußert diese
                              									Meinung, ohne einen besonderen Werth auf sie zu legen und ohne
                              									sie durch einen quantitativen Versuch zu unterstützen, der bei
                              									der äußerst geringen Menge des Goldes im Glase in keinem Falle
                              									auch ein entscheidendes Resultat hätte geben können.
                           Da wir das Goldoxyd weder auf nassem Wege, noch weniger auf
                              									trockenem Wege mit Säuren verbinden könnenVon allen Sauerstoffsäuren löst die Essigsäure das
                                    											Goldoxyd in der größten Menge auf; aber auch in dieser
                                    											Auflösung ist das Goldoxyd sehr lose mit der Säure
                                    											verbunden., und wir eigentlich gar keine salzartigen Verbindungen
                              									desselben weder in Auflösungen noch in fester Form kennen, so
                              									ist es nicht sehr wahrscheinlich, daß es ein Silicat des
                              									Goldoxyds gebe, zumal eins, das bei einer sehr hohen Temperatur
                              									sich erst bildet.
                           Wenn aber wirklich ein solches in dem farblosen Goldglase
                              									existiren sollte, so sieht man nicht den Grund ein, warum
                              									dasselbe bei einer weit niedrigeren Temperatur, als zu seiner
                              									Erzeugung nothwendig ist, Sauerstoff verlieren und sich in
                              									Goldoxydul verwandeln sollte, und zwar selbst in einer
                              									Atmosphäre von Sauerstoffgas.
                           Andererseits wissen wir jetzt, daß das Goldoxydul, welches eine
                              									Base ist, in seinen Verbindungen sich beständiger als das Oxyd
                              									verhält. Wir wissen, daß der Purpur des Cassius, der nach Berzelius' neueren Ansichten eine
                              									Doppelverbindung von zinnsaurem Zinnoxydul und zinnsaurem
                              									Goldoxydul istJahresbericht, Nr. 25, S. 192., eine sehr hohe Temperatur ertragen kann.
                           Es scheint mir daher weit natürlicher, in dem farblosen Goldglase
                              									ein Silicat des Goldoxyduls anzunehmen, das wie der Purpur des
                              									Cassius in Verbindung mit anderen Silicaten eine hohe Temperatur
                              									ohne Zersetzung ertragen kann und diese zu seiner Bildung
                              									erfordert. Wird ein solches neutrale, oder vielleicht auch saure
                              									farblose Silicat von Neuem erwärmt, und zwar bei einer
                              									Temperatur, die weit niedriger ist als die, bei welcher es
                              									erzeugt worden ist, so scheidet sich ein Theil des Goldoxyduls
                              									aus. Dieses sich ausgeschiedene Goldoxydul ist es, welches in
                              									kleiner Menge eine große Menge Krystallglas schön dunkel
                              									rubinroth zu färben im Stande ist.
                           Diese Ansicht scheint mir besonders durch die Analogien
                              									unterstützt zu werden, welche das Goldglas mit dem Glase des
                              									Kupferoxyduls hat.
                           
                           Gold- und Kupferoxydul haben nicht nur eine gleiche
                              									atomistische Zusammensetzung, sondern auch viel Aehnlichkeit in
                              									den Eigenschaften.
                           Bekanntlich bereitet man in den Glashütten vermittelst des
                              									Kupferoxyduls ein Glas von einer ähnlichen rubinrothen Farbe,
                              									wie sie das aufgewärmte Goldglas besitzt. Dieses Glas ist wie
                              									das Goldglas nach dem Schmelzen farblos, und bekommt wie dieses
                              									die rothe Farbe durchs Aufwärmen. Dieß geschieht nicht
                              									vermittelst einer Reduction des etwa im Glase enthaltenen
                              									Kupferoxyds zu Oxydul, denn das farblose Glas wird auch durchs
                              									Erwärmen roth, wenn es von beiden Seiten mit farblosem
                              									Krystallglas überzogen ist; eine Erscheinung, auf welche mich
                              									Hr. Pohl aufmerksam machte. Auch
                              									erhält das farblose Glas, wenn es lange in einem Strome von
                              									Sauerstoffgas bei einer stark erhöhten Temperatur erhitzt wird,
                              									bei welcher es aber noch nicht schmilzt oder stark erweicht,
                              									eine grüne Farbe, die von Kupferoxyd herrührt. In Kohlensäuregas
                              									dagegen wird es roth, und zwar theils durchsichtig roth, theils
                              									emailartig und undurchsichtig. Durch einen Strom von
                              									Wasserstoffgas wird das Kupfer im Glase reducirt, aber zugleich
                              									auch das darin in größerer Menge enthaltene Bleioxyd, sowie das
                              									darin befindliche Zinnoxyd.
                           Wir sehen also, daß das Silicat von Kupferoxydul farblos ist, und
                              									durch eine geringere Temperatur als die ist, bei welcher es sich
                              									gebildet hat, roth werden kann. Dieses Rothwerden rührt offenbar
                              									davon her, daß ein Theil des Kupferoxyduls sich durchs Erwärmen
                              									ausscheidet, und obgleich nur eine geringe Menge desselben frei
                              									wird, so kann es wegen seiner stark färbenden Kraft eine große
                              									Menge von Glas intensiv färben, ohne daß dasselbe seine
                              									Durchsichtigkeit verliert, wenn seine Quantität nicht zu
                              									bedeutend und die Erhitzung nicht zu stark gewesen ist, in
                              									welchen Fällen es emailartig wird.
                           Jeder, der mit Löthrohrversuchen sich beschäftigt, weiß, daß
                              									ähnliche Erscheinungen sich zeigen, wenn man geringe Mengen von
                              									Kupferoxyd sowohl in Borax als auch in Phosphorsalz auflöst, und
                              									die Gläser im Reductionsfeuer behandelt. Beide Gläser sind, wenn
                              									in der inneren Flamme das Kupferoxyd zu Oxydul reducirt worden
                              									ist, vollkommen farblos, und werden erst roth unter der
                              									Abkühlung, gewöhnlich beim Gestehen, also bei einer niedrigeren
                              									Temperatur als die ist, bei welcher sie sich gebildet haben. Bei
                              									einem sehr geringen Kupfergehalt wird die farblose
                              									Phosphorsalzperle beim Gestehen oft durchsichtig rubinroth.
                           Daß gewisse Oxyde, wenn sie durch Schmelzen in Flüssen aufgelöst
                              									worden sind, und mit diesen gleichsam neutrale oder saure Salze
                              									bilden, durch erneutes Erwärmen bei einer Temperatur, die weit
                              									niedriger ist als die, bei welcher sie sich
                              									aufgelöst haben, zum Theil sich wieder aus der Auflösung
                              									ausscheiden, ist eine bei Löthrohruntersuchungen sehr gewöhnlich
                              									vorkommende Erscheinung. Sie zeigt sich besonders, wenn man jene
                              									Oxyde in Borax aufgelöst hat, und das Glas bis zu einem gewissen
                              									Grade gesättigt ist. Wenn man das klare Glas durch sehr kurzes
                              									wiederholtes Anblasen wieder erwärmt, wodurch es aber nicht
                              									schmelzen darf, so wird es trübe und emailartig, auch oft
                              									gefärbt; durch sehr langes Blasen kann es wieder klar werden.
                              										Berzelius hat für diese
                              									Erscheinung den Kunstausdruck, daß ein Glas unklar geflattert werden kann,
                              									eingeführt.
                           Man kann diese Erscheinung vielleicht mit der vergleichen, daß
                              									die Auflösungen mehrerer neutraler Metalloxydsalze durchs Kochen
                              									einen Theil des Oxyds ausscheiden. Aber beide Erscheinungen
                              									haben insofern eine nur entfernte Aehnlichkeit, als die
                              									theilweise Ausscheidung des Oxyds im letztem Falle durch die
                              									Gegenwart des Wassers bedingt wird, das als Base auftritt und
                              									eine schwächere Base ausscheidet.
                           Wenn man das Rothwerden des farblosen Gold- und
                              									Kupferoxydulglases beim Erwärmen von einer theilweisen
                              									Ausscheidung des Oxyduls herleitet, so kann man die Frage
                              									aufwerfen, warum das Glas beim Erwärmen nicht die
                              									Durchsichtigkeit verliert, da das ausgeschiedene Oxydul in einem
                              									nicht aufgelösten Zustand im Glase enthalten seyn muß. Aber die
                              									Menge desselben ist so gering, daß dadurch allen rothen
                              									Lichtstrahlen der Durchgang nicht gesperrt wird. Aehnliche
                              									Erscheinungen finden wir bei wässerigen Auflösungen. Sehr kleine
                              									Mengen von suspendirtem Schwefelblei oder Schwefeleisen können
                              									Flüssigkeiten stark braun oder grün färben, ohne sie
                              									undurchsichtig zu machen, weil die Menge des ausgeschiedenen
                              									Schwefelmetalls äußerst gering ist, aber doch in dieser geringen
                              									Menge eine große färbende Kraft hat.
                           Wenn das durch Anwärmen roth gewordene Goldglas einer noch
                              									stärkeren Hitze ausgesetzt wird, bei welcher es aber noch nicht
                              									schmilzt, sondern nur weich wird, so wird es, wie oben angeführt
                              									wurde, leberbraun und undurchsichtig. Es rührt dieß offenbar
                              									davon her, daß das durchs Anwärmen frei gewordene Goldoxydul
                              									sich zu Metall reducirt, was bei dem an Kieselsäure gebundenen
                              									Oxydul selbst bei der Schmelzhitze nicht stattfinden kann.