| Titel: | Ueber die Fabrication des Relief-Leders; von Bernheim und Labouriau. | 
| Fundstelle: | Band 107, Jahrgang 1848, Nr. XCII., S. 381 | 
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                        XCII.
                        Ueber die Fabrication des
                           								Relief-Leders; von Bernheim und
                           									Labouriau.
                        Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement,
                              								Octbr. 1847, S. 602.
                        Bernheim's und Labouriau's Fabrication des
                           								Relief-Leders.
                        
                     
                        
                           Man bediente sich schon vor langer Zeit unter dem Namen ungarisches Leder, Corduan, holländisches,
                                 										venetianisches Leder etc. sehr beliebter Fabricate, die
                              									allerhand Gegenstände in gefärbtem, vergoldetem und gefirnißtem
                              									Relief vorstellten, zu Tapeten und Möbeln. Doch waren diese
                              									Reliefs sehr nieder und hielten keinen Vergleich aus mit den
                              									Verzierungen von gepreßtem Leder (cuir
                                 										repoussé), welche von den HHrn. Bernheim und Labouriau im J. 1839 der Société d'Encouragment vorgelegt
                              									wurden.
                           Dieser schöne Industriezweig ist, nachdem er eine Zeit lang
                              									aufgegeben war, bedeutend verbessert worden; wenigstens der
                              									schönen Waare nach zu schließen, welche in den Handel kommt. Das
                              									von den Erfindern bisher geheim gehaltene Verfahren ist nun
                              									aber, nachdem das ihnen am 31. März 1837 ertheilte Patent
                              									abgelaufen ist, bekannt geworden.
                           Die zur Verfertigung dieses Relief-Leders dienenden
                              									Platten und vertieften Formen werden in von Bildhauern
                              									ausgeführten Gyps-Modellen gegossen. Dazu bedient man
                              									sich 1) der Legirung aus Blei und Antimon in denselben
                              									Mengenverhältnissen wie zu den Buchdruckerlettern; 2) der
                              									leichtflüssigen sogenannten Arcet'schen Legirung, welche aus Wismuth, Blei und Zinn
                              									besteht, und mit deren Mengenverhältnissen man sich nach dem
                              									Zweck der davon zu verfertigenden Platten richtet.
                           Die Blei-Antimon-Legirung dient zum Gießen von
                              									Platten oder vertieften Formen, womit Felle ohne Beihülfe einer
                              									eigentlichen Presse gepreßt werden, unter welcher sie bald
                              									springen würden.
                           Mit der leichtflüssigen Legirung werden jene Platten und
                              									vertieften Formen gegossen, welche wirklich unter die Presse
                              									kommen, der sie hinreichenden Widerstand leisten, vorausgesetzt,
                              									daß man sie rasch hatte erkalten lassen, um die Krystallisation
                              									des Metalls zu vermeiden.
                           Aus derselben Legirung werden auch die Platten verfertigt, mit
                              									welchen man ganze Tapetenstücke preßt und die man in beliebigen
                              									Dimensionen durch Zusammensetzen verschiedener
                              									Theilplatten erhält, welche ein Ganzes bilden oder auch ein
                              									fortlaufendes Dessin wiederholen.
                           Um diese zusammengesetzten Formen zu erhalten, wird jedes
                              									Theilstück des Gegenstandes oder jeder Theil des Dessins so oft
                              									gegossen, als er in dem ganzen Tapetenstück enthalten ist.
                           Jede dieser Theilplatten wird mittelst eines cylindrischen heißen
                              									Eisens so zugeschnitten, daß sie genau an die benachbarten paßt;
                              									hierauf werden sie wie Mosaikstücke zusammengesetzt und an allen
                              									Rändern verlöthet, indem man die sie trennenden Fugen mit
                              									schmelzender Legirung ausfüllt, die nachher sorgfältig
                              									abgekratzt wird, wodurch die zusammengesetzte Form das Ansehen
                              									einer in einem Stück gegossenen Platte erhält.
                           Da diese großen zusammengesetzten Platten nicht unter die Presse
                              									gebracht werden können, so muß man sie erwärmen; auch werden
                              									beim Gießen derselben nicht die Mengenverhältnisse der Metalle
                              									beibehalten, welche die leichtflüssigste Legirung geben, sondern
                              									man erhöht den Bleizusatz etwas, während bei vertieften Platten,
                              									welche der Presse zu widerstehen haben, der Zinnzusatz erhöht
                              									wird. Letztere werden unten auf das Vollkommenste geebnet und
                              									müssen eine Dicke haben, die stärker ist als ihre Vertiefungen;
                              									die zum Druck ohne Presse bestimmten brauchen nur einige Linien
                              									dick zu seyn. Diese Dicke wird wie folgt regulirt. Man legt auf
                              									das Gypsmodell eine sehr dünne Zinnfolie, welche man alle
                              									Umrisse der Zeichnung annehmen läßt, wobei man sich aber hütet,
                              									in die Spaltungen, wenn solche vorhanden sind, einzudringen; auf
                              									dieses Zinnblatt legt man nachher eine Wachsplatte von der
                              									Dicke, welche man der Metallplatte geben will und mit welcher
                              									man (sie in die Vertiefungen treibend) einen Abdruck des Modells
                              									erzeugt; hierauf gießt man auf das Wachs Gyps, der die vertiefte
                              									Form bilden muß, in welche die Legirung gegossen wird; nachdem
                              									der Gyps erstarrt ist, hebt man ihn ab und befreit ihn vom
                              									Wachse; das Modell wird durch den Stanniol gegen Beschädigung
                              									geschützt.
                           Um die Metallplatte zu gießen, legt man das Modell umgekehrt auf
                              									die vertiefte Form und stellt zwischen beide kleine
                              									Bleiröhrchen, deren Höhe gleich ist der Dicke der Wachsplatte,
                              									deren man sich vorher bedient hat.
                           Damit der Guß gelingt, müssen Modelle und vertiefte Formen
                              									vollkommen trocken seyn, ihre Temperatur muß auf den
                              									Schmelzpunkt der Legirung gebracht werden und letztere rasch
                              									wieder erkalten.
                           Große zusammengesetzte Platten werden der Einwirkung durch
                              									Circulation von Dampf in darunter angebrachten Röhren
                              									hervorgebrachter Wärme ausgesetzt.
                           
                           Behufs der Pressung des Leders, um Reliefs von beliebiger Höhe zu
                              									erzeugen, genügen zweierlei Mittel, entweder die Wirkung der
                              									Presse oder der Druck von Hand oder mit dem Bossirholz (ébauchoir) unter Beihülfe von
                              									Wärme. In beiden Fällen wird das Leder auf dieselbe Weise
                              									vorbereitet, nämlich so lange in lauwarmem Wasser gewalkt, daß
                              									es so viel wie möglich aufschwillt und sich erweicht; in diesem
                              									Zustand legt man es, ohne es zu spannen, auf die Platte oder die
                              									vertiefte Form, von welcher man den Abdruck nehmen will; man
                              									macht es eindringen, indem man es mit den Fingern in die
                              									tiefsten Höhlungen drückt und beseitigt die auf den Umrissen der
                              									Dessins sich bildenden Falten durch Streichen mit hölzernen
                              									Werkzeugen, welche dem Bossirholz der Bildhauer ähnlich sind.
                              									Wenn das Leder alle Theile der Vertiefungen zu berühren scheint
                              									und die Größe und der Charakter der Reliefs es gestatten, d.h.
                              									wenn der perpendiculäre Druck auf alle Punkte wirken kann, so
                              									unterzieht man sie der Wirkung der Presse, nachdem man den
                              									Rahmen und die Vertiefungen mit erwärmten Sägespänen angefüllt
                              									hat. Man preßt und läßt in der Presse, nimmt dann die Sägespäne,
                              									welche schon einen Theil der Feuchtigkeit eingesogen haben,
                              									heraus, um sie durch frische zu ersetzen, die man dann noch
                              									einmal erneuert; nach dieser dritten Pressung hat der Gegenstand
                              									hinreichende Consistenz erlangt, um herausgenommen und in einer
                              									geheizten Kammer getrocknet werden zu können.
                           Wenn die Platte zu groß ist, um unter die Presse gebracht werden
                              									zu können, oder wenn der Gegenstand keine Entwickelung, oder
                              									auch zu stark hervortretende Stellen mit schwacher Basis hat,
                              									dann muß der Druck ganz von Hand geschehen.
                           Zu diesem Behufe legt man das Leder auf eine erhitzte Platte;
                              									wenn es alsdann die vertiefte Form an allen Punkten zu berühren
                              									scheint, befestigt man es zuerst in den tiefsten und engsten
                              									Stellen durch Papierzeug, welchen man mit dem Bossirholz stark
                              									eintreibt; sind auf diese Weise die hauptsächlichsten Höhlungen
                              									ausgefüllt, so fährt man mit diesem Instrument über alle minder
                              									tiefen Stellen, damit sich das Leder daselbst anlegen muß und
                              									kömmt so bis an den Rand der Vertiefungen, wo sich eine Menge
                              									Falten gebildet haben, die man ausbringt, indem man das Leder
                              									zuerst in der Richtung dieser Falten und nachher in der Quere
                              									reibt; wenn die Falten verschwunden sind, drückt man das Leder
                              									auf seiner ganzen Oberfläche stark mit einem trockenen Schwamm,
                              									um so viel Feuchtigkeit als möglich herauszubringen; hierauf
                              									fährt man wieder mit dem Bossirholz in allen Richtungen und über
                              									alle Theile des Leders, bis es ganz trocken ist; nun entfernt
                              									man den Papierzeug, welchen man in die Vertiefungen getrieben
                              									hatte, und der Gegenstand ist fertig.
                           
                           Die Elasticität des Leders und sein Schwinden beim Trocknen
                              									gestatten das Copiren der nicht entwickelten (engen) Theile des
                              									Dessins, ohne daß die vertieften Formen aus mehreren Stücken
                              									zusammengesetzt zu seyn brauchen.
                           Wenn man einen Gegenstand pressen will, dessen Dimensionen
                              									mehrere Felle erforderlich machen, so muß jedes derselben zu
                              									einem Parallelogramm zugeschnitten, die Ränder zugerichtet und
                              									dünner geschnitten werden; dann legt man zuerst ein erweichtes
                              									Fell an einen Rand oder auf eine Ecke der Platte und läßt es den
                              									Abdruck der Vertiefungen annehmen, setzt dann ein zweites Fell
                              									neben das erste, so daß es dasselbe etwa um 27 Millimeter (1
                              									Pariser Zoll) bedeckt, legt alsdann ein drittes auf das zweite
                              									u.s.f. wenn dieß nothwendig, immer so, daß sie sich etwa um 27
                              									Millimeter an den Rändern bedecken. Wenn alle Felle so gelegt
                              									sind, so trocknet man sie mit Schwämmen möglichst gut ab, fährt
                              									dann mit dem Bossirholz in alle Vertiefungen und vertreibt die
                              									Falten.
                           Sobald das Leder etwas fest wird, hebt man die Ränder, welche
                              									einander bedecken, etwas auf, überzieht sie mit einer Schicht
                              									guten Leims, legt sie dann wieder nieder und bringt sie
                              									sorgfältig wieder an ihre vorige Stellen.
                           Hierauf bedeckt man das Ganze mit einer etwa 54 Millimeter (2
                              									Zoll) dicken Schicht Sägespäne, legt mit Gewichten beschwerte
                              									Bretter darauf und läßt die so gepreßten Felle trocknen, wodurch
                              									verhindert wird daß das Leder aus den Vertiefungen der Platte
                              									herausdringt.
                           Mittelst dieser zwei Verfahrungsweisen kann man nicht nur
                              									Relief-Leder, wie dasjenige der Alten, sondern auch jede
                              									Art von Zierrathen für Wohnzimmer verfertigen. Diesen
                              									Verzierungen kann zum Theil die Weichheit des Leders erhalten
                              									oder Festigkeit ertheilt werden, indem man sie, wenn sie trocken
                              									und noch warm auf den vertieften Formen liegen, mit einer
                              									Auflösung von Gummilack in Weingeist oder mit einer bloßen
                              									Leimlösung tränkt und alle Vertiefungen mit Papierzeug,
                              									Sägespänen, oder noch besser, mit geraspeltem Korkholz, welche
                              									man mit Leim tränkte, ausfüllt.
                           Diese Erzeugnisse können auf alle Art bemalt und vergoldet werden
                              									und sind, wenn sie mit einer Auflösung von Gummilack oder sonst
                              									einer gummiharzigen Substanz getränkt wurden, wasserdicht.