| Titel: | Neues System der Rübenzuckerfabrication; von Karl Hanewald. | 
| Autor: | Karl Hanewald | 
| Fundstelle: | Band 108, Jahrgang 1848, Nr. XLIII., S. 208 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XLIII.
                        Neues System der Rübenzuckerfabrication; von
                           Karl Hanewald.Ueber die Principien worauf das in den preußischen und österreichischen Staaten
                                 patentirte Hanewald'sche Verfahren der
                                 Rübenzuckerfabrication beruht, wurde bereits im polytechn. Journal Bd. CIII S. 298 von einem
                                 Sachverständigen berichtet. Die ausgezeichneten Erfolge welche der Erfinder noch
                                 zuletzt in Mährisch-Ostrau erzielte, haben ihn veranlaßt selbst Näheres
                                 über seine Methode zu veröffentlichen.Man kann die zur Rübenzuckerfabrication nach dem neuen System erforderlichen
                                 Apparate, sowohl im Ganzen als im Einzelnen, von Hrn. C. Hanewald selbst zu verhältnißmäßig
                                 sehr billigen Preisen beziehen. Derselbe liefert die nöthigen Bauzeichnungen für
                                 die zu errichtenden Fabriken, läßt die Maschinen und Apparate aufstellen und in
                                 Gang bringen; er verschafft den Unternehmern auf Verlangen Vorarbeiter, nicht
                                 nur für den Fabrikbetrieb, sondern auch für den Rübenbau.A. d. R.
                           
                        Hanewald's neues System der Rübenzuckerfabrication.
                        
                     
                        
                           Die Hauptaufgabe, welche ich mir stellte, war, aus der bekannten Methode den Zucker
                              durch Reiben und Pressen der Runkelrüben zu gewinnen, ein möglichst
                              zusammengedrängtes, abgekürztes Verfahren zu schaffen, wobei sämmtliche Operationen
                              in einem continuirlichen Apparate durchgeführt werden können, so daß nicht nur gegen
                              die frühere Methode Zeit und Kosten erspart werden, sondern auch von dem Zucker ein
                              geringerer Antheil eine Veränderung oder Zersetzung erleidet, während überdieß die
                              landwirtschaftlichen Nebenvortheile, welche bei der Schützenbach'schen Trockenmethode geopfert werden, wie früher bei diesem
                              Industriezweig fortbestehen.
                           Vor Allem war ich bemüht zur Erleichterung der Arbeit und ihrer Beaufsichtigung, die
                              sonst in verschiedenen Localitäten aufgestellten Apparate für die einzelnen
                              Operationen in einem gemeinschaftlichen Raum zusammenzudrängen; dieß gestattete
                              zugleich die Höhe und Stärke des Gebäudes bedeutend zu vermindern. In einem
                              zweistöckigen Gebäude lassen sich hiebei alle Fabricationsräume anbringen; hinter
                              demselben in seiner Mitte lehnt sich das Kesselgebäude an, damit der Dampf allen
                              Apparaten so nahe als möglich ist. Das Hauptgebäude enthält auf der einen Seite
                              Rübenlocal und Rübenwäsche; in der Mitte die sämmtlichen Apparate und Maschinen,
                              wovon ein Theil auf einer erhöhten Estrade steht; auf der anderen Seite die Zuckerböden,
                              wobei für Raffinadeformen der obere Boden, für die Rohzuckerformen der mittlere und
                              für die Syrupzuckerformen der untere dient. In dem untersten Local dieser Seite
                              steht der Syrup-Kochapparat, welcher die Syrupe von den Raffinaden und
                              Rohzuckern absaugt und solche sogleich verkocht.
                           Die Untersuchungen der Chemiker und die Erfahrungen der besten Zuckerfabrikanten
                              stellen unzweifelhaft fest, daß die Rüben ursprünglich nur krystallisirbaren Zucker
                              enthalten, und dieser erst durch die Einwirkung der atmosphärischen Luft und
                              andauernder höherer Wärme in Schleimzucker (der nicht krystallisirt) umgewandelt
                              werde. Dieser Umstand erklärt, warum bei den bisherigen Fabricationsweisen nicht
                              mehr Zucker aus den Rüben gezogen werden konnte, und er deutet den Weg an, auf
                              welchem eine größere Ausbeute sich erzielen läßt; er ist es zugleich, der mich
                              veranlaßte mein neues System der Zuckerfabrication aus Runkelrüben aufzustellen. Das
                              angeführte Gesetz erheischt, daß man im luftverdünnten Raum
                                 arbeite und nicht dauernd mit höherer Wärme. Um dieß durchzuführen, konnte
                              man leicht auf Einrichtungen gerathen, von einer Kostbarkeit, welche die größere
                              Ausbeute an Zucker aufwiegen. Ich habe daher der Fabrication noch eine neue Wendung
                              gegeben, die darin besteht, continuirlich mit geringeren
                                 Massen zu arbeiten, und dadurch ist es möglich geworden, dem angeführten
                              Gesetz gemäß im luftverdünnten Raum mit mäßiger Wärme zu arbeiten, und zugleich mit
                              Apparaten, welche beträchtlich wohlfeiler sind und weniger Raum einnehmen, als die,
                              welche die gewöhnliche Fabrication erfordert, und endlich unter Ersparung von
                              Brennmaterial und Arbeitskräften.
                           Meine Reibe habe ich so construirt, daß die gewaschenen
                              Rüben mit einem einfachen Hebel vorgedrückt werden; die Sägeblätter liegen in
                              hölzernen Felgen, welche nach der Tiefe der Sägeblätter eingeschnitten sind. Die
                              Zähne der Sägeblätter stehen spiralförmig um die Reibtrommel laufend, so daß ein
                              Zahn den andern nur wenig abweichend deckt; das Schärfen der Sägeblätter geschieht
                              bloß mit der Feile, wobei man sie nicht aus der Trommel nimmt. So wird die Trommel,
                              welche sonst leicht durch das Quellen ihrer Hölzer ungleich wird, mit ihren
                              Sägeblättern stets zirkelrund erhalten. Man erhält mittelst dieses Apparats den
                              Rübenbrei stets frei von größeren oder kleineren Stückchen, welche den Pressen so
                              schädlich sind und viel Saft zurückhalten.
                           Der Rübenbrei fällt in den Breiwärmer, worin er durch
                              zugeführten Dampf erwärmt wird. Durch diese Operation werden mehrere Vortheile
                              erzielt; die Fasern, welche durch die Dämpfe erweicht wurden, lassen sich viel leichter
                              auspressen; der klebrige Zuckersaft wird angefeuchtet und fließt besonders von sehr
                              trockenen Rüben leichter ab; man gewinnt aus den durch die feuchte Erwärmung
                              geöffneten Fasern schon durch eine mittelstarke Pressung leicht 80 Proc. Saft und
                              darüber. Der gedämpfte Saft, schnell verarbeitet, zeigt sich reiner und liefert
                              hellere Scheidungen als es bei dem gewöhnlichen Verfahren der Fall ist. Bekanntlich
                              übt die Luft eine nachtheilige Einwirkung auf den Rübenbrei aus, wenn derselbe nicht
                              schleunigst verpreßt wird; dieser Veränderung des Breies wird durch das Dämpfen
                              begegnet. Der Breiwärmer ist ein herzförmiger runder eiserner Behälter mit einer
                              durchlöcherten kurzen Schlange für den Dampfeintritt; ein Knabe besorgt das Füllen
                              und Entleeren dieses Apparats.
                           Zum Auspressen des Rübenbreies habe ich die Dampfpresse
                              gewählt; dieselbe besteht in einem 3 bis 4 Fuß weiten eisernen Cylinder, in welchem
                              zwei Kolben von je einer Kolbenstange geleitet werden; diese wirken auf den
                              Preßtisch, auf welchem sich der Rübenbrei in Kuchen gepackt befindet. Damit die zwei
                              über einander liegenden Kolben doppelt wirksam seyn können, ist ein Mittelboden
                              zwischen beiden Kolben in dem großen Cylinder befestigt, so daß der Druck des Dampfs
                              bei jedem Kolben entgegengesetzt seinen Widerstand hat. Der durch ein
                              Einströmungsventil mit der leichtesten Bewegung zugelassene Dampf hebt und preßt
                              beliebig schnell den Preßtisch mit seinen Kuchen. Gewöhnlich läßt man den Preßtisch
                              schnell steigen, bis der Saft stark fließt, sperrt den Dampfzufluß dann einige
                              Augenblicke ab, damit der Saft abfließen kann, und preßt hierauf mit voller Kraft
                              nach. Auf diese Weise kann eine Person das Vor- und Nachpressen mit der
                              größten Leichtigkeit verrichten und die Operation welche sonst 6 Minuten dauert, ist
                              in 2 Minuten vollkommener ausgeführt. Nach dem Abpressen hat man nur das
                              Dampfabzugsventil zu öffnen, damit der Preßtisch wieder herabfällt, worauf
                              sämmtliche ausgepreßte Kuchen auf einmal herausgeschoben und auf der anderen Seite
                              eben so viele frische Kuchen eingesetzt werden, was das Werk einer Viertelsminute
                              ist. Hierauf beginnt sogleich eine neue Pressung. Auf diese Weise ist die Presse
                              fast beständig in Thätigkeit. Der Dampfverbrauch ist bei derselben nicht bedeutend;
                              der verwendete Dampf wird überdieß zu anderen Heizungen benutzt und dann nach seiner
                              Condensation als heißes Wasser in den Dampfkessel zurückgeführt. Die Dampfpresse
                              erheischt nur selten eine Reparatur und ist in allen Zuckerfabriken, welche mit
                              Dampf arbeiten, den hydraulischen Pressen vorzuziehen. Mit einer Dampfpresse kann
                              man ebensoviel wie mit zwei kräftigen, aber langsam wirkenden hydraulischen Pressen ausrichten. Von
                              guten und frischen (nicht trockenen) Rüben habe ich oft durchschnittlich 83 bis 88
                              Proc. Saft abgepreßt.
                           Der rohe Saft lauft von der Presse in das horizontale eiserne Scheidekochrohr; dasselbe hat 2 Fuß Umfang und eine dem Fabrikbetrieb
                              angemessene Länge; es ist mit einem Doppelboden zur Dampfheizung versehen und die
                              aus dem Kessel entweichenden Dämpfe werden durch das Saugrohr der Luftpumpe
                              entfernt; auf ihm sind zwei Thermometer und ein Kalkzuflußhahn angebracht, um die
                              Scheidung (Läuterung) reguliren zu können. Der eine Thermometer ist bei 1/3 der
                              Länge vom Safteinfluß, der andere am Ende des Rohrs vor dem Abfluß angebracht. Der
                              Saft fließt von der Presse in den Apparat, während man in den Doppelboden
                              fortwährend Dampf einströmen läßt; das Einströmen beider regulirt man so, daß der
                              erste Thermometer so nahe als möglich immer 60° R. zeigt; zeitweise läßt man
                              durch den Kalkhahn, welcher sich hinter dem Thermometer befindet, den erforderlichen
                              Kalk einlaufen; die eintretende Scheidung kann man durch angebrachte Gläser
                              beobachten. Am Ausflußhahn muß der Thermometer stets 80° R. zeigen. Am Ende
                              des Apparats ist ein Probehahn angebracht, durch welchen man von Zeit zu Zeit
                              Flüssigkeit abzieht, um sich zu überzeugen ob die Scheidung gehörig bewerkstelligt
                              ist, nach deren Befund man den Kalkzusatz und die Dampfheizung regulirt.
                           Zu diesem Apparat gehören sechs Beutelfilter, nämlich
                              sechs eiserne Cylinder von beiläufig 3 1/2 Fuß Durchmesser und 4 Fuß Höhe, in
                              welchen Beutel nach Art der Taylorfilter hängen; oben können diese Filter mit einem
                              Deckel verschlossen werden. Seitwärts läuft oben in den Cylinder die Scheidung (der
                              geläuterte Saft) vom Scheideapparat auf die Filter ein und unten lauft er durch
                              einen Kreuzhahn ab, von welchem eine Seite nach dem Kohlenfilter, die andere aber in
                              ein Rohr führt, welches mit einem über den Beutelfiltern angebrachten Reservoir in Verbindung steht, das nach Belieben luftleer
                              gemacht werden kann. In jedem eisernen Cylinder (Mantel) hängen sieben Beutel so,
                              daß die Scheidung nur hinein, nicht daneben laufen kann. Zwei von den sechs
                              Cylindern sind stets verschlossen zum Einlaufen der Scheidung in Gebrauch; zwei
                              werden durch das höher stehende luftleere Reservoir abgesogen und zwei werden wieder
                              gereinigt und mit frischen Beuteln versehen. In den verschlossenen Cylindern läuft
                              die Scheidung so lange ein, bis man annehmen kann daß die Beutel voll Schlamm sind
                              (2 Beutelfilter nehmen den geläuterten Saft von 20 Centner Rüben auf). Aus den stets
                              gefüllten heißen Beuteln (welche auch doppelt genommen werden können) lauft der Saft
                              ruhig und klar in die darunter stehenden 
                              Kohlenfilter ab. Der Auslauf der Kohlenfilter ist mit der
                              Verdampfpfanne, welche mit Luftleere kocht, in
                              Verbindung gesetzt. Die Verdampfpfanne liegt höher als die Scheideröhre, unter
                              welcher die Beutelfilter liegen. Jene saugt durch die Luftleere von den
                              Kohlenfiltern soviel Saft auf, als etwa roher Saft in das Scheiderohr lauft. Das
                              Ansaugen der Verdampfpfanne bewirkt ein stetes Ablaufen des Saftes aus den
                              Beutelfiltern und Kohlenfiltern und ein leichtes und sicheres Absetzen des Schlammes
                              in den Beuteln. Nachdem die Beutel zweier Filter mit Schlamm gefüllt sind,
                              unterbricht man das Einlaufen der Scheidung und stellt den Kreuzhahn so, daß die in
                              ihrem heißen Cylinder hängenden Beutel durch das erwähnte Reservoir abgesogen
                              werden; nach 1/2 bis 1stündigem Stehenlassen saugt man wieder ab, worauf der Schlamm
                              in den Beuteln so trocken ist, daß er kaum das Pressen lohnt. – Die Erfahrung
                              hat gelehrt, daß der Erfolg ein besserer ist, wenn man den Rohsaft in kleinen
                              Partien läutert; da ich nun in dem horizontalen Scheiderohr nur einen niedrigen
                              Saftstand halte und der fortwährend einströmende Rohsaft in den kleinsten Partien
                              geschieden wird, und zwar im verschlossenen Raum, so erhalte ich einen geläuterten
                              Saft von vorzüglicher Güte, mit ungeschwächter Krystallisationskraft des
                              Zuckers.
                           Meine Kohlenfilter haben eine von den gewöhnlichen abweichende Construction; statt
                              der großen Filter wende ich nämlich eine Batterie von kleineren an, welche durch
                              enge Röhren mit einander verbunden sind. Ich kann so kleine Partien Kohle an-
                              und abstellen und nehme stets einen einzelnen schon gehörig benutzten Theil der
                              Säule weg, während ich beim Auslauf wieder einen frischen Theil mit Kohle anstelle.
                              Um dieß leicht bewerkstelligen zu können, stehen circa 4
                              Fuß hohe, mit Achse und Rädern versehene Filter auf einer eiförmigen Eisenbahn ohne
                              Ende, auf welcher sie leicht gefüllt, geleert, gereinigt und bewegt werden. Ich
                              wende hiebei die Filtration von unten nach oben an, von
                              deren Vortheilen ich mich schon seit langer Zeit überzeugt habe; der Saft tritt bei
                              derselben viel gleichmäßiger und langsam in die Kohle; auch wird dabei der weiße,
                              selbst der eingedickte Saft nicht so leicht gefärbt wie beim umgekehrten Verfahren;
                              man erhält folglich einerseits leichter ein weißes Klärsel und nutzt andererseits
                              die Kohle besser aus. Da auch die Erfahrung lehrte, daß der Saft die Filter von
                              cylindrischer Form nicht gleichförmig passirt, sondern häufig auf einer Stelle mehr
                              als auf anderen Stellen strahlenweise lauft, auch oft an den äußeren Wänden (selbst
                              wenn sie mit Holz oder Mauerwerk umgeben sind) gar nicht filtrirt, sondern stehen
                              bleibt, so habe ich für die Filter die Eiform gewählt, wodurch
                              alle derartige Uebelstände gehoben sind. Da der eingetretene Saft stets ein
                              Bestreben hat sich nach unten zu ziehen und den zufließenden heißen und leichtern
                              Saft stellenweise vorbeiläßt, so wird ersterer nach dem von allen Seiten spitzig
                              zugehenden Einlauf des Filters gewiesen und stets mit dem zulaufenden frischen Saft
                              vermischt; dieselbe Vermischung findet beim Auslauf des Filters statt und die
                              filtrirte Saftmasse wird daher stets gleichmäßig fortgedrängt, so daß die Operation
                              mit großer Regelmäßigkeit und Sicherheit durchgeführt wird. Damit der Saft besser in
                              die Poren der Knochenkohle eindringt, gebe ich den Filtern eine Saftdrucksäule von
                              10 bis 12 Fuß Höhe; auch bewahre ich dem Saft durch eine angemessene Eisenstärke des
                              Filters und dessen Mantels die Hitze welche er stets haben muß. Zwei bis drei
                              eiförmige Kohlenfilter von 4 bis 5 Fuß Höhe und 3 bis 4 Fuß Durchmesser stehen
                              nebeneinander und sind durch an- und abzuschraubende Röhren und deren Hähne
                              mit einander verbunden. Nachdem dieselben auf der einen Seite mit dem Scheiderohr
                              und den Beutelfiltern, und auf der anderen Seite mit der Verdampfpfanne in
                              Verbindung gesetzt wurden, filtrirt der Saft regelmäßig ohne zu befürchtende
                              Störungen hindurch, so daß bei Anwendung von weniger Knochenkohle als gewöhnlich,
                              ein stets weißer Saft in die Verdampfpfanne lauft.
                           Das eiserne Verdampfrohr (Verdampfpfanne) hat 2 Fuß im
                              Durchmesser und eine dem Fabrikbetrieb angemessene Länge; es ist mit der Luftpumpe
                              durch einen Condensator und einen Uebersteigcylinder verbunden; das Kochen bewirkt
                              eine 5 bis 6fache Heizschlange, welche dem geringen Quantum Saft eine
                              verhältnißmäßig sehr große Heizfläche darbietet; die übrigen Garnituren
                              (Thermometer, Barometer etc.) sind dieselben wie bei jeder Vacuumpfanne. Der Saft
                              lauft also aus dem Scheidekochrohr durch die Filter in das Verdampfrohr, in welchem
                              er während seines Laufes verdampft, so daß er am Ende des Rohrs 24°
                              Baumé zeigt; aus demselben lauft er fortwährend ab in die darunter liegenden
                              Kohlenfilter.
                           Da der Flüssigkeitsstand im Verdampfrohr sehr niedrig gehalten wird, so verdampft der
                              eintretende 3 bis 6° Baumé starke Saft schnell auf 24° B. und
                              färbt sich dabei nur wenig; eine Temperatur von 50 bis 60° R. ist zu dieser
                              Verdampfung (mit Beihülfe der Luftpumpe) die geeignetste. Wenn die Ventile gut
                              gestellt sind, erheischt dieser Apparat wenig Beaufsichtigung.
                           Die Kohlenfilter, welche der eingedickte Saft passirt, sind ähnliche wie sie oben
                              beschrieben wurden; sie werden mit frischer Knochenkohle gefüllt und dann mit Dampf
                              stark ausgedämpft. Aus ihnen lauft der Saft weiß als Klärsel in zwei verschlossene, mit der
                              Luftpumpe in Verbindung stehende kleine Reservoirs
                              abwechselnd ein.
                           Die Kohlenfilter, in welchen der eingedickte Saft filtrirt worden ist, werden in
                              bestimmten Perioden an die Stelle der für Scheidung oder dünnen Saft bestimmten
                              Filter gestellt; aber nur eines nach dem andern, damit fortwährend benutzte Kohle
                              durch frische ersetzt wird. Der dünne Saft von der Scheidung (Läuterung) treibt den
                              dicken aus dem Kohlenpulver ab und letzterer wird wieder durch Wasser
                              abgetrieben.
                           Aus den kleinen Reservoirs nimmt nun das Kochrohr das
                              Klärsel auf.
                           Das Kochrohr ist mit einem Doppelboden und Heizschlange versehen und hat alle
                              Garnituren wie die gewöhnlichen Vacuum-Apparate. In dasselbe lauft das
                              Klärsel fortwährend ein und dann verkocht als Zuckermasse beständig wieder ab. Auf
                              diese Art läßt sich die Arbeit viel bequemer und sicherer ausführen als nach der
                              bisherigen Methode; das Klärsel gelbt fast gar nicht, weil der Stand der im Rohr
                              kochenden Masse sehr niedrig ist; auch wird der Zucker weit weniger abgemattet, d.h.
                              weniger Syrup gebildet als wenn man große Massen mit hoher Saftsäule selbst bei noch
                              so wirksamer Luftleere verkocht. Ueberdieß erfordert das Verkochen des Klärsels bei
                              niedriger Säule und während seines Laufes weniger Dampf oder Heizmaterial. Ich habe
                              oft bei 43 bis 44° R. dasselbe Quantum Klärsel in zwei Drittel der Zeit
                              abgekocht, deren ich beim Verkochen durch Sude bedurfte. Beim Auslaufen des fertig
                              gekochten Zuckers kann sich der Siedmeister mittelst eines Probehahns von der
                              Beschaffenheit desselben überzeugen.
                           Unter dem Kochapparat befinden sich zwei verschlossene Kühler, welche ebenfalls mit der Luftpumpe in Verbindung stehen; sie sind
                              mit einem Thermometer, zwei Augengläsern und oben mit einem leicht verschließbaren
                              großen Mannloch versehen. Sie communiciren mit dem Kochrohr durch ein Abflußrohr, so
                              daß man mittelst eines Ventiles die fertig gekochte Masse beliebig stark oder
                              schwach in den einen oder anderen Kühler laufen lassen kann. Nachdem in den einen
                              Kühler, welcher verschlossen und mit Luftleere wie der Kochapparat angestellt ist,
                              eine Quantität Zuckermasse eingelaufen ist, stellt man den anderen Kühler bloß durch
                              Umdrehen des Ventils an, ohne die Kochung zu unterbrechen. Während nun in den
                              anderen Kühler eine Zeit lang verkochtes Klärsel einlauft, öffnet man den ersten
                              Kühler und untersucht die Zuckermasse, ob die Körnung gehörig vor sich geht und die
                              Kochung überhaupt nach Wunsch war. Dabei hat man Gelegenheit die Zuckermasse
                              beliebig umzurühren, anzuheizen oder durch Luftleere abzukühlen und wenn sie nach Wunsch gekörnt
                              ist, wieder eine frische Kochung stärker oder schwächer zulaufen zu lassen; solche
                              auch mit der vorher schon stark gekörnten Masse nochmals unter Luftleere durchkochen
                              zu lassen, was ohne Dampf geschehen kann, indem der Zucker – wenn er vorher
                              durch Anstellen mit Dampf auf höhere Grade gebracht wurde – unter Luftleere
                              von selbst zum Kochen kommt. Auf diese Weise kann man das Körnen des Zuckers
                              vortheilhafter und viel leichter bewerkstelligen als nach der bisherigen Methode,
                              ohne den Zucker abzumatten und zu gelben, d.h. mehr Syrup zu erzeugen.
                           Das Ausfüllen des Zuckers aus den Kühlern kann
                              continuirlich geschehen, wenn sich das Korn nach Wunsch zeigte, indem man zu alter
                              Kochung immer wieder frische Masse zuläßt; oder es können die gefüllten Kühler auf
                              einmal gänzlich ausgefüllt werden. (Raffinaden werden in Raffinadeformen gefüllt,
                              welche auf eisernen Röhren zum Absaugen des Syrups stehen; dieser Syrup lauft in den
                              Syrup-Kochapparat ab, durch welchen das Absaugen geschieht.) Die ausgefüllte
                              Masse kommt in die Siebformen, welche
                              länglich-viereckig sind und 10 bis 12 Cntr. Masse aufnehmen. Sie bilden
                              gleichsam die Kühler des Syrup-Kochapparats, welche, wenn sie voll sind und
                              nach Wunsch krystallisirten, von einem sie umgebenden Mantel befreit werden, damit
                              der kräftig und zusammenhängend krystallisirte Zucker von dem Syrup durch das unten
                              liegende Sieb schnell befreit wird. Die Form kann, je nachdem der Zucker mehr oder
                              weniger gut krystallisirt, früher oder später aus dem Mantel genommen werden.
                           Die Erfahrung hat mir gelehrt, daß bei der langsamen und ungestörten Krystallisation der Syrupe, sowohl der geringeren als der
                              besseren, weniger Zucker gewonnen wird als bei der gestörten Krystallisation. Man
                              muß den Syrup immer gleich nach dem Kochen zur Krystallisation zu bringen suchen,
                              weil das frühere Krystallisiren stets das ergiebigste und dankbarste ist. Um die
                              Krystallisation einzuleiten, läßt man zu alter Masse frische Kochung laufen und
                              rührt fortwährend um; wenn man während des Umrührens die Temperatur sinken läßt, so
                              bilden sich anfangs zart und dann immer stärker die Krystalle, nur darf man die
                              Temperatur nicht zu tief sinken lassen; nachdem sich die Krystalle allenthalben in
                              der Syrupmasse gebildet haben, kann man die Temperatur während des Umrührens etwas
                              steigen lassen, doch nicht zu hoch, damit sich die feinen Krystalle nicht auflösen.
                              Was auf diese Weise bei zweckmäßiger Behandlung nicht in den ersten 48 Stunden (bei
                              besseren Syrupen in 24 Stunden) herauskrystallisirt, kommt später auch nicht zum
                              Vorschein. Man glaube ja nicht, daß das Umrühren (wenn es nicht übertrieben wird)
                              selbst den geringsten Syrupen schade oder gar die Krystalle zerstöre; ein bereits
                              gebildeter Krystall kann nur durch die auflösende Wirkung der Wärme zerstört
                              werden.
                           Die Masse zu kalt auszufüllen ist nachtheilig, denn sie bleibt dann schmierig. Nur
                              durch Erfahrung lernt man, in welchem Zeitpunkt oder auf welcher Temperatur die
                              Masse sowohl bei besseren als geringeren Syrupen ausgefüllt werden muß.
                           Durch die langsame Krystallisation – das sogenannte Stehenlassen im Kühler
                              oder in großen Reservoirs, ohne irgend eine Berührung – erhält nur der Syrup,
                              sollte er auch noch so gut seyn, Gelegenheit auf die Krystallbildung des reinen
                              Zuckers störend einzuwirken; man hat dieß beim Fabrikbetrieb oft übersehen, bis man
                              zufällig ein anderes Verfahren einschlug, das bessere Resultate lieferte.
                           Sollte man bei dem Umrühren des Syrups nicht bald Krystalle bemerken, so darf man
                              sich dadurch nicht abschrecken lassen, sondern muß so lange langsam fortrühren, bis
                              Krystalle erscheinen und wenn dazu auch eine geraume Zeit erforderlich ist; wenn
                              sich überhaupt Krystalle bilden können, werden sie durch das Rühren sicher
                              hervorgebracht. Wie gesagt, ist die erste vollständige Krystallisation allen
                              langsamen späteren Krystallisationen bei weitem vorzuziehen.
                           Die Rohzuckern sowie die bessern Raffinadensyrup-Zuckern fülle ich in meine
                              Achsenformen (gußeiserne quadratische Kästen mit sanft kegelförmig gesenktem Boden),
                              welche beiläufig 4 Cntr. Zuckermasse fassen und eine kräftige Krystallisation
                              erzeugen; ich theile die Beschreibung derselben später mit.
                           Mährisch-Ostrau im Mai 1848.