| Titel: | Ueber ein neues Verfahren zu graviren, Stylographie genannt; von Hrn. Jomard. | 
| Fundstelle: | Band 107, Jahrgang 1848, Nr. LXVII., S. 288 | 
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                        LXVII.
                        Ueber ein neues Verfahren zu
                           								graviren, Stylographie
                           								Eine Notiz darüber wurde bereits im polytechn. Journal Bd.
                                    										CIV S. 395 mitgetheilt. genannt; von Hrn. Jomard.
                        Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement, Jun.
                              								1847, S. 328.
                        Jomard, über Stylographie.
                        
                     
                        
                           Hr. Schöler, ein Däne, erfand eine
                              									neue Methode zu graviren; im Jahr 1842 war er mit seinem
                              									Verfahren bereits so weit gekommen, daß er dem König von
                              									Dänemark genügende Resultate vorlegen konnte; der König belohnte
                              									ihn für seine Erfindung unter der Bedingung daß er sein
                              									Verfahren vollständig veröffentliche. Dieß geschah in Kopenhagen
                              									und später in Brüssel.
                           Man schmilzt einen Theil Copal, drei Theile Stearin und drei
                              									Theile Lack zusammen; dann setzt man soviel Frankfurter Schwärze
                              									zu, daß die Komposition eine schwarze Farbe erhält. Das Ganze
                              									wird in eine Form von 6 Linien Höhe gegossen, welche aus zwei
                              									Kupferblechen gebildet ist, die man zuerst innerhalb mit einem
                              									Zinnamalgam reibt, das mit Spanischweiß und Tripel gemengt ist,
                              									und sodann an der Flamme einer Lampe schwärzt. Die erzeugte
                              									Compositionsplatte wird aus der Form herausgenommen; sie löst
                              									sich leicht ab und wird an der Luft hart; man reibt sie mit
                              									einer Auflösung von Harz in Weingeist ab und polirt sie; während
                              									sie noch weich ist, überzieht man sie mit einem Silberpulver,
                              									bis sie einem Blatt weißen Papiers ähnlich wird. Man zieht die
                              									Zeichnung in Roth darauf ab, fährt dann mit einer Gravirnadel
                              									oder einer schneidenden Spitze über die verschiedenen Striche
                              									und erzeugt die verschiedenen Tinten dadurch, daß man mehr oder
                              									weniger in die Platte eindringt und durch verschiedene
                              									Zwischenräume und Breiten der Einschnitte.
                           Wenn die Zeichnung einmal gravirt ist, reinigt man die Platte mit
                              									Wasser; dann überzieht man sie mit einer Auflösung von Zucker
                              									welche mit einer sehr kleinen Menge salpetersauren Silbers
                              									vermischt ist; hierauf verbreitet man auf derselben mit einem
                              									Pinsel silberähnliches Bronzepulver.
                           Man braucht dann nur noch auf galvanoplastischem Wege zuerst eine
                              									Reliefplatte davon zu machen und hierauf eine zweite Platte,
                              									welche zum Drucken verwendet wird, wie alle mit Scheidewasser
                              									oder mit dem Grabstichel gravirten Platten.
                           Der Hauptvortheil von Schöler's
                              									Verfahren besteht darin, daß es dem Zeichner seine Arbeit
                              									erleichtert, weil der Graveur in Schwarz auf einem weißen Grund
                              									zeichnet, wie mit Bleistift auf einem Papier. Die bis jetzt
                              									erzielten Resultate, obgleich genügend, darf man nur als ein
                              									schwaches Anzeichen dessen betrachten, was das Verfahren
                              									dereinst in den Händen geschickter Künstler leisten wird.
                           Während übrigens Schöler's Verfahren
                              									einerseits gewisse Uebelstände der Kupferstechern, sowohl
                              									mittelst des Grabstichels als des Radirens (z.B. die Nachtheile
                              									in Folge der Ungleichheit des Firnisses und der verschiedenen
                              									Temperatur beim Aetzen) beseitigt, so ist man andererseits
                              									genöthigt eine galvanoplastische Operation vorzunehmen, welche
                              									mit Zeit- und Geldaufwand verbunden ist. Mit dem
                              									eigentlichen Stechen vermittelst des Grabstichels wird die
                              									Stylographie hinsichtlich der Vollkommenheit der Arbeit wohl nie
                              									rivalisiren können; dagegen erfordert sie zehnmal weniger Zeit
                              									und überdieß kann jeder Zeichner (wie dieß bei der Lithographie
                              									der Fall ist) selbst den Stich seiner Zeichnung ausführen; dieß
                              									ist ein schätzbarer Vortheil für den Künstler, welcher die
                              									Producte seines Zeichenstiftes beliebig oft vervielfältigen
                              									will.
                           Hr. Schöler hat der k. Akademie der
                              									Künste zu Brüssel dreizehn Proben übergeben, darunter zwei
                              									Landschaften, das Porträt von Friedrich VI und von Beethoven, eine Platte Lord Byron in verschiedenen Epochen seines Lebens
                              									darstellend; endlich fünf Kopfstudien, worunter sich
                              									besonders ein orientalischer Kopf von 1 Decimeter Höhe
                              									auszeichnet; die feinsten und zartesten Striche der Gravirnadel
                              									sind darin wiedergegeben. Vielen Platten kann man den Vorwurf
                              									machen, daß sie zu kräftig oder vielmehr etwas hart und trocken
                              									sind; es gehört aber eine geschickte Hand dazu, um die
                              									Gravirnadel mit Leichtigkeit zu führen und die Effecte gut zu
                              									nüanciren, eine Geschicklichkeit die sich unsere Künstler durch
                              									Uebung bald aneignen werden, gerade so wie vor dreißig Jahren
                              									die Handhabung der lithographischen Kreide und Feder.