| Titel: | Ueber die Zubereitung des Laabs (Käselaabs) und den Nutzen der geronnenen Milch aus dem Kälbermagen; von Prof. Johnston. | 
| Fundstelle: | Band 107, Jahrgang 1848, Nr. LXXI., S. 300 | 
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                        LXXI.
                        Ueber die Zubereitung des
                           								Laabs (Käselaabs) und den Nutzen der geronnenen Milch aus dem
                           								Kälbermagen; von Prof. Johnston.
                        Aus dem Agriculteur-praticien, Oct. 1847, S.
                              								28.
                        Johnston, über die Zubereitung des
                           								Laabs.
                        
                     
                        
                           Hinsichtlich der Zubereitung des Laabs sind die Ansichten und
                              									Verfahrungsweisen auffallend verschieden. In verschiedenen
                              									Ländern werden dreierlei Verfahrungsweisen bei der Zubereitung
                              									des Magens vom Saugkalb mittelst des Salzes befolgt. Die einen
                              									entfernen alles, was der Magen enthält, sorgfältig durch
                              									Waschen; andere salzen den Magen mit allen darin enthaltenen
                              									Milchsubstanzen ein, oder nehmen die geronnene Milch heraus und
                              									salzen sie besonders; wieder andere geben dem Kalb, bevor sie es
                              									tödten, eine starke Quantität Milch ein, um die Menge der
                              									geronnenen Milch im Magen zu vermehren, wenn sie aus dem Thier
                              									genommen und zum Salzen gebracht wird.
                           Welches ist nun das beste Verfahren? Ist die geronnene Milch von
                              									Nutzen bei der Bereitung des Laabs?
                           Eine Antwort auf diese Fragen geben uns unsere Kenntnisse über
                              									die Wirkungsweise des Laabs beim Gerinnenmachen der Milch und
                              									die Natur der Körper, welche eben so wie das Laab, diese
                              									merkwürdige Eigenschaft besitzen.
                           In meinem Werke über Agriculturchemie und
                                 										Geologie suchte ich nachzuweisen, daß die Wirkung des
                              									Laabs lediglich in der raschen Umwandlung eines Antheils
                              									Milchzucker in Milchsäure besteht, welche letztere, wie der
                              									Essig, die Eigenschaft besitzt die Milch gerinnen zu machen. Ich
                              									erwähnte auch, daß es thierische Membranen verschiedener Art
                              									gibt, welche eine ähnliche Eigenschaft besitzen, nachdem man sie
                              									einige Zeit der Luft ausgesetzt hatte, ferner daß sie sich in
                              									der geronnenen Milch selbst wiederfinde.
                           Hienach scheint es, daß die geronnene Milch im Kalbsmagen
                              									dasselbe Vermögen die Milch gerinnen zu machen besitzt, welches
                              									der Membran des Magens solchen Werth gibt, und daß man sie
                              									folglich nicht wegwerfen solle.
                           Doch können die erwähnten widersprechenden Verfahrungsweisen alle
                              									gerechtfertigt und in Uebereinstimmung gebracht werden.
                           In Gloucester und Cheshire entfernt man die geronnene Milch und
                              									die klebrigen Stoffe gewöhnlich durch schwaches Auswaschen, weil
                              									man glaubt, daß sie dem Käse einen starken Geschmack ertheilen.
                              									In einigen Bezirken Cheshire's vermeidet man diesen Uebelstand
                              									durch Entfernen der geronnenen Milch und besonderes Einsalzen
                              									derselben; während hingegen in Ayrshire der Brauch herrscht, dem
                              									Kalb viel Milch zu trinken zu geben, bevor man es tödtet, um den
                              									zu starken Geschmack der geronnenen Milch zu verdünnen, so daß
                              									man durch ein anderes Mittel ziemlich denselben Zweck
                              									erreicht.
                           In ökonomischer Hinsicht ist es offenbar zweckmäßiger, die
                              									geronnene Milch zu behalten und noch vortheilhafter, sie dadurch
                              									zu vermehren, daß man dem jungen Kalb eine reichliche Quantität
                              									Milch gibt, wie dieß in einigen Districten von Ayrshire und im
                              									Limburgischen geschieht.
                           Aus diesen allgemeinen Erörterungen lassen sich folgende
                              									praktische Betrachtungen ableiten:
                           
                           1) Könnte man nicht die geronnene Milch besonders salzen, wie
                              									dieß mit dem Kalbsmagen geschieht, und sich dann derselben
                              									allein zur Bereitung des Laabs bedienen?
                           2) Könnte man sich nicht einiger Sorten alter, aber angenehm
                              									schmeckender Käse ohne alle weitere Zubereitung anstatt der
                              									getrockneten Mägen bedienen? Und wäre diese Anwendung alten
                              									Käses nicht ein Mittel dem neuzubereitenden etwas von dem
                              									angenehmen Geschmack des alten mitzutheilen?
                           3) Die natürlichen Flüssigkeiten des Magens können zur Erzeugung
                              									des Laabs nicht nochwendig seyn, weil ein trockener Magen,
                              									welchen man behufs der Laabbereitung hatte einweichen lassen,
                              									neuerdings mit Vortheil eingesalzen und getrocknet werden kann.
                              									Ein Stück Schweinsblase kann ebenfalls statt des getrockneten
                              									Magens angewandt werden. Könnten daher nicht gehacktes Fleisch,
                              									Wurstgehack, oder ähnliche thierische Substanzen ihn ebenfalls
                              									ersetzen? Könnte das Wasser, in welchem man das eingesalzene
                              									Fleisch lange liegen ließ, nicht ebenfalls die Milch zum
                              									Gerinnen bringen, wie der Laab? Und würde das gesalzene, aber
                              									nicht getrocknete Fleisch, wie z.B. lang aufbewahrte
                              									Fleischwürste, wenn man sie aufweichen ließe, nicht ebenfalls
                              									einen sehr guten Laab abgeben?
                           4) Ein Auszug von Darrmalz, der mittleren Lufttemperatur
                              									ausgesetzt, bis er sich zu zersetzen und einen unangenehmen
                              									Geruch zu entwickeln anfängt, besitzt die Eigenschaft den
                              									Milchzucker in Milchsäure zu verwandeln. Könnte man daher nicht
                              									auch mit Malz, oder einem Erbsen- oder
                              									Bohnen-Auszug, oder selbst mit Hafer- oder
                              									Welschkornmehl einen guten Laab bereiten und die thierischen
                              									Stoffe gänzlich entbehren?
                           5) Der Sauerteig enthält veränderten Kleber und verdankt seine
                              									Säure der Umwandlung eines Antheils Stärke in Milchsäure. Diese
                              									Umwandlung wird durch die Einwirkung des zum Theil zersetzten
                              									Klebers auf die im Mehl enthaltene Stärke hervorgebracht. Würde
                              									dieser Kleber dieselbe Veränderung nicht noch rascher beim
                              									Milchzucker hervorrufen, mit andern Worten, könnte alter
                              									Sauerteig nicht unter gewissen Umständen den Laab ersetzen?
                           Diese Betrachtungen – so wenig Werth ihnen auch mancher
                              									Praktiker beilegen mag – können doch zu nützlichen
                              									Resultaten führen, wenn sie allgemeiner eingesehen und gewürdigt
                              									werden.
                           Vorzüglich empfehle ich, Versuche mit reiner geronnener Milch
                              									anzustellen. Gelingt es, die Laabbereitung den geheimnißvollen
                              									und empirischen Händen der geschickten Mädchen in unsern
                              									(englischen) Milchereien zu entreißen, und mittelst eines
                              									einfachen, in hinreichender Menge und leicht zu bereitenden
                              									reinen Laabs ein schnelles Gerinnen der Milch mit
                              									Zuverlässigkeit zu bewirken, und dabei eine geronnene Milch von
                              									natürlich süßem oder einem beabsichtigten beliebten Geschmack zu
                              									erhalten, so ist ein großer Schritt zur Vervollkommnung der
                              									Käsebereitung geschehen.