| Titel: | Bericht des Hrn. Penot über Bontemps' Abhandlung: das Zerspringen gläserner Röhren und Cylinder betreffend. | 
| Fundstelle: | Band 107, Jahrgang 1848, Nr. LXVI., S. 286 | 
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                        LXVI.
                        Bericht des Hrn. Penot über Bontemps' Abhandlung: das Zerspringen gläserner Röhren und
                           								Cylinder betreffend.Polytechn. Journal Bd. CVI S. 358.
                           							
                        Aus dem Moniteur industriel, 1847 Nr. 1176.
                        Penot, über das Zerspringen gläserner Röhren
                           								und Cylinder.
                        
                     
                        
                           Hr. Bontemps ist der Meinung daß
                              									gewisse Glaswaaren wegen Mangels gehöriger Kühlung leicht,
                              									zuweilen schon durch die geringste Reibung, brechen. Diese
                              									Ansicht ist sehr wahrscheinlich und wurde auch als mögliche
                              									Ursache dieses Uebelstandes von der Mülhauser
                              									Industrie-Gesellschaft in der bezüglichen Preisaufgabe
                              									erwähnt. Allein es wäre zu wünschen gewesen, daß dabei in die
                              									speciellen Ursachen eingegangen worden wäre, welche diese
                              									Erscheinung meistentheils veranlassen.
                           Einige Beispiele solchen Zerspringens werden darthun, wie schwer
                              									die Erklärung ist. Man bringe ein kleines Stück Metalldraht ganz
                              									leicht in eine Barometerröhre und lege diese auf einen Tisch. Es
                              									wird oft der Fall eintreten, daß sie mit Geräusch zerspringt,
                              									und zwar sogleich oder nach einigen Minuten; manchmal sogar erst
                              									nach einer Viertelstunde oder einer Stunde.
                           Eine ähnliche Erscheinung beobachtete man an Flaschen mit
                              									eingeriebenen Stöpseln, bei welchen die Tubulatur bloß in Folge
                              									der Reibung des Stöpsels, oft erst mehrere Stunden nach dem
                              									Verstopfen derselben, sich vom Gefäß ablöste. Ich fand sogar
                              									in meiner verschlossenen Kammer, worin sich der Glasvorrath für
                              									mein Laboratorium befindet und in welche außer mir niemand
                              									kömmt, diese Trennung bei Flaschen, welche seit mehreren Monaten
                              									nicht angerührt worden waren.
                           Von 3 Duzend Lampenzuggläsern, die einmal auf einen Tisch
                              									niedergelegt wurden, fand man am andern Tag nur noch 5 Stücke
                              									ganz, ohne daß sie jemand berührt hatte.
                           Bei Stengelgläsern welche schon lange zum Reagiren gedient
                              									hatten, kam es zuweilen vor, daß der Fuß sich ablöste, nachdem
                              									eine bei gewöhnlicher Temperatur angewandte Flüssigkeit darin
                              									umgerührt worden war. Dasselbe sah ich bei Probirgläsern, welche
                              									mehrere Monate nicht benutzt worden waren, ohne daß ich die
                              									Ursache hätte ergründen können.
                           Will man nun auch mit Hrn. Bontemps
                              									annehmen, daß diese Fälle nur bei schlecht gekühltem Glas
                              									eintreten, so bleiben doch noch immer die besondern Umstände,
                              									welche sie begleiten oder hervorrufen, zu erklären übrig. Wenn
                              									das Brechen Folge einer Erzitterung ist, welche die Molecüle
                              									eines schlecht gekühlten Glases sogar durch eine schwache
                              									Reibung erfahren, wie kömmt es dann daß es oft erst sehr lange
                              									Zeit nach der Reibung, wo vorauszusetzen ist daß alle
                              									Erzitterung aufgehört habe, eintritt? Ebenso schwierig erklärt
                              									sich das Brechen von Glas, welches gar nicht berührt wurde und
                              									nur etwa kleine Temperatur-Veränderungen, wie sie in
                              									einem Zimmer stattfinden können, erlitten hatte, die übrigens zu
                              									gleicher Zeit sich auf alle Theile desselben erstrecken
                              									mußten.
                           Hinsichtlich der Mittel gegen das leichte Brechen des Glases ist
                              									es wahrscheinlich, daß wenn es die gezwungene Spannung seiner
                              									Molecüle gänzlich verlieren soll, die Erhitzung desselben nicht
                              									bloß bis nahe zum Schmelzpunkt, sondern bis zur völligen
                              									Schmelzung vorgenommen werden muß. Hr. Bontemps hält es für hinreichend, das Glas in
                              									siedendem Wasser zu erhitzen und allmählich erkalten zu lassen.
                              									Bekanntlich widerstehen die Porzellanschalen welche so behandelt
                              									wurden, unter Zusatz von etwas Asche zum Wasser, der Einwirkung
                              									der Hitze besser, und es brechen so behandelte Schüsseln weniger
                              									leicht beim Eingießen heißer Flüssigkeiten. Derartige Versuche
                              									sollten auch mit Glas angestellt werden.
                           Die von Hrn. B. angegebenen Mittel, um die zu schnelle Kühlung
                              									eines Glases zu erkennen, das Reiben nämlich mit einem harten
                              									Körper, oder die Wärme-Erzeugung durch Reibung, um zu
                              									sehen ob ihnen das Glas widersteht, können nach den oben
                              									angeführten Thatsachen wohl nicht genügen, weil das Glas
                              									manchmal eine solche Reibung aushält und später unter dem
                              									scheinbaren Einfluß derselben Ursachen dennoch bricht.
                           Die von Hrn. B. vorgeschlagene Probe mit dem
                              									Polarisations-Apparat hat den Mangel, daß sie nur mit
                              									Stücken schon zerbrochenen Glases vorgenommen werden kann und
                              									auch nicht hinlängliche Gewißheit gewährt. Allerdings polarisirt
                              									schlecht gekühltes Glas das Licht, indem es dasselbe zersetzt;
                              									allein aus den Versuchen mehrerer Physiker, namentlich von Biot, Brewster und Seebeck, geht hervor daß das Glas
                              									diese Eigenschaft auch erhält, sobald seine Zusammensetzung
                              									nicht ganz gleichartig ist, oder seine Molecüle sich nicht alle
                              									in demselben physischen Zustande befinden; da dieß nun auch bei
                              									gepreßtem, ungleichmäßig erwärmtem Glas etc. der Fall ist, so
                              									könnte der Fall eintreten, daß ein Glas für schlecht gekühlt
                              									betrachtet würde, bei welchem dieser Fehler nicht
                              									stattfindet.